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352 Nichtamtlicher Theil. 23, 29. Januar. Vertreter gefallen lassen. Und wie sieht sie in dieser romanischen Livree aus! Wäre es nicht, daß Gewöhnung und Ge wohnheit selbst die niederträchtigsten Dinge erträg lich machte, es müßte sogar der allcrwelt umfassendste Deutsche sich davor entsetzen! Herr Raue beweist ferner auf Grundlage einer erfah rt,,, gswissensch östliche n Seelenlehre (— auch das noch gegen die unglückliche Antiqua!—), was schon Nr. 4 und 5 sagen, daß nämlich ein Engländer oder Amerikaner bei Anblick eines deutschen Buches in Antiqua sofort in das Englische hincin- fällt. Nr. 9. Herr Buchhändler Koradi in Philadelphia bestätigt eben falls diese Eigenheit der Amerikaner, stets in das Englische hinein- zufallcn, wenn sie deutsche Worte in Antiqua lesen. (— Wie helfen sie sich aber beim Französische», Spanischen und Ita lienischen? — Diese Sprachen werden doch mit derselben Schrift wie das Englische gedruckt, aber bei weitem unähnlicher dem Eng lischen ausgesprochen, als das Deutsche. —) Herr Koradi geht gleich um vieles weiter als seine Vornum mern. Ihm ist es erwiesen, daß auch dem Deutschen das Lesen deutscher Bücher in Antiqua unangenehm und hinder lich ist. Dann erhebt er sich auf den patriotischen Standpunkt, von dem aus ihm die Fractur eine n ationale Ehrensa che ist, weil sie mit den bedeutendsten Vorzügen der deutschen Nation, mit den Werken ihrer großen Männer, mit ihrer herrlichen, tiefen und auf der ganzen Welt verbreiteten Literatur in Verbindung steht. Er sagt zum Schluß: „Wie die deutsche Literatur in ihrer Größe rein original, und den individuellen sowohl als den Werth der Nation darstellt, so sollte auch die deutsche Schrift, kräftig und originell wie sie ist, ein echter kerniger Typus deutschen Wesens und Geistes, außerdem ebenso schön und mindestens so deutlich als die Schriften anderer Zungen, als heilig g eha lten es Ei gen t h u m d e r N a t i o n bewahrt werden. Nr. 10 nennt die Fractur eckig und steif, die Antiqua geringelt und geschlingelt. (— Es ist das nur zur Abwechslung mit Nr. 4, welche die Antiqua geradlinig und die Fractur abgerundet nennt! —) Im Uebrigen ist vonRuß und Ochsengalle, Chinesen, Theekisten und der Bibel die Rede. Nr. 11 wird als abschreckendes Beispiel von Anhängern der Antiqua und Reformen der Schreibung abgedruckt. Nr. 12 bearbeitet Nr. II, nimmt die Schönheit der Fractur in Schutz, kommt auch wie Nr. 4, 5 und 8 auf den stets durch Antiqua ins Englische fallenden Amerikaner und reibt sich au Jenes Reformen der Orthographie. Aber er gibt zum Schluß eine sehr hübsche Illustration zu der Redensart, „im Deutschen schreibt man wie man spricht", und widerlegt damit einige seiner Vvrnummern, die auch diese Redensart zum Vortheil der Fractur verwerthen. Das Nachwort überläßt den Schönheitsstreit den verschiede nen Geschmäcken. Seine Beanstandung der gekoppelten und dop pelten deutschen Consonantcn in Antiqua ist gewiß richtig, aber in dieser Frage doch nur Nebensache. Die Ansicht, „daß die Antiqua, Weil die langen Consonantcn nach oben und unten mehr vorragen, einen stärkeren Reiz auf die Augen ausübt und flimmert", kann deshalb nicht richtig sein, weil die Antiqua bei weitem weniger Unterlängen hat, als die Fractur. Man findet in Antiqua ganze Zeilen mit nur einer, oft gar keiner Unterlänge und dies ist ein Hauptgrund ihrer Ruhe und Klarheit. Daß die Verwendung beider Schriften durch einander schwerlich schön, noch für den Satz zweckmäßig sein kann, haben wir schon er wähnt. Das Uebrige ist Wiederholung. Der Inhalt jener Broschüre ist hier im Wesentlichen wieder- gegcben. Die geehrte Redaction wird nur ihre Pflicht thun, wenn sie nach Zulassung des Artikels in Nr. 13, der jene Broschüre so apo diktisch als ausschlaggebend in dieser Frage hinstellt, auch diese selbst in entsprechender Beleuchtung vorführt. Sie muß auch denjenigen deutschen Schriftstellern, Buchdruckern und Verlegern gerecht werden, die ihre schön- oder fachwisscnschaftlichen Bücher oder Zeitschriften nun einmal 1hat sächlich in Antiqua drucken*) und ihre guten Gründe dafür haben, Herr Hering mag ja oder nein dazu sagen. Ganz entschieden aber ist das Hineinziehen deutschen Patriotismus und nationaler Ehrensache in diese Letternfrage zurückzuweisen. Nothrus an die Verleger, und Aufforderung an die Sor timenter, sich das unverlangte Zusenden von Neuigkeiten nicht länger gefallen zu lassen. Die letzten Monate des vergangenen Jahres haben abermals schlagend bewiesen, daß die Production im Buchhandel eine über mäßige ist. Der Mißbrauch der unverlangten Zusendung von Neuigkeiten, welcher in keinem andern Zweige des Handels besteht, schädigt die Sortimenter und ist eine Hauptursache des Erscheinens von Schrif ten , welche dem Verleger und dem Sortimenter keinen Nutzen bringen. Es ist Zeit, daß gegen diesen Mißbrauch energisch eingeschrit ten wird, denn bis jetzt haben Bitten und Abwehren einzelner Sor timenter nicht geholfen; und die Drohung, Porto zu berechnen, hilft ebenfalls zu nichts, denn wenn sie ausgcführt wird, nehmen die Ver leger keinen Anstand, den Credit zu kündigen. Der Sortimenterverciu könnte hier zum Schuhe seiner ge plagten Mitglieder eine Wirksamkeit entwickeln, oberes geschieht nicht. Es sind hauptsächlich Leipziger, denen die Fracht gar nichts, und Berliner Verleger, denen die Fracht nach Leipzig nur wenig kostet, welche sich diese Schädigung des Sortimentshandcls erlauben. Diese müssen namhaft gemacht und wenn sie bei Portobcrechnung mit Credit-Entziehung drohen, sämmtlichc Mitglieder des Sorti- mcutervcreius vom Vorstand aufgefordert werden, mit ihnen jede Geschäftsverbindung aufzuhcben. Es werden erfahrene Sortimenter hierdurch aufgefordert, ihre Ansichten auszusprcchcn und Mittel an die Hand zu geben, durch welche dieser den Buchhandel im Allgemeinen schädigende Miß brauch, welcher dem Sortimenter direct das Geld aus der Tasche zieht, beseitigt werden kann. r. Miscellen. Remittenden-Facturen. — In größeren Geschäften wird es jetzt die höchste Zeit zum Beginn der Meßarbeiten, wenn alles bis Ostern fertig sein soll. Wenn also die Herren Verleger wün schen, daß ihre Bestimmungen genau befolgt werden, so müssen die Remittenden-Facturen jetzt versandt werden. Wie viele kommen alljährlich nach gemachter Arbeit und veranlassen dann Korrespon denzen wegen gestrichener Disponenten und all die sonstigen Annehm lichkeiten unconformer Abschlüsse! Das „Monatliche Verzeichnis; ,c." vom Deccmber 1871, welches uns mit Nr. 15 des Börsenblattes soeben zukommt, enthält ca. 250 deutsche Bücher uno Zeitschrisleu aller Facher in Antiqua gedruckt. Die Nummer des Börsenblattes selbst mit dem Recensionen-Verzeichniß zeigt ebenso viel. Antiqua, wie Fractur!