Volltext Seite (XML)
die ungenügende Beschäftigung durch die Papier verarbeitende Industrie veranlaßte einige Rohstofflieferanten derselben, auf die Fabri kation von Druckpapier überzugehen. Aus alledem geht hervor, daß immer nur eine Preisermäßigung in den Rohstoffen der Papier verarbeitenden Industrie eintreten kann, wenn die Druckpapierfabrikanten gezwungen sind, ihre Produktion ein zuschränken. Niemals aber kann der Verband der Druckpapierfabriken einen ungünstigen Einfluß durch Erhöhung seiner Preise auf die Papier verarbeitende Industrie ausüben. Wenn im Jahre 1900 die Preise für Rohkarton und für Streich papiere in demselben Maße in die Höhe gegangen sind wie die Preise für Druckpapier, so beweist dies, daß diese Preissteigerungen auf natürliche Verhältnisse zurückzuführen sind, keinesfalls aber auf den Einfluß des Verbandes. 1900 mußten wir unter schwierigen Verhält nissen arbeiten, Holz und Kohle erzielten immens hohe Preise. Damit mußten auch die anderen Papierfabriken rechnen. Der deutlichste Be weis, daß der Preis im Jahre 1900 von den deutschen Druckpapier fabriken nicht zu hoch gespannt gewesen ist, ergibt sich aus Preisen des Verbandes für Auslandsverkäufe im Jahre 1900, welche im Durch schnitt prozentual höher gestiegen waren als diejenigen im Inland. Diese Zahlen beweisen, daß die Preise für Druckpapier nicht nur in Deutschland, sondern in der ganzen Welt hoch standen, dies hatte seine Berechtigung durch die allgemein abnorm hohen Rohmaterialien preise. Dr. Jaenecke-Hannover: Herr Leonhardt hat wiederholt betont, daß das Syndikat ja gar nicht in der Lage sei, irgend einen Preis zu er höhen oder zu erniedrigen; die Einflüsse dazu kämen von außen und lägen nicht in der Hand des Syndikats. Das Syndikat kann allerdings vorläufig die Preise nicht erhöhen, weil es eine .Menge aus wechselnde Fabriken gibt; es ist nicht etwa beabsichtigte Preispolitik, die Preise zu erniedrigen. Als Papierknappheit eingetreten ist, und daraufhin das Syndikat gegründet wurde, hat das Syndikat die da malige Situation, die ihm eine Uebermacht für die Feststellung der Preise gab, dadurch ausgenutzt, daß es die Preise erheblich erhöhte (Zuruf: Um 10 pCt. I). Regierungsrat a. D. Dr. v. Studnitz-Jierlin meint, man könne nicht verlangen, daß in Deutschland Druckpapier auf die Dauer unter dem Welt marktpreis verkauft werde; aber die verarbeitende Industrie wäre zu frieden, wenn der annähernde Weltmarktpreis für uns maßgebend wäre, und es wäre erwünscht, hier festzustellen, welches der Welt marktpreis in den letzten Jahren gewesen ist. Vorsitzender bittet, Auskunft darüber später zu geben. Hiermit schließt die allgemeine Diskussion über den Bericht und die ersten 7 Fragen. (Fortsetzung folgt). Englischer Zoll auf Papier Der Verein britischer Papierfabrikanten hielt am 28. Oktober in London eine ungewöhnlich zahlreich besuchte Versammlung ab, an der fast alle hervorragenden Papierfabrikanten von Groß britannien teilnahmen. Hauptgegenstand der Versammlung war, sich darüber zu entscheiden, welche Stellung der Verein gegen über der von Mr. Chamberlain vertretenen Zollpolitik ein nehmen soll. Mit überwiegender Mehrheit wurde die Chamber- lain’sche Politik gebilligt, wonach auf Papier, das aus schutz- zöllnerischen Ländern eingeführt wird, in Großbritannien ein Zoll von etwa 10 pCt. des Wertes erhoben werden soll. Ueber den Verlauf der Versammlung entnehmen wir dem Bericht in »The World’s Paper Trade Review« folgendes: I. Fabrik-Abwässer. Die Versammlung beschließt folgendes: Der Verein britischer Papierfabrikanten empfiehlt dem könig lichen Ausschuß für Fabrik-Abwässer, daß mit der Ausführung des Gesetzes über Fabrik-Abwässer keine Zentralbehörde be traut werden solle, sondern eine Anzahl von Lokalbehörden, deren Mitglieder mit den jeweiligen Ortsverhältnissen vertraut seien. 2. Metrisches Maß. Nachdem Herr Garnett die Nachteile des heutigen in England üblichen Maß- und Gewichts-Systems und demgegenüber die Einfachheit und Uebersiehtlicbkeit des metrischen Systems erörtert hatte, nahm die Versammlung fol genden Beschluß an: Der Verein unterstützt die zwangsweise Einführung metrischer Maße und Gewichte im britischen Reiche und wird Mitglied der Dezimal-Vereinigung. 3. Chamberlains Zoll-Politik. Herr Dixon empfiehlt folgenden Beschluß: »Nach Ansicht der Versammlung ist es wünschens wert, daß auf Waren aller Art, auch auf Papier, das aus schutz- zöllnerischen Ländern eingeführt wird, ein Zoll gelegt wird, und jede Maßnahme, die zu engerem Verband zwischen dem Mutterlande und den Kolonien dient, verdient Unterstützungen.« Redner weist aus den für die heutige Versammlung vom Verein veröffentlichten statistischen Zusammenstellungen nach, daß die jährliche britische Papi er-Ausfuhr in den 20 Jahren von 1882 bis 1902 von 29 248 nur auf 50383 Tonnen gestiegen sei; demgegenüber sei die Einfuhr fremden Papiers nach Groß britannien in derselben Zeit um 256 pCt. im Wert und 430 pCt. im Gewicht gestiegen. Die Erzeugung der britischen Druck papier-Fabriken sei während dieser Zeit nur um 28 pCt. ge stiegen. Die amerikanischen Fabrikanten und Arbeiter seien nicht tüchtiger als die englischen, der Vorsprung der ameri kanischen Papierfabrikation bestehe aber darin, daß sie im In land den Preis hochhalte und den Ueberschuß zu Schleuder preisen nach England abladen könne. Infolgedessen können die amerikanischen Fabriken ihren Betrieb aufrecht erhalten, während infolge der Unterbietung die englischen Fabrikanten gezwungen seien, ihren Betrieb zu beschränken, oder zu mindest verhindert werden, ihn zu vergrößern. Sobald in Eng land lOprozentiger Einfuhrzoll auf Papier erhoben wird, können die Papierfabrikanten die Löhne ihrer Arbeiter um lOpCt. er höhen, was für das Land gewiß vorteilhaft wäre. Herr Garnett ist gleicher Ansicht und befürwortet besonders die Vorzug-Behandlung der Kolonien. Man müsse den Kolonien die Sonnenseite der Straße geben; wenn alle Länder Schutz zölle haben, so könne England beim Freihandel nicht gedeihen. Redner führt hierfür folgende Anekdote an: In England müssen die Entscheidungen von Geschworenen einstimmig erfolgen. In einem Fall waren elf Geschworene einig, der zwölfte aber, ein Irländer, blieb trotz aller Zureden bei seinem abweichenden Standpunkt. Zum Schluß rief er, mit seiner Faust drohend, aus: „So lange ich lebe, habe ich nicht elf so-halsstarrige Menschen gesehen.“ England sei mit diesem Irländer zu ver gleichen, wenn es allen anderen Staaten zuwider beim, Frei handel bleibe. — Als vor 2 Jahren die amerikanischen Druck papierfabriken viel überschüssiges Papier zu Schleuderpreisen nach England warfen, wurde in 13 englischen Zeitungspapier fabriken, die Redner über die Folge dieser Preisschleuderei befragte, teils mit verkürzter Arbeitszeit gearbeitet, teils wurden einzelne Maschinen stillgestellt, einzelne Fabriken wurden so gar auf Wochen außer Betrieb gesetzt. Einige andere Fabriken, die Geld zum Zusetzen hatten, arbeiteten auf Lager und mußten später die Lagerware mit schweren Verlusten verkaufen. Durch 10 prozentigen Zoll würde solche Schleuderei der Ausländer unmöglich, und die Kosten, welche die Verbraucher infolge des Zolls tragen müßten, würden dadurch aufgewogen, daß die inländische Erzeugung vergrößert und die Löhne der ein heimischen Arbeiter erhöht würden. Herr Nuttall trat für den Freihandel ein, bei dem sich die britischen Papierfabrikanten bisher gut gestanden haben. Die Aktien britischer Papierfabriken haben ein Durchschnittserträgnis von 7 1 2 pCt., und 21 von 30 dieser Aktien-Gattungen stehen über pari. Dem gegenüber haben die Zeitungspapier-Fabri ken in Deutschland, Skandinavien, Frankreich, Oesterreich und Amerika nur geringe Erträgnisse oder Verluste. So teilte dem Redner der Verein Norwegischer Papiermacher mit, daß 8 dortige Fabriken in Konkurs geraten sind, und auch bei allen anderen das Kapital vermindert wurde. Herr Lloyd befürwortete den Freihandel, da durch britische Schutzzölle nicht nur die fremde Einfuhr, sondern in gleichem Maß die britische Ausfuhr geschädigt würde. Wenn die Aus länder mit den Preisen schleudern, so schädigen sie auf die Dauer nur sich selbst. Herr Duerden ist gleicher Ansicht und meint, daß durch britische Schutzzölle nur die Begehrlichkeit der britischen Arbeiter geweckt würde, und Arbeiter-Ausstände die Folge wären. Wichtiger sei es, die unentgeltliche Volksschule ein- zuführen und die Trinksitten des Landes zu verbessern. Nachdem noch die Herren Thomas, Lewis Evans und der Vor sitzende Sir John Evans empfohlen hatten, überdieFrageheutenicht zu entscheiden, da die Lage nicht geklärt sei, wurde der Dixon'sche Beschluß-Antrag in 2 Teile geteilt; der erste Teil, daß es wünschens wert sei, Waren aller Art, auch Papier, aus schutzzöllnerischen Gegenden mit Zoll zu belegen, wurde mit 33 gegen 18 Stimmen angenommen. Der zweite Antrag, in dem inniger Anschluß an die Kolonien empfohlen wird, wurde einstimmig angenommen. Auf die Versammlung folgte ein Mittagessen, dessen Tisch reden sich gleichfalls mit der Zollpolitik befaßten und gleich sam eine Fortsetzung der Beratungen bildeten. In diesen Reden zeigten sich u. a. die Herren Partington, A. E. Reed, Skelton und Neil Turner als Anhänger des Freihandels.