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Nr. 31 1110 Buchgewerbe Buchbinderei * * Buchdruck * * * *** Steindruck *** Buchhandel Eingesandte Werke finden Besprechung W Mitarbeiter und Berichterstatter erhalten angemessene Bezahlung Sachliche Mittheilungen finden kostenfreie Aufnahme 111 Berliner Typographische Gesellschaft Die für die Zeit vom 6. bis 20. April geplante Ausstellung neuzeitlicher Drucksachen wurde am Sonntag, 6. April, vormittags 1/211 Uhr durch den Vorsitzenden Heryn Könitzer im Buchgewerbesaal durch eine Ansprache an die zahlreich erschienenen Mitglieder und andere Berufsangehörige eröffnet. Herr Könitzer bemerkte dabei, dass, nachdem die bei der Eröffnung des Buchgewerbesaales vom Deutschen Buchgewerbe-Verein veranstaltete Ausstellung ledig lich die Entwicklung der Buchkunst veranschaulicht habe, es angemessen sei, nun auch den Stiftern und Spendern des Buchgewerbesaales Gelegenheit zu geben, ihre Erzeugnisse an Accidenzen und Werken auszustellen. Darum seien heute fast ausschliesslich Berliner Arbeiten vorgeführt. Die Veranstalter der Ausstellung haben die Verhältnisse zwar zu günstig auf- gefasst, und es sei bedauerlich, dass nicht mehr Firmen der itte um Uebersendung von Ausstellungsgegenständen ent sprochen hätten, demungeachtet werde man aus dem Gebotenen ersehen, dass das Buchdruckgewerbe sich in erfreulicher Weise weiter entwickle. Die Ausstellung zeige, was die Schrift giessereien in den letzten Jahren geschaffen, in welcher Weise die Künstler den Buchdruck unterstützt und wie die Buch drucker das Material verwerthet haben. Sie zeige auch, dass ein künstlerischer Geschmack mehr und mehr zur Geltung komme. Zu wünschen bleibe, dass die Bestrebungen der Typographischen Gesellschaft in immer weiteren Kreisen Unter stützung und Gefolgschaft finden möchten. Die Ausstellung zeigte in sehr gefälliger Gruppirung viele moderne Accidenzen, die theils den Sammlungen der Gesell schaft entnommen, theils für gegenwärtige Ausstellung einge gangen waren. Hieran sind u. A. betheiligt die Firmen Schulz & Möller, Rosenbaum & Hart, L. Jürgens, Hermann Feyl & Co., F. A. Günther & Sohn, C. Behrens, Hermann Brücher in Friedenau, Leopold Stern, Otto Elsner-, letztere Firma auch mit einem Band »Bühne und Welt«. Farbenholzschnitte aus dem Bong’schen Verlage waren aus den Offizinen von H. S. Hermann und Julius Sittenfeld vertreten, vorzüglich gelungene Dreifarbendrucke von Gebrüder Grunert, R. Boll und W. Büxenstein. Von der letzteren Firma war je ein Piano-Bogen aus den mit Döpler’schen Original zeichnungen prächtig illustrirten Werken »Walhall« und »Thier leben der Erde« ausgestellt, von welchen die Verlagshandlung auch je ein gebundenes Exemplar zum Zwecke der Ausstellung zur Verfügung gestellt hatte. Prächtige Fotografie-Drucke und Autotypien in vollendeter Ausführung hatte die Firma W. Sommer in Schöneberg ausgestellt, die Firma Max Krause einige Bogen der illustrativ reich geschmückten Festschrift zum 50jährigen Berufsjubelfest des Inhabers dieser Firma; Messerholzschnitte und Farbendruck-Skizzen des Faktors Otto Noach, eines Mit gliedes der Typographischen Gesellschaft, einige moderne Arbeiten von A. Knab, mit künstlerischem Schmuck versehene Brief papiere der Firma Ferdinand Stange u. a. m. Die Langenscheidtsche Buchdrucherei veranschaulichte in einem prächtigen Album die Entstehung ihres Muret-Sanders’schen encyklopädischen Wörter buches. Das Album enthält in den Text eingeschaltet Original- Manuskripte und Original-Korrekturen. Eine sehr willkommene Bereicherung hat die Ausstellung durch die von unseren grossen Giessereien, den Firmen H. Berthold, W. Gronau, Emil Gursch, Ferdinand Theinhardt und Wilh. Woellmer bereitwilligst zur Verfügung gestellten Drucksachen erfahren. Befleissigen sich diese Etablissements doch seit längeren Jahren, ihre Erzeugnisse nicht nur in mehr oder weniger geschickt zu sammengestellten Musterblättern vorzuführen, sondern für den eigenen Geschäftsgebrauch und bei Gelegenheiten, wo für den guten Zweck Mittel zu prächtiger Ausstattung nicht vorhanden sind (es sei nur an die Fachschule und die Festlichkeiten der Typographischen Gesellschaft erinnert), im Satz und Druck mustergiltige und nachahmenswerthe Arbeiten für den praktischen Gebrauch herzustellen. Die Firma Wilhelm Woellmer hat einen Theil ihrer Muster in einen umfangreichen Band zusammen gefasst und die Firma Emil Gursch mit grossem Geschick ein hübsches Tableau daraus zusammengestellt. Einbanddecken . waren ausgestellt von den Firmen Lüderitz & Bauer und Wübben & Cie. Im Uebrigen wird bei dieser wie bei späteren für längere ’ Dauer bestimmten Ausstellungen nach Möglichkeit mit den Aus stellungsgegenständen gewechselt werden, damit der immer hin beschränkte Raum des Buchgewerbesaales bestens aus genützt wird. Der Besuch der Ausstellung war sowohl bei der Er öffnung als auch an den folgenden Tagen durchaus be friedigend, und die im Buchgewerbesaal veranstalteten Aus stellungen werden — nachdem der Zugang zu dem Saal mit der Vollendung des Baues einladender sein wird als gegenwärtig — sich in Zukunft hoffentlich eines noch regeren Besuches erfreuen. B. Berliner Künstler-Lithografien Mit dem gesteigerten Kunstverständniss hat in neuester Zeit auch das Interesse des Publikums an allem Zeichnerischen zugenommen. Während man z. B. vor noch nicht allzu langer Zeit die Steinzeich nung (Lithografie), die einst unser Altmeister Menzel zu so hoher Vollendung gebracht hatte, und die u. A. in Feckert einen mit Recht bewunderten Vertreter fand, beinahe verachtete, ist sie jetzt auf dem besten Wege zur grössten Werthschätzung, weil sie — lange nur handwerklich betrieben — in den Händen der Künstler ihre ursprüng liche Würde wiedererlangt hat. Die Zeichnung mit Kreide oder Feder auf den Stein, noch bereichert durch Ton und Farbe, folgt den Inten tionen des Malers so willig, dass sie seine intimsten Empfindungen zur Geltung bringt, und deshalb liegt in der Künstler-Lithografie ein ganz besonderer Reiz. Die Kunstbewegung unserer Tage hat eich darum auch dieses überaus anziehenden und bequemen Mittels der Zwiesprache zwischen dem Künstler und dem Publikum wieder zu bedienen begonnen. Die Karlsruher waren mit die Ersten, welche hier Bahn gebrochen haben, und jetzt sind heimische Berliner Meister am Werk, sich in ihrer Weise dieser Technik zu bemächtigen. In der That darf man sagen, dass die Original-Lithografie von allen Vervielfältigungsarten diejenige ist, welche die Intentionen des Künstlers am unmittelbarsten zur Anschauung bringt. Sie beruht aut der vom Meister eigenhändig auf dem lithografischen Stein ent worfenen Zeichnung und Farbengebung, deren Wirkung durch mecha nischen Abdruck auf dem Papier wiedergegeben wird. Aber es be darf dazu allerdings von Seiten des Druckers der feinsten Fühlung für die technische Eigenart des Erfinders. Wo diese beiden Faktoren verständnissvoll zusammengehen, entstehen Produkte, die an Frische und Originalität alle anderen Wiedergaben übertreffen. Man wird es deshalb in kunstsinnigen Kreisen mit Freuden be- grüssen, dass sich unter den Berliner Künstlern eine »Vereinigung für Original-Lithographie« gebildet hat, welche ihre Arbeiten auf diesem Gebiete zu veröffentlichen sich anschickt. Wie Interessantes und Mannigfaltiges von dieser Publikation zu erwarten ist, darüber lassen die Namen keinen Zweifel, die sich zunächst zu dem schönen Zweck verbunden haben. Wir nennen Leistikow, Liebermann, Skarbina, Arthur Kampf, L. v. Hofmann, Wold. Friedrich, Bracht, Brandenburg, Baluschek, Albertz, Ellert, Otto H. Engel, Feldmann, Friese, Hans Hermann, Hoeniger, Hausmann, Kayser-Eichberg, Kapp- stein, Laemmerhirt, Martini, Schinkel, Schlichting, Meyn, Uth, Storch, Stassen — eine stattliche Falanx, in welcher die verschiedenartigsten Kunstauffassungen vertreten sind. Zu den glücklichen Auspizien, welche diese Künstler dem Unter nehmen geben, kommt der günstige Umstand hinzu, dass sie in der Kunstanstalt des Herrn 0. Troitzsch, welcher die Blätter verlegt, ein technisches Domizil gefunden haben, das die vollendetste Druck- Ausführung verbürgt. Es liegt in der Natur der Sache, dass diese Publikation sich vorzugsweise an die fein gebildeten Kunst freunde wendet, aber es ist eben das Ziel der Mitarbeiter wie des Herausgebers, den höchsten Anforderungen zu genügen. In nächster Zeit nun beabsichtigen Künstler und Verleger die bis jetzt fertigen Blätter im Künstlerhause öffentlich auszustellen. Bei dieser Gelegenheit wird über die Art ihrer Herausgabe usw. das Nöthige mitzutheilen sein. Vorerst wollen wir nicht versäumen, Künstler und Kenner auf diese neue verheissungsvolle Erscheinung aufmerksam zu machen. M. J. (Berliner Kunst-Herold)