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Nr. 46 PAPIER-ZEITUNG Verein gegründet hatte, den Vorsitz des nunmehr neu zu gründenden Vereins zu übernehmen. Herr Hojerdt er wähnt in seiner Erwiderung, daß der seinerzeit von ihm geleitete Verein nach kurzer Zeit infolge immer geringerer Teilnahme der Mitglieder eingegangen sei. Er hoffe, daß im neu zu gründenden Breslauer Papier-Verein kräftiges und gedeihliches Leben sich entwickeln werde, bitte aber, eine jüngere Kraft mit dem Vorsitz zu betrauen. Auf viel seitiges Bitten aus der Versammlung erklärt sich Herr Hofferdt endlich bereit, den Vorsitz des neuen Vereins nötigenfalls zu übernehmen. Nach der Frühstückspause teilt der Vorsitzende mit, daß sich eben die Gründung eines neuen Zweigvereins voll zogen habe. Ein liebes Kind des Vereins sei wieder auf erstanden. Auf seinen Antrag erhoben sich die Mitglieder zu Ehren des neuen Breslauer Papier-Vereins von den Plätzen. f) Anträge der Zweigvereine. 1. Antrag des Papier Vereins Berlin und Provinz Brandenburg: Der Deutsche Papier-Verein möge gegenüber der von den Verbänden der Handlungsgehilfen an gestrebten Beseitigung der sog. Konkurrenzklausel nach Auf hebung des Dienstverhältnisses Stellung nehmen und zwar im Sinne einer Beibehaltung dieser Klausel, ev. unter Abänderung der jetzt bestehenden gesetzlichen Bestimmungen. (§ 74 HGB.) Hierüber berichtet Herr Ernst Biermer und bemerkt, daß er aus zwei Gründen diesen Gegenstand zur heutigen Tagesordnung angemeldet habe. Erstens sei es bekannt, daß die Petitions-Kommission des Reichstages einen Antrag angenommen habe, der auf eine Abänderung der jetzigen handelsgesetzlichen Be stimmungen der §§ 74 und 75 HGB hinzielt, und die Re gierung hierüber eine Umfrage bei den Bundesstaaten ver anlaßt habe, sodaß diese Paragraphen jetzt wieder einer Prüfung unterzogen werden. Zweitens habe Redner in seinem geschäftlichen Leben die Erfahrung gemacht, daß zwischen Geschäftsinhabern und Angestellten häufig Ver träge abgeschlossen werden, bei welchen auf die ein schränkenden Bestimmungen der obigen Paragraphen gar keine Rücksicht genommen wird, weshalb es wünschens wert erscheint, das Wesen dieser gesetzlichen Bestimmungen noch einmal öffentlich ins Gedächtnis zu rufen. Redner liest die beiden Paragraphen des HGB in deren Wortlaut vor und macht auf die Einschränkungen aufmerksam, die diese Paragraphen für Verträge mit An gestellten vorschreiben. Der Angestellte sei häufig der Ansicht, daß, wenn er einen Vertrag unterschreibt, der über das, was nach §§ 74 und 75 HGB erlaubt ist, hinausgeht oder diesen Para graphen zuwiderläuft, der ganze Vertrag nichtig sei. Die Entscheidungen der Gerichte ergeben jedoch, daß diese Voraussetzung falsch sei. Der Richter erkläre nämlich in solchen Fällen nicht den ganzen Vertrag für nichtig, son dern sehe davon für die Vertragschließenden nur das als bindend an, was zu vereinbaren nach obigen Paragraphen erlaubt sei. Redner empfliehlt daher sowohl den Inhabern als auch den Angestellten, bei Abschluß von Verträgen mit Kon kurrenzklausel die bestehenden Gesetze genau zu berück sichtigen, um langjährige Streitigkeiten zu vermeiden. Er betont, daß er auf dem Standpunkt des Zweigvereins Berlin stehe, für den er berichtet, und er zu der Ansicht gelangt sei, daß die Konkurrenzklausel in vielen Fällen nicht zu entbehren sei, daß höchstens darüber gesprochen werden könne, ob die Beschränkung statt auf 3 Jahre auf eine kürzere Zeit erstreckt werde, und ob für Handlungsgehilfen, die unter 3000 M. Jahresgehalt beziehen, Verträge mit Kon kurrenzklausel ausgeschlossen sein sollen. Er bezieht sich in dieser Beziehung auf Gutachten der kaufmännischen Verbände in Süddeutschland und bespricht die Agitation des Deutschnationalen Handlungsgehilfen-Verbandes, welcher danach strebt, jede Konkurrenzklausel auszuschließen. Bei dieser Gelegenheit bespricht er einen Rechtsstreit der Firma E. A. G. & Co. in Hamburg gegen deren früheren Reisenden St., welcher Prozeß durch drei Instanzen bis ans Reichsgericht geführt und der Reisende endgiltig zu 10000 M. Konventionalstrafe verurteilt worden ist, weil er gegen den Vertrag sich am Platze des Klägers an einem Konkurrenzgeschäft beteiligt hat. Dieses Urteil lasse eine große Härte erkennen. Justizrat bVilmersdoerffer: Der § 74 im neuen Handels- 1813 gesetzbuch ist vor 12 Jahren neu ins Handelsgesetzbuch hineingekommen und hat der bis dahin schwankenden Rechtsprechung abgeholfen. Die Kaufmannsgerichte haben dank der §§ 74 und 75 weiten Spielraum in der Beurteilung der Konkurrenzklauseln. Wollte man nach Antrag eines Handlungsgehilfen-Ver- bandes jede Konkurrenzklausel für nichtig erklären, so hieße dies, das Kind mit dem Bade ausschütten. Jeder Prinzipal hat zwar seinerzeit Kenntnisse verwertet, die er in andern Häusern erworben hat, trotzdem ist das Be streben der Geschäftsherren vollkommen berechtigt, gegen die Ausnutzung ihrer Geschäftsgeheimnisse geschützt zu werden. Die Gutachter-Ausschüsse der Kaufmannsgerichte in Frankfurt a. M. und München fordern, daß nur Gehälter von über 3000 M. von der Konkurrenzklausel betroffen werden sollen. Nach Redners Ansicht und Erfahrung wäre diese Abgrenzung nicht zu billigen, denn es gibt An gestellte mit geringem Einkommen, die in das Geschäft so eingeweiht sind, daß sie in anderer Stellung dem früheren Geschäft schaden können. Deshalb soll man keine Gehalts grenze festsetzen und es dem Richter überlassen, den ein zelnen Fall zu prüfen. Es wird auch vorgeschlagen, die Höchstdauer der Konkurrenzklausel von 3 Jahren auf 1 Jahr abzukürzen. Auch nach Redners Ansicht seien 3 Jahre eine zu lange Frist; man könnte sie auf 2 Jahre oder 1 Jahr herabsetzen. Auch ließe sich die Höhe der Vertrags strafe begrenzen. Es wurde auch davon gesprochen, daß der Geschäfts herr die Konkurrenzklausel nur geltend machen soll, wenn er seinen Schaden nachweisen kann. Dies wäre aber ge fehlt, denn der Schaden läßt sich meistens nicht ziffern mäßig nachweisen. Herr Schaal bedauert, daß sehr viele Kaufleute die auf die Handlungsgehilfen bezüglichen Stellen des Handels gesetzes ungenügend oder garnicht kennen; er habe als Kaufmannsrichter Gelegenheit, dies täglich zu beobachten. Die Bewegung der Handlungsgehilfen gegen die Konkurrenz klausel ist dadurch veranlaßt worden, daß eine Anzahl von Warenhäusern mit allen ihren Verkäufern, auch mit den gering bezahlten, Konkurrenzklauseln abschließen, um neu entstehenden Warenhäusern das Anwerben von geschulten Angestellten zu erschweren. Redner hat im Gutachter- Ausschuß des Berliner Kaufmannsgerichts durchgesetzt, daß beantragt wurde, das Mindestgehalt von Angestellten, welche gütige Konkurrenzklauseln abschließen können, auf 3000 M. festzusetzen, die Dauer der Konkurrenzklausel auf 1 Jahr und die Höhe der Strafe auf die Hälfte des letzten Jahresgehalts zu beschränken. Herr Buchholz hat schon seit Jahren gute Erfahrungen damit gemacht, daß er mit seinen Stadtreisenden Verträge abschließt, wonach sie nach Verlassen ihrer Stellung 3 Jahre lang seine Kunden nicht besuchen dürfen. Herr Bergmann schließt zwar mit seinen Angestellten keine Konkurrenzverträge ab, ist aber dafür, daß der jetzige Wortlaut der §§ 74 und 75 gemildert werde; 1 Jahr Giltig keitsdauer genügt, aber die Gehaltsgrenze von 3000 M. wäre unzweckmäßig, da dann viele kleinere und mittlere Ge schäfte den nötigen Schutz nicht erhalten könnten. Redner führt einen Fall aus dem Hause Wertheim an, wonach ein mit ganz geringem Gehalt Angestellter sich in den Besitz wertvoller Geschäftsgeheimnisse setzen kann. Auch die Höhe der Konventionalstrafe sollte nicht festgelegt werden, denn wenn die Strafen gering sind, so werden die Kon kurrenten sie bezahlen, um in den Besitz der Geschäfts geheimnisse zu gelangen. Der Antrag des Herrn Schaal, die Beschlüsse des Gut achterausschusses im Berliner Kaufmannsgericht sich zu eigen zu machen, wird von der Versammlung abgelehnt und der Antrag des Papier-Vereins Berlin und Provinz Brandenburg mit großer Mehrheit angenommen. Schluß folgt. Zum 8 Uhr-Ladenschluß in Stuttgart wird dem dortigen General-Anzeiger geschrieben, es sei bedauerlich, daß diese auch für Stuttgart so wichtige Frage immer noch nicht endgiltig erledigt sei. Bis Ende April waren 750 Unterschriften ge sammelt, inzwischen sollen weitere 150 gesammelt sein, doch sind etwa 1100 nötig. Viele Stuttgarter Ladenbesitzer, namentlich die größeren Geschäfte, halten freiwillig ihre Läden von 8 Uhr an geschlossen. — s —