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1584 PAPIER-ZEITUNG Nr. 44 Reklameplakat. Wir erhielten ein etwa 100X70 cm grosses Reklameplakat der Maschinenfabrik J. G. Scheiter c Gieseche in Leipzig. Es enthält fünf in blauer Farbe gedruckte Bilder, welche ein Exemplar der Windsbraut-Schnellpresse, eine äussere Ansicht der Fabrikanlagen und drei grosse Ansichten aus dem Inneren der Fabrik darstellen. Alle Bilder sind in eine dunkel grüne Fantasie-Umrahmung gebettet, welche auch die Firma trägt. Das Ganze wurde auf einer Windsbraut gedruckt. Die fünf Autotypien, welche innerhalb der Rahmenverzierungen stehen, wurden in einer Form gedruckt, was bei der ver schiedenartigen Tönung der Autotypien hohe Anforderungen an den Einfärbemechanismus der Presse stellt. Auch der Druck so grosser Tonplatten, wie sie für die Umrahmung ver wendet wurden, stellt ganz ausserordentliche Anforderungen an die Druckkraft der Presse. Die Ausführung ist vorzüglich. Bund deutscher Buchdruoker-Faktore. In Frankfurt a. M. tagte kürzlich dieser 1896 gegründete Bund. Sein Ziel ist die Erweiterung technischer Kenntnisse, die Unterstützung der Mitglieder oder deren Angehörigen in Notlagen sowie durch Gewährung von Rechtsschutz usw. Der Bund zählt jetzt 1284 Mitglieder, und zwar beträgt die Zu nahme in den letzten 2 Jahren über 200. Die Stellenvermittlung des Bundes hat ausserordentlich günstige Ergebnisse gehabt, denn vom Bunde sind 60 pCt. der gemeldeten offenen Stellen besetzt worden. Das Vermögen, das am 81. März 1902 61279 M. betrug, ist bei der Deutschen Bank angelegt. K. Kupferstiche. Eine Versteigerung von Kupferstichen fand kürzlich an mehreren Tagen in Stuttgart durch die Kunsthandlung H. G. Gute- kunst statt. Zum Verkauf standen äusser anderen Beiträgen die Dubletten des fürstlich Waldberg-Wolfeggschen Kupferstichkabinetts. Es wurden Preise erzielt, welche beweisen, dass die Kunst der alten Meister immer noch geschätzt und — bezahlt wird. Kupferstiche von Dürer erzieltenDie heilige Jungfrau, das Kind säugend, 2620 M.; Der Apostel Paulus 1760 M.; Apollo und Diana 980 M.; Die drei Bauern 700 M. Ein Heiliger Sebastian von einem Florentiner Meister brachte 8260 M., der Stich eines venezianischen Meisters 8650 M., Martin Luther von Lucas Cranach 1060 M. Auch für Holzschnitte wurden hohe Preise gezahlt, so für Dürer-Blätter 540, 710 und 1060 M. Mehrere alte Holztafeldrucke aus dem 15. Jahrhundert wurden glänzend bezahlt, z. B. ein Heiliger Hieronymus zu 4050, ein Blatt mit dem Leichnam Christi zu 3810 M. Auch in London wurden kürzlich Zeichnungen alter Meister zu hohen Preisen verkauft, Dürer steht wieder obenan. Eine Zeichnung in Wasserfarben, die Vorderseite eines Hauses in Brüssel darstellend, brachte z. B. 18 400 M. ein. -s- Büchertisch Von der dekorativen Illustration des Buches in Alter und Neuer Zeit, Vorträge und Aufsätze von Walter Crane. Aus dem Eng lischen übersetzt von K. und L. Burger. Autorisirte Ausgabe Leipzig 1901. Verlag von Hermann Seemann Nachfolger. Preis geheftet 7 M. 50 Pf., gebunden 9 M., Liebhaberausgabe 12 M. Walter Crane ist unter jenen Künstlern, die für die künstlerische Wiedergeburt des Buchgewerbes bahnbrechend gewirkt haben, an erster Stelle zu nennen. Er übte bereits jene Grundsätze, die jetzt ällmälig auch die deutsche Verlegerwelt erobern, als in Deutschland zuerst aus dem Munde gebildeter Laien darauf hingewiesen wurde, dass die Maschinenarbeit, wie man sie an Prachtwerken kannte, das Buch nie und nimmer zum erfreulichen Kunstwerk machen werde. Damals zeichnete er bereits die Bilder für die Bücher der Kelmscott- Press. Aber er hat sich nicht wie Morris in Altertümelei verloren, sondern ist in seinem künstlerischen Schalten und in seinen Ab handlungen immer vorwärts gegangen. Das von Seemann verlegte Buch enthält eine Reihe von Vorträgen, die Crane im Jahre 1889 vor der Society of Arts hielt. Sie wurden für die Buchausgabe erweitert und ergänzt, geben aber keine vollständige Geschichte der Buch- Illusration, sondern behandeln nur die dekorative Illustration, also das erweiterte Buchornament. Fünf Vorträge befassen sich mit den Aeusserungen des dekorativen Triebes in den Handschriften des Mittelalters, dann folgen die Anfänge des Buchdrucks im 15. Jahr hundert, der Niedergang der Buchausstattung nach dem 16. Jahr hundert und ihre Neubelebung in der Gegenwart. Die Schilderung wird etwas breiter, als Crane die jüngste Entwicklung der dekorativen Illustration und das Wiederaufleben des Buchdrucks als Kunst schildert und im letzten Abschnitt seine Ansichten über die allge meinen Grundsätze für das Zeichnen von Buchschmuck, sowie über Anordnung, Einteilung und Behandlung der Illustrationen aus- einandersetzt. Der erste Abschnitt, welcher sich mit den geschriebenen und ge malten Büchern beschäftigt, beschreibt viele berühmte und prächtige Handschriften, die zum Teil im Text, zum Teil am Schlüsse des Buches als Beilagen illustrirt sind. Crane weist an Hand dieser grösstenteils sehr naiven, aber in der Ausführung meist sehr mühsamen Zeich nungen und Malereien darauf hin, dass die Künstler von Anfang an das Bestreben hatten zu charakterisiren. Er nimmt an, dass es wahr scheinlich Bildermaler vor den Schriftstellern gegeben habe und be gründet diese Ansicht, welche sich inzwischen immer mehr allgemeine Geltung errungen hat, mit der Tatsache, dass unsere Buchstaben aus Bildern entstanden sind, und mit dem Schmuckbedürfnis des Natur menschen, der, so gut er konnte, die bedeutenden Erscheinungen seines Lebens in möglichst eindringlicher Form mit den einfachsten Mitteln festhielt. Auch die Freude an verzierten Gerätschaften, Schmuckstücken und Waffen ist älter als die Schrift, ebenso wie der empfindende Mensch älter ist als der denkende. Aus diesem Grunde bricht auch bei der Gedankenarbeit von Zeit zu Zeit die Freude am Schmuck des Buches durch. Er ist mit dem Buche zugleich da gewesen, d. h. sobald ein Buch bestand, welches nicht blos, wie die Schriftrollen der Alten, zum ausschliesslichen mühsamen Gebrauch der Gelehrten da war. Die ältesten Bibeln und Gelehrtenbücher zeigen reichen Schmuck an Initialen und ornamentalen Verzierungen, ja dieser Schmuck überwiegt häufig und nimmt mit der Kostbarkeit des Buches zu. Die Verlagsbuchhandlung hat dem Werke 11 Tafeln beigegeben, auf denen u. A. Proben einer angelsächsischen Hand schrift aus dem 7. Jahrhundert als Beweis für diese Ansicht dienen. Die Illustration führt jedoch in den Handschriften ein nur kümmerliches Dasein, der Schmuck besteht grösstenteils aus ver zierten Buchstaben und Ornamenten, sie erhält ihren Charakter als Erläuterung des Textes erst in dem gedruckten Buche, und da die Druckkunst sich von Deutschland aus über die Welt verbreitete, stammen die älteren Proben von Illustrationen, die als Beispiele für deren Entwicklung dienen, fast sämtlich aus Deutschland. Sehr bald folgen jedoch die Italiener; sie hatten in ihrem blühenden Buch malergewerbe die günstigste Vorbedingung zu einer schnellen, kräftigen und schönen Entfaltung der Illustration, dann folgten Niederländer und Franzosen. Den Niedergang des Buchgewerbes und sein Wiederaufleben in der Neuzeit besprechend, zeigt der Ver fasser, wie mit der Einführung des Kupferstichs als Buchillustration ällmälig der Sinn für die dekorative Zusammengehörigkeit von Buch seite und Bild verloren ging, da die Feinheit des Kupferstichs weit über den kräftigen Strich der Schrift hinausging. Daneben wirkt die bild liche Nachahmung der Architektur in Form von Rahmen und Roll werk zerstörend auf den dekorativen Geschmack. Bei der Schilderung der Neuzeit, die Crane ungefähr mit dem 19. Jahrhundert beginnt sind erklärlicherweise hauptsächlich englische Zeichner und Maler berücksichtigt. Sie haben die Rückkehr zu den einfachen Hilfs mitteln angebahnt und damit den Weg zur dekorativen Einheit der Buchseite gewiesen. Zuerst sind es hauptsächlihh Bilder, bei denen der Zeichner malerische Wirkungen zu erreichen sucht. Aber nach und nach wird dieses Bestreben zurückgedrängt von der Einsicht, dass sich malerische Wirkung auf der Buchseite nicht künstlerisch rechtfertigen lasse. Die Bilder werden, unbeschadet ihres jeweiligen Gegenstandes, mehr und mehr zu rein dekorativen Schmuckstücken des Buches. Die Rechteckform der Buchseite wird entweder durch einen ornamentalen Rahmen betont, oder das Bild wird der Buchseite derart eingeordnet, dass es als ein zu den beiden Seiten eines auf geschlagenen Buches gehöriger organischer Bestandteil erkennbar ist, der sich nicht ohne Gewalt daraus entfernen oder wegdenken lässt. Beispiele hierfür sind einige verkleinert wiedergegebene Seiten aus Werken der Kelmscott-Press und Kopfleisten mit je einem Initial aus Spencer’s Faerie Queene. Den letzten Abschnitt des Buches benutzt der Verfasser, um seine Grundsätze über das Zeichnen von Buchschmuck und Illustrationen, An ordnung, Einteilung und Behandlung derselben darzulegen. Dies sind jene Grundsätze, deren Anwendung seinen Werken die Aner kennung der Kunstfreunde verschafft haben. Zunächst betont er wiederum die Zusammengehörigkeit von Schrift und Bild, dann die Rechteckform der Buchseite, die sich, wo es ohne Zwang erreichbar ist, auch in der Anordnung des Bildes wiederholen solle, und be schreibt dann den Schmuck eines als Beispiel gewählten Buches. Ueber allen Rogeln und Vorschriften steht ihm das Schönheitsgefühl, welches allen Anweisungen zum Trotz maassgebend sein müsse. So sagt er u. A : »Es liegt uns mehr an der freien künstlerischen Empfindung, die Zeichnung kommt in erster Linie; ihre Regeln und Grundsätze werden nachher entdeckt, um ihre Richtigkeit zu be kräftigen und zu bestätigen — wenn sie nur nicht so oft Lebendiges zum Erstarren brächten.« Crane spricht an anderer Stelle davon, »dass es nichts Schöneres geben könne als ein von Anfang bis zu Ende von der Hand des Schreibers, Illuminators und Miniaturmalers hergestelltes Buch«. Dies mag für Sammler erstrebenswert sein, im Sinne der breiten Verallgemeinerung guter Gedanken, wenn man das Buch als Bildungsmittel ersten Ranges betrachtet, wird eine starke Auflage bei guter Ausstattung und möglichst niedrigem Preise er wünscht sein. Diese Eigenschaften hat z. B. Cranes Buch. Es ist von der Verlagsbuchhandlung mit Bildern und Beispielen ver schwenderisch ausgestattet. Das Papier hat einen angenehmen gelblichen Ton, und der Einband wurde mit starkfädigem Leinen von schöner blauer Farbe überzogen. Für den Aufdruck des Titels wurde die Eckmannschrift gewählt, an deren Stelle u. E. eine klare kräftige Antiqua den Vorzug verdient hätte, denn die Eckmann ist auch im Schwarzdruck nicht allzu deutlich, noch weniger aber, wo wie hier die Schrift mit Goldbronze auf blauem Grunde steht. Wie neuerdings bei sorgfältig ausgestatteten Büchern üblich, wurde der Buchblock nur oben beschnitten und vergoldet, vorn und unten blieb er unbeschnitten.