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Nr. 91 PAPIER-ZEITUNG 3275 schrift aus dem 6. Jahrhundert weicht von den Buch staben der Kaiserzeit bedeutend ab nicht nur durch die strenge Verteilung von Haar- und Druckstrichen, sondern auch durch die geschwungene Form der Horizontalen am L und T, sowie durch das Hinauswachsen einzelner Buchstaben über den Schriftkörper. Diese Eigentümlichkeiten finden sich sämtlich ~helafefu.- Bild 6. Karolingische Minuskel Manuskript in der Bibliothek des Berliner Kunstgewerbemuseums InceRRogao seccoas - onahhrcuunhokun 1hmThu Entwicklung vor sich; doch bildete trotzdem jedes Land seinen eigentümlichen Ductus aus: schon die lombardische Schrift hat ihre Besonderheiten, des gleichen die westgotische, die merowingische, die angelsächsisch irische. Am höchsten stehen von diesen die lombardische und auch in der Unziale, wie eine Pariser Handschrift der Epi gramme des heil. Prosper aus dem 7. Jahrhundert zeigt (Bild 4.) Hier sind L und H bedeutend über, F und Q bedeutend unter die Zeile verlängert; Q und H zeigen schon die Form der heutigen Minuskel (q, h). Höchst karakteristisch sind nun aber die runden Formen für E, M und D. Wie bewußt man bei der Ausbildung dieser Rund schrift vorgegangen ist, zeigt die Tatsache, daß man zugleich mit ihr eine Abart der Kapitale beibehielt und als Auszeich nungsschrift verwendete, die so genannte Rustica. Dies ist eine ganz schmal gestellte römische Majuskelschrift, in der Buch staben wie ELT kaum mehr Platz beanspruchen als das i, und deren A und M an alte primitive lateinische Formen er innern. Der Ausdruck »Rustica«, bäurische Schrift, läßt darauf schließen, daß man sie ge ringer schätzte als die vor nehme, formenscböne Unziale; der Kapitale zog man sie aber vor, da sie sich bequemer schreiben ließ als diese, sodaß sie sie im 8. Jahrhundert fast völlig verdrängt hat. Nicht viel anders als in Italien ging auch in den übrigen westeuropäischen Ländern die pdemn caeleruum pnecepopum. Ualirerco morub; uretenplumS Bild 7. Das fränkische Taufgelöbnis Merseburger Handschrift aus dem 10. Jahrhundert d‘,oub‘e Inhelagangarellglaub d,laubru enonz* almatSan _lyehniare Innin enre. 1Hglaub Slaubre helagageer dhtchunlhgst . Slaubruu ub acevede 1hglaub &conazemy melrgurnrue Gceaenecedue danrtoeums (e beo Ss tamunde-€gelcle- hononen so umo eueno A cape rytam sniansp comn Jn Conrhhtre allethembluorn Inoisegekeon Indidengocumche . mmheoemanzeb8m $92tg mum habete, 1hpunhKu g lau hrmu IngoFpacenalmatesan 1h Silaubteu Imchrure ■ Lslalbu . srunnereron 1Tsldubu; die angelsächsische, am tiefsten die merowingische Diplomschrift, die wie alle Urkundenschriften aus der alten Kursive hergeleitet, wohl das Krauseste und Formloseste ist, was die Geschichte der lateinischen Schrift erlebt hat. Einer Urkunde des letzten mero- wingischen Herrschers Childerich III. gegenüber zeigt dann eine gleiche Karls des Großen den plötzlich im Frankenreiche herrschend gewordenen Sinn für Ordnung und Kultur. Die Zeit dieses Fürsten bedeutet auch für die Buchschrift einen ganz neuen Aufschwung. Es ist bekannt, wie der einzig artige Herrscher, selbst von mangelhafter Bildung, um die Hebung geistiger Güter in seinem Reiche besorgt war, und wie er die Elite unter den Gelehrten seiner Zeit an seinen Hof zog. Unter diesen war der bedeutendste der Angelsachse Alkuin, aus der Schule von York stammend, dem alles Kirchen- und Schulwesen unterstellt war. Dieser Mann leitete die letzten 9 Jahre seines Lebens hindurch die Abtei Tours, und die dortige Klosterschule von St. Martin bezeichnet den Gipfel der Karolingischen Renaissance. Die dort geschriebenen Manuskripte zeigen einen an der Hand der Antike neu ge läuterten Geschmack (Bild 5). In ihnen kommt die Kapitale in überraschend klassischer Gestalt von neuem zur Verwendung, sodann die Rustica und die Unziale, die ein wenig eleganter geworden ist; daran fügen sich ferner die Halbunziale und die karolingische Minuskel. Die Halbunziale, in der die Buch staben b d h 1 p q schon die Form der heutigen Minuskel erhielten, bestand bereits seit dem 5. Jahrhundert; sie hatte seit dem 7. Jahrhundert begonnen, einen kursiven Karakter anzu nehmen und besonders die Formen unseres m und n zu zeitigen. So entstand die Minuskel. Die karolingische Schule trennt die beiden Arten genau: in der Halbunziale verwendet sie einzelne ganz stereotype Formen für n, a und m, sie gibt ihr eine gewisse Mittelgröße zwischen der Unzialen und der Minuskel. Die Minuskel aber (Bild 6) bekommt einen ganz kleinen Körper, den die Ausladungen weit überragen; ihre Formen sind klar, fest und rund zugleich, und der romanische Stil in der Schrift ist schon in ihr für mehrere Jahrhunderte fest gelegt. Fortan übernimmt diese eigenste Schöpfung der Schule von Tours, die karolingische Minuskel, die Führung. In ihr sind die ältesten Denkmale deutscher Sprache geschrieben (z. B. das fränkische Taufgelöbnis, Bild 7), und sie war es, aus der durch wenig markante Veränderungen der gotische Schriftstil entstand. Die gotische Schrift zeigt nämlich keine neuen Kon struktionen, sondern verdankt ihre Eigentümlichkeit der kon sequenten Durchführung eines ganz bestimmten Ductus. Die Buchstaben werden wieder größer, aber sie wachsen nur in die Höhe, nicht in die Breite; die vertikale Linie wird also viel stärker betont, das Ganze sieht aus wie ein Gitterwerk. Zu gleich damit aber verliert die Schrift den Karakter des rund lichen, die Abstriche werden durch eckige, dachartige Ver bindungsstriche aneinandergefügt. Auch wo die Handschriften, besonders im 15. Jahrhundert, wieder breiter laufen, behalten sie dies gradlinige und eckige Wesen bei. Tarifbewegung der Buchbinder Hamburg-Altona. Die meisten Geschäftsinhaber haben schriftlich oder mündlich ihren Beitritt zur Tarifgemeinschaft in Aussicht gestellt. Außer denjenigen Geschäften, wie Banken, Bureaux usw., die ihre Buchbinder bei vielfach bedeutend kürzerer Arbeitszeit schon höher bezahlten, haben bisher 33 Firmen mit 82 Gehilfen und 130 Ar beiterinnen die als Grundlage aufgestellten Forderungen bewilligt. Eine Reihe weiterer Werkstuben, wo Buchbinderei nur als Nebenbetrieb in Frage kommt, darf insofern als geregelt bezeichnet werden, da außer einigen unwesentlichen Abweichungen die Forderungen im allgemeinen bewilligt sind. In einer Reihe weiterer Werkstuben, be sonders mit der Buchbinder-Innung, schweben noch Verhandlungen. Arbeitsniederlegungen kamen vereinzelt vor. (Hamburger Fremdenbi.) Bis Mittwoch Abend hatten 48 Firmen mit 124 Arbeitern und 220 Arbeiterinnen die Forderungen der Gesellenschaft bewilligt. In den am Dienstag stattgefundenen Verhandlungen mit der Innung hatte diese sich bereit erklärt, einen Mindestlohn von 24 M. wöchentlich (statt der geforderten 26 M.) zu bewilligen, ebenso soll am 1. Juli 1904 die neunstündige Arbeitszeit eingeführt werden, auf die übrigen Forderungen der Gehilfenschaft war man nicht eingegangen. Eine Mittwoch tagende Versammlung nahm in geheimer Abstimmung mit 247 gegen 8 Stimmen eine Resolution an, in welcher unter Hinweis darauf, daß die meisten Gehilfen bereits 26 M. Lohn erhalten, das Anerbieten der Innung abgelehnt wird. Die Versammlung beauftragt die Lohnkommission, den Versuch zu weiteren Unterhandlungen zu machen. Die Versammelten erklären sich aber ausdrücklich dazu bereit, jederzeit die Arbeit niederzulegen, soweit es bisher noch nicht geschehen ist. (Hamburger Nachrichten) Köln. Die Lohnkommission der Buchbinder hat die Forderungen der Gehilfen der Prinzipalität unterbreitet. Der Verein rheinisch westfälischer Buchdruckereibesitzer berief hierauf eine Versammlung der Arbeitgeber ein und verlangte dann von der Lohnkommission eine Mitgliederliste der organisirten Buchbinder oder Angabe der Mit gliederzahl durch das Sekretariat des Gewerbegerichts, dem die Mit gliederliste vorerst einzureichen sei. Die Lohnkommission hat dieses Ansinnen abgelehnt. Eine am 2. November abgehaltene Versammlung hieß das Vorgehen der Lohnkommission gut. Es wurde mitgeteilt, daß in der Prinzipal-Versammlung die Forderungen der Buchbinder anerkannt worden seien. In 14 Tagen soll eine Versammlung mit endgiltiger Beschlußfassung stattfinden. (Kölner Tageblatt) Leipzig. In einer von etwa 600 Personen besuchten Versammlung wurde über das Tarifamt der Buchbinder und dessen Stellung zu den tariflichen Verhältnissen in Leipzig berichtet. Der Referent bemerkte, nach der Vereinbarung zwischen Prinzipalen und Gehüfen des Buch bindergewerbes zur Ein- und Durchführung eines einheitlichen Tarifs für ganz Deutschland sei auch die Einsetzung einer Taritbehörde, d. h. eines Tarifamtes notwendig geworden, und ein solches sei in