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1180 PAPIER-ZEITUNG Geprägte Postkarten (Vergl. auch die Einladung auf der Titelseite dieser Nummer) Berlin SO 33, 17. April In Nr. 81 bringt die Papier-Zeitung einen neuen Artikel über ge prägte Postkarten. Wir sind der Ansicht, dass die in letzter Zeit gebrachten Erörterungen nicht geeignet waren, die thatsächlich bei Fabrikanten, Händlern und Verbrauchern von geprägten Postkarten bestehende Beunruhigung zu beseitigen und zwar lediglich deshalb, weil alle Mittheilungen Unklarheiten enthielten. Auch sind wir nicht der Meinung, dass eine weitere Aussprache über diesen Gegenstand nachtheilig sein könnte, solange die von dem Schutzverbande für die Postkarten-Industrie an das Reichs-Postamt gerichtete Anfrage, welcher Theil der Postkarten Prägungen tragen darf, noch nicht beantwortet ist. Im Gegentheil halten wir es für das Richtigste, keinen Moment zu zögern, allen Interessenten die von dem Reichs-Postamt jüngst an alle Postanstalten ergangene Instruktion bezüglich geprägter Post karten, welche auch einem Theil der Fabrikanten und Grosshändler bekannt gegeben worden ist, in ihrem ganzen Wortlaut zu wieder holen; dieselbe lautet wie folgt: »Von dem Grundsätze, dass an den für die Adresse usw. bestimmten Stellen der Aufschriftseite von Postkarten der Prägedruck nicht sichtbar sein darf, kann nicht abge gangen werden. Dieser Grundsatz ist namentlich bei Be antwortung von Anfragen der Fabrikanten usw. unbedingt aufrecht zu erhalten. Dem Anträge, die Bestimmungen da hin zu ändern, dass geprägte Ansichtskarten als zulässig zur Postbeförderung anzusehen seien, wenn genügend Raum zum Aufkleben der Freimarken und zum Anbringen der Stempel von der Prägung freigeblieben sei, und sich trotz der Prägung eine deutliche Aufschrift niederschreiben lasse, kann daher nicht entsprochen werden. Dies ist umsoweniger an gängig, als sich dabei eine sichere Grenze für das zulässige Maass von Prägung nicht vorzeichnen lässt, sodass eine solche Vorschrift fortdauernd eine Quelle von Unzuträglichkeiten für den Betrieb bilden würde. Uebrigens würde das Vorhandensein einer Prägung an den für die Adresse und den Bestimmungsort bestimmten Stellen deshalb besonders nachtheilig wirken, weil an sich schon die Aufschrift bei Ansichtskarten erfahrungs mässig recht häufig mit minderwerthigen Bleistiften und in mangelhafter Schrift hergestellt wird, und durch die Unebenheit des Papiers im Falle der Prägung die Schrift noch mehr ver schlechtert und die Lesbarkeit erschwert werden würde. Wenn die Postanstalten bei derartigen, im Briefkasten vorgefundenen Karten eine gewisse Duldung, unbeschadet der Deutlichkeit der Adresse, eintreten lassen, so findet eich dagegen nichts zu er innern, solange hieraus nicht Unzuträglichkeiten entstehen.« Dieser Erlass, oder eigentlich diese Instruktion für alle Post- anstalten, dürfte nicht für jeden bei dem erstmaligen Durchlesen verständlich sein, da sie etwas bureaukratisch umständlich abgefasst ist, Im Grunde genommen will das Reichs-Postamt sagen, dass ge prägte Postkarten nur dann zulässig sind, wenn sie folgende Er fordernisse erfüllen: ■‘•Prägung darf nicht enthalten sein an der Stelle, wohin der Name und die Stadt, also die Adresse, geschrieben wird, sowie an denjenigen Stellen, wo die Marke aufgeklebt wird, und die Ab stempelung erfolgt. Alle Karten, welche gegen diese Anforderung verstossen, sind unzulässig, jedoch werden sie stillschweigend auch weiter geduldet, allerdings steht dies im Belieben des jeweiligen Beamten.« Wir wüssten nicht, welche Antwort das Reichs-Postamt auf eine weitere Anfrage des Schutzverbandes geben könnte. Unseres Er achtens kann das Reichs-Poetamt hinsichtlich der geprägten Post karten keinen anderen Standpunkt einnehmen; wenn es geprägte Postkarten in jeder beliebigen Form zuliesse, so wären damit alle Bestimmungen über Grösse und Gewicht der Postkarten hinfällig, und es wäre ein Präzedenzfall geschaffen, der sehr leicht nachtheilig wirken könnte, insofern die Zulassung von Abnormitäten auch auf andere postalische Bestimmungen ausgedehnt werden könnte. Die Postbehörde kann also nur nach wie vor geprägte Postkarten still schweigend dulden, und wir haben das Vertrauen, dass das Reichs- Postamt nie ein direktes Verbot gegen geprägte Postkarten erlassen wird, nicht allein weil es sich selbst zu sehr schädigen würde, sondern auch, weil dieses rigorose Vorgehen die Vernichtung einer blühenden Industrie zur Folge hätte. Eine solche Verfügung stände in Gegensatz zu allen Bestrebungen des Kaisers, die Industrie zu fördern und alle Schwierigkeiten nach Möglichkeit zu beseitigen, die sich den einzelnen Industriezweigen in den Weg stellen. Wir glauben deshalb daran festhalten zu müssen, dass geprägte Postkarten nach wie vor im Handel bleiben dürfen und von der Post zur Postkarten- Taxe befördert werden; dass die Belegung mit Strafporto, soweit sie vorgekommen ist, nur durch Unkenntniss und Unsicherheit einzelner Nr. 33 kleiner Beamter erfolgte, und dass die neueste Verfügung nicht als ein Verbot, sondern als eine Verfügung aufzufassen ist, die den Beamten nahelegt, geprägte Postkarten stillschweigend passiren zu lassen, sofern keine ernsten Unzuträglichkeiten aus der Undeutlichkeit der Adresse zu erwarten sind. Wir glauben, dass diese Klarlegung weit mehr angethan ist, die Gemüther zu beruhigen, als die fortgesetzten Klagen und theilweieen Schmähworte; jedenfalls stehen wir auf dem Standpunkte, dass von dem Reichs-Postamte eine bestimmtere Antwort nicht zu erwarten ist. Chromolithographische Kunstanstalt Paul Finkenrath, G. m. b. H. * * * Berlin, 17. April 1902 In Sachen »geprägter Postkarten« reichten wir der Kaiserl. Ober Postdirektion hier die Anlage 1 mit Mustern a und b ein und empfingen Bescheid der abschriftlich unter 2 gleichfalls beiliegt. Augustin & Sohn Anlage 1 An die Kaiserliche Ober-Postdirektion in Berlin Die Papier-Fachzeitungen bringen in wachsendem Umfange Be richte über postamtliche Beanstandung von Postkarten mit Prägung, welche der letzteren oder eines Uebergewichts wegen von der Be förderung zum Postkartensatz (6 und 2 Pf.) ausgeschlossen wurden. Die Berichte lauten nicht gleich, je nach ihrer Herkunft Wir hören z. B., dass in Württemberg und Thüringen zahlreiche Fälle vorliegen, in denen solche Karten mit Nachporto belastet be stellt sind, empfangen aber selbst mehrfach aus Ostdeutschland gleichartige Karten — mit Prägung und Uebergewicht — ohne Zu schlagporto. Als Hersteller geprägter Postkarten haben wir ein selbstverständ liches Interesse daran, unsere Erzeugnisse den bezüglichen Vor schriften anzupassen, soweit solche einheitlich bestehen. Unter Beifügung einiger Muster mit Zeichen a und b bitten wir daher mit Gegenwärtigem ganz ergebenst um geneigte Auskunft: 1. Bestehen einheitliche Bestimmungen für das ganze Reich über Prägung und Höchstgewicht von Postkarten? 2. Macht die tiefe Prägung der Karten a diese ungeeignet zur Beförderung zum Postkartensatz? 3. Die Prägung der Karten b ist auf der entsprechend zu be druckenden Vorderseite durch üeberkleben mit Karton ver deckt, damit aber das Gewicht der Karten erheblich erhöht. Schliesst dieses Mehrgewicht die Beförderung als Post karte aus? 4. Ist eine Milderung der bezüglichen Vorschriften in absehbarer Zeit zu erwarten oder vielleicht schon in Aussicht genommen; Wenn beide Ausführungen, die leichteren Muster a mit offener Prägung und die schwereren b mit verdeckter Prägung, als Post karten unzulässig sind, so würde uns daran liegen, hierin eine Milderung anzustreben in der Richtung, dass unter Zulassung beliebig geprägter Postkarten 4 er Versender allein die Gefahr trägt, dass seine Karte einen un lesbaren Stempel erhält und wegen undeutlicher Adresse un bestellbar bleibt, oder dass die heutige Gewichtsgrenze auf 8—10 g, d. h soweit erhöht wird, dass die Prägung überklebt werden kann. Einem geneigten Bescheide sehen wir mit Vergnügen entgegen, halten uns auch zu jeder weiteren schriftlichen oder mündlichen Dar legung jederzeit und gern bereit und verharren Hochachtungsvollst Augustin & Sohn * * * Anlage 2 Kaiserliche Ober-Postdirektion Berlin C Herren Augustin & Sohn, Berlin Die von der Privat-Industrie hergestellten Postkarten dürfen nach den allgemein gütigen Bestimmungen der Postordnung in Form, Grösse und Papierstärke nicht wesentlich von den durch die Post aufgegebenen Formularen abweichen. Hinsichtlich derjenigen Post karten, bei denen der Bilderschmuck durch Prägung hergestellt ist gilt die Vorschrift, dass die Prägung an den für die Adresse und den Bestimmungsort, sowie für das Aufkleben der Marke bestimmten Stellen der Vorderseite nicht sichtbar sein darf. Hiernach sind die vorgelegten Karten, bei denen der Durchdruck auf der ganzen Vorderfläche erscheint, zur Beförderung als Postkarten ungeeignet. Die vorgelegten, auf der einen Seite überklebten Karten sind als postordnungsmässig zu bezeichnen. Es wird jedoch darauf aufmerksan gemacht, dass eine weitere Erhöhung des Gewichts, welches das jenige der amtlichen Karten um fast 8 g übersteigt, nicht an gängig ist. Es empfiehlt sich, den Vordruck »Postkarte« in der Weise her stellen zu lassen, wie es auf dem anliegenden Muster geschehen ist Eine Abänderung der bestehenden Bestimmungen über die Zu lassung der von der Privat-Industrie hergestellten Karten wird, so weit hier bekannt ist, nicht beabsichtigt. Insbesondere gilt dieses in Bezug auf die Ausdehnung des durch Prägedruck hergestellten Bilderschmucks. Unterschrift