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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 20.07.1901
- Erscheinungsdatum
- 1901-07-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-190107205
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-19010720
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-19010720
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1901
-
Monat
1901-07
- Tag 1901-07-20
-
Monat
1901-07
-
Jahr
1901
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 20.07.1901
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einem in Bockwa bei Zwickau wohnhaften Agenten in Lerbindung, der ihm ein größere» Kapital auf Hyo- rhek verschaffen follte. Der Agent verstand eS nun, dem Geschäftsmann weiß zu machen, daß eS besser fei, wenn er ihm dazu auch noch die in feinem Besitze befindlichen 2500 Mk. übergebe. Dieser ging darauf ein, doch als er nach einigen Tagen in der Wohnung des Agenten erschien, um mit diesem das Geschäft zu ordnen, war der Bogel ausgeflogen und mit ihm die 2500 Mack verschwunden. Später erhielt er von dem Schwindler eine Postkarte aus Hamburg und eS ist anzunhmen, daß derselbe mittlerweile überS Wasser ist. — Johanngeorgenstadt, 18. Juli. Die Geschäftslage in unserer Handschuhindustrie, welche nunmehr fast ein Jahr lang eine höchst ungünstige war, scheint sich erfreulicher zu bessern. In den beiden größten Fabriken von Cohn und Wertheimer Glarn Mfg. Co. wird voll gearbeitet. Den Arbeitern ist wieder Gelegenheit geboten, einen Wochenverdienst von 30 Mk. zu erzielen. Sämmtliche Arbeitslose sind bis auf zwei eingestellt worden. In einem anderen In dustriezweige, der Regulatorgehäuse- und Zitherfabri kation, steht es leider noch recht ungünstig. In diesen Branchen wird theilweise in sehr beschränktem Umfange, in einer Fabrik nur drei Tage die Woche gearbeitet. Hoffentlich geht auch diese Krise noch vorüber. — Das in Rosten veranstaltete Sommerfest zum Besten eines Bismarckdenkmals hat einen Reinertrag von 2028 Mk. 99 Pf. ergeben. Der Denkmalsfonds beträgt nunmehr 5070 Mk. 69 Pfg. — Hainichen, 15. Juli. Wie lohnend die Bienenzucht für die Landwirthe ist, beweist ein Fall in Höckendorf. Daselbst erzielte ein Gutsbesitzer in dieser Saison von 14 Bienenvölkern 5 Centner Honig. Wenn man von diesem das Pfund mit 1 Mk. ver- kauft, so wird die ansehnliche Summe von 500 Mk. erzielt. — Ebersdorf bei Chemnitz. Ein 14«/^ Jahre alter Bäckerlehrling der seit Anfang Juni hier in der Lehre ist und Verhältnisse halber vorige Ostern nicht kon firmiert werden konnte, ist am Sonntage nach an Pfarr stelle erfolgter Vorbereitung in hiesiger Stiftskirche in Gegenwart seines Vaters und zweier Kirchenvorstands mitglieder durch den Herrn Stiftspfarrer Paul Jässing konfirmirt worden. — Aiterbach i. V. Dem Lagerhalter des hie sigen Konsumvereins ist ein Manco von 1500 Mark nach gewiesen worden. Am Sonntag hat eine Generalver sammlung die entsprechenden Maßnahmen getroffen, sowie die Anstellung eines anderen Lagerhalters beschlossen. — Leipzig, 19. Juli. Entgegen d»r Meldung auswärtiger Blätter, wonach der von der Concurs- verwaltung der Leipziger Bank beschlossene Vorschuß an die Trt vergesellschaft 2>/z Millionen Mark betrage, kann das Leipziger Tageblatt versichern, daß die Concursverwaltung der Leipziger Bank bisher nur 500000 Mark zur Verfügung gestellt hat; welche Be- träge später zur Auslösung lombardirter Waaren dar gelieben werden, steht noch dahin. Jedenfalls werden die Beträge noch lange keine MMon erreichen. — S-lbst in diesen trüben Tagen fehlt es nicht an Muth zu Neugründungcn. Die Bogenlampenfabrik von Körting 8c Mathieson in Leipzig, die in ihrem Fache eine führende Stellung einnimmt, istineineAktien- Gesellschaft mit 2050000 Mark Kapital umgewandelt worden. Leipzig, 18. Juli. Von der Einrichtung des Rathes, daß Einlag-bücher der Leipziger Bank bis 30 Proz. des Einlegerguthaüens aus öffentlichen Mitteln bestehen w.-rden können, haben bis jetzt nur 30 Einleger mit einer Gesammtsumme von 15794 M. Gebrauch gemacht. Ein erfreulicher Beweis dafür, daß nicht allzu viele kleine Gewerbetreibende durch den Leipziger Bank-Krach geschädigt worden sind. — Die amtsgerichtliche Jnhibirung des Vermögens des im März dicsts Jahres verstorbenen Aussichtsrathsvor» sitzenden der Leipziger Bank, Generalkonsuls Sachsen röder, wird hier fortgesetzt auss lebhafteste besprochen. Sachsenröder war vielfacher Millionär; wennein erheblicher Theil des Geldes den Aktionären oder Gläubigern der Leipzger Bank zu gute käme, würde dies deren Chanc.n s- hr heben. — Dresden, 18. Just. In dem Abort eines Hauses der Altstadt wurde heute früh der Leichnam eines ungefähr 4 Monate alten Kindes gefunden. — Die Verüb-r von raube,ischen Uebersällen, wie sie in den letzten Tagen im Waldpark zu „Weißer Hirsch" und in Loschwitz v.rgekommen sind, sind zweifellos mit reisenden internationalen Bäderdieben identisch, die ihre Opfer unter Kurgästen, besonders unter den Damen suchen. Sie treten in gewandter, sicherer und vornehmer Weise auf und sollen jüdss-M Aussehen haben. Die hiesige Polizei entwickelt eine fieberhafte Thätigkeit, um die Gauner zu ermitteln. Der Wald- park und die Dresdner Haide werden täglich früh und abends durch Patrouillen abgesucht. — Dresden, 14 Juli. Der hiesige Schuhmacher- meister Friedrich Erwin Hanemann weiß auch die Ereig- niffe des JnnungSlebens seiner Zunft dichterisch zu ge- stallen; allerdings nicht nach Geschmack seiner Kollegen Hanemann ist ein eifriger Jnnungsmeister und als jüngst verschiedene Vorgänge in seiner Innung seinen Beifall nicht fanden, schwoll seine poetische Ader, und er machte dem, was sein Herz bewegte, Lust in einem dreiaktigen Schwank mit dem schönen Titel: „Die Obermeisterwahl und die Jubelfeier der Schuhmacherinnung in Würstel- heim". Die im Selbstverläge erschienene Dichtung scheint sehr im Volkston verfaßt zu sein, denn der gesammte Vorstand der Schuhmacherinnung zu Dresden fühlte sich beleidigt. Es kam zur Klage. Der poetische Jnnungs meister vertheidigte das Kind seiner Muse gegen Richter und Kollegen hartnäckig. Als echter Deutscher liebe er kernige Ausdruckswelse, habe Niemand beleidigen, sondern die Innung nur der Einführung einer Einkaufs, und Produktivgenossenschast geneigt machen wollen. Der ge rechte Richter verkannte nicht, daß der Dichter zu seinem Werke die Motive au« dem ihn umgebenden Leben nehmen dürfe, aber Hanemann habe dabei seine Jnnungsbrüdcr beleidigt und müsse das mit 50 Mark Strafe sühnen. Außerdem wurde „Die Obermeisterwahl und die Jubel- feier der Schuhmacherinnung in Würstelheim" konfiszirt. — Reichenbach, 18. Juli. Vergangene Nacht gegen 1 Uhr brannte hier das Fleischermstr. Hem ma n n s ch e Grundstück in der Altstadt völlig nieder. Von den Bewohnern (6 Parteien im alten, 2 im neuen Gebäude) hatten nur einige versichert. Das Feuer kam in einer Dachkammer aus, die Ursache ist noch nicht aufgeklärt. — Die hiesigen Textilarbeiter sind gestern durch Ueberreichung eines Lohntarifs, auf den sie von den Fabrikanten bis 18. d. M. Bescheid erbitten, in eine Lohnbewegung eingetreten. Sie ver langen: 10 stündige Arbeitszeit, Lohnzahlung am Freitage, Bezahlung der gesetzlichen Feiertage, Be- chränkung der Ueberstunden rc. Für Färbereiarbeiter iber 18 Jahre soll der Mindestlohn per Woche 15 M., unter 18 Jahren 12 M., für Arbeiterinnen über 18 Jahre 12 M., unter 18 Jahren 10 M. betragen. Der Tarif für die meist im Accord arbeitenden Weber ist sehr komplizirt. In Kammgarnwebereien soll ein Arbeiter nur 2 Stühle, in Streichgarnwebereien nur 1 Stuhl bedienen. Warten auf Material soll dem Tagelohn entsprechend vergütet, Musterweben und Vor arbeiten von schlechtem Material mit 3 Mk. pro Tag bezahlt werden. — Olbernhau, 17. Juli. Während des heftigen Gewitters am Montag Mittag schlug der Blitz in das Conrad Freyer'sche Wohnhaus, dasselbe völlig einäschernd. Das Gewitter war von starkem Schloßen fall begleitet; die Schloßen hatten die Größe bis zu Taubeneiern und richteten in den Gärten, Fluren und Feldern großen Schaden an. In Hutha ist der Hafer fast ganz ausgeschlagen, zwei Dritttheile dürften ver loren sein. Das Kraul und die Rüben sind zum größten Theil vernichtet; die Kartoffeln liegen wie gewalzt am Boden; in gleicher Weik sieht es in Ein siedelhammer, Blumenau und Grundau aus. Dem Sturme fielen verschiedene große Bäume zum Opfer, auch die große alte Linde am Erbgericht zu Haübach. — Altenburg, 18. Juli. Auf Oberlöder Flur wurden große Kohlenlager gebohrt. Das Areal um faßt einen Bezirk von mehreren Dörfern. — Halle a. S., 16. Juli. Ein aufregender Fall spielte sich am Sonntag Morgen aus dem hie- sigen Bahnhofe ab. Ein Reisender hatte sich etwas verspätet und wollte den Zug nach Bitterfeld besteigen, als derselbe bereits im Gange war. Er ergriff das Geländer des betr. Wagens, um auf das Trittbrett zu gelangen, rutschte indessen ab und wurde nachge schleift. Er wäre sicher unter die Räder gerathen, wenn nicht der dienstthuende Stationsvorsteher schnell hinzugesprungen wäre, die Beine des Reisenden erfaßt und so lange in der Schwebe gehalten hätte, bis cs demselben gelang, auf dem Trittbrett Fuß zu fassen. Die Geldstrafe für den wagehalsigen Reisenden wird nicht ausbleiben. — Um möglichst bald des Königs Rock tragen zu können, hatte sich ein militärpflichtiger junger Mann in Liegnitz in Schlesien durch Fälschung seiner Geburtsurkunde um ein J.chr älter gemacht. DaS Vergehen wurde entdeckt, und anstatt zum Militär kam der angehende Vaterlandsvertheidiger vor die Straf kammer, die chn wegen Urkundenfälschung zu 3 Tagen Gefängniß verurtheilte. ' Infolge eines Gnadengesuches ist ihm jetzt durch den Kaiser die Strafe erlagen worden. — Aus Böhmen, 18. Juli. Die vor einigen Tagen stattgefundene Einweihung der neuen eoaugelifchen Erlöserkirche zu Karbitz gestaltete sich bei massenhafter Betheiligung zu einer erhebenden Feier. Der schöne, auf dem Hauptplatze stehende Bau ist ein Werk des Architekten Hauber aus Dresden. Superintendent Gummi von Aussig vollzog die Weihe, Pfarrer Weis bach hielt die erste Predigt und Pfarrer Blünster aus Teplitz die ersten 6 Taufen. 28 Personen wurden in die evangelische Gemeinde ausgenommen. Superintendent Meyer aus Zwickau überbrachte eine Liebesgabe von 10000 Mk., Oberkonsistorialrath D. Dibelius aus Dresden ein solche von 2000 Mark, außerdem wurden noch von zahlreichen evangelischen Gemeinden Spenden überbracht. Der Kriez «m Transvaal Vielseitig verlautet, daß die leitenden Männer in London sowohl wie in Südafrika keineswegs hoffnungs freudig in betreff der Beendigung des Krieges sind. Auch daß man zu neuen Machtmitteln die Zuflucht nimmt, ist ein für die Engländer kaum sehr günstiges Zeichen, denn demnach müssen die bisherigen zum mindesten für nicht ausreichend erkannt sein. Ob die neueste Gewaltpraxis aber bessere Resultate fördern wird, erscheint recht zweifelhaft. Wir meinen damit die Ausführung des Standrechts, wozu Lord Kitchener neuerdings geschritten ist. Er hatte einige sogenannte „Rebellen" hinrichten lassen, und seine Organe beeilen sich, von dem guten Eindrücke dieser Exekutionen zu fabeln. Wird der britische Befehlshaber die Sache durchführen wollen bezw. können, wenn die Zahl der in feine Macht gelangenden „Rebellen" wächst? Wird man den Buren es verargen können, wenn sie Gleiches mit Gleichem vergelten? Wohin man in England übrigens hinauswill, geht sowohl aus einer Mittheil- ung Lord Kitcheners hervor, wonach „die Burenführer keine Kontrolle mehr über ihre Leute hätten", als aus den Bemerkungen, die von den Londoner Blättern zu dieser neuesten „Entdeckung Kitcheners" gemacht werden. „Daily Graphic" z. B. meint: „Wenn dem so sei, so werde die ganze Frage der Rechte der Buren als Kriegführende aufgeworfen. Wenn die Buren nicht mehr unter der Kontrolle ihrer Führer ständen, werde es die Pflicht Englands, ihnen die Rechte von Kriegführenden zu nehmen, besonders wenn sie davon Gebrauch machten, um die elementaren Regeln civili- sirter Kriegführung zu verletzen." — Der „Standard" sagt: „Wenn Lord Kitchener recht habe, habe man nur mit Banditen zu thun, die nicht beanspruchen könnten, als ehrenhafte Gegner behandelt zu werden." — Wenn England seinen tapferen Gegner jetzt gar noch zum Rebellen und Banditen herabwürdigen möchte, so dürfte es damit einzig und allein die Sym pathie und die Bewunderung der Welt für jenes tapfere Volk mehren, das nun seit bald zwei Jahren gegen einen ebenso rücksichtslosen wie übermächtige Feind den Kampf um seine Freiheit führt mit einem Muthe und einer Entsagung, wie ihn die Geschichte bisher wohl kaum gesehen hat. Ofen Pesth, 18. Juli. Der gewesene ungarische Schiffskapitän Schubert, welcher im zweiten englischen Freiwilligen-Regiment dient, das gegen den Burenkomman danten De Wet operirt, hat einen Brief nach Hause ge langen lassen, in dem er sagt: „Unsere Truppen machten den Eisenbahnweg von Kapstadt nach Johannesburg in zwölf Tagen. Es konnte nur bei Tage weitergereist werden, weil die Buren fortwährend Schüsse abgaben die Geleise aufrissen, den Zug aufhielten und bei Nacht daher die Vertheidigung unmöglich gewesen wäre. Als wir in Johannesburg anlangten, befand sich außer dem Militär kein Mensch in der Stadt. Unser Regiment wurde sodann zu General Colville beordert, welcher die Linie Johannesburg—Heidelberg-Charleston—Lavysmith —Natal vertheidigt und die Buren in die Berge z» treiben sucht. Die Häuser der Buren haben wir überall zerstört, die Farmen nieoergebrannt, das Vieh erbeutet Jetzt lagern wir am Vaalflutz bei der Eisenbahnbrücke, welche, aus Stahl erbaut, drei Bogen bildet. De Wet bem ht sich fortwäh end, die Brücke in die Luft zu sprengen, weshalb hier >mmer ein Lager aufgeschlagen ist De Wet wurde mehrere Male zurückgewiesen, Transvaal ist total verwüstet. Handel und Gewerbe ruhen Wir verwüsten alles, um den Buren kein Heim und kein Brot zu lassen." — Dieser Brief enthält, außer dem Zugeständ niß einer barbarischen Kriegführung auch die kür das übermächtige Engt nd beschämende Thatsache, daß die englischen Truppen von dem kleinen Burenvolk- überall in die Defensive gedrängt worden sind. Lo«dS», 19. Juli. Lord Kitchenec meldet: Er habe einen Brief von Reitz an Steijn in dem Gepäck Steijn's gefunden, in welchem Reitz mittheilt, es habe eine Conserenz zwischen der Transvaal-Regierun z mit Botha, Viljoen und Smut stattgefunden, in welcher be schlossen wurde einen Boten an den Präsidenten Krüger abzusenden, ihm die entsetzliche Lage des Landes mitzu- theilen und um einen Beschluß um Waffenstillstand zu bitten. In der Antwort vom 15 Mai widersetzt sich Steijn diesem Beschluß, da er die Lage der Burensache keineswegs als verzweifelt ansehe. Er beschwert sich da rüber, daß sein Rath nicht eingeholt worden sei und bittet Reitz zu warten, bis de Wet befragt worden fei. (Alles englische Mache! Es giebt falsche Zeugen und falsche Briefe!) Tagesgeschichte. Deutsches Keich. Hamburg, 18 Juli. Anläßlich der neuesten Rekordleistung des Schnelldampfers „Deutschland", der auf seiner letzten Reise zwischen Newyork-Ply mouth eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 23,51 Knoten in der Stunde erzielte, ging der Direktion der Hamburg - Amerika - Linie folgender Glückwunsch des Kaisers aus Gudwangen zu: Ein Bravo der „Deutsch land"! Ein bisher noch von keinem Schiffe der Welt erreichtes, vorzügliches Ergebniß. Ehre dem Erbauer, der oft erprobten Vulkanwerft, Ehre dem Personal des Schiffes! Beide tragen den Ruhm würdig über die Meere. Ich freue mich, daß das Schiff „Deutsch land" heißt. Der Kaiser und Generaldirektor Ballin. In der „Zukunft" lesen wir: „Hat der Kaiser zu Herrn Ballin gesagt, es schade nicht, daß der General direktor der Hamburg-Amerika-Linie Jude sei? Herr Ballin verneint, die „Voss. Ztg." bejaht die Frage. Es handelt sich, wie Jeder merken muß, um keine Kleinigkeit. Damit in der Sommerstille der Streit nicht zur Staatsaktion werde, sei hier verkündet: nicht zu Herrn Ballin, sondern zum Admiral Hollmann, )er ihm den Generaldirektor vorstellen wollte, hat der Kaiser die den Antisemiten so unangenehmen Worte gesagt." Man überbietet sich. Aus Mainz wird gemeldet: Die Niederländische Rhein-Dampfschifffahrts- zesellschaft macht bekannt, daß ihre Rückfahrtsscheine eine Gültigkeitsdauer von einem Jahre haben. Berlin, 16. Juli. Das „Kolonialblatt" meldet: Zur methodischen Bekämpfung der Malaria in Deutsch- Ostafrika ist eine neue wissenschaftliche Expedition unter Leitung des Stabsarztes Ollmig abgegangen. Der Verlag der „Hilfe", Pfarrer Naumann, Berlin-Schöneberg, beabsichtigt zum 1. Oktober die Herausgabe einer neuen Zeitung „Die Zeit". Eine neue Bezeichnung für die Lehrer hat die Hildes heimer Regierung gefunden, indem sie in einem Erlaß an die Kreisschulinspektoren diese ersucht, dahin wirken zu wollen, daß die „Schulbediensteten", womit die Lehrer gemeint sind, an den patriotischen Festen theilnähmen. Die „Germania" spricht sicherlich viele» Leuten aus dem Herzen, wenn sie behauptet, vor einem Lehrer in der Regel vielmehr Respect zu haben als vor einem jungen Regierungsasseffor. Ein solcher aber dürfte den „Schul bediensteten" entdeckt haben. Unglaublich, aber trotzdem wahr, schreibt man der „Deutsch. Tagsztg " aus dem Kreise Fulda: Nächster Tage wird hier überall mit der Roggenernte begonnen. Auf den 24. und 27. Juli ist Pferdemusterung anzesetzt. Commentar überflüssig. Spanie». Madrid, 18. Juli. Die gestrigen Vorgänge in Saragossa sind als Hochernst zu betrachten. Gegen die beabsichtigte Jubiläums-Prozession hatten Republikaner und Freidenker einen Aufruf erlassen, der an den Straßenecken angeschlagen war. Andererseits waren die Katholiken, besonders die Karlisten entschlossen, Gewalt mit Gewalt zurückzuschlagen. Sie versahen sich daher mit Knütteln und Revolvern. Kaum war die Prozession von der Kathedrale abgegangen, als ein furchtbares Pfeifen und Rufe: „Nieder mit den Je suiten !" „Tod den Pfaffen!" erschollen. Die Prozes sion wurde durch dazwischen geschobene Karren entzwei geschnitten. Ein Kampf entwickelte sich. Die Damen flohen in die Häuser. An der Spitze des ZugeS marschirende Karlisten und Geistliche schossen fort während, zückten Messer und schwangen Knüttel und Fchnen. Ein Mann wurde getödtet und viele durch Messerstiche und Schüsse verwundet. Das Blut rann in Strömen. Das Rothe Kreuz war fleißig am Werk. Der Karlisten-General Cavero, der, umgeben von zahl reichen Dienern, erbittert focht, erhielt zwei Schüsse in die Hand und einen Dolchstich in den Schenkel, lieber 200 Schüsse fielen. Wenn die Prozession den Markt- platz erreicht hätte, wäre ein Blutbad entstanden. Dort hatten sich die Markthändler hinter Barrikaden, Kar ren und Kisten verschanzt. Die Prozession flüchtete aber in die Kirche Philipp Neri. Hier begossen die Antiklerikalen die Thüren mit Petroleum und ver- Aus vergilbten Blätter« Novellen« von Ida v. Conring. (Nachdruck verboten.) Nun bittet mich die Kleine zum zweiten Mat um die Brillanten. Sie schaut mit den veilchenblauen Schowenaugen zu mir aus — wie ein kleiner Spitz bube unter den langen Wimpern hervor, und der rotht Mund bittet so herzig: „Du gebrauchst die Dose doch nicht Fritzi, — eS fehlte auch nur, daß Du schnupftest — sie steht unnütz da! Aber ihre Brillanten und die fünf Rubinen geben einen Ring für mich — so schön wie ein Traum. Gelt, Fritzi, Du sagst ja?" Lieber Gott, und ich bin seit zwei Monaten ver- heirathet! Aber nein — nicht so schnell ergeben. Ich stehe auf, ohne ein Wort zu sagen, gehe an mein Pult und suche etwas, das ich lange nicht gesehen habe. End lich, da! Zurückkehrend lege ich ein schmales, blau gebundenes Heftchen in die Hand meiner kleinen Frau. Sie öffnet es vorsichtig, betrachtet ein wenig ver wundert die engbefchriebenen Seiten des graugelben schlechten Papiers, das nist altmodischer Handschrift bedeckt ist und sieht fragend auf. „DaS ist meiner Urgroßmutter Tagebuch, leider sehr lückenhaft, wie Du siehst, und von der Dose steht auch etwas darin." „Ach, von der Dose!" Und mit heißen rothen Wangen vertieft sie sich in das schlichte Heftchen, dessen Inhalt ich hier wiedergebe. 1. März 1812. WaS für ein Tag heute und wie viel ähnliche werden ihm folgen ? Schwer liegt des Höchsten Hand aus uns, und des Elends will kein Ende kommen. Ls ist Abend geworden. Das häßliche Gelärm der abziehen den Truppen ist verstummt — eine Wüstenei haben sie hinter sich gelassen. AuS dem Stalle tönt das klägliche Blöken des Kälbchens, dem die Unbarmherzigen die Mutter ge- nommen und auf dem Hofe gefchlachtet haben. Es war unsere letzte Kuh — die letzte der langen, langen Reihe. Eine nach der anderen hat der Krieg geholt. Wir würden das Kälbchen gerne ausziehen, weil unsere alte Lene so sehr um fein Leben bitte: — aber, lieber Gott, womit? Die spärl che Milch der einzigen Ziege reicht nicht einmal für meinen armen Kleinen. Auf dem Hofe staubt es weiß empor — französische Sappeurs haben die wohlversteckten seidenen Betten, den Stolz meiner seligen Frau Mutter gefunden und durch Säbelhiebe zerfetzt — auch diese Zerstörung kostet mich keine Thräne mehr. Wer das durchlebt und durchlitten hat, die TodeSzuckungen des armen Vaterlandes — die Jahre voll EKnd und Weh, der hängt sein Herz nicht mehr an irdisches Gut, der dank: mit zitternden Lippen, wenn er seine Lieben behalten hat und satt machen kann. Neun Kinder groß zu ziehen und Truhen und Taschen leer — dazu gehört ein gut Stück Gottvertrauen! Nun streckt die korsikanifche Hydra die Klauen nach Rußland aus und mancher deutschen Mutter Kind sa'cppt sie mit ins Feld, in den ungerechten Krieg. Goll helfe ihnen heim! Da kommt Margret, meine Netteste. Sie ist heute siebzehn Jahre alt geworden und em schlankes, blasses Mädel. „Ach, Mutter, wenn wir nur Wein hätten — der Kranke ist so schwach!" „Du lieber Gott, Kind, wir haben alle vergessen, wie Wein schmeckt — gieb ihm ein wenig Kirsch, wasser!" „Ja, Mutter," und sie läuft eilfertig davon. Den Kranken haben sie uns hiergelassen, als sie abmarschier en. Ein zarter, vornehmer Herr, fast noch ein Knabe. Er schlägt große, dunkle, fieberglühende Augen auf — das Haar fällt ihm wellig auf die blasse Stirne. Er ist ein Marquis, von altem Ge- schlecht, wie der greise Diener sagt, der nicht von seinem Lager weicht. Mein Mann hat den Kranken zuerst nur un willig behalten, nur dem Zwang gehorchend — wir haben ja selbst kaum das Nothwendigste zum Leben — aber jetzt haben wir Gaston recht ins Herz ge schlossen und freuen uns täglich, daß es ihm besser geht. 14. März. Eben läuft Margarete eilig an mir vorüber. In der Hand hält sie ein Stückchen Brokat, grau, mit bunten Blumen. Der ist von Urgroßmutters Hochzeits kleid. „Was willst Du dem mit Stoff, Margaret ?" Sie erröthet ein wenig: „Gaston — der Marquis bat mich, ihm ein Beutelchen zu nähen, in dem er feine goldene Dose um den Hals tragen kann. Er fürchtet sie aus der Tasche zu verlieren, seine Uniform ist so schadhaft." Das Kind, das Kind! Was hat sie für die Dose gewagt! Sie kommt ins Krankenzimmer und erblickt Gastons Heiligthum in der Hand deS widrigen Gesellen, des lahmen Sappeurs, der hier bleiben mußte, weil er nicht marschieren kann. Und sieht den Frechen an, der die Dose eben in seine Tasche schieben will — sieht ihn an und deutet be fehlend mit der Hand — daß er erbleicht und das geraubte Kleinod dem schlafenden Besitzer auf die Brust legt. Dann schleicht er hinaus, ohne sich um- zufehen. Nun bringt Gretelein mir diese Dose, damit wir ausmessen, wie groß das Täschchen sein muß, in daS sie hineinpaffen soll. DaS Kleinod ist von feinster Arbeit und hohem Werthe. Auf dem Deckel hat eS das Portrait deS guten, schändlich ermordeten Königs Ludwig XVI. von Rubinen und Diamanten eingefaßt. Und darin? (Fortsetzung folgt.)
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