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Nr- 38 PAPIER-ZEITUNG 1487 Stearinsäure-Amid als Leimstoff für Feinpapier Mitteilung aus dem Laboratorium der chemischen Werke Hansa G. m. b. H., Hemelingen Dr. Paul Spieß Im Jahrgang 1905 d Bl., Nr. 62 S. 2343, fand sich die Be sprechung einer für die Papierindustrie interessanten Anregung des amerikanischen Chemikers Dr. Mueller-Jacobs. Dieser hatte sich mit dem Studium der Anilide und Amide höherer Fett säuren befaßt und fand, daß diese Körper einen gewissen Wert für die Papierfabrikation hätten. Er schlug vor, das Amid der Stearinsäure zur Papierleimung anzuwenden (amerlkan. Patent Nr- 757 948 v. 19./4. 1904), um durch diesen Körper die Reihe der Papier-Leimstoffe zu erweitern, vor allem aber einen Leimstoff einzuführen, der gleich dem Bienenwachs — das Infolge seines hohen Preises nur eine beschränkte Anwendung finden kann — dem Papier die wertvollsten Eigenschaften: dauernde Haltbar keit, die Unmöglichkeit des Vergilbens usw., verleiht. Vorliegend wird allein aus dem Grunde auf die Anregung von Mueller-Jacobs zurückgegriffen, weil im unterzeichneten La boratorium ein in Deutschland und allen Kulturstaaten patentiertes Verfahren gefunden wurde, welches die Herstellung von Stearin säureamid auf die einfachste Weise erreicht. Es ist gelungen, die Einwirkung von Ammoniak auf Stearinsäure und die Ab spaltung eines Moleküls Wasser aus dem Ammoniumstearat bei mäßigem Druck zu bewirken und dabei ein technisch reines Stearinamid zu gewinnen, das nunmehr zu einem Preise ge liefert werden kann, der die Verwendung in der Großindustrie durchaus ermöglicht, nämlich für 180—190 M. die 100 kg, je nach dem Preise der Reinstearinsäure. In unserer Fabrik werden schon seit etwa 2 Jahren große Mengen Stearinamid zur Herstellung von Oel-Emulsionen für die Textilindustrie (Verfahren in Deutschland und den meisten Kulturstaaten patentiert) hergestellt. Erst kürzlich nahmen wir die Anregung von Dr. Mueller-Jacobs auf und fanden bei einer der bedeutendsten Feinpapierfabriken großes Interesse und Ent gegenkommen. Zunächst seien hier in aller Kürze die Ergebnisse der Mueller-Jacobs'schen Urversuche an Hand seiner erwähnten Arbeit kurz aufgeführt. Von den als Leimstoffe hauptsächlich in Frage kommenden Stoffen: Leim, Gelatine, Kasein, Wachs, Stärkemehl, Dextrin, arabischer Gummi, Harzseifen, haben die letzten fast alle übrigen verdrängt. Der Verwendung von Harzseifen haften jedoch nach der Ansicht des amerikanischen Chemikers ernste Mängel an, deren bedeutendster die geringere Haltbarkeit der damit her gestellten Papiere sei. Die Entscheidung darüber, ob diese Ansicht des Erfinders der sogenannten Amidleimung den Erfahrungen der Papierfach männer entspricht, muß dem Urteil dieser überlassen werden. Jedenfalls hat die hier erörterte Anregung das Interesse der Feinpapierindustrie erregt; jedoch war es dieser Industrie bisher ebensowenig wie dem Erfinder selbst möglich, größere Betriebs versuche mit Stearinsäureamid anzustellen, da die Beschaffung dieses Körpers zu schwierig war. Das alte Verfahren, Amide unter hohem Druck im Druckkocher herzustellen, bietet große Schwierigkeiten, hohe Kosten und Gefahren (der Mitarbeiter Mueller-Jacobs verunglückte bei diesen Versuchen tötlich). Daher sind meines Wissens weder in Deutschland, noch in Amerika die kleineren Versuche zur Amidleimung im größeren Maßstabe wiederholt worden, obgleich deren Ergebnisse sehr zur Nachprüfung reizen. Die Anordnung der Mueller-Jacobs’schen Versuche ist aus dem wiederholt erwähnten Aufsatz in Nr. 62, Jg. 1905 d. Bl., klar ersichtlich. Diese wurden nun mit Stearinsäureamid unserer Erzeugung in einer der bedeutendsten Feinpapierfabriken Deutschlands nachgeprüft. Die Ergebnisse von Mueller-Jacobs wurden dabei bestätigt, nur wurde gefunden, daß man mehr Stearinamid nötig hat, um genügende Wasserandurchlässigkeit zu erreichen, als der Erfinder angibt. Es kann aber die 4—stäche Menge Amid zugesetzt werden, wie uns bestätigt wurde, ohne daß das Verfahren unlohnend würde. Anfänglich bereitete es einige Schwierigkeiten, das Stearin amid zu der benötigten Milch zu verkochen, da ja der Schmelz punkt dieses Körpers über 100° Hegt. Nimmt man aber zum Schmelzen und Verkochen unserer Erzeugnisses unmittelbaren Dampf zu Hilfe, und kocht in einem durch Dampfmantel auch von außen beheizten Kessel mit etwas Seife und Soda, so erhält man ohne weitere Mühe eine völlig gleichmäßige Milch, mit der man leimen kann. Zur näheren Erläuterung möge die Gebrauchs anweisung hier folgen: 100 kg fertiger 8prozentiger Leimmilch werden wie folgt hergestellt: 8 kg Stearinsäureamid werden in einem von außen zu beheizenden Kochkessel (mit Dampfmantel) geschmolzen. Wenn die Masse völlig geschmolzen ist, werden 0,8 kg Kernseife und 1,2 kg Kristallsoda schnell zugesetzt. Nunmehr wird die ganze Masse durch ein bis nahezu auf den Boden reichendes Rohr mit unmittelbarem Dampf tüchtig durchgekocht, wobei man die Masse nötigenfalls mit einem sauberen kleinen Reisigbesen durchrührt. Der eintretende Dampf liefert einen großen Teil des nötigen Wassers. Ist die ganze Masse zu einer völlig gleichmäßigen und klumpenfreien Milch verkocht, so kann man mit warmem Wasser auf 100 kg auffüllen und die fertige Milch nochmals durchkochen. Diese fertige heiße Milch wird in entsprechender Weise mit Wasser verdünnt und in den Papierstoff ein gerührt. Ueber die Kosten der Amid-Leimung sagt Mueller-Jacobs in seiner ursprünglichen Abhandlung folgendes: »Wegen ihrer größeren Kosten kann die Leimung mittels Stearinamids nicht für die Fabrikation ganz wohlfeiler Papiere (für die Tages presse usw.) ins Auge gefaßt werden. Wo es sich aber darum handelt, Haltbarkeit mit allen anderen guten Eigenschaften zu vereinigen, wo auf Neutralität und chemische Inaktivität der abgelagerten Leimungsmaterialien, wie z. B. bei photographischen oder lithographischen Papieren, besondere Rücksicht genommen werden muß, dürfte die Amidleimung jeder anderen vor zuziehen sein.« Außerdem Ist, wie uns von fachmännischer Seite versichert wurde, anzunehmen, daß das von uns der Industrie zugänglich gemachte Amid der Stearinsäure größere Wichtigkeit für all’ die Fabriken erreichen wird, die Papier auf der Oberfläche leimen und die sich mit der Herstellung von gestrichenen oder getränkten Papieren befassen. Kochlauge für Sulfatzellstoff Die Bemerkung der Schriftleitung in Nr. 36 S. 1402 veranlaßt mich zu folgender Erwiderung: Daß die Kieselsäure in den Laugen der Strohstoffabriken hauptsächlich aus dem Stroh stammt, zeigt folgende Berechnung: Stroh hat zwischen 4 und 7,5 v. H. Asche, welche in der Hauptsache aus Si O2 besteht; ich will den durchschnitt lichen Gehalt daran mit nur 3 v. H. ansetzen; dann hat eine mittlere Anlage, welche täglich 10000 kg Stroh für eigenen Be darf verarbeitet, 300 kg Si O a aufzulösen, das sind im Jahre 90000 kg, also 9 Doppelladungen. Nun braucht man zum Kochen des Strohes viel weniger Alkalien als für Holz, also dem entsprechend auch viel weniger Sodaöfen. Für die Herdsohlen und Feuerbrücken solcher Oefen nimmt man klugerweise an und für sich schon Steine aus möglichst feuerfestem Ton ohne Quarz- beimischung, damit sie möglichst wenig von den Alkalien an gegriffen werden. Mit einem Waggon solcher Steine muß man viel Reparaturen ausführen können und für eine solche Fabrik weit mehr als ein Jahr ausreichen; und dann hat man darin doch höchstens 30 v. H. Kieselsäure in Verbindung mit Ton erde; die Steine werden überdies nicht etwa völlig auf gelöst, sondern jedenfalls zerbrechen ihrer auch viele, und bei Reparaturen müssen noch sehr viel Stücke herausgebrocben und entfernt werden; sehr hoch gerechnet wird man also in einem Jahre aus den Steinen kaum 1000 kg Si O, auflösen. Wie verschwindend wenig ist das aber gegen die Menge, welche das Stroh für die Laugen liefert. Täglich kaum 3 kg aus den Steinen in mindestens 2500 kg wiedergewonnener Soda gelöst, sind nur 0,12 v. H.; deswegen ist es kein Wunder, daß man davon bei den Holzzellstoff fabriken, welche nach dem Soda- oder Sulfatverfahren arbeiten, rein nichts merkt; diese geringe Menge wird wohl meist ver schlackt werden und ungelöst in den Rückständen der Soda nach dem Auflösen Zurückbleiben oder sonstwie ausgeschieden werden. Th. Knösel, Neustadt, Westpr. Schneiden am Gewicht! Vor ungefähr einem Jahre erregten zwei Aufsätze unter obiger Ueberschrift, die sich gegen gewisse Firmen des Berliner Papiergroßhandels richteten, berechtigtes Interesse. (Nrn. 24 und 28 von 1907) Zu der gewünschten Aussprache kam es aber leider nicht, wenigstens habe ich nichts wieder an dieser Stelle darüber gelesen. Dieselben Zustände bestehen aber auch in einer mir bekannten größeren Druckpapierfabrik. Dort ist seit Jahren Sitte, Papiere, die beispielsweise mit 50 g/qm in Auftrag gegeben sind, 49 g und darunter zu arbeiten, aber mit 50 g zu berechnen, ganz abgesehen davon, daß auch die Tara in den meisten Fällen zu niedrig angegeben wird und somit die Abnehmer doppelt betrogen sind. Ich kenne Firmen, die auf diese Weise um Tausende jährlich geschädigt worden sind. R. L Wir wollten obige Mitteilung nicht aufnehmen, bevor uns deren Wahrheit nachgewiesen würde. Darauf erhielten wir vom Einsender die Vorschriften, welche in jener Fabrik für das Berechnen des Gewichts und Tara gelten. Da nach wird allen Kunden bis auf wenige, die nachwiegen, zu viel berechnet. Gegen dieses Verfahren können sich die Verbraucher und Großhändler nur durch fleißiges Nach wiegen schützen.