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1432 PAPIER-ZEITUNG Nr. 39 Briefkasten Anonyme Fragen bleiben unberücksichtigt Antwort erfolgt kostenfrei, aber ohne Gewähr, unter der Voraussetzung, dass sie ohne Namen abgedruckt werden darf 3559. Frage: Ich bin Handels-Korrespondent in den bedeutendsten europäischen Sprachen, und da ich am meisten mit Papier-Händlern arbeite, muss ich in deutschen Aufsätzen sehr oft deutsche technische Ausdrücke anwenden. Giebt es ein technisches Wörterbuch für Papier- Handel, welches die Fachausdrücke deutsch und wenn möglich auch in einer anderen fremden Sprache erklärt? Falls besagtes Buch noch nicht herausgegeben worden ist, so sagen Sie mir, was die drei folgenden deutschen Ausdrücke meinen: ^Kaschir-Papier«, ^Streich-Papiere, ^Normal-Papiers die ich in keinem deutschen Wörter buch gefunden habe. Nach dem Wunsche meiner Prinzipale lese ich immer Ihre vortreffliche Papier-Zeitung. Antwort: Das »Lexikon der Papier-Industrie in 3 Sprachen« von Lennart Akesson, Preis 4 M. 50 Pf., zu beziehen durch die Papier-Zeitung, enthält eine alfabetische Aufzählung vieler Papier-Fachausdrücke in deutscher, französischer und eng lischer Sprache und fügt die Uebersetzungen in den beiden anderen Sprachen bei. Das Werk ist leider nicht so er schöpfend, wie man es wünschte. Die zwei ersten gefragten Wörter sind darin nicht aufgeführt, Normal-Papier ist nicht ge nügend erklärt. Kaschir-(Beklebe-) Papier ist dünnes Papier, das zum Bekleben von Pappe dient. Streichpapier ist Rohpapier, welches auf der Streichmaschine zu gestrichenem Papier, franz, papier couch, engl. coated paper, verarbeitet wird. Normalpapier (franz, papier normal, engl. normal paper) ist solches, das den für behördliche Lieferungen vorgeschriebenen Bedingungen entspricht und dies durch entsprechendes Wasserzeichen andeutet. Die Ein richtung der Normalpapiere geht von Preussen aus, wurde s. Z. vom Geh. Reg.-Rat Carl Hofmann vorgeschlagen und schon in vielen Staaten nachgeahmt, vergl. Hofmanns Handbuch der Papierfabrikation Seite 1751. 3560. Frage: Ist Ihnen ein einfaches Verfahren zur Selbsther stellung von schwefelsaurer Tonerde bekannt? Ich möchte aus Kryolith und Schwefelsäure die entsprechenden etwa 5° Be. starken Lösungen herstellen, die ich zum Zuteilen im Holländer benützen könnte. Die in Hofmann’s Handbuch mitgeteilten Verfahren sind etwas komplizirt, und ich glaube, dass man weiter kommt, wenn man sich gleich Lösungen herstellt. Auf einen nicht allzugrossen Eisen gehalt würde es hierbei nicht ankommen. Antwort: Wir halten es im Allgemeinen nicht für zweck mässig, dass ein Papierfabrikant die für seinen Betrieb nötige Schwefelsäure Tonerde aus den Rohstoffen selbst herstellt. Die tonerdehaltigen Rohstoffe, wie Ton, Kaolin, Bauxit usw. sind meist so unrein, dass es nicht zulässig ist, sie nach Auf lösung in starker Schwefelsäure ohne Weiteres dem Papierstoff zuzusetzen, denn man würde diesem zu viel Eisen, Sand und andere unerwünschte Fremdkörper zuführen. Die Verwendung von Kryolith ist aus dem Grunde nicht ohne Weiteres möglich, weil bei Behandlung dieses Minerals in Schwefelsäure Fluss säure (Fluorwasserstoff) frei wird, die manche üble Wirkung zeitigt. Die chemischen Fabriken sind mit Einrichtungen aus gestattet, um schwefelsaure Tonerde in der nötigen Reinheit herzustellen, und können billiger arbeiten als der einzelne Papierfabrikant, weil sich bei ihnen die Unkosten auf eine grössere Erzeugung verteilen. In Fällen, wo es wie beim Fragesteller auf Reinheit der schwefelsauren Tonerde nicht ankommt, kann bei billigem Bezug von Tonerde und Schwefel säure und grossem Bedarf die Selbstherstellung lohnend sein. Auf Seite 342 von Hofmann’s Handbuch ist ein bewährtes Ver fahren hierzu eingehend beschrieben. Wir kennen keine billigere Art der Herstellung. 3561. Frage: Ich möchte feststellen, wie oft und zu wieviel Prozent sich mein Kapital im Geschäft umschlägt (umgesetzt wird, ist das dasselbe?) Umsatz und Gewinnziffern sind gegeben. Welches Kapital ist dabei in Betracht zu ziehen, das ganze Geschäftskapital (Anlagekapital und Betriebskapital) odernur das Betriebskapital? Ich ver stehe unter Betriebskapital Debitoren plus Kassabestand plus Waaren- bestände minus Kreditoren. Bei einem Fabrikationsgeschäft braucht das Betriebskapital oft nur zu klein sein, aber es arbeitet nicht allein, sondern fast nur mit dem Anlagekapital zusammen den Umsatz und den Gewinn heraus. Wie habe ich die oben angefragte Berechnung zu machen? Antwort: Als Kapital betrachtet man gewöhnlich bei Be rechnungen der gefragten Art die Summe von Anlage- und Betriebskapital. Carl Hofmann sagt in seinem praktischen Handbuch der Papierfabrikation Seiten 1745/6, dass eine leistungsfähige Papierfabrik ihr Kapital jedes Jahr mindestens einmal umsetzen, d. h. soviel Umsatz erzielen sollte, wie ihr Anlage-Kapital beträgt. Das Betriebskapital hängt von der Art und Führung des Geschäfts und vom Umsatz ab und kann für das Papierfach in Deutschland auf mindestens ein Viertel des Umsatzes, d. h. des Jahreserlöses angenommen werden. 3562. Frage: An A. liefere ich öfter braun sat. Packpapier, da« früher ausfiel wie Muster »frühere Lieferung dunkel No. 1«. Die letzte Lieferung »beanstandete Lieferung hell No. 2« wird laut Anlage I von meinen Abnehmern beanstandet. Zugegeben wird von mir, dass die Farbe abweicht — letzte Sendung ist ein anderes Fabrikat —, hingegen bestreite ich, dass die Sorte 2 geringer ist als 1. Um meinem Kunden jedoch zu Willen zu sein und mir die Kundschaft zu erhalten, bot ich einen Nachlass von 50 Pf. auf den Zentner an der laut Anlage II als nicht genügend erachtet wird. Welche Sorte, 1 oder 2 halten Sie für besser? Antwort: Beide Sorten sind gleich fest, zäh und glatt. Das Muster 2 zeigt in der Durchsicht zahlreiche Löcher, ent standen durch mitgeführten Sand der Schleifsteine, der beim Satiniren herausgedrückt wurde. Dies beeinträchtigt die Ver wendung nicht. Wir halten den bewilligten Nachlass für reichlich. 3563. Frage: Vor 11/, Jahren bestellte ein Kunde bei mir nach vorgelegten Mustern 4000 Postkarten mit Ansicht. Die Musterpost karten, worauf ich die Bestellung entgegennahm, hatte mir diejenige Kunstanstalt geliefert, welche von mir auch den Auftrag erhielt. Ich erhielt als erste Sendung 2000 Stück und fand, als ich diese Post karten besichtigte, dass die Aenderung auf dem Aquarell nicht so vorgenommen worden war wie bestellt; auch war die ganze Aus führung schlechter als bei den mir seinerzeit gesandten Probekarten. Ich wollte der Kunstanstalt diese Postkarten sofort zur Verfügung stellen, entschloss mich aber, sie erst dem Besteller zu senden, da es möglich wäre, dass er sie nicht beanstandete. Der Besteller sandte sie mir aber sofort zurück, und ich stellte sie der Kunstanstalt eben falls zur Verfügung. Auf meine wiederholten Briefe erhielt ich keine Antwort. Jetzt, nach 11/2 Jahr, klagt die Lieferantin auf Abnahme und hebt in der selben hervor, dass ich der Reklamation wegen unrichtiger Aus führung dadurch verlustig gegangen sei, dass ich die Postkarten weiter veräussert habe. Da eine diesbezügliche Verhandlung in Kürze stattfindet, bitte ich um Ihre Ansicht. War es nicht meine Pflicht, dem Besteller diese Postkarten erst zu übersenden? Antwort: Die Kunstanstalt hatte nur mit dem Fragesteller und nicht mit dessen Abnehmer den Vertrag abgeschlossen. Fragesteller hatte nach dem Handelsgesetz die Pflicht, nach Empfang der Waare diese umgehend zu prüfen und etwaige Mängel dem Lieferer anzuzeigen. Sollte es zur gerichtlichen Austragung kommen, so wird für die Entscheidung wichtig sein die Zeit festzustellen, die zwischen Ankunft der Waare beim Fragesteller und Absendung der Mängel-Anzeige an den Lieferer vergangen ist. Von der Länge dieser Zeit wird es abhängen, ob die Annahme-Weigerung rechtzeitig erfolgt ist. 3564. Frage: Ich beabsichtige, mir ein Verfahren sowie die zuge hörige Vorrichtung schützen zu lassen. Kann ich beides zusammen tun, oder muss ich dann für Verfahren und Vorrichtung besondere Patente lösen? Genügt Musterschutz für den Apparat, oder ist Patent in diesem Falle vorzuziehen? Wie hoch stellen sich die Gebühren? Antwort: Für ein Verfahren und die zugehörigen Vor richtungen genügt meist ein Patent. Es empfiehlt sich, Patent anzumelden, da auf Verfahren kein Gebrauchsmuster erteilt wird. Wird kein Patent erteilt, so kann Fragesteller auf die Vorrichtung Gebrauchsmuster nehmen. Ueber die Kosten des Schutzes geben das Patent- und das Gebrauchsmustergesetz Aufschluss, die in billigen Ausgaben (z. B. in Reklam’s Universal- Bibliothek) zu haben sind, und ohne deren Kenntnis der Schutzsuchende im Finstern tappt. 3565. Frage: Vor etwa 14 Tagen erbat ich Ihr Urteil in einer auch das allgemeine Interesse berührenden Angelegenheit; Sie sandten mir einige Tage später von Ihrer Antwort Korrekturfahne, die ich Ihnen sofort zurücksandte. Der Abdruck des Artikels ist leider bis her unterblieben, obwohl gerade dieser für mich grossen Wert hat, da diejenige Firma, die an dieser Angelegenheit beteiligt ist, und die ich benachrichtigte, ich hätte die Angelegenheit Ihnen unterbreitet, Auszahlung der Provision von Ihrem Gutachten abhängig macht. Ich bitte Sie, den Artikel recht bald abzudrucken. Es ist erfreulich, dass unser Fach in der Papier-Zeitung ein Blatt besitzt, das durch pein liche Unparteilichkeit und streng sachgemässen Rat sich allerseits so hohe Achtung erwarb, dass dessen Urteil oft erbeten und ebenso oft als maassgebend befolgt wird. Antwort: Die Fragen kommen oft in so grosser Zahl, dass sie nicht immer umgehend abgedruckt werden können. Damit die Fragesteller die Antwort unverzüglich erhalten, schicken wir ihnen einen Abzug. Wird ein Schiedspruch verlangt, so erhalten beide Parteien solche Abzüge. Inzwischen wurde die vom Fragesteller gewünschte Antwort in Nr. 19 unter »Un bezahlte Plakat-Entwürfe — Agenten-Provision« abgedruckt. Verantwortlicher Redakteur Siegmund Ferenczi, Friedenau. Zuschriften nur an Papier-Zeitung Berlin W 9 erbeten Druck von A. W. Hayn’* Erben, Berlin SW, Zimmer-Strasse 29. Papier von Sieler ft Vogel, Berlin. Leipzig und Hamburg Hierzueine Beilage von Wilh. Ferdinand Heim, Maschinen-Fabrik, Offenbach am Main