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Nr. 47 PAPIER-ZEITUNG 1871 Krawattenbeutel 9285. Frage: Mein Kunde bestellte 4000 bis 5000 Stück Krawattenbeutel, Papier wie Muster II und Druckausführung wie Muster I. Ich fertigte 5340 Stück wie Ausfallmuster III. Mein Kunde stellt sie mir zur Verfügung, trotzdem ich ihm 10 v. H. Nachlaß anbot und betreffs der zuviel gelieferten 340 Stück längere Zahlnngsfrist einräumte. Er begründet seine Reklamation ■damit, daß Ga 1. die Beutel zu kurz ausgefallen sind, 2. daß es nicht dasselbe Papier wie das aufgegebene sei, 3. daß der Druck nicht nach Vorschrift ausgefallen ist. Antwort: Die gelieferten Beutel sind 291/2 cm lang, die Vorlage 6 mm länger. Dieser geringe Unterschied macht die Beutel nicht unverwendbar und berechtigt nicht zur Zurückweisung der Ware. Das Papier der gelieferten Beutel stimmt mit dem Papier des Kaufmusters gut überein, ebenso der Druck. Der vom Fragesteller angebotene Nach laß ist reichlich. Fragesteller kann auf Uebernahme von 5000 Beuteln bestehen, während es nicht sicher ist, ob der Kunde zur Uebernahme der zuviel gelieferten 340 Stück gezwungen werden kann. Schwer verbrennliches Papier 9286. Frage: In der Anlage überreichen wir Ihnen ein Stück Papier, welches gegen Feuer imprägniert ist. Können Sie uns mitteilen, welche Chemikalien zu dieser Imprägnierung benutzt werden? Antwort: Das uns gesandte Seidenpapiermuster brennt, wenn man es anzündet, nicht weiter, sondern verkohlt nur an der angezündeten Stelle. Solche Wirkung wird erreicht, wenn man das Papier mit Salzen gewisser Schwermetalle oder mit Ammoniaksalz tränkt. Im letzteren Falle ent- stehen aus dem Tränkmittel bei der Erhitzung Gase, welche die Flamme gleichsam löschen. Geeignete Rezepte kennen wir nicht. Einseitig gewellte Pappe 9287. Frage: Läßt sich eine einseitig fassonierte Pappe her stellen, welche wie mitfolgendes Modell auf der Vorderseite Erhöhungen und Vertiefungen aufweist, dabei aber auf der Rück seite vollkommen glatt ist? Es kann sich dabei nicht etwa um eine Art Wellpappe handeln, die aus zwei zusammenkaschierten Papplagen besteht, von denen die eine wellig ist, well hierbei Hohlräume entstehen, die nicht vorhanden sein dürfen. Des Ferneren soll diese Pappe gegen hohe Temperaturen möglichst widerstandsfähig sein, well sie als Gleßpappe in dem Stereotypie- Gießinstrument zum Ausgießen von Bleiplatten benutzt werden soll und eine größere Anzahl Güsse aushalten muß. Mir wurde gesagt, daß zur Erreichung des Zweckes viel leicht eine dicke Strohpappe wird ausgefräst werden müssen. Wenn dieser Weg eingeschlagen werden könnte, so ist meines Erachtens aber zu befürchten, daß sich das Metall in die Poren hineinsetzt und die Pappe dadurch bald ausgerissen werden würde. Ich bitte um Ihren Bescheid. Antwort: Vermutlich lassen sich Wellen der gewünschten Art durch Fräsen von Hohlräumen auf der einen Seite der glatten Pappe nicht herstellen, weil die Oberfläche an der gefrästen Stelle rauh und faserig würde. Glatte Oberfläche ist jedoch unbedingt nötig, falls die Pappe ihren Zweck als Bestandteil des Gießinstruments erfüllen soll. Dagegen ■erscheint es möglich, Pappe von geeigneter Zusammen setzung in feuchtem Zustande von der Pappenmaschine weg zwischen Walzwerken in die gewünschte Form zu bringen, in welchen die eine Walze glatt und die andere gerieft ist. Ob jedoch dies oder ein anderes Hilfsmittel zum Ziel führt, läßt sich nicht im voraus feststellen, sondern nur auf dem Wege des Versuchs ermitteln. Unzüchtige Ansichtskarten 9288. Frage: In der Anlage unterbreite ich Ihnen eine Reihe künstlerisch ausgeführter Ansichtskarten, welche aus meinem Schaufenster als gegen die guten Sitten verstoßend von der Polizei beschlagnahmt worden sind. Da ich mich in Kürze in dieser Angelegenheit an Gerichtsstelle zu verantworten habe, möchte ich Ihre oder die Meinung eines hierfür in Betracht kommenden Sachverständigen hören, ob durch den Verkauf dieser Karten ein Verstoß gegen die guten Sitten vorliegt. Mir selbst ist bei dem Auslegen der Karten nicht im entferntesten der Gedanke gekommen, die zierlichen Zeichnungen möchten den Unwillen des Publikums erregen, oder gar Einschreiten der Polizei bewirken. Antwort: Wir halten die Ansichtskarten trotz ihrer technisch guten Ausführung für unzüchtig und zum Aus legen in Schaufenstern nicht geeignet, weil sie durch Dar stellung von wenig bekleideten Frauen in gewagten Stellungen offenbar beabsichtigen, den Geschlechtstrieb zu erregen. Versicherung der Fracht 9289. Frage: Ich gab Anweisung, eine Kiste, enthaltend gelatinierte Farblichtdruckkarten, an X nach London franko Fracht und Emballage abzusenden. Die Sendung wurde nach Tarif 9 durch den Spediteur ohne Versicherung befördert und Ist auch angelangt. Nach Oeffnen der Kiste durch den Em pfänger stellte sich heraus, daß der Inhalt vollkommen durch näßt war. Der Empfänger macht den Absender für den Schaden haftbar. Ich habe jedoch von anderer Seite gehört, daß dieser für den Schaden nicht aufzukommen braucht, da nach deutschem Gesetz auch die Frankosendung nach ordnungsgemäßer Ueber- gäbe an den Spediteur auf Gefahr des Empfängers geht. Der Spediteur hat uns bestätigt, daß die Kiste in gutem Zustande nach London abgegangen Ist. Der Londoner Vertreter des Spediteurs hat sich davon überzeugt, daß beim Oeffnen der Inhalt durchnäßt war, trotzdem lehnt jeder Beteiligte die Ver antwortung ab. Die englische Bahn schreibt, daß die Kiste bei ihr durch keinen Unfall beschädigt wurde, der Empfänger gab an, daß die Kiste bei dem Seetransport auf dem Deck gelegen haben müsse und Wind und Wetter ausgesetzt war, denn sonst könnte der Inhalt nicht derart durchnäßt werden. Wer trägt die Schuld und den Schaden und kann zur Verantwortung gezogen werden? Antwort: Wohl liegt die Versicherung der Fracht nach dem deutschen Handelsgesetz mangels anderer Vereinbarung dem Käufer ob, auch wenn er franko gekauft hat. Bei Wasserversand ist es jedoch unseres Wissens üblich, daß der Spediteur für die Versicherung sorgt, auch wenn der Käufer dies nicht vorschreibt. Daher ist unseres Erachtens in diesem Fall der Spediteur schadenersatzpflichtig. Weiße Flecke In blauem Papier 9290. Frage: Einliegend sende ich Ihnen einige Bogen blau Akten, die mit weißen Flecken, anscheinend Gips, stark behaftet sind. Diese treten manchmal so stark auf, daß die Akten vollkommen unverkäuflich sind. Von China-Clay können die Flecke nicht herrühren, weil der Stoff erdefrei und nur aus hartem Ib Sulfitzellstoff mit wenig Zusatz von blau Akten Aus schuß gefertigt ist. Können diese Flecke von schlecht aus gewaschenem Sulfit-Zellstoff herkommen, oder können es Aus scheidungen aus der Anilin-Farbe sein? Antwort: Die weißen Flecke erweisen sich, wenn man sie mit einem Messer heraushebt, als hartes, sandiges Pulver. Wenn sie nicht von Erde herrühren (diese braucht nicht in der Eintragung vorhanden zu sein, sondern kann aus Ecken von Behältern und aus Rohrleitungen mitgerissen worden sein), so dürfte der weiße Stoff aus Calcium-Mono- sulfit, sogenanntem Gips, bestehen, der in Sulfitstoff häufig enthalten ist und im Holländer keine Farbe annimmt. Ge naues ließe sich nur durch chemische Untersuchung fest stellen. Wir verweisen auf den Aufsatz von Prof. Dalen über »Flecke im Papier«, abgedruckt in Nrn. 8, n, 12 und 13 von 1907 sowie zum großen Teil verwertet in Prof. Herzbergs Buch über »Papierprüfung«. Kündigungsfrist des Werkmeisters 9291. Frage: Ich wurde im Mal 1904 als Buchbinder zur Leitung einer Abteilung angestellt. Diesen Posten versehe ich heute noch. Da ich mit meinem Einkommen nicht meinen Unterhalt sowie frühere Schulden decken kann, und meine Lage immer beängstigender wird, habe ich mich nach einer anderen Stellung umgesehen, wo ich bedeutend mehr Gehalt bekomme. Diese Stellung muß innerhalb 4 Wochen besetzt sein. Bin ich gezwungen, 6 Wochen vor Ablauf des Kalendervierteljahres zu kündigen, oder genügt 14 tägige Kündigung? Bei meiner An stellung wurde von Kündigung nichts erwähnt. Ich habe meinen Chef gebeten, meinen Austritt zu gestatten. Dieses wurde mir nicht zugesagt, sondern zu verstehen gegeben: »wenn ich bis dahin einen Ersatzmann bekomme, werde ich Sie benach richtigen.« Ich glaube meine Pflicht erfüllt zu haben, wenn ich 4 Wochen vorher mitgeteilt habe, daß ich meine Stellung In Anbetracht meiner Lage aufgeben will. Erhalte ich den Austritt nicht und gehe trotzdem in 4 Wochen in die neue Stellung, welcher Nachteil kann mir dadurch entstehen? Kann ich in der Stellung bleiben, oder kann mich mein jetziger Chef aus der neuen Stellung herausfordern? Oder kann er auf Schadenersatz klagen? Antwort: Für Werkmeister schreibt die Gewerbeordnung 6 wöchige Kündigungsfrist vor Vierteljahrsschluß vor, falls nichts anderes vereinbart ist. Der Geschäftsherr braucht also den Fragesteller nicht vor Ende Juni aus dem Dienst zu entlassen Die Mitteilung des Fragestellers an ihn war keine Kündigung im Sinne des Gesetzes. Verläßt Frage steller ohne Einwilligung des Geschäftsherrn seine Stellung vor Ablauf der Kündigungsfrist, so kann der Geschäftsherr den Fragesteller auf Schadenersatz verklagen, aber nicht aus der neuen Stellung zurückholen lassen.