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1806 PAPIER-ZEITUNG Nr. 46 Kinder und Enkel Getöteter 12000 M., Renten an Verwandte auf steigender Linie Getöteter 1000 M., Abfindungen an Witwen Ge töteter im Falle der Wiederverheiratung 1000 M., Renten an An gehörige in Heilanstalten untergebrachter Verletzter 2000 M., Kur- und Verpflegungskosten 10000 M. Außerdem wurden innerhalb der ersten 13 Wochen an Kosten des Heilverfahrens und an Kur- und Verpflegungskosten 15800 M. gezahlt, welche Summe wieder fast ausschließlich auf Berlin entfällt. Die laufenden Verwaltungskosten betrugen für die Genossen schaft 57000 M. und für die 8 Sektionen 30000 M. Die Rücklage betrug Ende 1907 952000 M. An Umlagen bringen die Sektionen 686 000 M. auf, davon am meisten Sektion Berlin, 164000 M. gegen 141 000 M. der nächst belasteten Sektion Leipzig. Ueber Unfälle und deren Verhütung berichtet der technische Ingenieur R. Hütt in Berlin. Die Gesamtzahl der Betriebe ist gegen das Vorjahr um 224 auf 3803 gestiegen. 231 Betriebe an 72 Orten wurden besichtigt, davon 58 wieder besichtigt. Für diese Betriebsüberwachung waren 155 Revisions tage nötig, von denen 14 auf Berlin entfallen. Bei Besichtigung dieser Betriebe (66 mit Hand-, 165 mit Kraftbetrieb) wurden 2000 Anordnungen zum Schutze der Arbeiter für nötig erachtet. In 43 Fällen (Vorjahr 26) wurde Entfernung vorhandener Schutzvorrichtungen beobachtet. Vertrauensmänner werden nach dem Statut der Papierver arbeitungs-Berufsgenossenschaft nicht bestellt. Das persönliche Verhältnis zu den Betriebsunternehmern und Versicherten war gut. Der Zutritt zum Betriebe zwecks Besichtigung wurde nirgends verweigert. Auf Wunsch einer Gewerbe-Inspektion wurden in einer Sektion zwei Betriebe gemeinschaftlich besichtigt. Mit einigen anderen Gewerbe-Inspektionen wurden schriftlich und mündlich Erfahrungen ausgetauscht. In 10 Fällen wurde von den gewerblichen Aufsichtsbehörden Mitteilung von Anordnungen gemacht, die Mitglieder der Berufs genossenschaft betroffen haben; in einem Falle wurden einer Ge werbe-Inspektion auf Verlangen die Ergebnisse einer früheren Betriebsbesichtigung mitgeteilt. Auskünfte, welche von den zuständigen Behörden erbeten wurden, wurden bereitwilligst erteilt. In einigen Fällen, in welchen die Sektionsvorstände trotz mehrfacher Anfragen über die Ausführung der vorgeschriebenen Schutzvorkehrungen keine Antwort erhielten, hatte die von den Polizeibehörden erbetene Hilfeleistung Erfolg; eine Ausnahme bildet bisher nur die Ham burger Polizeibehörde, welche der Sektion IV Schwierigkeiten bereitete. Eine Inanspruchnahme durch Behörden und Gerichte hat nicht stattgefunden. 28 Anfragen über Schutzmaßnahmen wurden beantwortet, die von Mitgliedern der Berufsgenossenschaft, Maschinen fabriken, Gewerbe-Inspektionen und technischen Aufsichts beamten anderer Berufsgenossenschaften eingingen. Die Be arbeitung von 3799 Unfallanzeigen (227 mehr als im Vorjahre), von Unfallzählkarten, sowie die Mitwirkung bei der Einschätzung neuer Betriebe, der Entwurf des neuen Gefahrentarifs, ferner 20 Anfragen und Antworten betreffend den Verpflichtungsschein bei Neubestellung von Maschinen nahmen ebenfalls die Tätigkeit des technischen Aufsichtsbeamten in Anspruch. Mit Genehmigung des Genossenschaftsvorstandes wohnte der Berichterstatter vom 25. bis 28. August der 14. Haupt versammlung des Vereins Deutscher Revisions-Ingenieure in Kiel bei, auf welcher er Unfallverhütungsmaßnahmen ah Papier schneidemaschinen vorführte. Am 14. Oktober hielt er in Dresden im Verband der Kartonnagenfabrikanten von Dresden und am 28. November in Nürnberg in der Kartonagia, der Nürn berger Vereinigung des Verbandes süddeutscher Kartonnagen fabrikanten, Vorträge über das Gewerbeunfallversicherungs gesetz und die Unfallverhütung in der Papierverarbeitungs- Industrie. Eine Zahl von Maschinenfabriken, die Steindruckmaschinen herstellen, hat sich bereit erklärt, den vom Genossenschafts vorstand herausgegebenen Verpflichtungsschein zu unterzeichnen. Dagegen lehnen die deutschen Buchdruckmaschinenfabriken die Unterzeichnung ab, indem sie behaupten, daß sie ohnedies ver nünftige Schutzmaßnahmen ausführten. Neuerdings sind durch gerichtliche Entscheidungen mehrfach Erbauer von Maschinen für fehlende Schutzvorkehrungen verantwortlich gemacht worden. Neu anzuschaffende Maschinen sind nur unter der schrift lichen Bedingung zu kaufen, daß sie den Unfallverhütungs vorschriften der Papierverarbeitungs-Berufsgenossenschaft ent sprechen, und daß fehlende oder ungenügende Schutzvor richtungen auf Kosten der Verkäufer nachgeliefert oder ab geändert werden müssen, falls solches sich bei der Besichtigung als nötig erweist. Rat und Begutachtung vom unfalltechnischen Standpunkt aus stehen den Genossenschaftsmitgliedern und ihren Lieferanten von Seiten der Berufsgenossenschaft kostenlos zur Verfügung. Den Mitgliedern der Berufsgenossenschaft wird ein Schein zur Verfügung gestellt, nach welchem sich die Lieferanten bei Bestellungen verpflichten, ihre Maschinen mit den notwendigen Schutzmaßnahmen zu liefern. Dieser Schein ist bei Aufträgen auf Maschinen zu benutzen und nur zu bestellen, wenn die Ver pflichtung übernommen wird. Diejenigen Lieferanten sind namhaft zu machen, die sich der bezeichneten Verpflichtung nicht unterziehen, während die, welche sie übernehmen, fortlaufend veröffentlicht werden. Daß bessere Beachtung der Unfallverhütungsmaßnahmen nicht ohne Wirkung bleibt, läßt sich bei den Schneidemaschinen mit Räderantrieb nachweisen. Nach Abschnitt A VIII 3 der Unfallverhütungsvorschriften ist jeder neu in den Betrieb oder in eine andere Betriebs abteilung eintretende Arbeiter von den Gefahren der ihm zu übertragenden Arbeit vor Beginn derselben genau zu unter richten. Auch muß der betreffende Arbeiter genügend mit der Maschine vertraut sein und den Zweck und die Anwendung der vorhandenen Schutzvorkehrungen kennen. Besonders ist dafür bei Anlernung jugendlicher Arbeiter Sorge zu tragen. Die Zahl der Unfälle, welche jugendliche Arbeiter betroffen haben, hat sich gegen das Vorjahr wiederum erhöht. Eine Kontrolle der nicht besichtigten Betriebe wird durch die Bearbeitung der Unfallanzeigen ausgeübt. Den Sektions vorständen wurden in 125 Fällen entsprechende Mitteilungen gemacht, durch welche nachträgliche Anbringung von Ab schätzungen veranlaßt wurde. In einem Falle ist ein Betriebs unternehmer der Aufforderung des Sektionsvorstandes, die nach den Unfallverhütungsvorschriften erforderlichen Maßnahmen zu treffen, nicht nachgekommen, und der zuständige Sektions vorstand hat beim Genossenschaftsvorstand entsprechende Strafe beantragt. Die Versicherten verhalten sich den Schutzmaß nahmen gegenüber recht gleichgiltig. In 43 Fällen wurde bei Besichtigungen festgestellt, daß vorhandene Schutzvorrichtungen entfernt und in einigen Fällen abhanden gekommen waren. In vier Fällen wurde absichtliche Entfernung von Schutzvor kehrungen festgestellt und die Betreffenden durch die Vorstände der zuständigen Krankenkassen mit 1 bis 3 M. Strafe belegt. Eine sächsische Behörde erhob gegenüber dem Strafantrag den Einwand, daß die Zuwiderhandlung nach § 67,3 StrGB als Ueber- tretung verjährt sei. Sie wurde auf die Plenarentscheidung des Reichsversicherungsamts vom 6. November 1889 Nr. XI ver wiesen, wonach die Bestimmungen des StrGB über die Ver jährung der Strafverfolgung auf die Verhängung von Nachteilen wegen Verstoßes gegen die Unfallverhütungsvorschriften nicht anwendbar sind. Neue Schutzvorrichtuugen. Vorgekommene Unfälle haben wieder die Notwendigkeit erwiesen, daß an Papierschneide maschinen mit Räderantrieb, auch wenn sie nur von Hand be trieben werden, der Messerbalken nach erfolgtem Schnitt selbst tätig festgehalten wird. Das Bautzner Industriewerk m. b. H. in Bautzen bringt zu diesem Zweck eine einfache Vorrichtung an, die das Schwungrad entkuppelt, sobald das Messer der Maschine seine höchste Stellung erlangt hat. Soll die Maschine in Bewegung gesetzt werden, so erfolgt die Einkupplung nicht durch Fuß, sondern von Hand, sodaß Unfälle durch versehentliches Einrücken der Maschine vermieden werden. Die Firma Bolle & Jordan in Berlin bewirkt den Antrieb ihrer verschiedenen Bauarten durch Schnecke und Schneckenrad, wodurch Herabgehen des Messerbalkens durch seine eigene Schwere fast ausgeschlossen ist. Für den meist üblichen Stirn räderantrieb hat die Firma Chn. Mansfeld in Leipzig-Reudnitz das Niedergehen des Messerbalkens davon abhängig gemacht, daß der Zuschneider das Schwungrad durch Fußtritt einkuppelt und beim Schneiden den Fuß darauf ruhen läßt. Entfernt sich der Arbeiter vom Schwungrad, um sich zum Messer zu wenden, so wird durch Verlassen des Fußtritts die Kupplung selbsttätig ausgerückt. Die Maschine selbst muß so aufgestellt werden, daß der Fußtritt nicht in einen Verkehrsweg hineinragt. Die Firma Paul Schönheimer in Berlin NO 55 hat eine Sicherheitskurbel für Schneidemaschinen zum Patent angemeldet, welche selbst tätig in die Ebene des Schwungrades zurücktritt, sobald sie los- gelassen wird; hierdurch wird gleichzeitig das Schwungrad aus gekuppelt und somit der Messerbalken in jeder Lage vor dem Niedergehen bewahrt. Der neu patentierte Schnelldreischneider der Firma {Karl Krause in Leipzig ist mit einem Drahtschutzgitter ausgerüstet, welches, in einer Kurve geführt, vor dem Herabgehen der Messer die Hände des Arbeiters herausschiebt und die Maschine vorn abschließt. Nach dem Schnitt geht das Gitter von selbst in die Höhe. Außer mit Selbstpressung ist die Maschine noch mit Spaneabführungsrinne versehen, welche Hineingreifen in die Maschine überflüssig macht; sonst erforderliche Abschützungen der Räder usw. sind ebenfalls angebracht. Um Unfälle an Registerschneidemaschinen zu verhüten, müssen die bedienenden Personen, sobald sie eine der zum Fest halten des Buches benötigten beiden Hände loslassen, den Fuß unter den Einrücktritt schieben. Bei längeren Einrichtungs arbeiten ist die Fußeinrückung durch Unterschieben eines stets