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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 22.08.1901
- Erscheinungsdatum
- 1901-08-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-190108227
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-19010822
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-19010822
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1901
-
Monat
1901-08
- Tag 1901-08-22
-
Monat
1901-08
-
Jahr
1901
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 22.08.1901
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Mord-proM Krosigk vor der Serusungsivftan). Gumbinnen, 19. August. Die heutige Abend- Verhandlung setzte mit der interessantesten Persönlichkeit ein, die augenblicklich im Mittelpunkte dieser ganzen «roßen düsteren militärischen Tragödie steht, mit der Wittwe des erschossenen Rittmeisters, Frau v. Krosigk, geb. von Saldern. Sie ist eine auffallend elegante, schlanke Erscheinung; ihr dichtes, blondes, sehr einfach frisirtes Haar umrahmt ein frisches, gesundes Gesicht; sie muß einstmals ein sehr schneidiges Landadelfräulein gewesen sein. Sie trägt natürlich tiefste Trauerkleidung, und das Merkwürdigste an ihr ist ihre klare, präcise, absolut militärische Ausdrucksweise. Sie kennt fast jeden Mann der Schwadron. Frau v. Krosigk spricht übrigens ohne eine Spur von Erregung, sie erzählt von den mysteriösen Vorgängen in Stallupönen, wie bereits früher einmal in die Wohnung des Rittmeisters 'geschossen wurde, und wo man ihm vir Polster seiner Wagen zerschnitt. Und bei dieser Gelegenheit tritt wieder die Charaktereigenschaft des Herrn y, Krosiak herbor, von der ich bereits einmal sprach. Seiner .Gattin gegenüber Hai sich Herr von Krosigk über den damaligen Dragoner Marten in ganz anderer Weise ausgesprochen als seinen Offizieren gegenüber, bei denen er immer die guten LigiüsAsten Martens ganz besonders hervorhob. Dann Wird der alte Marten, der Wachtmeister der 4. Schwadron, als Zeuge aufgerufen. Er weiß nur Gutes von seinem Sohn zu berichten — er würde aber auch das Gegen theil berichten, wenn es der Wahrheit entspräche. Es liegt ein Stück antiker Seelengröße in dem, was dieser alte Soldat sagt, dessen ganzes Leben in den starren Formen des Dienstes dahin geflossen ist. Vaterliebe durchleuchtet seine Worte, aber mir selbst sagte der alte Mann noch vor wenigen Tagen: „Wenn mein Junge die That begangen hat, so soll ihn die gerechte Strafe treffen. Aber ich kann und will es nicht glauben, weil mein Sohn sicher den Muth hätte, die That einzugestehen, wenn er sie begangen hätte." Das scheint auch heute noch seine Meinung zu sein. Er erzählt von seinem Verhältniß zu dem Rittmeister v. Krosigk. Und auch hier tritt das Doppelspiel in den Aeußerungen des Rittmeisters zu Tage. Er be- scheinigt ihm die Vorzüglichkeit einer Befehlsausführung und nach wenigen Tagen tadelt er den im Dienst ergrauten Mann wegen derselben Sache vor den Offi zieren der Schwadron! Ein solches Benehmen war dem ehrlichen Soldaten natürlich unverständlich — er erkrankte vor Aerger und Entrüstung und ließ sich schließlich in eine andere Schwadron versetzen. Er vermeidet es sichtlich, die Angeschuldigten anznsehen; strammen Schrittes, aber innerlich gebrochen, verläßt er den Saal. — Dann tritt die unglückliche Frau Hickel vor den Zeugentisch. Der Verhandlungsführer sragt in schön menschlicher Weise nach dem Befinden deS kranken Kindes; nur als Frau Hickel den Saal verläßt, nickt sie ihrem Manne flüchtig zu. Das Hauptinteresse beanspruchte die Vereidigung des Unteroffiziers Domnig, der diesmal als Zeuge auftrat, während er im ersten Prozeß mit auf der Anklagebank saß. Er sagte unter Eid nur günstig für die Angeklagten Marten und Hickel aus, namentlich für Letzteren. Danach ist Hickel um die Zeit des Mordes im Stall gewesen und hat sich mit Domnig unterhalten. Dagegen wollen andere Zeugen, Dra goner, die im Stalle zu thun hatten, von dieser Unter- Haltung nichts gemerkt haben. Ganz bestimmt konnten sie aber nicht sagen, daß Hickel nicht im Stalle gewesen ist. Ferner wurden die ganzen Mannschaften der Schwadron v. Krosigks aufgerufen. Die Leute wurden befragt, ob sie erfahren hätten, wer der Thäter ist oder ob sie Martens Aeußerung gehört hätten: „Der Hund soll heute noch Roth sehen." Das Ergebniß dieser Vernehmung war ein völlig negatives. Gumbinnen, 20. Aug. (B. L.-A.) Allmählich nähert sich die Verhandlung ihrem Ende. Eines aber wird immer unklarer, und das ist die Beibringung des neuen Materials, welches so lebhaft angekündigt wurde. Ganz im Gegentheil — es ist auch nicht eine einzige Thrtsache beigebracht worden, welche die Ange klagten schwerer belasten könnte, als sie in der ersten Verhandlung belastet wurden. Aber auch hier muß die Sache bis zum bitteren Ende durchqeführt werden. Nachdem die Beweisaufnahme geschloffen, fühlte Herr Staatsanwalt Mayer aus: Meine Herren! Wir sind hier berufen zur Erledigung einer strafrechtlichen Sache, welche vermöge ihres Inhaltes berechtigtes In- leresse nicht nur in Deutschland, sondern weit über dessen Grenzen hinaus erweckt hat. Handelt es sich doch um die Ermordung eines Eskadronsche s durch Unteroffiziere auf gemeinsame Verabredung; hmdelt es sich doch nicht nur um eine st afrechtliche, sondern auch um eine disziplinarische Sache. Es erscheint un möglich, daß cin.'r die That allein bega gen hat. Unbedingt müssen zwei P-rs nen an dem Verbrechen betheiligt sein. Ich frage: Wer sind diese bei.en Personen? Wenn es sich um eine Civilsache handelt, werden Staatsanwalt und Kriminalpolizei, sobald der Thäter nich' unmittelbar gefaßt wird, immer vor ein Räthsel gestellt. Bei einer Mititärstrassache ist man darin besser gestellt; man kann einen engeren Kreis betreffs des Thäters ziehen, und wir werden deshalb in diesem Falle zu keinem anderen Ergebnisse kommen können, als daß kein anderer die That begannen haben kann, als Hickel und Marten. AuSge^chloff.n ist, daß die That von Civilisten ausgeführt wurde. Welches Interesse sollten Civilisten daran gehabt Häven? Auch daß ein ehemaliger Soldat den Mord ausgeführt habe, ersch int ausgeschlossen. Einmal fehlte auch hier da? Interesse, wie andererseits es einem C vilisten unmöglich gewesen wäre, die That durchzu führen. Gleichwohl erstreckte sich die Untersuchung auch auf eine solche Möglichkeit. Es fehlt aber fozar völlig an einem Anhalte dafür, daß der Thäter bei einer anderen Schwadron oder bei einem anderen Re- gimente zu suchen sei. Trotzdem sind auch nach der Richtung Nachforschungen angestellt worden. So kommen wir, wenn wir den Kreis derartig immer enger ziehen, zu der vierten Schwadron. Da fragt es sich denn nun zunächst, könnte die That wohl von einem Gemeinen verübt sein? Selbstverständlich hat die Untersuchung auch diese Möglichkeit ins Auge ge- saßt; aber alle Angriffs gegen Skopeck zerfielen in nichts. Auch der Verdacht gegen den HilfStrompeter Reinisch erwies sich als haltlos. So führt der Weg der Untersuchung zu den Unteroffizieren, der Gemeine steht zum ESkadronSchef nicht in so enger Berührung, wie die Unteroffiziere. Nun waren an dem Tage der Tbat elf Unteroffiziere in der Kaserne, davon fünf im Dienste auf der Reitbahn. ES kommen also nur die übrigen sechs in Frage, unter ihnen Marten und Hickel. Die übrigen vier haben ihr Alibi nachgewiesen, und damit ist ein indirekter Beweis gegen Marten und Hickel erbracht, wie denn auch das negative Er gebniß aller sonstigen Bemühungen verwerthet werden muß für den positiven Nachweis, daß kein anderer Thäter in Frage kommt. Punkt 4^ Uhr wurde der Schnaps aus der Kantine gebracht, 4 Uhr 28 Min. gingen Hickel und Marten nach der Martenschen Wohnung fort. Marten ging dann in seine Stube hinauf, wo er StumbrieS antraf. 4 Uhr 32 Min. ür überführt. Gumbinnen, 20. August. In dem Prozeß wegen Ermordung des Rittmeisters v. Krosigk wurde Marten wegen Mordes und Meuterei zum Tose, Ehr verlust und Ausstoßung aus dem Heere verurtheilt und Hickel freigesprochen. Hickel wurde aus der Haft entlassen. Marten erklärte, Revision anzumelden. Das Urtheil ruft begreifliche Erregung hervor, die sich lawinenartig durch die ganze Stadt fortpflanzt. Zur Begründung des Urtheils führt Oberkriegsgerichts, ath Scheer folgendes aus: Der Gerichtshof hält für erwiesen, daß der Thäter in der vierten Schwadron zu suchen ist, und zwar nicht unter den Soldaten, sondern unter den Unteroffizieren. Nach der Beweis führung kann nur Marten der Thäter gewesen sein. Zwar war Marten ein guter Soldat, aber nach seinem Charakter war ec der That fähig. Diesem seinem Charakter nach muß angenommen werden, daß Motive zu der That sür ihn im reichen Maße Vorlagen. Der Gerichtshof hat die Ueberzeugung, daß Marten den Entschluß zu der That schon längst gefaßt hatte. Die Zurechtweisung, die er am letzten Tage durch den Rittmeister v. Krosigk erfuhr, brachte den geplanten Entschluß zur Reife. Der Gerichtshof ist davon über zeugt, daß Marten auf dem Corridor gewesen ist, um den Karabiner an sich zu nehmen. Der Gerichtshof hat für festgestellt erachtet, daß der Karabiner Nach- mittags dort gestanden hat, wo er Vormittags hin gestellt worden ist. Es wäre unnatürlich, wenn gerade dieser Karabiner von seinem Standorte weggekommen wäre. Der Gerichtshof nimmt an, daß Marten einen Zweiten als Helfer — nicht Mitthäter, sondern Mit- Helfer und Förderer — gehabt hat. Jedoch sei der Beweis nicht erbracht, daß Hickel dieser Zweite ge wesen ist. In dem Verhalten des Marten nach dem Morde ist ein weiterer Beweis für seine Thäterschaft gefunden worden. Sein Benehmen bei der Todes nachricht war auffällig. Nach der Art der Aus führung des Verbrechens hat der Gerichtshof die Ueberzeugung gewonnen, daß ein Zweiter dabei be- theiligt gewesen ist. Der Gerichtshof hat erwogen, ob das Hickel sein könnte. Er erachtete auch Hickel für thatsächlich belastet. Er war vom Rittmeister getadelt, mag auch seinem Schwager haben behilflich sein wollen. Die Belastung genügte aber nicht. In der Bevölkerung war man bis zum Abend noch absolut der Meinung, daß beide Angeklag ten freigesprochen werden müßten. Es giebt keinen Menschen, der dem Dragoner Marten, der von Jugend auf hier bekannt ist, derartige That zutraut. Er wurde aschfahl, als der Todesspruch verkündet wurde, und bei dem trüben Schein der Lampen nahmen seine mageren Züge etwas Leichenartiges an. Kaum zwanzig Schritte von hier weinen Vater, Mutter und Schwester um den Verlorenen, der da der langen Begründung des Verhandlungsführers kaum zuzuhören scheint. Regungslos starrt er vor sich hin — was kann es ihn jetzt noch kümmern, was am Richtertisch gesprochen wird! Was kümmern ihn die subtilen RechtSunter- ichiede, was R-rapitulation der ganzen Unglücksge schichte — sein Geschick ist besiegelt! Er erklärt zwar, R ? sion einlegen zu wollen, aber er schwankt hinaus, als glaube er selbst nicht an einen Erfolg. Der Staatsanwalt ordnete die Haftentlassung Hickels an, der aber sicher auch keine freudig erregte Familie zu Hause antreffen wird. ging er weg, 4 Uhr 34 Min. ging er aus dem oberen Korridor hinab, 4 Uhr 38 oder 4 Uhr 39 Min. war die Tödtung vollzogen. Wir sehen nun den Ange klagten Marten erst 4 Uhr 45 Min. in der Wohnung der Eltern wieder, wonach er 4 Uhr 50 Min. wieder nist zusämmentraf. Nun ging er zur Reit ¬ bahn, wo er den Wachtmeister Schulz 4 Uhr 55 Min. antraf. Danach sprach er 5 Uhr 10 Min. Bundus, ferner traf er noch den Dragoner Sawitzki und ging dann in den Stall. Ich betone, daß Marten für die ^it der Tödtung, also 4 Uhr 34 bis 4 Uhr 40 Mill., einen Beweis für seinen Verbleib zu. liefern vermocht hat. Dieses Fehlen deS Verbleibnachweises bildet ein gewaltiges Indizium. Es kommen aber weitere er- -rückende Momente hinzu. Das Verhältniß des Ritt meisters zum Wachtmeister Marten war ein ungün- tiges, wie auch zum Angeklagten Marten. Wir wollen uns hier nicht in den Charakter des Rittmeisters vertiefen. Fest steht, daß der Rittmeister seine Leute ,ald so, bald so behandelte. Zweifellos mußte das Mißverhältniß des Vaters auch den Sohn tangiren, wodurch sich dec von altersher eingefressene Groll noch mehr zum Hasse verdichtete. Schon bei den Vorgängen in Stallupönen fiel der Verdacht auf die Familie Marten. Ich erinnere nun weiter an die Vorgänge aus der Reitbahn am 19. und 20. Januar. Marten wurde durch die Behandlung zur Wuth gereizt, er knirschte mit den Zähnen. Am 21. nachmittags war Marten auf der Kammer. Marten konnte keinen Schnaps vertragen. Der Schnaps stieg ihm zu Kopfe; er war stark animirt, und in diesem Zustande stieß er die Drohung aus: „Der Hund soll noch heute Farbe bekennen!" Nun kann man zwar nicht bestimmt sagen, daß damit der Rittmeister gemeint sei, doch beweist die Aeußerung immerhin den ungeheuren Groll, den Marten gegen den Rittmeister hegte. Infolge der An wesenheit des StumbrieS wurde die Erinnerung an die schlechte Behandlung durch den Rittmeister wieder lebendig, und in dem bis zum höchsten Maße gestei gerten Zorne stieß er jene Drohung aus. Ich bin fest überzeugt, daß der Angeklagte sofort, nachdem er die Drohung ausgestoßen hatte, den Karabiner holte. Dragoner Weber hat ihn im Karabinerstande gesehen. Um Bartulat auszuweichen, trat Marten an das Fen ster und ließ ihn vorbei. Ich bin überzeugt, daß er den Karabiner hierbei schon unter dem Mantel hatte. Unglaubwürdig erscheint seine Behauptung, daß er hinaufgegangen sei, um Drückeberger abzufassen. Alle Achtung vor dem Unteroffizierstande; aber so biereifrig ist wohl niemand, der selber Drückeberger ist, daß er sich in der Dunkelheit hinstellt, um andere Drücke berger abzufassen. Wo blieb nun Marlen ? Unmittel bar vor der Thal sah Skopeck zwei Unterosfiziergestalten an der Bandenthür vor der Reitbahn. Nunmehr fehlt der Ausweis über den Verbleib. Ich glaube, daß er nach der Abgabe des Schusses zu seiner Mutter her- umlief, um damit einen Alibibeweis zu schaffen. Dann ging er nach seiner Stube und traf unterwegs StumbrieS. Nun folgt sein geradezu auffallendes Be nehmen. Viermal that er, als habe er nichts gehört, als ihm der Tod des Rittmeisters mitgetheilt wurde. Im Retrutenstalle siel dann sein unruhiges, erregtes Aussehen auf. Eigenthümlicherweise wich er den Ge sprächen über den Vorfall aus. Alle Unteroffiziere eilten an den Thatort. Marten war der einzige, der nicht hinlief. Warum, frage ich: Weil er ein böses Gewissen hatte. Erst als die Schwadron angetreten wa», erschien Herr Marten auf der Bildfläche. Hier »achte er sich wiederum verdächtig. Er lief unruhig umher. Noch auffälliger war, daß er sich zu den dienstthuenden Unteroffizieren hinstellte, obgleich er dienstfrei war. Zwar ist die Fahnenflucht ubgeurtheilt, doch kommt noch immer in Betracht die Flucht eines des Mordes Angeklagten. Sie liefert ein bedeutendes Verdachtsmoment. Nach alledem ist kein anderer als Marten der Thäter gewesen. Auch bezügl'ch Hickels hält der Staatsanwalt den Schuldbeweis für erbracht. Bei Schluß des trefflich kombinirten Plaidoy rs beantragt Oberkriegsqerichtsrath Meyer, nachdem er seiner veränderten Auffassung, die Angeklagten nach dem Grundsatz „io clubio pro reo" nur wegen Todtschlags zu verurtheilen, mit beredten Worten Ausdruck gegeben hatte, gegen Marten wegen Todtschlags, gleichzeitig thätlichen Vergreisens gegen einen Vorgesetzten mit der Waffe, wodurch der Tod herbeigeführt wurde, 12 Jahre Zuchthaus, 3 Jahre Veilust der bürgerlichen Ehrenrechte, Versetzung in die zweite Klasse und Entfernung aus dem Heere. Die Strafe wird zusammengezogen aus 12 Jahre 6 Mo nate Zuchthaus, gegen Hickel wegen B ihilse zum Tod schlag mit demselben Erfolg 5 Jahre Zuchthaus, Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte, Versetzung in die 2. Klasse des Soldatenstandes und Degradation. Die Unteisuchungshaft wird ihm nicht eingerechnet. Mil dernde Umstände seien beiden Angeklagten zu versagen. Marten's Vertheidiger R.-A. Burchard: Ich gebe oem Herrn Staatsanwalt zu, daß die in der vierten Schwadron geschehene That ein Schandfl-ck für die ganze Armee ist. Und ich wehre mich nicht gegen das Bestreben, die That zu sühnen im Interesse des An sehens der ganzen Armee. Aber ich halte die Anklage für unausreichend. Wenn Marten in der Nähe des Karabiners gesehen wurde, so fehlte doch jeder Beweis dafür, daß dieser sich zur Zeit noch an der betreffen den Stelle befunden habe. Die Behauptung ist doch hinfällig, daß der Karabiner sich noch Nachmittags dort befunden haben müsse, wo er 10 Uhr Vormittags Sächsisches. Hoheusreiu-Lruftthal, 21. August 1901 irrheil^agen von allgemeinem Interesse werden dankbar «nt- gegengenommen und eventl. honorirt. — ErzgebirzischeS Volksfest in Hoheustein- Ernstthal. Während wir vorgestern von den Glücks spielen berichteten, wollen wir heute erzählen, was das Fest an Erfrischungen und Speisen bieten wird; denn „Wenn sich Äug' und Herz thut laben, will der Magen auch was haben." — In erster Linie müssen wir eine großartig ausgestattete Weinhalle nennen, worin div. Blank-, Roth- und Schaumweine, s. Marken von Obstweinen verschenkt werden. Hier vird sich gewiß ein frisches, fröhliches Leben entwickeln, denn „der Wein erfreut des Menschen Herz". Wem also die Festlaune fehlen sollte, der gehe zuerst in die biner wieder hingestellt und von anderwärts einen hergeholt hätte. Nur aus logischem Verhalten aber könne man logische Schlußfolgerungen ziehen. Die Darstellung über die Art der Ausführung der That sei ganz unmöglich. Der Thäter mußte doch die Ge legenheit abpassen und konnte nicht so aufs Gerathe- wohl schnurstracks hinlaufen und abschießen, dann hätte er ja geradezu auSrufen müssen: Macht mal Platz da; ich will jetzt schießen! Daraus, daß Marten sich schlecht vertheidigt habe, dürfe ihm kein Strick gedreht werden. Die in Frage kommenden Zeiträume und Entfernungen seien so klein, daß das Verlangen eines Nachweises darüber, wo der Angeklagte von 4» bis 4^ gewesen ist, als ganz unmöglich bezeichnet werden müsse. Er glaube, daß es dem Staatsanwalt auch unmöglich sein würde, nachzuweisen, wo er vor acht Tagen Nachmittags zwischen 4^ und 4" gewesen ist. Bei all-n großen Verbrechen tauchen Leute auf, die etwas behaupten und so lange immer von neuem behaupten, bis sie eS zuletzt selbst glauben. Gewiß kann ein Beweis durch Jndicien geführt werden; aber dann müssen die Jndicien beweiskräftiger sein, und der Beweis muß unterstützt werden durch ein aus reichendes Motiv. Dies fehlt aber hier vollstän- hinglstellt wurde. Ein logiscbeS Benehmen wäre es < , , . . ... ^wesen, wenn er, nachdem cr gffehm war, den Kara- Weinhalle und bald werden die Grillen verschwinden. big. Die Berufungsinstanz hat keine neuen Momente zu Tage gefördert, trotzdem man sich die größte Mühe gab, neue Anhaltspunkte zu gewinnen, und dazu sogar eine Belohnung auSleM- Die Züchter haben nach freier Ueberzeugung zü urtheilen. Sie haben ebenso wenig stattzugeben den Mitleidskundgebungen des Pub likums wie den Wünschen hoher Vorgesetzter und den militärischen Interessen. Am hiesigen Orte hat der Vorfall eine begreifliche Erregung hervorgerufen, und niemand hat sich wohl den Erörterungen darüber ent ziehen können, und deshalb hätte ich wohl gewünscht, daß im Gerichtshöfe nur Richter sitzen, die dem Re giments fernstehen. In diesem Saale haben Einflüsse von außen her fernzubleiben. Zweifellos ist der Ritt meister einem Verbrechen zum Opfer gefallen; aber die rechtlichen Ausführungen des Staatsanwaltes sind unzutreffend. Ich halte die Angeklagten keineswegs Wer kein Freund von Wein ist, dem winkt eine große Bierloge mit Conditoreibüffet. Hier dürste namentlich die Damenwelt Unterkommen suchen, denn neben Kaffee und Cacao giebt es „Süßigkeiten" in großer Auswahl. Außerdem erfolgt hier der Aus schank von ff. gepflegten Bieren, Cognac, Limonaden, SelterS (soll oft sehr zu empfehlen sein) u. s. w. Die Bierloge bringt mithin auch alles WünschenSwerthe für die Herrenwelt. Die größte Anziehungskraft auf Kinder und Erwachsene wird ohne Zweifel die mitten aus dem Platze befindliche Chigaco-Würstelfabrik aus üben. Die amerikanische Filiale dürfte einzig in Europo sein. Die Würstchen werden gerühmt als nahrhaft und ausgezeichnet im Geschmacke. Daß das Erste zutrifft, beweisen am besten die Lieferanten. Hier wird sich jedenfalls ein Riesenandrang entwickeln; hier soll und kann man sich den rechten Bierdurst holen. Den letzteren anzufachen, weist der Festplatz auch eine Norddeutsche Fischhalle auf, worin die feinsten Deli kateßwaren zum Verkaufe gelangen. Hier ist Gelegen- heit, den Appetit anzuregen, sowie Kater oder andere- Getier zu vertreiben. Eine Zuckerbude bietet Choco- lade und alle möglichen Süßigkeiten für kleine und große Leckermäuler. Endlich ist auch für die, welche von Wein, Bier Wurst u. s. w. nichts wissen wollen, gesorgt. Eine große, „erzgebirgische Obstbude" bringt die herrlichsten Obsorten aus allen Welttheilen zum Verkaufe. Möge es von allen FeMuchern heißen: Sie kamen, sahen, aßen und — Ueversicht über Niederschläge und Temperatur in der zweiten Dekat e des August.- (Mittheilung der hiesigen meteorologischen Station.) Niederschläge in Lit. pro Niedrigste Tem ¬ Höchste Tem ¬ Temperatur mittags Lag. Ouadr.-Met. peratur. peratur. 12 Uhr 11. » 17.0 28.0 27.0 12 14.6 25.1 23.5 13. 5.9 14.2 18.9 . 15.3 14. 1.5 14.0 18.2 15.1 15. 3.0 13.5 24.9 22.9 16. 4.0 14.5 19.2 17.6 17. 1.7 13.1 19.0 17.4 18. 8.2 23.2 21.3 19. 13.9 24.9 24.2 20. 0.0 12.9 17.4 15.2 8». 16.1 Die 2. Dekade des August hatte nur 2 Sommer- tage (über 25<>). — Ein frecher Bettler erregte gestern in der Weinkellerstraße Aufsehen. Der Mensch suchte von einem hier in Stellung befindlichen Fräulein ganz unverfroren ein Geschenk zu erzwingen. Rechtzeitig kam ein Schutzmann dazu, der den Patron nach der Wache brachte; heute wurde er dem Kgl. Amtsgerichte übergeben. - — Im 2. Vierteljahre 1901 kamen in den Schul bezirken Chemnitz IL und Glauchau u. a. folgende Veränderungen unter der Lehrerschaft vor: Moritz Richard Herold, bisher Lehrer in Wüstenbrand, als Kirchschullehrer in Erlbach; Karl Albin Müller, bis- her Lehrer in Erlbach, als Lehrer in Neukirchberg; Hermann Willy Hartmann, bisher Hilfslehrer in Rott luff, als ständiger Lehrer in Rabenstein; Ernst Wil helm Petermann, bisher Hilfslehrer in Langenleuba- Oberhain, als ständiger Lehrer in Pleißa; Guido Stadelmann, bisher Kirchschullehrer in Gablenz, als Kirchschullehrer in Wüstenbrand; Karl Friedrich Här tig, bisher Hilfslehrer in Kleinhartmannsdorf, als Leyrer in Wüstenbrand; Walter Lohmann, bisher Lehrer in Reinholdshain, als 3. Lehrer in Röblitz Klemens Max Wippler, bisher Hilfslehrer in Ober lungwitz, als ständiger Lehrer daselbst; Gustav Oskar Schröder, bisher Lehrer in Langenberg, als Lehrer in Crotenlaide; Friedrich Emil Frenzel, bisher Hilfsleh rer in Gersdorf, als ständiger Lehrer daselbst; Oskar Max Pfau, bisher Hilfslehrer in Dohna, als ständiger Lehrer in Kuhschnappel; Paul Hugo Müller, bisher Hilfslehrer in Hammerrittersgrün, als ständiger Lehrer in Hohenstein-Ernstthal; Ewald Alfred Offermann, visher Hilfslehrer in Pulsnitz, als ständiger Lehrer in St. Egidien; Arthur Richard Kunath, bisher Hilfs lehrer in Kreischa, als ständiger Lehrer in Gersdorf. — Der „Bund der Industriellen" richtet an die Kandidaten, die für die bevorstehende Landtagswahl aufgestellt sind, ein Schreiben, in welchem gesagt wird, daß in den dem nächsten Landtage vorzulegenden neuen Steuervorlagen „eine erheblich höhere Belastung der Industrie vorgesehen sei, und zwar eine ungleich stärkere Besteuerung der industriellen Kreise als an derer, besonders der landwirthschaftlichen." Dazu be- merken die „Dresd. Nachr.": Diese Behauptung ent spricht, wie .»ir auf Grund sicherer Information mit- zutheilen in der Lage sind, in keiner Weise den That- fachen. Im Uebrigen muß es doch gewagt erscheinen, von den Landtagskandidaten eine Erklärung zu ver langen über eine Vorlage, die ihnen noch nicht mit einem Worte bekannt ist und über die, wie eben gesagt, a lch der Bund der Industriellen nicht orientirt ist. — Chemnitz, 21. August. „Großfeuer!" Wie ein Bl tz ging gestern Nachmittag kurz vor 1 Uhr diese Kunde von Mund zu Mund, als in der Richtung nach Altendorf eine mächtige schwarze Rauchwolke am Himmel aufstieg. Zu Hunderten strömten die Neu gierigen nach dem Schützenplatz, woselbst der große, hauptsächlich aus Holz aufgeführt: Apoleosaal in Flammen stand. Ein schaurig schöner Anblick war es, welchen das Gebäude bot, in dem jahrelang zum Schützenfeste lustige Couvlets oder gymnastische Künste die Ohren oder die Augen der Besucher erfreuten. Bei der Bauart des Gebäudes war natürlich alle Hilfe verg bens. Bald schwankte der Bau und stürzte in sich zusammen. Welche enorme Hitze der Brand erzeugte, beweist das auf verhältuißmäßig weite Ent. fernung abgesengte Gras des Fußbodens. Leider ist bei dem Brande auch ziemlich viel Inventar — etwa 300 Stühle, Tische und andere Gegenstände sür den Gastwirthsbetrieb — vernichtet worden. Während das der Schützengesellschaft gehörige Gebäude versichert war, soll das Inventar nicht versichert gewesen sein. — Chemnitz. (Königl. Landgericht.) Wegen Nöthigung war der 21jährige Bergarbeiter Johann Nikol aus Windheim (Bayern) angeklagt. Eines Abends m Juni dss. Js. bemerkte er auf der nach Oelsnitz ührenden Straße einen Radfahrer ohne Licht. Sofort prang er auf den Mmn zu, riß ihn von seinem
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