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DAPIER-VERARBEITUNG B Bu CH G EWERBE Berliner Buchgewerbesaal Am Sonntag (7. Juni) } i. Feiertag, bleibt der Buchgewerbe saal geschlossen. Berliner Typographische Gesellschaft Für die Sitzung vom 26. Mai war der Buchgewerbesaal mit einer Anzahl von Drucksachen geschmückt, welche als Prüfungs arbeiten der Setzerlehrlinge bei den Gebilfenprüfungen des Vereins Berliner Buchdruckereibesitzer gedient hatten; sie waren in vier Gruppen geteilt: Briefköpfe, Einladungskarten, Um schläge und Buchhändler-Prospekte. Daneben waren auch einige Probearbeiten von Druckerlehrlingen ausgestellt. Der Vorsitzende Herr Könitzer gab folgende Eingänge be kannt: Probenhefte der Schriftgießerei Scheiter & Giesecke in Leipzig zu ihrer Originalschrift Walgunde mit Zieraten von Eduard Lautenbach sowie verschiedene auf der Phönixpresse hergestellte Prägearbelten; ferner Druckmuster von mathe- mathischem Satz für einen in nächster Sitzung stattfindenden Vortrag. Wettbewerbsarbeiten der Typographischen Gesellschaft in Brandenburg waren ausgelegt und wurden gewertet. Herr Faktor A. M. Murawsky (Verlag der Textil-Industrle), Mariendorf, Schwerinstr. 78, wurde als Mitglied aufgenommen und Herr Faktor Karl Kremkow (Gebt. Feyl), Erkner, Flaken straße 3, zur Mitgliedschaft angemeldet. Herr Baumeister be richtete kurz über den sehr interessanten Vortrag des Herrn Direktor Dr. Willrich aus Leipzig über das neue deutsche Buch und sprach sein Bedauern aus, daß ungeachtet der Einladungen der Besuch den gehegten Erwartungen nicht entsprochen habe. Im Anschluß daran ersuchte der Vorsitzende die Mitglieder, bei ähnlichen Veranstaltungen ein lebhafteres Interesse zu zeigen und auch im Kollegenkreise zum Besuch anzuregen. Hierauf berichtete Herr August Köhler namens der Tech nischen Kommission über Die einheitliche Stärke der Linienbilder Die technische Kommission hat sich, so führte er u. a. aus, unter Benutzung der Vorschläge des verstorbenen Herrn Paul Filzhuth, welcher eine Einteilung des Bildes von 1/10 bis 20/10 Punkten von Punkt zu Punkt annahm, dahin ausgesprochen, daß im all gemeinen von der feinen bis zur fetten Viertelpetitlinie eine Abstufung in fünf Stärken genügen würde, und zwar die feine, die stumpffeine, die halbfette, die dreiviertelfette und die fette. Die feine Achtelpetitlinie würde das gleiche Bild zeigen wie die feine Viertelpetitlinie. Die fette Achtelpetitlinie würde im Bilde übereinstimmen mit der halbfetten Viertelpetitlinie. Die Abstufungen würden 1, 5, 10, 15 und 20 Zehntelpunkte sein. Wenn nötig, könne man noch eine Linie auf 3/10 und eine solche zu 8/10 Punkten zwischenschieben, die als Ornamentlinien anzu sprechen wären. Damit würde aber den weitgehendsten An sprüchen genügt sein. Wichtig ist auch die Stellung des Linien bildes auf dem Kegel; die Kommission hat festgestellt, daß stets genau die Mitte des Kegels einzuhalten ist. Bei der doppel feinen Linie ist die Spurweite so verschieden, daß Verwendung verschiedener Fabrikate unmöglich ist. Würde man zwei feine Achtelpetitlinien zusammensetzen, so würde die Spurweite zu eng sein. Es wird deshalb empfohlen, beide Linien an den Rand des Kegels zu stellen; da aber eine an der äußersten Kante sitzende feine Linie technisch nicht korrekt herzustellen ist, sondern eine Abschrägung notwendig erscheint, soll die Spurweite 14/10 Punkte betragen; hierzu kommen die beiden Linienbilder mit zusammen 2/10 Punkten und auf jeder Seite 2/10 Punkte Fleisch, ergibt den Kegel von 20/10 Punkten. Auch die punktierte Linie ist in unzähligen Ausführungen vorhanden; eine einzige Fabrik wies 36 verschiedene Muster auf. Theo retisch würden 48 Punkte auf einer Konkordanz das richtigste sein, dann würden die Punkte aber für das bloße Auge kaum noch als solche erscheinen; dasselbe ist noch bei 36 Punkten der Fall. Es wurde deshalb die Zahl von 24 Punkten auf die Konkordanz angenommen mit der Maßgabe, daß der Punkt — damit auch aus kleinen Stücken zusammengesetzte Linien ein ununterbrochen gleichmäßiges Bild ergeben — stets in der Mitte je einer Viertelpetit zu stehen kommt. Als Linienbild dürfte die stumpffeine Linie zu wählen sein, weil die feine kaum noch sichtbare Punkte ergibt. Diese Vorschläge der Kommission sind bestimmt, den dem Verbände der Deutschen Typographischen Gesellschaften an geschlossenen Vereinen zur Begutachtung zugestellt zu werden, damit das Endergebnis dem allseitig empfundenen Mißstände abhelfen und den Messinglinienfabriken als wertvolles Material dienen könne. Der Vorsitzende dankte Herrn Köhler wie allen denen, die sich an der Beratung dieser Vorschläge beteiligt haben und nahm Veranlassung, auf die Verdienste hinzuweisen, die sich der verstorbene Herr Paul Filzhuth um die Lösung dieser wichtigen Frage erworben hat. Hieran schloß sich ein sehr lebhafter Meinungsaustausch. Herr Schimansky sprach sich gegen die Beibehaltung des 1/10 Pankt-Linienbildes aus; es biete nicht nur dem Drucker, sondern auch dem Stereotypeur und Galvanoplastiker wegen seiner Messerscharfe große Schwierigkeiten. Es sei übrigens eine vielgeübte Gewohnheit der Maschinenmeister, neue, derartig scharfe Linien erst dadurch druckfähig zu machen, daß sie mit einem harten Gegenstand darüber hinwegfahren. Von anderer Seite wurde hiergegen eingewendet, daß man die 1/10 Punkt- Linie für gewisse Arbeiten, z. B. Kursbücher mit kleinen Minutenziffern, nicht entbehren könne, daß es aber zu empfehlen sei, sie eben nur da anzuwenden, wo sich die Notwendigkeit dazu ergäbe. Aus der Praxis wurde mitgeteilt, daß 1/10 Punkt- Linien besonders bei bunten Farben öfter keine Farbe an nehmen, man habe sich damit geholfen, daß man das Linienbild mit Farbe antrocknen läßt, oder auch mit Tinte bestreicht und trocknen läßt, um das Bild zu verstärken. Herr Georg Wagner beleuchtete die Gründe, welche zu der starken Vermehrung der Linienbilder geführt haben; in der Regel entwerfe der Zeichner irgend eine Ornament-Serie, ohne darauf Rücksicht zu nehmen oder zu wissen, daß die geschaffenen Figuren auch im Anschluß an eine Linie verwendet werden; die Gießerei kaufe diese Zeichnungen, verkleinere sie ent sprechend und bringe sie auf den Markt. Zeige sich dann, daß die vorhandenen Linien nicht passen, so werde eine passende Linie hergestellt und dadurch der Wirrwarr vermehrt. Sodann hielt Herr Julius Bielert den angekündigten Vor trag über Die Gehilfenprüfungsarbeiten 1908 Einleitend erklärte Redner den Zweck der Prüfungen und schilderte den Einfluß, den die abgelegte Prüfung auf das Fort kommen der Prüflinge übt. Eine Grenze zwischen Fabrik- und Handwerksbetrieb sei im Buchdruckgewerbe schwer zu ziehen, weil in beiden die Arbeitsweise im allgemeinen gleich sei und der Großbetrieb nur eine Mehrheit von Kleinbetrieben dar stelle. Bei der weitgehenden Spezialisierung der Betriebe gerade in Berlin sei es erklärlich, daß die Lehrlinge nicht über all eine genügend vielseitige Ausbildung erhalten. Hierauf werde bei der Verteilung der Prüfungsaufgaben Rücksicht ge nommen, indem man den Lehrlingen solche Aufgaben stellt, zu deren Lösung sie in der Lehre Anleitung erhalten haben. Im übrigen werde durch eine mündliche Prüfung und Absetzen etwas glatten Satzes festgestellt, wie weit die Prüflinge in den elementaren Kenntnissen des Berufs bewandert sind. Wie die ausgestellten Arbeiten zeigten, sei das Verständnis recht ver schieden, einzelne Arbeiten seien gut gelungen, andere leiden an Ueberladung mit Ornamenten oder ungeschickter Raum verteilung; es fehle häufig die Fähigkeit, selbständig etwas Gutes zustande zu bringen. Das aber sei in den meisten Fällen auf mangelhafte Anleitung zurückzuführen. Die Aufmerksam keit weiterer Kreise der Faktoren und Gehilfen auf diesen Miß stand hinzulenken und auf Besserung der Verhältnisse hinzu wirken, sei Zweck der Ausstellungen. Nachdem die ausgestellten Arbeiten seitens der Mitglieder eingehend besichtigt waren, entwickelte sich ein lebhafter Meinungsaustausch. Es wurde betont, daß in der Mehrzahl der Fälle mangelhafter Ausbildung des Lehrlings den Lehrherrn ein schwerer Vorwurf treffe und vielen Lehrlingen durch die mangelhafte Art der Anleitung die Lust am Berufe verleidet werde. Von anderer Seite wurde bemerkt, daß die Prüfungs arbeiten keinen sicheren Maßstab für die Fähigkeiten des Prüflings geben, weil sie entweder nicht selbständig oder unter Benutzung bekannter Vorbilder zustande kämen. Auch wurde bemängelt, daß man anscheinend zu großes Gewicht auf den Akzidenzsatz lege, well andere Arbeiten, z. B. Tabellen, Katalog satz und dergl. Arbeiten nicht ausgestellt seien. Von Herrn Schimansky wurde empfohlen, den Fach- und Fortbildungs unterricht zu pflegen und derart auszubauen, daß er geeignet