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Nr. 39 PAPIER-ZEITUNG 1403 liehe Anordnung und einfachen ornamentalen Schmuck zu vereinen sucht. Als Schrift ist hier ebenfalls die »Siegfried« der Firma Woellmer angewendet. In der Schriftanordnung wäre die Wiederholung »Kloster Oberzell in Würzburg« zu beiden Seiten des Entwurfs zu unterlassen, dafür könnte links »Kloster Oberzell«, rechts »in Würzburg« stehen. Die Preis richter tadelten ausserdem das Hinausragen der Maschinen treppe über den Rand. Beide Aenderungen sind indessen ohne Einfluss auf die Gesammtwirkung. IV. Preis Sämmtliche Entwürfe bleiben bis ungefähr 20. Mai im Berliner Buchgewerbesaal, Friedrichstrasse 230, ausgestellt. Von Ende Mai ab können die nicht prämiirten und nicht an gekauften Entwürfe und die dazugehörigen Adressen-Um- Schläge unter Nennung der Kennworte von Herrn Gustav Jahn, Berlin, Lindenstrasse 101-102, zurückverlangt werden. Von denjenigen Entwürfen, die am 1. Juli nicht abgeholt sind, werden die Adressen-Umschläge geöffnet, um die Einsender feststellen und ihnen die Entwürfe zusenden zu können. C. Kulbe Typographische Gesellschaft München Monatsversammlung am 1. Mai 1902, abends 8 Uhr, im Vereinslokale »Belvedere«, Rumfordstrasse 13 Nach Aufnahme einiger neuer Mitglieder und Erledigung des geschäftlichen Teiles der Tagesordnung erteilte der Vorsitzende Herrn Anton Krach zu seinem Vortrage »Das gegenseitige gute Einvernehmen zwischen Setzer und Drucker bei ihrer Arbeit« das Wort. Redner führte aus, dass es wohl die vornehmste Pflicht eines jeden im Berufe stehenden Mannes sei, mit seinem Arbeitsgenossen in verträglicher Weise auszukommen. Bei vernünftigem Hand-in-Hand- Arbeiten von Setzer und Drucker kann die Arbeit nur gewinnen. Wohl ist es schwer, verschiedene Charaktere in Einklang zu bringen. Ein Dünkel verschrobenster Art kommt manchmal zwischen den Kollegen von der Maschine und denen vom Kasten zum Ausdruck. Bei der ersten Revision hat z. B. der Setzer unbedingt das Waschen der Form zu fordern, denn man kann bei den heute gebräuchlichen grossen Maschinenformaten nicht verlangen, dass der die Revision Aus führende, welcher sich im vollsten Sinne des Wortes »in die Maschine legen« muss, seine ohnedies angestrengten Augen unnötiger weise verdirbt. Jeder einsichtsvolle Maschinenmeister sollte diese kleine Ursache gegenseitiger Reibereien vermeiden. Das Waschen der ausgedruckten Form bietet so manchem Nörgler im Setzersaale willkommenen Anlass zu Zänkereien. Durch ruhige Mitteilung an den betreffenden Maschinenmeister wird am schnellsten Abhilfe geschaffen. Beim Waschen von Formen mit Tabellensatz setzt sich seitlich der Linien eine Kruste an, die nur schwer zu vermeiden ist. Hier ver säume der Setzer nicht, jene Linien dem Maschinenmeister nach dem Aufräumen der Form zurückzugeben, mit dem Ersuchen, dieselben reinigen zu lassen; dies kann leicht geschehen, indem die Linien in ein Gefäss mit Lauge gelegt werden, damit die daran haftende Kruste aufweicht. Die Linien brauchen dann nur mit Putzwolle abgewischt zu werden. Somit wäre auch diesem Streitobjekte die Spitze gebrochen. Der Vortragende führte dann die Spiesse an, welche auch oft Anlass zu Zänkereien geben. Selbst mit der Ahle sei es dem Maschinenmeister oft nicht möglich, einen solchen Emporkömmling hinunterzudrücken, es bleibe dann oft nichts weiter übrig, als ihn mit einem feinen Stemmeisen und Hammer hinunterzuschlagen, oder auch, um weiteres Steigen zu verhüten, umliegenden Durchschuss oder Quadraten anzustechen. Diese verwerfliche Gewaltmaassregel lässt sich manchmal schwer umgehen, sie rächt sich aber stets an dem betreffenden Drucker. Kommt eine Form mit solch zerstochenem Material in die Setzerei zurück, so fallen nicht sehr schmeichelhafte Worte für den bösen Maschinenmeister ab, und die halbe Setzerei wird zusammengetrommelt, um den angerichteten Schaden zu be sichtigen. Auch bei Katalog-Druck mit vielen Klischees kommt es vor, dass durch nicht genau winkelrechte Klischee-Unterlagen Spiesse kommen. Der Drucker pflegt dann seitlich in das Klischee kleine Nägel zu schlagen; selbstverständlich geht diese Prozedur nicht ohne Beschädigung von Material ab. Hat der Drucker Zeit genug, um durch den Setzer dem Uebel in der Maschine abzuhelfen, so sollte er dies unverzüglich tun. Hauptsächlich erfordert die Akzidenz ein gutes Einvernehmen beider Berufe. Der Drucker soll schon bei der Farbenwahl zu Rate gezogen werden. Zum Beispiel ist bei Bronzedruck oder Ueber einanderdruck von Farben gegenseitige Verständigung unbedingt not wendig. Ebenso ist es Pflicht der Maschinenmeister, bei Passformen, wenn sich infolge Nichtstimmens von Material die Notwendigkeit kleinerer Verschiebungen geltend macht, den Setzer nicht zu übergehen und keine eigenmächtige Aenderungen an der Arbeit vorzunehmen. Es ist überraschend, welches schöne, gediegene Aussehen Arbeiten aufweisen, wo Setzer und Drucker zusammen arbeiteten. In seinem Schlussworte führte Redner aus, dass die typografischen Gesellschaften ein gutes Einvernehmen zwischen Setzer und Drucker erstreben und dem Eigendünkel in beiden Berufen entgegen arbeiten. Vortragender empfiehlt aus diesem Grunde allen Kollegen den Beitritt zur Typografischen Gesellschaft. Reicher Beifall folgte dem Vortrage. Der erste Vorsitzende sprach dem Redner im Namen der Gesellschaft seinen Dank aus. Die anschliessende Debatte gestaltete sich sehr anregend. Nach Beantwortung einiger technischer Fragen schloss der Vor sitzende 1/212 Uhr die Versammlung, y. Bezahlung von Plakat-Entwürfen In Nr. 85 S. 1254 bringen Sie unter obiger Ueberschrift eine Antwort Ihres rechtskundigen Mitarbeiters, deren zweiter Teil un zutreffend sein dürfte. Dadurch, dass der Besteller einen der Entwürfe durch Zahlung erwirbt, hat er noch nicht das Nachbildungsrecht an demselben, sondern nur den Entwurf, denn jenes Recht an einem Werk der bildenden Künste ist ein Wertstück für sieh. Dass aber auch ganz einfache Entwürfe unseres Faches zu den Werken der bildenden Künste gehören, haben schon die Gerichte, namentlich das Reichs gericht, festgestellt. Der Besteller hat eich straffällig gemacht. Ich kenne einen Fall, wo ein Kunde einen ihm gelieferten Entwurf, eine ganz einfache Arbeit, ohne die Einwilligung der Unternehmerin einzuholen, zu einem Klischee benutzt hat und laut reichsgerichtlicher Entscheidung als straffällig verurteilt worden ist. Ich würde also dem Fragesteller schon im Interesse unseres Faches sehr empfehlen, diesen Kunden dem Staatsanwalt anzuzeigen, denn wohin sollte es führen, wenn eine chromolithografische Kunstanstalt Entwürfe anfertigt, und der Kunde dieses geistige Eigentum der Anstalt doloser Weise einer anderen, wahrscheinlich billigeren Anstalt zur Reproduktion überträgt. E. M. Erwiderung unseres rechtskundigen Mitarbeiters: Der Fall lag so. Auf Bestellung eines Zigarrenfabrikanten fertigte eine chromolithografische Kunstanstalt mehrere Entwürfe zu einem Plakat. Sie konnte sich über den Preis mit ihm nicht einigen und stellte die Entwürfe in Rechnung. Der Be steller behielt die Entwürfe und benutzte einen davon, ein in vielen Farben ausgeführtes Staatswappen mit entsprechender farbiger Umschrift, um danach bei einer anderen Anstalt das Plakat herstellen zu lassen. Zur Anwendung kommt das Reichsgesetz vom 9. Januar 1876 über das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste. Die Kunstanstalt ist die Urheberin des Wappenbildes, und ohne ihre Bewilligung durfte der Besteller es nicht nachbilden. Indem er danach ein Plakat fertigen liess, hat er es nach bilden lassen. Nun hat freilich die Kunstanstalt durch Be rechnung von Preisen für die Entwürfe das Eigentum daran dem Besteller übertragen. Wenn aber der Urheber das Eigentum am Werke einem Anderen überlässt, so ist darin die Uebertragung des Nachbildungsrechts nicht enthalten (§ 8 des Gesetzes). Die unbefugte Nachbildung ist strafbar gemäss § 16 des erwähnten Gesetzes und § 18 des Gesetzes vom 11. Juni 1870. Der § 18 gilt noch bezüglich der Werke der bildenden Künste und wird vom Gesetze vom 19. Juni 1901 nicht be troffen. Danach verfällt der Besteller einer Geldstrafe bis 3000 M. und muss den Urheber entschädigen. Er muss ihm denjenigen Betrag zahlen, welchen der Urheber, wenn er das Plakat gefertigt, dafür hätte fordern können, abzüglich ersparter Auslagen; er muss ihm also den Gewinnentgang vergüten. Ausserdem muss er ihm für die übrigen Entwürfe eine an gemessene Vergütung zahlen.