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1291 Nr. 36 Buchgewerbe Buchbinderei * * Buchdruck *** *** Buchhandel * * * Steindruck Eingesandte Werke finden Besprechung Mitarbeiter und Berichterstatter erhalten angemessene Bezahlung Sachliche Mittheilungen finden kostenfreie Aufnahme Wiener Plakate Eigenbericht, Nachdruck verboten Man hat jüngst mit Recht die Plakatsäulen eine öffentliche Gemäldeausstellung genannt, da sich immer mehr namhafte Künstler an der Herstellung schöner Plakate betheiligen. Trotzdem bilden die Ankündigungssäulen für manchen Fach mann Hieroglyfen, und er findet es nicht der Mühe werth, die selben zu seinem Nutz und Frommen studiren und entziffern zu wollen. Ein Beweis für viele: ein kleines Plakat zeigt einen in eine Felsschlucht abstürzenden Touristen, der im Fallen krampfhaft Ansichtskarten schreibt. Diese von Baneenhofer für einen Postkartenhändler prächtig gezeichnete und von der Gesellschalt für grafische Künste in farbigem Steindruck gut gedruckte Reklame trägt in der linken unteren Ecke den schüchternen Vermerk »Original auf Steinpapier«. Dies ist die erste öffentliche Bethätigung des vom Vize-Direktor der k. k. Hof- und Staatsdruckerei Reg.-Rath G. Fritz erfundenen Ver fahrens. Wie Wenige mögen diese drei Worte gelesen haben! Ein künstlerisch fein empfundenes und vornehm durchge- führtes Plakat ist die vom Maler A. H. Schramm entworfene, aus der Weiner’schen Druckerei hervorgegangene Ankündigung der XXIX. Jahres-Ausstellung der Genossenschaft bildender Künstler. Zwischen zwei dorischen Säulen erscheint der Ober körper der Pallas Athene, deren Arme sich auf die Kapitale stützen. In der Linken trägt sie eine Siegesgöttin, rechts einen Lorbeerzweig. Der Hintergrund ist'reich, aber nicht vordring lich ornamentirt. Für den Text sind schwungvolle moderne und trotzdem sehr gut lesbare Lettern verwendet. Ein wirk lich wohlthuender Gegensatz zu dem letzten Plakat der »Secession«. Beim ersten Anblick behaupteten die Einen, es sei dies eine Glasmalerei-Nachahmung; die Anderen schworen wieder darauf, dass das Bild drei weisse Treppensäulen mit runden blauen Köpfen und einem Mosaik-Fussboden darstellt. Erst bei längerer, ganz genauer Betrachtung erkannte man drei weisse, mit dem Lineal gezeichnete Frauenleiber mit kreis runden, vorgebeugten Köpfen, blauem Haar und einem durch eine ziegelrothe Linie angedeuteten Mund — eine allegorische Verkörperung des Künstlerwappens. Die Inschrift war wider sinnig gezeichnet, willkürlich auseinander gerissen und ein- getheilt, geradezu unleserlich, sie stellte ein weiss-roth-blaues Mosaik dar. Schade, dass ein Künstler wie Klimt sein kost bares Talent auf solche Mätzchen verexperimentirt. Die jüngste Sezession, der »Hagenbund«, hat in seinem Plakat auf jeden figuralen Schmuck verzichtet. Oben nebeneinander, gleichsam als Kopfleiste, drei leere Schilder, das Künstlerwappen, dar unter Namen, Strasse und Ausstellungsdauer in vier Zeilen. Bei aller Einfachheit eine sehr wirkungsvolle Ankündigung. Der Hagenbund, welcher in seiner letzten Ausstellung gehalt volle Darbietungen, frei von Hypermodernem, brachte, ist vor läufig in einer ehemaligen Markthalle untergebracht. Diese junge Vereinigung hat sich ihr Heim aussen sehr schön de- korirt. Ueber dem Eingang hat W. Hejda ein grosses Relief angebracht: In der linken Hälfte eine sitzende Athene, deren ausgestreckter linker Arm Malstock, Siegesgöttin und einen Kranz mit dem Künstlerwappen trägt. Ihren Thron umstehen in fliessende Gewänder gekleidete Jungfrauen mit den Sym bolen der einzelnen Kunstzweige. Auf der rechten Seite drängen sich Gelehrte und Laien, Kenner und gedankenlose Gaffer, Männlein und Weiblein, auch ein König mit spitz- zackiger Krone ist darunter. Warum der Künstler die Athene mit weissem Teint beehrte und die Musen sowie das P. T. Publikum sammt dem König von oben bis unten gleichmässig schmutziggrün angemalt hat, ist unerfindlich. Oder soll das bedeuten, dass die Kunst ebenso unreif wie die übrige Mensch heit ist? Den König hätte Hejda auch mit einem würdigeren Symbol auszeichnen können. Mit seiner goldpapiernen Krone passt er besser in eine Offenbach-Operette. Das und die grüne Farbe, welche gleichmässig Körper und Kleider bedeckt, zer stören den Gesammt-Eindruck und drücken das Bild ins Possenhafte, zur Karikatur herunter. Vom Erhabenen zum Lächerlichen ist eben nur ein Schritt. Die öffentliche Kunst (dahin gehört auch die Plakatkunst) hat den heiligen Zweck, das Schönheitsgefühl des Volkes zu wecken und zu veredeln. Auf diesem Wege wird just das Gegentheil erreicht. Emil Orlik ist von einer mehrjährigen Studienreise in Japan heimgekehrt und stellt im Salon Pisko seine sehr interessanten Bilder aus. Das von ihm skizzirte lange schmale Plakat stellt in japanischer Manier eine Meeresküste mit aufgehender Sonne, die sich in den Wellen spiegelt, vor. In der Mitte steht breit beinig ein dies zeichnender karikirter Maler, und ganz unten sitzt im Vordergründe eine Japanerin. Während seiner langen Abwesenheit scheint Orlik die in der ganzen Welt verbreiteten Münchner Fliegenden fleissig studirt zu haben, denn anders wäre eine solche Karikatur eines Malers nicht erklärlich. Möglicherweise will Orlik damit den Unterschied zwischen unserer und der japanischen Malweise vorführen. Das wäre freilich eine feine Bosheit. Einen japanischen Farbendruck nachzuahmen ist nicht leicht. Dass dies mit dem Plakat nicht gelang, ist keinesfalls die Schuld der Druckerei A. Haase, Prag. So etwas muss, um annähernd zu wirken, von Holz platten mit geeigneten Farben und mit der Hand auf Japan papier gedruckt werden. Dazu gehört allein schon ein Künstler. Jedenfalls ist das Ganze ein neuerlicher Beweis, wie noth- wendig es für den schaffenden Künstler ist, sich eingehender mit den Druckverfahren zu befassen. Die Red Star Line bringt ein hübsches, farbenfrohes Plakat, Holländerinnen am Meeresstrand, die einen vorüber ziehenden Dampfer betrachten. Ein kleiner Junge ist im Be griff sein Spielzeug, ein Schiff lein, den Wellen anzuvertrauen. Zeichnung von F. Hassiers, Druck von 0. de Rycker, Brüssel. Um bei den Holländern zu bleiben, sei Cacao Bensdorp er wähnt, eine junge Holländerin, mit Behagen den braunen Trank schlürfend, gedruckt von Van Leer, Amsterdam. Ein Riesen plakat, von Cecil Aldin gezeichnet, haben Cadburg Brothers affischirt. Der Vorwurf ist sehr gut: eine englische Post, die im Winter vor einem Wirthshaus rastet und Kakao trinkt. Der Austro-Amerikaner J. Qu. Adams, welcher sich schon einige Preise eroberte, hat für Kathreiners Kneippmalzkaffee ein sehr hübsches Plakat entworfen. Ein Bauernmädchen im Aehren- feld, zwischen den Halmen rother Mohn, tiefblauer Himmel als Hintergrund, von der Kunstansialt Grimme & Hempel, Leipzig, sorgfältig ausgeführt. Ein anderes Bild: ein Bosnier in Nationaltracht, von Czeiger, Wien, gedruckt, ladet zum Besuch der Bosnischen Ausstellung ein. Der Zeichner P. Pick hat es für nöthig gefunden, seinen Namen in Spiegelschrift darauf zu verewigen. In Wien erscheint eine neue Zeitschrift. Die ankündigen den Plakate waren höchst originell. Auf rothem Hintergrund erblickt man einen grossen schwarzen Lehnstuhl mit dem Be zugspreis 1 Kr. (per Nummer) in weiss, darüber den Kopf der »Neuen Zeitung«. Bei näherem Zusehen entdeckt man einen Theil des Kopfes und den rechten Arm des im Lehnstuhle sitzenden Zeitungslesers. Kalodont bringt wieder einmal eine neue Reklame, gedruckt in kräftigen Farben bei Schneller, Nürnberg. Eine junge Frau, welche vor einer grossen Waschschüssel ihrem Kinde, dessen niedliches Gesichtchen vor Freude strahlt, die Zähne putzt (ein Anklang an das bekannte Pearson Soap-Plakat). Liesse sich dieses Plakat nicht auch als Erziehungsmittel für remigungs- nnlustige Kinder verwenden? Biookers Kakao. Wieder die un vermeidliche Holländerin, übrigens von J. Weiner, Wien, gut ge druckt. — Pflanzennährextrakt Sitogen. Ein Eckchen blauer Himmel, grosse weisse Wolken, ein gut gezeichneter Frauen kopf, auf einer von einer Hand getragenen Tasse das ange kündigte Präparat, gedruckt von der. Aktiengesellschaft lür Kunstdruck, Niedersedlitz. Aus derselben Anstalt stammt ein anderes hübsches Plakat für Reithoffers Pneumatik. Aus einem