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2926 PAPIER-ZEITUNG Nr. 82 Amsterdamer Papiermarkt Obgleich wir jetzt in die eigentliche Geschäftszeit eingetreten sind, läßt sich von Besserung im Geschäft nicht das Geringste spüren. Jedermann ist erstaunt darüber, daß noch immer sommerliche Ruhe im Geschäft herrscht. Druckereien haben so wenig Beschäf tigung, daß mehrere sich gezwungen sahen, Druckern und Setzern zu kündigen. Woher solche Flauheit stammt, ist sehr schwer anzugeben, man kann doch kaum annehmen, daß es Nachwehen des im Vorjahr stattgefundenen allgemeinen Arbeiter-Ausstandes seien. Das Jahr 1903 ist bis jetzt für den Papierhandel besonders schlecht verlaufen, für Großhändler und Druckereien sowie für Papierfabriken. Die Preise, zu denen jetzt gekauft wird, sind äußerst niedrig, und manche Fabriken nehmen Aufträge zu kaum möglichen Preisen an, nur um Beschäf tigung zu haben. Ueber das Ausfuhrgeschäft kann ich diesmal nicht klagen, es hat sich seit einigen Wochen bedeutend gebessert, ja selbst der Stroh pappenmarkt, der seit längerer Zeit fast tot war, hat sich etwas be lebt. Die angebotenen Kaufpreise waren nicht zu niedrig, wodurch manche Aufträge, auch Jahresschlüsse, zustande kamen. Am meisten Anfragen gab es nach besseren Post- und Schreibpapieren, die Auf träge hierfür wurden meist in belgischen Fabriken untergebracht. Auch für gewöhnliches Zeitungsdruck gab es mehrere bedeutende Anfragen, aber man konnte die Aufträge wegen zu niedriger Preis stellung nicht an den Mann bringen. 9 Großbritanniens Papier-Erzeugung. Das englische Fachblatt »Paper Trade Review < bestreitet die im Jahresbericht 1902/03 des Vereins Deutscher Papierfabrikanten enthaltene Angabe, daß die Papier- und Pappen-Erzeugung Großbritanniens zur Zeit rund 450000 Tonnen jährlich betrage. Schon im Jahre 1890 habe George Chater, ein vorzüglicher Fachmann, dem englischen Handelsministerium die Papier-Erzeugung Groß britanniens auf 520 000 Tonnen angegeben. Das genannte Blatt habe 1900 eine Reihe von Ziffern aufgestellt, die 943 000 Tonnen als die britische Jahres-Erzeugung von Papier und Pappe ergaben, und diese sei inzwischen auf mindestens eine Million Tonnen gestiegen. Vereinigung deutscher Lumpenhändler. Deutsche Lumpen händler haben vor einiger Zeit einen Verein gegründet, um gemeinsame Interessen mit Nachdruck zu wahren. Aus diesem Verein bildeten sich wieder Bezirksvereine, deren Hauptzweck ist, möglichst monatliche Zusammenkünfte zu vereinbaren, wobei auch gegenseitige Handelsgeschäfte abgeschlossen werden sollen. Vor kurzem tagte in Mannheim, Pfälzer Hof, eine solche Bezirksversammlung, wobei der provisorische Vorsitzende Herr Karl Rosenfeld von der dortigen Firma Rosenfeld & Hellmann die Verhandlungen leitete. Anwesend waren Lumpenhändler von Mannheim, Ludwigshafen, Heilbronn, Schwetzingen, Schwab. Hall, Frankfurt und Karlsruhe. K. (Neue Bad. Landesztg., Mannheim) Briefe eines Pappenmachers aus Portugal II. Wie eine Strohpappenfabrik in Betrieb gesetzt wird Schluß zu Nr. 68 Also Gas war da! Jetzt hieß es den Motor anlaufen lassen, aber dieser war nicht in Gang zu bringen. Als ich ihn besichtigen wollte, um den Fehler zu suchen, gab mir der Herr Marine-Ingenieur zu verstehen, ich sei nur mit Papier und Pappen vertraut, zu Gas ge hörten Studien. »Na« erwiderte ich deutsch, »glauben Sie vielleicht, ich habe noch keinen Gasmotor unter meinen Händen gehabt?« Da ich dieses recht gemütlich erklärte, so glaubte der Herr, ich sei mit seiner Erklärung einverstanden. Jetzt fing er an, 8 Tage lang an seinem Gasmotor zu verändern und herumzuwursteln, aber der Motor lief nicht. Unterdessen hatte ich den Fehler schon lange gefunden: Das Gasrohr vom Gasometer nach dem Motor hatte 60 mm innere Lichte, ein Bogenstück aber an einer Stelle der Leitung, wo diese durch die Wand geht, nur 35 mm, und das Absperrventil hatte sogar nur 25 mm innere Lichte. Damit wollte der Chef, zugleich Marine-Ingenieur, einen Motor von 15 PS in Betrieb setzen! Als ich ihm zu verstehen gab, man solle erst die Gaszuleitung untersuchen, gab er mir zur Antwort: die Leitung ist bom (gut), und feilte und meißelte ruhig weiter; da der Motor nicht in Gang zu bringen war, reiste der Chef nach Lissabon und holte einen Maschinisten. Dieser feilte und meißelte fünf Tage daran herum, aber der Motor war nicht in Betrieb zu bringen. Nunmehr kamen noch drei Ingenieure und Maschinisten, nach 6 Wochen war der schöne Dudbridge-Motor vollkommen verdorben. Jetzt hieß es, die portu giesischen Ingenieure verständen nichts, es müßte ein Ingenieur von der englischen Firma her, die den Motor gebaut hat. Nach 10 Tagen j kam aus England die Antwort. Diese muß aber nicht gut ausgefallen I sein, denn der Chef rief: »nie und nimmermehr kaufe ich eine Maschine I | von England, die Engländer lassen einen in der Not sitzen«, usw., während die deutschen Fabrikanten helfen, wo sie nur können.« Jetzt hieß es »Dampfmaschine her«. Während dieser Zeit hatte ich die Glättwerke montirt und mich an die Kollergänge gemacht. Für diese dienten 60 cm hohe Trichter als Schalen. Auswurf, Stoffzustreifer und Ausstreifer waren nicht vor handen. Als ich den Chef (hier zu Lande heißt er patron) fragte: »Ja wie wollen. Sie eigentlich das Stroh kollern?« konnte er mir keine’ Antwort geben. Jetzt besorgte ich mir aus der Stadt einen Schmiede meister, dieser mußte aus den Trichtern Kollergangschalen herstellen, außerdem ließ ich Zustreifer und Auswurf herstellen. Der Auswerfer war noch nicht fertig, da wurde der Schmied fortgeschickt mit der Begründung: jetzt habe ich, (d. h. der Chef) nur übers Gas zu denken. Den wahren Grund sollte ich aber später erfahren. Ich hatte nun keine Arbeit mehr und stellte an meine Auftraggeber, die Firma D. & R. in Lissabon, die Frage: Was soll ich machen? Ich habe nichts mehr zu arbeiten, und mein 3-Monats-Billet läuft dieser Tage ab. Als Antwort wurde mein Billet auf 3 Monate verlängert, und ich erhielt den Bescheid, spazieren zu gehen. Dieses machte ich mir zu Nutze. Sechs Wochen lang habe ich die Umgegend von B. 20 km in der Runde durchstreift um das portugiesische Leben gründlich kennen zu lernen. Kam ich in eine Ortschaft, so kehrte ich in einer casa oder taverne ein und ver langte estavi (Essen), so war die erste Frage, ob ich Spaniole sei. Sagte ich no, Alemän, so war die Freude groß, denn der Deutsche ist in Portugal sehr beliebt, noch mehr aber die deutsche Ware. Will hierzulande ein Kaufmann seine Ware anpreisen, so erklärt er, sie sei aus Almanha (Deutschland), dann kauft der Portugiese die Ware, weil er die Ueberzeugung hat, sie sei vorzüglich, und zahlt lieber etliche Reis mehr. Endlich kam die Lokomobile an. Jetzt hieß es Stroh kochen. Hier sind zwei stehende Strohkocher vorhanden, je mit 3,9 cbm Raum inhalt. Als ich am gefüllten Kocher das Dampfventil ganz auf machte, sank der Dampfdruck im Lokomobilkessel naturgemäß von 4 auf 3 Atmosfären. Als der Chef dies sah, geriet er ganz außer sich und drehte das Dampfventil zu. Ich rief auf Englisch open (öffnen), ei’ erklärte mir, ich verstände nichts von einem Dampfkessel, der Manometer müsse auf 4 Atmosfären stehen. Auf meine Gegenfrage »aber Herr, wenn Sie im Kessel 4 Atmosfären haben und im Kocher 1/2, was soll daraus werden?« erklärte er mir, »ich werde Ihnen zeigen, wie man Stroh kocht.« Ich ging lachend davon. Am andern Morgen bei meiner Ankunft in der Fabrik waren die Arbeiter schon dabei, den Kocher zu entleeren, das Stroh war ganz grau und roh. Der Chef rief bom, ich erklärte auf portugiesisch Sisa (Schweinerei). Da der Chef nach Lissabon reiste, machte ich während dieser Zeit einen Kocher. Als der Herr zurückkam und das Stroh betrachtete, ließ er schnell einen Kocher füllen, steigerte den Dampf im Kessel auf 6 Atmosfären, drehte aber das Ventil so zu, daß das Wasser im Kocher nicht einmal kochte. Das Resultat war das gleiche wie beim ersten Kocher. Jetzt führte mich der Chef an die gekochten drei Strohhaufen und erklärte mir, »ich bin auf Ihre Schliche gekommen! Sehen Sie Ihren kleinen Haufen Stroh an und meine zwei großen. Ich habe die Haufen ausgemessen! In Ihren Kocher haben Sie nur 300 kg Stroh füllen lassen und in meinen 500 kg.« Jetzt wurde ich aber grob und erklärte ihm, seine Strohhaufen seien natürlich größer als der meine, weil seine Kocher nicht gar ge kocht seien. Nun ließ er das Stroh beim Füllen in die Kocher ab wiegen, und es ergab sich, daß schwach 300 kg hineingingen. Hierauf erklärte er mir, ich sollte die neu gefüllten Kocher fertigstellen, er würde mir nichts dreinreden. Er setzte sich vor die Lokomobile, ich drehte das Dampfventil auf und kochte wie Stroh gekocht wird. Nach 41/, Stunden stellte ich den Dampf ab, öffnete den Kocher und dieser war nur noch 3/4 voll. Jetzt begriff der Herr und kochte Tag und Nacht Stroh. Dann hieß es: morgen fangen wir an, Pappen zu machen. Ich erklärte: »Ja, warten Sie noch eine halbe Stunde!« Als ich nämlich im April hierher kam, verlangte ich für die Kollergänge 12 und für den Holländer 160—180 Umdrehungen in der Minute. Dies wurde aber verworfen und den Kollergängen 30 und dem Holländer 80 Umdrehungen gegeben. Als die Anlage in Betrieb gesetzt wurde, hatte der Holländer keinen Zug und brachte das Wasser nicht über den Kropf, während die Kollergangläufer geradezu herumgeschleudert wurden. Nach 10 Mi nuten wurde abgestellt, und man bestellte neue Scheiben für Koller gang und Holländer. Dies verursachte einen Aufenthalt von weiteren 14 Tagen. Jetzt konnte es losgehen. Wie schon vorhin berichtet, hatte ich an dem einen Kollergang zwei Zustreifer mit Ausrücker anbringen lassen. Der Chef erklärte, diese Spielerei brauche er nicht, außerdem sei die Biegung falsch. Er ließ den zwei Zustreifern andere Biegung geben und zwei Schnäbel darannieten. Vergeblich erklärte ich ihm, so gehe es nicht. Für den zweiten Kollergang ließ er zwei pflugscharähnliche Zustreifer anfertigen und an die Läuferachse festschrauben. Am 13. August wurde der Betrieb eröffnet. Die zwei Schnäbel standen zu dicht an den Läufern und wirkten als Bremsen, sodaß die Läufer schleiften. Ich meißelte die Schnäbel los, warf sie zum Alt eisen und gab den Zustreifern ihre frühere Form. Der Chef sah dies, aber- redete kein Wort. Nun arbeitete der Kollergang vorzüglich. Darauf wurde der zweite Kollergang angelassen. Die Pflüge wühlten im Stroh herum, aber erfüllten ihren Zweck nicht im geringsten. Ich stand dabei und lachte still für mich hin. Nach.1/2 Stunde ließ de Chef den Kollergang stille stehen, legte die Streifer um 8 cm tiefe