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PAPIER-ZEITUNG Nr. 52 Graue Pappe 9330. Frage: Eine Fabrik fragte bei mir an wegen Kartone wie Muster I, worauf ich Proben und Preise von grauer Pappe II einsandte. Hierauf erhielt ich Bestellung, und ich füge Ab schrift hiervon und von dem darin erwähnten Brief vom 29. Februar bei. Mein Pappeniieferant hat nun die Pappen wie Muster III. geliefert, und die Zuckerfabrik stellt mir wegen der Farbe den Karton zur Verfügung. Mein Pappenlieferant schreibt mir, daß er die Pappen In gleichmäßiger Farbe nicht liefern kann. Der Unterschied ist aber doch zu groß! Muß die Zucker fabrik den Karton annehmen, oder kann ich den Pappen lieferanten dafür verantwortlich machen? Antwort eines Fachmannes: Die Zuckerfabrik hat weder bei ihrer Anfrage noch bei der Auftragserteilung die Farbe erwähnt und auf gute Qualität sowie Vorlage Wert ge legt. Deshalb bemusterte Fragesteller Muster II, welches bereits in der Farbe ganz erheblich von I abweicht, die Zuckerfabrik bestellte, erwähnte aber wieder nichts von der Farbe. Angesichts dieser Sachlage machte sich Frage steller auch kein Gewissen, von der Farbe seines Musters II nochmals abzuweichen und wie III zu liefern, denn er war nur auf die verlangte gute Qualität bedacht, der er voll und ganz Genüge leistete, denn beide Sorten, II sowohl wie III, sind in der Qualität weit besser als die Vorlage I der Zuckerfabrik Die Zuckerfabrik hätte froh sein sollen, zäheren Karton zu erhalten als sie verlangen durfte. Sie muß den Karton abnehmen, denn sie überließ den Farb ausfall in weitem Kreise dem Fragesteller. Sie hätte zum mindesten sagen müssen, die Farbe muß nach I oder U ausfallen. Immerhin ist der Farbunterschied zwischen II und III ebenso beträchtlich wie zwischen I und II. Der Pappen fabrikant soll aber bemüht bleiben, tunlichst farbgetreu zu liefern und nicht mit einem Male grünen Kollerstoff, weil er vielleicht gerade vorrätig ist, zur grauen Pappe mit ver wenden. Obgleich also die Zuckerfabrik abnehmen muß, soll Fragesteller seinen Pappenlieferanten für die ihm ent standenen Unannehmlichkeiten rügen, denn es ist bei sach gemäßer Einteilung und Verarbeitung der Rohstoffe sehr wohl möglich, Unterschiede in der Farbe wie zwischen Muster II und III zu vermeiden. Fz. Vorbehalt Im Vertrag 9331. Frage: Im September 1906 verkauften wir an die Papierwarenfabrik X probeweise zur sofortigen Lieferung eine größere Menge Patentfaltenbeutel und bestätigten unterm 19. Sep tember 1906 den uns weiter von der Firma erteilten Auftrag, »falls sich die Ware gut einführt, auf 2oco Kilo zum gleichen Preis zur Abforderung bis Juli 1907, abzunehmen in Posten zu je 1000 Kilo«. Daß der Auftrag in dieser Form erteilt wurde, wird von der Firma nicht bestritten. Auf unsere Aufforderung im Oktober 1907, abzurufen, wurde uns von dem Kunden mit- geteilt, daß sich die Ware nicht eingeführt habe, und daß er die noch abgeschlossenen 40 Ztr. deshalb nicht abnehmen könne. Jetzt haben wir aber erfahren, daß die Papierwarenfabrik X von anderer Seite die Ware in größerer Menge gekauft hat. Ist in folgedessen die Firma verpflichtet, die geschlossene Menge bei uns abzunehmen, oder haben wir Anspruch auf Bezahlung des uns an diesen 2000 Kilo entgangenen Nutzens? Antwort: Der Vorbehalt ist unseres Erachtens so auf zufassen, daß sich der Käufer das Recht sichert, bis zur festgesetzten Zeit 2000 Kilo zum gleichen Preis zu beziehen, der Verkäufer jedoch nicht das Recht hat, auf Uebernahme der genannten Menge zu dringen. Die Worte »falls sich die Ware gut einführt« stellen anscheinend mehr eine Er läuterung denn eine Bedingung dar, namentlich da es nur Sache des Käufers ist, zu entscheiden, ob sich die Ware gut eingeführt hat oder nicht. Vorrecht des Angestellten Im Konkurs 9332. Frage: Gilt rückständiges Gehalt auch dann als be vorrechtigte Konkursforderung, wenn der Angestellte seit Jahren mit dem Prinzipal vereinbart hat, daß Ihm nur soviel des Gehalts und der Provision ausgezahlt wird, als er gerade benötigt, der Rest ihm aber verzinst wird? Antwort: Wenn ein Angestellter einen Teil seines Ge halts nicht einfordert, sondern damit einverstanden ist, daß der Geschäftsherr diesen Teil unter Verzinsung behält, so ist dieser Teil nicht mehr Gehalt im Sinne der Konkurs ordnung, sondern ein Darlehen des Angestellten an den Geschäftsherrn, und genießt daher kein Vorrecht im Konkurs. Lehrlings-Ausbildung 9333. Frage: In unserer Gegend gehören viele Schlosser- meister der Innungsgilde an und uns wird gesagt, daß wir in unserer Reparaturwerkstatt nur dann Lehrlinge beschäftigen dürfen, wenn sie in der erwähnten Gilde aufgenommen und in deren Listen geführt werden, ferner, wenn unser Reparatur schlosser in der Gilde als Innungsmeister anerkannt ist. Wir beschäftigen einen Reparaturschlosser und 1 bis 2 Lehrlinge. Mit der Innungsgilde wollen wir nichts zu tun haben, und unser neuer Reparaturschlosser ist auch nicht Mitglied der genannten Vereinigung. Sind wir berechtigt, Schlosserlehrlinge einzustellen und die jetzigen nach Ablauf ihrer dreijährigen Lehrzeit als Gesellen zu behalten und ihnen ein Zeugnis auszustellen, daß sie die Lehr zeit beendet haben? Haben Lehrlinge, welche beim Innungsmeister ihre Lehrzeit bestanden haben, größere Aussicht auf spätere Anstellung im Staatsdienst als solche, welche bei keinem Innungsmeister ge lernt haben? Antwort: Der Betrieb der Fragesteller ist als Fabrik betrieb zur Mitgliedschaft bei einer Innung nicht ver pflichtet. Auch gewerbliche Arbeiter, die in einem dauernden vertragsmäßigen Verhältnis zu einem Fabrik unternehmen stehen, sind als Fabrikarbeiter anzusehen, demnach also auch der Reparaturschlosser. Fabrikbetriebe haben ebenfalls die Berechtigung, Lehrlinge auszubilden, und eine Innung hat kein Recht, die Eintragung der Lehr linge in ihre Lehrlingsrolle zu verlangen. Es fragt sich nur, ob die Lehrlinge in der Reparaturschlosserei Gelegen heit zu fachgemäßer Ausbildung finden. Der Vorteil, welchen Lehrlinge genießen, die nach Beendigung der Lehre vor dem Prüfungsausschuß einer Innung oder einer Handwerkskammer ihre Prüfung abgelegt haben, besteht darin, daß sie nach Vollendung des vierundzwanzigsten Lebensjahres zur Anleitung von Lehrlingen in Handwerks betrieben befugt sind, eine Berechtigung, welche nur durch die Ablegung dieser Prüfung erlangt werden kann. Be sonderer Anspruch auf Anstellung im Staatsdienst wird durch solche Prüfung nicht erworben, indessen dient ein von einer Innung oder einer Handwerkskammer auf Grund der abgelegten Prüfung ausgestellter Lehrbrief für das spätere Fortkommen als Empfehlung, auf welche Staats betriebe mehr Gewicht legen als andere Betriebe. Frage steller haben als Lehrherren nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, den ausgebildeten Lehrlingen bei Be endigung der Lehre ein Lebrzeugnis auszustellen. Ersatz für Schaf-Pergament 9334. Frage: Wir verarbeiten billiges Schaf-Pergament zu Schreibbüchern. Da es in der letzten Zeit stark im Preise ge stiegen ist, verwendet die Konkurrenz eine Art Imitation. Wir wollen das auch tun und bitten, uns mitzuteilen, ob es vielleicht noch etwas Besseres gibt als beiliegendes Muster, da diese Sorte Pergament-Ersatz uns sehr spröde vorkommt. Antwort: Das uns vom Fragesteller gesandte Muster ist dickes und sowohl in der Aufsicht wie in der Durchsicht wolkiges Pergamentpapier, erzeugt durch Behandlung des Rohpapiers mit Schwefelsäure. Es gibt weit bessere, nach derselben Art hergestellte Papiere. Fragesteller mag sich an hervorragende Pergamentpapierfabriken nach ent sprechenden Mustern wenden oder solche durch Anzeige in unserem Blatt suchen. Manila Kabelpapier 9335 Frage: Schon seit längerer Zeit bemühe ich mich mit der Herstellung von Manila-Kabelpapier aus reinem Manilatauen. Trotz verschiedenartiger Herstellung habe ich immer mit der Schwierigkeit zu kämpfen, daß das Fabrikat hart und wellig wird und nur rund 4000 m Reißlänge erreicht, während 6 bis 7000 m verlangt werden. Die geschnittenen Manilataue werden mit gelöschtem Kalk 12—14 Stunden bei 4 Atm. Dampfüberdruck gekocht, etwa 8 Tage gelagert und dann erst verarbeitet, um möglichst aufgeschlossene Faser zu bekommen. Die Mahlung geschieht mit stumpfen, 10 mm starken Walzen- Stahlmessern, auf stumpfen, 8 mm starken Grundwerks-Stahlmessern. Das Papier selbst ist etwa 80—go g/qm schwer und ungeleimt. Muß ich den Stoff anders kochen, vielleicht mit kaustischer Soda und auf scharfen Grundwerken mahlen oder bürsten, um oben verlangte Reißlänge herauszubekommen? Kann ich dem Ganzzeug etwas zusetzen, um weiches, ge schmeidiges Papier zu bekommen, und was? Das Papier müßte Festigkeit und Weichheit einliegenden Musters haben. Papierfabrikant Aussprache erbeten. Schriftleitung. Verantwortlicher Schriftleiter Siegmund Ferenczi, Friedenau. Zuschriften nur an Papier-Zeitung, Berlin SWr erbeten Druck von A. W. Hayn’s Erben, Berlin SW 68, Zimmerstraße 29