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1986 5»L 122, 29. Mai. Nichtamtlicher Theil. Das Geschäft wurde von den beiden dasselbe leitenden Brüdern ganz in dem Geiste und der Weise ihres Vaters fortgeführt; daß dies die rechte Weise war, zeigte der erzielte Erfolg. Vor allem suchten sie das „Conversations-Lerikon" immer auf der Höhe der Zeit zu erhalten. Schon der verewigte F. A. Brockhaus hatte einen bewähr ten Redacteur dieses Werkes in der Person des Professors F. CH. A. Hasse (Prof, am Cadettenhause in Dresden, später Prof, an der Universität zu Leipzig) gesunden. Unter Hilfe dieses ihres väter lichen Freundes vollendeten sie, ihrcKräfte vor allem diesem Verlags- untcrnehmcn widmend, 1823 die sechste Auflage, ließen derselben 1824 einen Supplementband folgen, und veranstalteten 1827—29 die siebente Auflage in 12 Bänden in größerem Formate. Unter der rührigen Leitung der beiden Brüder gelaugte die Firma zu immer größerer Ausdehnung; zwei bedeutende andere Geschäfte wurden von denselben angekauft und ihrer Firma cinverleibt (1827 das Commisstonsgeschäft von H. E- Gräfe und 1831 die alte Firma I. F. Gleditsch, mit der sie in den Besitz der großen von Ersch und Grubcr begründeten „Allgemeinen Encyklopädie der Wissenschaften und Künste" gelangten); ebenso wurde die Druckerei fortwährend ver größert und mit den gemachten neuen Erfindungen und Verbesserungen vervollkommnet. Die ersteSchnellpresse(dieersteinLeipzigüberhaupt) wurde 1826 ausgestellt; 1833 kam eine Stercotypengießcrei hinzu, 1836 durch den Ankauf des Walbaum'schen Etablissements in Wei mar und dessen Verlegung nach Leipzig eine Schriftgießerei; 1834 wurde eine Dampfmaschine für die Schnellpressen aufgestellt, 1842 die schon seit 1834 vorhandene Buchbinderei neu eingerichtet und erweitert und in demselben Jahre ein neues stattliches Gebäude er richtet, welches alle technischen Geschäftszweige aufnahm. 1837 er folgte in Gemeinschaft mit G. H, Fricdlein und E.Avenarius unter der Firma „Brockhaus L Avenarius" die Gründung einer Buch handlung für deutsche und ausländische Literatur in Leipzig und Paris; das Pariser Geschäft wurde 1844 verkauft und das Leipziger mit der Firma F. A. Brockhaus vereinigt. Die bedeutendste Thätigkeit aber entwickelte das Verlagsge- schäst, das sich immer mehr aus alle Gebiete der Wissenschaften und Künste ausdehntc. Vom „Convcrsations-Lerikon" erschienen unter der Redaction von Or. Espe 1832—36 die achte Auflage (12 Bde.) und 1843—47 die neunte (15 Bde.), denen drei, die jedesmalige Zeit ausführlicher behandelnde Nebenwerke beigegeben wurden: „Conversations-Lerikon der neuesten Zeit und Literatur" (4 Bde. 1832—34), „Conversations-Lerikon der Gegenwart" (4 Bde. 1838—41) und „Die Gegenwart" (12 Bde. 1848—56). Der „Systematische Bilder-Atlas zum Conversations-Lerikon" (500Ta- feln in Stahlstich) wurde unter der Leitung von I. G- Heck 1844 begonnen und185l vollendet, zu welchemZweckZeichner und Stahl stecher cugagirt und eine Stahl- und Kupferdruckerei eingerichtet ward. Unter den andern periodischen Unternehmungen der Firma aus dieser Zeit sind namentlich das „Historische Taschenbuch", heraus- gcgebcn von F. v. Raumer (seit 1830), die Fortsetzung der „Allge meinen Encyklopädie der Wissenschaften und Künste" von Ersch und Grubcr, der „Neue Pitaval" von Hitzig und Häring (seit 1842), die „Leipziger Allgemeine Zeitung" (seit 1837), seit 1843 unter dem Titel „Deutsche Allgemeine Zeitung" re. hervvrzuheben. Mit dem I. Januar 1850 trat der älteste der Theilhaber, Friedrich Brockhaus (gestorben zu Dresden am 15. August 1865) aus dem Geschäft, das nun von seinem Bruder Heinrich in allen Zweigen unter der bisherigen Firma allein übernommen wurde. Bald betheiligte sich an demselben auch der älteste Sohn des lctztern, Or. Heinrich Eduard Brockhaus, geboren zu Leipzig am 7. August 1829, der nach vollendeten Univcrsitätsstudien in dasselbe eintrat, 1852 Procurist und am 1. Juli 1854 Theilhaber wurde. Mehrere Procuristen standen seitdem den Chefs zur Seite, von denen jedoch nur noch A. A. Rottner am Leben ist, dessen Procura noch in Kraft steht. Die technischen Geschäftszweige nahmen einen immer größer» Aufschwung; 1855 wurde eine Lithographische Anstalt und Stein druckerei eingerichtet und mit der bereits bestehenden Stahl- und Kupferdruckcrci unter der Firma: „F. A. Bröckhaus'Geographisch- Artistische Anstalt" vereinigt, 1857 eine Xylographische Anstalt. Mit der Schriftgießerei war schon früher eine Graviranstalt, Gal vanoplastik und Mechanische Werkstätte verbunden worden. Die besondere Beachtung, welche diePflege der bestehenden und die Anknüpfung neuer buchhändlerischer und literarischer Verbin dungen von Seiten der Firma immer fand, führte zur Begründung von „F. A. Brockhaus' Sortiment und Antiquarium", das sich seit seiner Gründung am 1. Januar 1856 unter der Leitung von Paul Fr. Trömel und nach dessen Tode von G. H. Ziegenbalg rasch zu einer der angesehensten Firmen für die internationalen literarischen Beziehungen emporgeschwuugen hat. — Im Sommer 1856 feierte das Geschäft das 50jährige Jubiläum seines Bestehens, welches zur Veröffentlichung einer Denkschrift „Zur Erinnerung an das fünfzig jährige Jubiläum der Firma F. A. Brohaus am 13/14. Juli 1856" Veranlassung gab. Sämmtliche technischen Geschäftszweige des Geschäfts erhielten October 1856 einen besonderen Leiter in der Person von B. Sieg fried, der ihnen auch noch jetzt vorsteht. Ami. Januar 1862 trat der jüngere Sohn Heinrich Brockhaus', den bald nach dieser Zeit die philosophische Facultät der Universität Jena donoris causa zum Doctor der Philosophie ernannte, Heinrich Rudolf, geboren zu Leip zig den 16. Juli 1838, als Procurist in das Geschäft, in dem er seit Ostern 1855 den Buchhandel und die Buchdruckerei gelernt, nach dem, er zu gleichem Zweck die Jahre 1860-61 in den Hauptstädten Europas verbracht, und wurde am 1. Juli 1863 Theilhaber. — 1864 wurde in Wien eine Filiale des Geschäfts gegründet (jetzt von M. Trömel geleitet), die rasch an Bedeutung gewann und dadurch die Errichtung eines andern Filialgeschäfts in Berlin (unter der Leitung von E. Goldstücker) veranlaßt«:. Nicht minder wachsend und umfassend gestaltete sich in dem Zeitraum seit 1850 die Verlagsthätigkeit des Hauses. Die zehnte und die elfte Auflage des „Conversations-Lerikons" (1851—55 und 1864—68) wurden unter der Redaction von Or. K- A- Kurtzel (1871 gestorben) und O. Piltz unter fortwährenden Verbesserungen und Erweiterungen in Ausführung gebracht; au dieselbe» schloß sich „Unsere Zeit. Jahrbuch zum Conversations-Lerikon" (erste Folge, 8 Bde. 1857 — 64; neue Folge, hcrausgegebcn von R. Gottschall, 1865 u. fg.). Eine zweite Auflage des „Bilder-Atlas» zuin Conversations-Lerikon" begann 1869. Von den andern größern Unternehmungen heben wir hervor: Gutzkow's und Fren- zel's ,, Unterhalt rügen am häuslichen Herd", R. Prntz's „Deutsches Museum", das „Kleinere Brockhaus'sche Conversations-Lerikon", rcdigirt von W. Cramer, die dritte Auflage des „Staats-Lexikons" von Rotteck und Wclckcr, das „Jllustrirte Haus- und Familien- Lerikon" von N. Arendt, die „Schiller-", „Goethe-", „Lcssing-" und „Shakespeare-Galerie" von Pecht und Rambcrg; eine Bibliothek ausländischer Autoren (die bedeutendsten Erzeugnisse der romanischen, slavischen und englischen Literaturen umfassend) in den Original sprachen (bis 1872 123 Bde.), die stetig fortgesetzt wird; eine Bibliothek der deutschen Nalionalliteratur von den Anfängen bis zur Gegenwart soll in 5 Serien die besten Werke mit Einleitungen und Anmerkungen reproducircn (bis 1872 12 Bde.); von ausgezeich netem Erfolge war die erste Serie der „Deutschen Elassiker des- Mittelalters" (12 Bde.), begründet von Fr. Pfeiffer; endlich wurde unter Bodenstedt's Leitung eine neue Uebersetzung des Shakespeare: (38 Bdchn.) veröffenllicht.