Volltext Seite (XML)
VMGWVGGGGGGVGGGGVGGVGGGGSGGGGV ^Da- Skizze von Loses Hübner, Nürnberg An Maria Lichtmeß war der Mauschelfritz als Knecht zum Teichdauern nach Franken hain gekommen. Er benützte vom ersten Tage an jede sich ihm bietende Gelegenheit und warb um die Gunst der Thres, der ein zigen Tochter seines Herrn. Freilich, eine Schönheit war die Teich bauern-Thres nicht, aber das hätte ja den, Mauschelfritz weiter nichts verschlagen, weil er doch nicht allein die Thres, sondern auch den Hof, der weit und breit so ziemlich der schönste war, heiratete. Und dem Teich bauern wäre der Fritz als Schwiegersohn sicherlich nicht zuwider gewesen. Der Mau- schelfritz war ein stiller und fleißiger Bursch und erbte später von seiner Mutter ein schuldenfreies Häuslein und etliche Felder und Wiesen. Allein der Thres, die, wie man so sagt, große Rosinen im Kopfe hatte, war der Sohn einer Gütlerin nicht gut genug, und sie ging auf die Liebesbezeigungen des Knechtes nicht im mindesten ein. Das wäre gelacht, dachte sich die Thres, wenn ich nicht was anderes angeln würde als den Mau schelfritz. Der war ihr immer noch gewiß, wenn durchaus kein anderer anbiß. In der Andreasnacht, dem besten Orakel- >age des Jahres, wollte sie einige Fragen an das Schicksal stellen und sich genaue Aus kunft über ihren künftigen Mann verschaffen. Die Frankenhainer Schönen gießen in dieser Nacht zwar auch Blei durch das Oehr eines Erbschlüssels, lassen das Tischlein rücken, werfen Apfelschalen hinter sich und messen in vorgerückter Stunde die Garten zäune, aber sie sind in der Lage, sich zum Enträtseln der Zukunft noch eines besonde ren Brauches zu bedienen, der ihnen von Müttern und Großmüttern her bekannt ist und der nur in Frankenhain und Umgegend geübt wird. In der Mitternachtsstunde waschen die Mädchen in abgckochtem Wasser, das von einem Kreuzwcgbrunncn stammen muß, die Füße. Das Wasser wird nachher ins Freie gestellt, damit die Sterne hinein- schauen können, l^enn cS genügend kalt ist — und das ist Ende November im Franken- See Testt AmL«, Eine Frage: Was machen Sie sonntags? Eine komische Frage, nicht wahr? Wenn Jie Freunde und Bekannte fragen, dann werden Sie in der Regel ein hilfloses Achselzucken als Antwort hinnehmen müssen. Vielleicht hören Sic auch die Antwort, daß der Sonntag da sei, damit man sich lang weile. Anscheinend haben sich die Menschen mit diesem Gedanken abgcfunden und leben danach. tut also „nichts"; aber da „liegt der Hase im Pfeffer"! Wenn er jeden Sonntag eines von den vielen Dingen tun wollte, immer ein anderes und nie vier Wochen hinterein ander das gleiche, dann wäre alles schön und gut. Aber irgendwie sitzt uns der alte Trott im Nacken: wenn wir einen Sonntag auf die eine oder andere Art hübsch ver bracht haben, dann läßt man nie wieder davon. Der größte Reiz des Sonntags scheint für sie darin zu liegen, daß man sich einmal tüchtig ausschlafen kann. Aber dieser Genuß — wer will es leugnen, daß bas Ausschla fen ein Genuß ist — findet am vorgeschritte nen Vormittag ein sicheres Ende, und noch dem Frühstück, bestenfalls nach dem Mittag essen, tritt an uns alle die Frage heran: Was fängt man nun an? Unruhig schreitet der Herr des Hauses durch die mehr oder weniger zahlreichen Räume, vielleicht kramt er in seiner Ecke und hält verzweifelt Aus schau nach Arbeit, die er nicht findet. Ihm fehlt das gewohnte Tun. Wir sind Sklaven der Regelmäßigkeit ge worden, Sklaven des Arbeitstempos, das uns in einen Rhythmus eingefangen und unsere Phantasie betäubt Hal. Wir wissen nicht, mit der Zeit etwas Nichtiges anzu fangen, unsere Gedanken gehen im Kreise., Darin liegt keineswegs ein Vorwurf; denn' wenn wir sechs Tage hintereinander in einer ganz bestimmten Weise gelebt haben, dann fällt cs eben schwer, plötzlich ani siebenten etwas ganz anderes zu tun. Nun Hal sich jeder ein kleines Schema ausgedacht, um auf seine Art den Sonntag totzuschlagen. Der eine spielt Karten, der andere wieder geht ins Gasthaus, der dritte treibt Sport und der vierte räumt auf, der fünfte schläft einfach den ganzen Tag, und der sechste, dem sonst nichts ein fällt, zankt sich mit seiner Familie. Niemand Sonntags! Was ich da mache? Das steht schon alles fest im Programm — schon seit Jahren. Ja, seil Jahren. Und auf diese Weise werden wir alt! Ist das der Sinn des Sonntags? Es liegt an uns, dieser sinnlosen Gewohnheit entgcgenzuwirken und unserem Leben etwas frische Luft einzu blasen. Nur etwas mehr Phantasie gehört dazu. Der Alltag wird durch die Not wendigkeit des Brotverdienens zu einer ge wissen gleichmäßigen Nüchternheit gezwun gen; aber es bedarf nur des guten Willens, damit der Sonntag zu einem lebendigen nnd immer wechselnden Erlebnis wird. Wer also bisher die liebe Gewohnheit hatte, jeden Sonntag im Gasthaus zu ver bringen, der tut gut daran, den kommenden Sonntag einige Stunden durch die Stadt und vor die Stadl zu spazieren und sich den Wind um die Nase wehen zu lassen oder mit seinen Kindern Ball zu spielen. Und wer immer spazierengeht, der darf ruhig einmal hinter einem Glas Bier tiefgründige Betrachtungen anstcllen. Wer jeden Sonn tag ans einem Sportplatz seine Sportbe geisterung ausloben läßt, dem schader es nichts, wenn er aus den halb verstaubten Bücherreihen ein Buch hervorsucht und liest; den ganzen Tag liest. Aber wozu Rezepte?! Tut einmal das Gegenteil von dem, was ihr an Sonntagen zu tun gewöhnt seid. Dann befindet ihr euch auf dem besten Wege. Eva Schwandt. walde meist der Fall —, gefriert das Wasser, und am Morgen lesen die Schütten aus den zarten Eisblumen den Beruf des Zukünf tigen heraus. Es erübrigt sich fast zu sagen, daß am Andreasabend sich selbstverständlich auch die Teichbauern-Thres Wasser abkochte, bevor sie zu ihren Freundinnen ging, um mir ihnen zu orakeln. Kurz vor Mitternacht kam die Thres in den Stall geschlichen, wo sie ihr Wasser ver steckt hatte, damtt es nicht zu einem anderen Zweck benützt wurde. Indem sie still und mit klopfendem Herzen betete: „Heiliger Andreas, ich bitte dich, laß früh was Ge scheites sehen mich", tat sie, was sie nach altem Väterglauben zu tun hatte, und legte sich dann hoffnungsfroh ins Bett. Ausnahmsweise sprang die Thres am nächsten Morgen zuerst aus den Federn. Nur schnell zum Eimer hinunter! Weiß Gott, er war von einer zarten Eiskruste überzogen. Die Thres rieb sich nochmals die Augen blank und fing zu suchen an. Wer beschreibt ihre Freude, als sie zuerst ein Eisgevilde entdeckte, das man für einen Zylinderhut hallen konnte? Ein Graf! Ein Baron! Zumindest ein vornehmer Herr aus der Stadt!, schoß es dem Mädchen durch den Kopf. Aber was sollte die Leiter be deuten, die ganz deutlich daneben zu sehen war? . . . Ein Baron brauchte doch keine Leiter?! Die Thres hätte sie hinwünschen können, wo der Pfeffer wächst. Mit einemmal lief es ihr siedeheiß und gleich wieder eiskalt den Rücken hinauf und hinunter. Wie hypnoti siert starrre sie in den Eimer. Und mochte sie auch die Augen noch so weit heraus drehen und dabei noch so viele Grimassen schneiden, der runde Rußbesen und der Neisigwisch mit einer Kugel daran waren nnd blieben in der Eisdecke. Das Blui stockte der Thres in den Adern. Aufschreien mögen hätte sie vor Herze leid. Du lieber Himmel, ein Schlotfeger sollte es mit ihr zu tun bekommen!? .... Ein Schlotfeger, so ein schwarzer Gesell!?.. Nein, nein und abermals nein! schrie es in ihrer Brust. Lieber nahm sie den Fritz. Das war wenigstens ein sauberer Bursch. Es war am besten, wenn sie den Eimer in den Ziehbrunnen warf, daß sie ihn nicht mehr anzuschauen brauchte. Aber wie sie sich umdrehte, stand die Mutter hinter ihr und die Großmutter krähte zur Haustür heraus: „Na, Rest, was für einen Beruf hat der künftige Gemahl?" . . . Weil die Thres schwieg und die Mutter andauernd mit dem Kopf schüttelte, humpelte auch die Groß mutter herbei und stierte in den Eimer. Sie setzte nun ihre Brille auf, drehte den Eimer dahin und dorthin und sagte schließlich: „Resi, es Hilst nichts, ich muß dir sagen, was ich denke: Du bekommst einen Schlot feger zum Mann!" „Lieber bleibe ich ledig", jammerte die Thres, „als daß ich einen Schlotfeger hei rate!" Da meldete sich in ihrem Herzen wieder die Stimme: „Der Mauschelfritz ist wirklich ein sauberer und anständiger Mensch. In Gottes Namen, Thres, nimm ihn!" So kam es, daß sich die Teichbauern- Thres rasch in den Mauschelfritz verliebte und nach Ostern mit ihm Hochzeit feierte. Es bleibt uns nur noch zu sagen übrig, daß die Thres und der Fritz ein recht, recht glückliches Paar geworden sind.