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1274 PAPIER-ZEITUNG Mr. 35 Papyri In der letzten gemeinschaftlichen Sitzung des Naturwissenschaft lichen Vereins und der deutschen Anthropologischen Gesellschaft in Hamburg sprach Herr Prof. Dr. Klussmann über Papyri im Allgemeinen, legte am Schlüsse einen hinter zwei entlaufenen Sklaven in Alexandria erlassenen Steckbrief vom 10. Juni 146 v. Ohr. Geb., dessen Fassung der heute offiziellen Form der Steckbriefe fast völlig entspricht, in einem Lichtbilde vor und erläuterte denselben durch weitere Licht bilder. Während sonst nur ein glücklicher Zufall Schriftwerke aus dem Alterthum erhalten hat, wie die Herkulanensischen Papyri und die Wachstafeln in den Siebenbürger Bergwerken, sind in Aegypten ungeahnte Schätze von Resten antiker Litteraturwerke und Urkunden an das Tageslicht gefördert worden, seitdem in den letzten Jahr zehnten an die Stelle der früheren planlosen und heimlichen Grabungen der Eingeborenen systematische Ausgrabungen unter Leitung geschulter Alterthumsforscher getreten sind. Dass Aegypten so reiche Papyrusreste liefert, erklärt sich aus der Beschaffenheit des Bodens, der bei seiner Armuth an Wasser sie am längsten und besten erhalten konnte, und aus der national ägyptischen Ueberzeugung, dass nur das geschriebene Wort bindende und bleibende Kraft besitze. Daher rührt die grosse Schreibseligkeit der Aegypter und ihr Eifer, die Urkunden in den städtischen Archiven, die gegen geringes Ent gelt auch Privaturkunden in Depot nahmen, in festen Töpfen zu ver wahren. Die Ptolemäer haben ebensowenig wie die römischen und griechischen Kaiser an diesem Brauche geändert, und so erstrecken sich einzelne Funde über einen Zeitraum von 1000 Jahren. Im sumpfigen Delta und in den feuchten Niederungen Mittelägyptens haben sich Papyrusreste nicht erhalten können. Die Hauptfundstätte der Papyri sind die höher gelegenen, jetzt vom Wüstensande ver schütteten Städte und Dörfer und die zahlreichen Nekropolen am Rande der libyschen und arabischen Wüste. Litterarische Papyri werden meist in den Gräbern als Beigaben der Todten gefunden; die weit zahlreicheren Urkunden stammen von aus Papyrusfetzen zu sammengeleimten Särgen oder dem Kehrichthaufen der Städte, in welche oft ganze Archive gewandert sind. In den unbemittelten Schichten der Bevölkerung und im Steuerverkehr mit den Erhebern der Abgaben ist vielfach statt des theuren Papyrus das kostenlose Schreibmaterial der Ostraka, d. h. der Thonscherben, verwendet worden, die sich ebenso zahlreich wie die makulirten Papiere in den Müllhaufen von den Mauern finden. — Die angewandte Tinte ist ent weder eine Kohlen- oder Galläpfeltinte; spätere Urkunden sind vielfach auf Hadernpapiere geschrieben, die Leinen- oder Baumwollen-Fasern aufweisen. Die Funde haben unser Wissen nach den verschiedensten Richtungen bereichert und vertieft. Theologie, Jurisprudenz und die Geschichte der Medizin verdanken den Papyrusfragmenten wesentliche Fortschritte; aber den grössten Gewinn hat aus ihnen die Filologie und Geschichtswissenschaft gezogen. Die Filologie hat, um nur einen Punkt hervorzuheben, einige Werke kennen gelernt, die früher für verloren gelten mussten, wie des Aristoles Staatsverfassung der Athener, Gedichte des Bakchylides u. a. Der Staatswissenschaft er öffnen die Urkunden ungeahnte Blicke und Aufschlüsse über das durchschnittliche Alltagsleben in allen Erscheinungen des privaten und öffentlichen Verkehrs. (Hamburger Nachrichten)- Familienbriefe der alten Aegypter Unter dem Titel »Familienbriefe aus alter Zeit« veröffentlicht Friedrich Preisigke im Aprilheft der »Preussischen Jahrbücher« einen Aufsatz, in dem er die Familienbriefe der alten Aegypter auf Grund der Papyrusfunde der letzten Jahre behandelt. Er beschränkt sich dabei auf die in griechischer Sprache geschriebenen Papyri, die aus der Zeit der Ptolemäer- und Römerherrschaft stammen. Geschrieben wurde in Aegypten sehr viel; da aber trotzdem die Kunst des Schreibens im Volke wenig verbreitet war, blühte das Geschäft der berufsmässigen Schreiber, die allenthalben in ihren Läden sassen und Schriftstücke jeglicher Art anfertigten. Sie hielten sich dabei an bestimmte eingelernte Formen, sodass das Formelhafte in den Privat briefen einen grossen Raum einnahm. Zur Abfassung der Briefe nahm man ein Stück Papyrus, dessen Grösse sich jedesmal nach dem Umfang des zu entwerfenden Briefes richtete; es wurde nur auf einer Seite beschrieben, alsdann mit der Schriftseite nach innen zusammen gefaltet, hierauf für gewöhnlich mit einem Faden umschlungen und versiegelt. Auf die freie Aussenseite schrieb man die Adresse. Die Briefbeförderung geschah durch reisende Freunde und Bekannte oder durch Handelsleute, denen Empfänger und Absender persönlich be kannt waren. Man beschränkte sich in Familienbriefen in der Regel auf flüchtig hingeworfene Mittheilungen. Aus den Beispielen, die Preisigke anführt, seien einige herausgenommen, die zeigen, wie wenig sich eigentlich die Grundformen der Lebensverhältnisse in den Jahr hunderten verändern. Da liest man Briefe sorgenvoller Mütter, zärt licher Kinder, oder auch an schlechte Söhne, über deren Saumseligkeit sich die Eltern beklagen, Einladungskarten, Beileidsschreiben usw. Von bitterem Leid zeugt ein Brief der Berliner Sammlung von einem verlorenen Sohn an seine Mutter. Leider ist die Urkunde sehr zerfetzt und am Ende ganz weggebrochen. Nach dem üblichen Einleitungs gruss giebt der Schreiber zunächst den Weg und das Ziel seiner Wanderung an, dann fährt er fort: »Ich schreibe Dir, weil ich nackt und bloss bin. Ich beschwöre Dich, Mutter, versöhne Dich mit mir. Alles Andere weiss ich; ich habe es mir nun gelobt, ich habe eine bittere Lehre erhalten, ich weise, wie auch immer es sei, dass ich gefehlt habe. Ich höre von meinen ( . . . ), dass Jemand, der Dich besuchte, sehr ungelegen Dir alles erzählt hat.« Ein richtiger »Brand brief« eines Soldaten, wie er auch heute vielen Vätern und Müttern bekannt sein dürfte, ist ein anderer der Berliner Sammlung, der, wie der vorige, aus römischer Zeit stammt. Nach einem kurzen Ein leitungsgruss an seine Mutter geht der römische Soldat gleich auf die Hauptsache los; »Du wirst gut thun, sogleich nach Empfang dieses Briefes mir 200 Drachmen zu senden«. Armer Leute Kind ist er also nicht gewesen, und er war gewohnt, Aufwendungen zu machen. »Als mein Bruder Gemellus ankam, hatte ich gerade noch 400 Drachmen, jetzt aber besitze ich nicht eine einzige mehr, denn ich habe mir ein Maulthiergespann zugelegt, und das ganze Geld ist dafür drauf gegangen.« Obwohl sich nun der Briefschreiber ein kostspieliges Ge spann beschafft hat, trägt er doch nicht Bedenken, seine Mutter um Zusendung von allerlei geringfügigen Gebrauchs-Gegenständen anzu gehen; er fährt nämlich fort: »Schicke mir, bitte, einen Mantel, eine lederne (...), ein Paar Fussbinden, ein Paar Lederröcke, ein Becken, wie Du mir versprochen hast, ein Paar Halstücher und (...) im Uebrigen aber, liebe Mutter, schicke mir recht bald mein Monatsgeld.« Und zum Schluss kommt eine Wendung, die auch heutige Söhne gar oft mit Vorliebe anwenden, nämlich der Hinweis darauf, dass andere Muttersöhne es doch viel besser haben: »Alle lachen mich aus und sagen: Dein Vater ist ja auch Soldat und dennoch lässt er Dir nichts zukommen! Mein Vater sagte mir, wenn er nach der Heimath käme, würde er mir Alles schicken, aber nichts habt Ihr mir geschickt! Warum das? . . .« (Magdeburgische Zeitung) mit selbstthätigem Farbwerk, Einrichtung zur selbstthätigen Ein- und Ausführung des Tisches SchUttens, Greifervorrichtung für die resp. Decken und Frictionskuppelung D. R.-P. No. 78868 Farbdruckpresse FOMM 0. R.-6 -M. No. 116658 und No. 116714 Das Farbwerk arbeitet nach dem unter Patentsohutz stehenden Verfahren, bei welchem behufs Erzielung einer vollkommenen Ein färbung jede Auftragwalze nur einmal über die Gravur läuft. Interessenten diene gern mit Referenzen und mit Probe drucken. Bereits eingegangene Nachbestellungen legen Zeug- niss ab für die nutzbringende Verwendbarkeit der Presse in jedem grösseren Betriebe. [128428 Fabrik für Buchbinderei-Maschinen AUGUST fom: T k A II Leipzig-Reudnitz