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1458 PAPIER-ZEITUNG Nr. 37 Buchbinderei-Ausstellung in Berlin Die »Fachausstellung der Papier- und Lederwaren-Industrie, Buchbinderei und verwandten Berufe, verbunden mit einer Maschinen- und Material-Ausstellung« wurde am 2. Mai eröffnet. Die Eröffnungsfeier fand im Beethovensaal der Philharmonie statt, in deren übrigen Räumen die Ausstellung untergebracht ist. Die Aussteller und Innungsmitglieder mit ihren Damen und die Ver treter der Behörden füllten den weiten Saal bis auf den letzten Platz. Nachdem eine Militärkapelle auf der Bühne festliche Weisen hatte ertönen lassen, hielt Obermeister Slaby von der Berliner Buchbinder-Innung eine Ansprache, in welcher er Zwecke und Ziele der von der Innung veranstalteten Ausstellung auseinander setzte. Er führte u. a. aus, daß die letzte Ausstellung anläßlich des 300jährigen Bestehens der Innung im Jahre 1895 statt gefunden und seitdem das Buchbindergewerbe bedeutende Fort schritte gemacht habe, insbesondere haben sich die neuzeitlichen Bestrebungen des Kunstgewerbes auch auf weite Kreise des Buchbinderhandwerks übertragen, und sind neue oder verbesserte Maschinen für die Buchbinderei und verwandte Berufszweige gebaut worden. Die Ausstellung bezwecke demgemäß zunächst die Vorführung kunstgewerblicher Bucheinbände sowie die Vor führung von Arbeit sparenden Maschinen. Außerdem werden zweckmäßige Werkzeuge und Stoffe vorgeführt, deren Ver wendung dem Handwerk Nutzen bringen kann. Im Oberlichtsaal habe die Buchbinder-Fachschule und 45 Firmen der Buchbinderei ausgestellt. In der Vorhalle und im großen Saal seien 45 Firmen der Maschinen- und Werkzeug- Fabrikation sowie des Handels mit Buchbinderbedarf unter gebracht. Die meisten Maschinen seien in Betrieb. Die übrigen 110 Firmen in den oberen Sälen verteilen sich auf die Papier- Erzeugung und -Ausstattung, Lederwaren- und Druck-Industrie, Postkarten- und anderen Verlag, Schreib- und Zeichenwaren. Redner dankt nun den Behörden für die Unterstützung der Ausstellung, insbesondere dem Magistrat von Berlin, der Berliner Handwerkskammer, dem Innungsausschuß und der Berliner Buchbinder-Innung, welche Preise für hervorragende Leistungen auf der Ausstellung gestiftet, sodann den Fachleuten, welche das Amt eines Preisrichters übernommen haben, ebenso der Tages- und Fachpresse für ihre Unterstützung. Seine Worte klingen in einem Hoch auf den Kaiser als Friedensfürsten aus. Nach ihm spricht Stadtverordneter Meybring, der im Auf trage der Stadt die Buchbinder-Fachschule überwacht. Sodann führt zweiter Obermeister Papajewski die Entwicklung der Buchbinder-Fachschule in ausfühtlicher Weise vor. Er be tont die Wichtigkeit dieser Schule, welche ein Bedürfnis sei, da die Lehrlinge in den einzelnen Gewerbszweigen, welche sich im Laufe der letzten 50 Jahre von der Buchbinderei ab gespalten haben, wie die Herstellung von Alben, Mappen, Kar tonnagen, Musterkarten, Geschäftsbüchern, Gesangbüchern, Etuis usw., nur einseitige Ausbildung erlangen, während die Fachschule ihnen das Buchbinderhandwerk, die Grundlage aller dieser Gewerbe, zu erlernen Gelegenheit gibt. 1688 wurde die Fachschule mit 3 Lehrern und 15 Schülern begründet, heute besitzt sie 16 Lehrer, welche in 10 Kursen 270 Schüler unter richten. Außerdem geben 12 Fachleute Unterricht in besonderen Zweigen, und die Schüler nehmen in den Elementarfächern am Unterricht der Pflichtfortbildungsschule teil. Redner dankt der Stadt dafür, daß sie die Fachschule bisher mit den nötigen Geldmitteln und Unterrichtsräumen ausgestattet hat, und bittet um weiteres Wohlwollen nach dieser Richtung, welches umso nötiger sein wird, da die jetzigen Räume nicht mehr ausreichen, und Einrichtung neuer Räume mit Maschinen nötig ist. Der Direktor der Pflichtfortbildungsschule, Herr Kandler, weist mit beredten Worten auf den Vorteil hin, welcher aus dem Zusammenwirken von Fachschule und Pflichtfortbildungs schule schon in der kurzen Zeit der Einführung der letzt genannten Schule entsprungen ist. Nachdem dann noch Stadtverordneter Direktor Glatzel im Namen der Stadt Berlin der Ausstellung Glück gewünscht hat, be grüßt Dr. Römer, Syndikus der Handwerkskammer Berlin, das Zu standekommen der Ausstellung im Namen der Handwerkskammer. Hierauf erklärte Obermeister Slaby die Ausstellung für er öffnet, und die Festversammlung begab sich nach den Aus stellungsräumen. Diese sind bis aufs kleinste Plätzchen besetzt und bieten sehr viele Anregung und Belehrung. Die Maschinen halle, in welche der große Saal der Philharmonie umgewandelt ist, enthält sehr viele Maschinen mit bemerkenswerten Neuerungen und Verbesserungen. Die meisten Maschinen lassen sich in Gang vorführen. Die Ausstellung kann im ganzen als wohlgelungen bezeichnet werden. Wir werden über sie ausführlich berichten.’ (Im Oberlichtsaal steht neben der sehr sehenswerten und lehrreichen Ausstellung der Buchbinder-Fachschule der Tisch der Papier-Zeitung, wo Fachgenossen außer den Werken unseres Fachverlages stets die neueste Nummer unseres Blattes finden. Die Besucher der Ausstellung werden eingeladen, das nur zwei Minuten von der Philharmonie entfernte Papierhaus, Dessauer Straße 2, zu besichtigen, In dem gleich den meisten anderen Körper schaften des Papierfaches auch die Berliner Buchbinder-Innung ihr Heim besitzt.) Schutzschicht für Bilderdrucke Angeregt durch die Frage »Zelluloidieren von Bilder drucken« in Nr. 25 S. 998 möchte ich als Schutzschicht eine dem Zelluloid nahe verwandte Masse erwähnen, welche die damit behandelten Bilder, Schriften, Zeichnungen, kurzDrucke aller Art gut schützt und ebenso durchsichtig und glashell ist wie gelöstes Zelluloid. Die mit letzterem behandelten Papiere erscheinen allerdings mit sog. Spiegelglanz, dieser wird bei Anwendung des unten erwähnten Mittels in diesem Maße nicht erreicht, die damit bestrichenen oder getränkten Drucke sind aber immerhin schön glänzend, und der An strich bildet eine hervorragend gute und dauerhafte Schutz schicht der Drucke gegen Feuchtigkeit und Befassen mit den Händen. Dieses Mittel ist der sog. Azetatlack. Dieser ist mit Zelluloid ganz nahe verwandt. (Der Grundstoff von Zellu loid, ein Nitrozellstoff, ist wie Zellstoffazetat eine chemische Verbindung des Zellstoffs. Schrittleitung} Zellstoffazetat kommt meines Wissens in Verbindung mit Amylazetat als »Azetatlack« in den Handel. Ich habe mit diesem Lack mannigfache Versuche angestellt, auch zum Schutze von Papieren, und damit sehr gute Ergebnisse erzielt. Der Lack wird entweder mit einem flachen, 5—6 cm breiten, weichen Pinsel auf das Bild aufgetragen, oder man legt das zu schützende Papierblatt, wenn es nicht zu groß ist, in das Azetatbad, läßt es 3—5 Minuten darin, faßt es dann an einer Ecke und zieht es vorsichtig heraus. Der überschüssige Lack läuft in die flache Schale zurück und ist wieder verwendbar. An sauberen Klammern hängend, läßt man die bestrichenen Blätter entweder im warmen Zimmer oder an der Luft trocknen. Geratener ist es an der Luft, denn der aufdringlich süße und unangenehme Ge ruch des Azetats ist im Zimmer lästig. Die herausgenommenen Papiere erscheinen anfangs fettig und glasig, diese Erscheinung schwindet jedoch mit dem Trocknen vollständig. Der Lack verleiht dem damit behandelten Papier, besonders wenn es darin getränkt wurde und gut saugfähiges Druckpapier ist, erhöhte Festig keit. Ich habe bei einigen Papieren Zunahme der Festig keit bis zu 90 v. H. festgestellt. Solche Bilderdrucke lassen sich mit feuchtem Lappen ab waschen, ohne daß das Bild leidet, weil die Azetatschicht den Druck vor der Feuchtigkeit schützt. Jedoch nicht nur Bilder, sondern jedes Schriftstück, jede Zeichnung, Handschriften von besonderem Wert, Land karten, Seekarten usw. kann man, um sie vor frühem Ver fall zu schützen, mit diesem Lack tränken. Nässe und Hitze sind die größten Feinde des Papiers. Das Vermodern des Papiers beruht darauf, daß die in demselben enthaltenen pflanzlichen Zellen und Gewebe durch Bakterien zerstört werden. Dieser Vorgang tritt bei der einen Papiersorte früher auf als bei anderen, was seine wesentliche Ursache wohl darin hat, daß die Fasern durch die verschiedenen chemischen Behandlungen bei der Verarbeitung zu Papier mehr oder weniger angegriffen werden. Durch feuchte La gerung wird das Vermodern beschleunigt. Mit Azetatlack getränkte Papiere hingegen lassen sich unbegrenzte Zeit aufbewahren, ohne daß die oben erwähnten Merkmale sich einstellen. Ich kaufte Azetatlack von den Kunstseiden- und Azetat werken Sydowsaue bei Stettin. —re— Nachdruck von Photographien Ein Buebdruckereibesitzer in Kiel hatte das Festprogramm für die Eröffnung des dortigen neuen Stadttheaters zu drucken, und nach seinem Vorschlag war eine Abbildung des Stadttheaters von der Brücke aus mit der Spiegelung im Wasser des Kleinen Kiels beigegeben nach einer Photographie, die er vom Theater buchhalter erhalten hatte. Auf der Photographie stand deutlich der Name des Photographen. Außerdem hatte der Druckerei besitzer 100 bis 800 Postansichtskarten mit dem Bild vom Stadt theater nach der Photographie drucken und in den Handel bringen lassen. Der Photograph stellte wegen unberechtigter Benutzung seiner Photographie Strafantrag. Das Gericht ver urteilte den Druckereibesitzer zu 30 M. Geldbuße, erkannte auf Vernichtung des Klischees zu den Postkarten und auf eine dem Photographen zu zahlende Geldbuße von 100 M. —n.