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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 09.09.1900
- Erscheinungsdatum
- 1900-09-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-190009093
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-19000909
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-19000909
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-09
- Tag 1900-09-09
-
Monat
1900-09
-
Jahr
1900
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 09.09.1900
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ol Gl V, an sai R> die bei wk De Ce dei un Al N< Nc Co In Ai Vi Ur Ja die die Tr ge» V01 es Ge nu der yri 1« To div die I ft dt Ä> w de fii le w E sei u, er sei D ge ho Ul ko Ki ih Ml be ist Z- eri I- nil Ml mi dr Ci D D Dl vo IN Karlsbad sandte am 19. August v. I. eine Anzahl Briefmarken zur Ansicht an den Fürsten, der sie ein geschrieben, wie sie ihm zugegangen waren, zurücksenden ließ. Die Sendung gerieth in Verlust und die Post leistete 20 Gulden Ersatz. Pippert beanspruchte jedock vom Fürsten 3021 Mark 12 Pfennige Ersatz und brachte diesfalls eine Klage ein. Das österreichische Landesgericht in Civilsachen wies die Klage ab, weil keine Bestellung, sondern eine Sendung zur Ansicht, also ein Geschäft auf Gefahr des Händlers, vorlag. * Der Selbstmord in China. Die ab- sichitiche, gewaltsame Zerstörung des eigenen Lebens ist in China so häufig, daß nach Versicherung eines Missionars auf 3000 Menschen zwei Selbstmörder entfallen. Ueber die Ursachen dieser auffallenden Neigung zum Selbstmord giebt der zur französischen Gesandtschaft in Peking gehörige Stabsarzt Or. Matignon in der in Paris erscheinenden Zeitschrift Mäckeciae Llockerae" auf Grund mehrjähriger Be obachtungen genauere Aufschlüsse. Die „Köln. Ztg." berichtet darüber u. A.: Während bei den Völkern abendländischer Kultur der Selbstmord häufig an der Sorge um das Loos zurückbleibender Angehöriger, der Furcht vor körperlichem Schmerz und dem Entsetzen vor dem unbekannten Jenseits scheitert, kommen diese Bedenken bei dem Chinesen kaum in Betracht. Haupt triebfeder seiner Handlungen ist die Selbstsucht; Schrecken vor dem Sprung in eine andere Welt kennt er nicht oder kaum, wenn er nur der sein künftiges Wohlergehn verbürgenden Opfer und eines schönen Sarges sicher ist, und gegen physischen Schmerz zeigt er sich weit weniger empfindlich als der Europäer. Dazu ist er von Natur gleichgiltig, besitzt nicht die sittliche Thatkraft, Widerwärtigkeiten mit Muth und Ergebung zu ertragen, und läßlich vor Allem außer ordentlich leicht von augenblicklichen Eingebungen be- - einflussen. Unter diesen Umständen liegt für die „Himmlischen" der Selbstmordgedanke sehr nahe. Eine Statistik über den Selbstmord giebt es in einem , Lande, wo man eine Beurkundigung des Personen- l standes nicht kennt, natürlich nicht, doch beobachtet man i ihn häufiger bei Frauen als bei Männern. Das i beruht auf der geringen Werthschätzung des weiblichen Elements in China, das sich nach chinesischem Glauben > zu Darbringung der Ahnenopfer nicht eignet und da- . her nur als Mittel zur Beschaffung männlicher Nach- , kommen betrachtet wird, die allein den Ahnenkultus versehen und den Seelen der Verstorbenen Glück und Segen bringen können. Zu den näheren Ursachen des Selbstmordes in China rechnet Dr. Matignon zunächst die Rache. Rachsüchtig und jähzornig, wie er ist, läßt sich der Chinese leicht Hinreißen, Hand an i sich zu legen, zumal ihm dadurch Gelegenheit geboten wird, an seinem Feinde Vergeltung zu üben. Ein chinesisches Sprichwort besagt: „Das Leben wird mit dem Leben bezahlt." Der Selbstmörder weiß sehr wohl, welche Unannehmlichkeiten und Scherereien des jenigen harren, der ihn mittelbar oder unmittelbar in den Tod getrieben hat: dem Manne rückt das Gericht auf den Leib und damit der Ruin. So erhängt sich z. B. oft der Bettler vor dec Thür des Ladenbesitzers, der ihn an die Luft gesetzt hat. Der chinesische Selbst mörder „aus Rache" trifft alle Maßnahmen, diese auch zur Geltung zu bringen. Gewöhnlich steckt er in seine Kleider eine Art Anklageschrift, in der er die Person, die ihn zum Selbstmord veranlaßt hat, an- giebt. Die Folgen dieser Art Selbstmord sind für die Beschuldigten häufig derart, daß letztere ,um ihnen zu entgehen, nunmehr gleichfalls zum Strick oder zum Messer greifen. Der Selbstmord aus Rache erscheint den Chinesen als selbstverständlich, und der Himmlische bedauert nur, daß er ihn nicht wiederholen kann. Bei den chinesischen Frauen sind schon aus den oben an gegebenen Gründen Eifersucht und Lebensüberdruß vielfach Ursache zum Selbstmord. Es hat dann aber auch für den Mann keine angenehmen Folgen, wenn seine Frau sich das Leben nimmt, denn die Familie der Selbstmörderin verlangt unter Androhung eines Pfennige pro Kopf, verwandelt. Die Ursache hiervon glaubte der Kaffenvorstand darin finden zu sollen, daß ! manche Aerzte zu willsährig in der Bescheinigung der § Erwerbsunfähigkeit für erkrankte Mitglieder gewesen! seien, wodurch der Kaffe zu hohe Ausgaben an Krankengeld entstanden wären. Die Mehrausgabe beträgt nach Berechnung des Vorstandes 110 647 M., und eS sollen 21 Aerzte daran betheiligt sein. Von diesen wurde eine Anzahl vor den Kassenvorstand geladen, der ihnen Vorstellungen machte und sie er suchte, nach Möglichkeit eine Verbilligung in der ge- dachten Richtung eintreten zu lassen. Hierin hat die ärztliche Vertrauenskommission eine unwürdige Be handlung der betreffenden Aerzte und einen Uebergriff in ihre Rechte erblickt, da die Kommission vertrags mäßig ausschließlich das Recht habe, in solchen Fällen bei den Aerzten vorstellig zu werden. Die Kommission protestirte gegen das Vorgehen des Kassenvorstandes, wogegen das Krankenversicherungsamt dasselbe billigte. Nunmehr hat auch eine Generalversammlung der Ver treter der Ortskrankenkasse in der Angelegenheit ge sprochen, sich mit dem Verhalten des Vorstandes ein verstanden erklärt, das Vorgehen der ärztlichen Ver- trauenskommission und dasjenige der beiden ärztlichen Bezirksvereine Leipzigs, welches jenem konform war, aufs schärfste verurtheilt, und, falls der Zwist nicht > gütlich beizulegen sei, die Einberufung öffentlicher > Mitgliederversammlungen beantragt. Man darf auf die weitere Entwickelung der Angelegenheit, die voraus- > sichtlich noch die vorgesetzten Instanzen beschäftigen c wird, gespannt sein. Die Aerzte erblickende Ursache des Defizits zu einem gewissen Theile in dem Mehr der Verwaltungskosten, der Kurkosten an Kranken- , anstalten und einiger anderer Nebenkosten. > — Zwickau i. S. Aus dem Bureau der - Allgemeinen Erzgebirgischen Ausstellung wird uns ge- ! schrieben: In den Parkanlagen am Schwanenteiche herrscht ein reges Treiben. Hallen und Zelte erheben sich von kleinerem und größerem Umfange, die Gegen- . stände der Ausstellung in sich aufzunehmen. Bereits i von nächster Woche kann mit der Aufstellung begonnen - werden. Für Beleuchtungszwecke ist eine besondere , Maschinenhalle erbaut. Die Installation der gesammten I Beleuchtung ist der Firma Siemens L Halske über- i tragen worden, die auch für die einzelnen Kraft- und i Beleuchtungs-Anlagen das Monopol erhalten hat. , Die Gasmotore stellt die Werdauer Motorenfabrik, i Die Rohre zur Gaszuleitung sind bereits gelegt, die . Rohre für die Zuführung von Wasser werden jetzt , eingelegt. Der Thurm am Haupteingange wird in - altdeutschem Stile erbaut. Die gesammte Dekoration ; der Ausstellungshallen hat die überaus leistungsfähige I Firma Emil Mann in Dresden übernommen, die - auch bereit ist für einzelne Aussteller Dekorationen aus- . zuführen. In die Stirnwände der großen Halle , werden von der bedeutenden Firma Jacobi in Chemnitz prachtvolle Glasmalereien eingesetzt. Auf dem großen, bereits umplankten Platze kommen außer bedeutenden Gartenanlagen unter Anderem auch landwirthschfft- liche Maschinen, Wagen, Thon- und Cementwaaren, Figuren, Ziegelprodukte u. a. zu stehen. Schließlich sei noch darauf hingewiesen, daß den Besuchern der . Ausstellung eine Ueberraschung zu Theil wird, inso fern als von Herrn Albert Rost in Leipzig Dem jenigen, der das 4000ste Würstchenpaar entnimmt, ein silbernes Besteck und dem Käufer des 8000sten Paares ein Paar silberne Messer und Gabel zum Andenken überreicht werden sollen. Zu einem voll ständigen Gelingen der Ausstellung ist also nichts weiter nöthig — als schönes Wetter. — o r k n d d kc ü z> li bi d tr w a! d, w T ui Vermischtes. * Wenn ein eingeschriebener Brief ver loren geht. Man berichtet aus Wien: Herrenhaus mitglied Geheimrath Fürst Karl Trautmansdorff ist ein eifriger Briefmarkensammler und besitzt eine groß artige Sammlung. Der Markenhändler Ernst Pippert auch ganz gut, nur fing ihn die linke Hand an Plötz lich zu beißen. Das kostet Geld, sündhaft viel Geld. Natürlich, der Gerichtsvollzieher, der verweigerte Offen barungseid, er wird dran glauben müssen. Nun, das alles hat mit seiner' Herzensangelegenheit nichts zu thun. Erleichtert betrat er den Pfarrwald. Noch eine kleine halbe Stunde, und er war am Ziel. Jetzt konnte ihm nichts Unangenehmes begegnen, und was ihn heute an Widerwärtigkeiten betroffen, das bezog sich ausschließlich auf jenen schauderhaften Prozeß. Herr Menz begann seine Rede, mit der er die Hand Lieschens erringen wollte, noch einmal durchzudenken, es war ein Gemisch von behaglicher Selbstgefälligkeit, wohlwollender Herablassung und zaghafter Zärtlichkeit. Das häßliche Gekrächz zweier Krähen schreckte ihn aus seinen Gedanken auf, er schaute empor, und siehe da: Dicht vor ihm stand ein altes Weib, mit ver witterten Zügen und unzähligen Runzeln in schäbiger und geschmacklosester Bauernkleidung; so hatte man sich jene Hexe vorzustellen, welche mit lüsternem Ver gnügen Hänsel und Gretel in den Backofen schieben wollte. Herr Menz erschrak bis ins innerste Mark und wollte ausweichen, aber die Unholdin stellte sich ihm in den Weg und ihre strahlenden Augen schossen die boshaftesten Blitze gegen ihn. „Ist dies der richtige Weg nach Karlshausen?" rief sie in schrillem, hohem Ton, indem sie ihn am Arme packte. Herr Menz schüttelte sich los, als habe ihn eine Viper gestochen. „Wo kommst Du denn her, daß Du das nicht weißt?" „Von einer Leiche," antwortete die Hexe dumpf uud zerrte wieder an seinem Arm. Da war es mit der Fassung von Menz aus. Schreck, Entsetzen, Entrüstung, rasende Wuth durch tobten ihn. „Du verfluchtes, altes Weib, Du Wetterhexe Du," brüllt: er los, „was hast Du mich anzupacken!" Aber die Alte kicherte ihn höhnisch an, da kochte es vollends in ihm über, er nahm seinen Regenschirm, ohne den er nie ausging, in beide Hände und ließ ihn auf die Alte niedersausen. Sie wich zwar ge schickt aus, aber ihre Haube zerflatterte doch, und ein Prozesses Schadenersatz. Eine weitere wichtige Rolle bei dem chinesischen Selbstmord spielt „der Verlust des Gesichts". Der Begriff dieses in China allgemein üblichen Ausdrucks ist sehr ausgedehnt. Jeoe Er niedrigung, jede Verletzung der Eigenliebe, jede Ehrenkränkung gilt als ein Verlust des Gesichts. Für jeden Chinesen ist bei der großen Empfindlichkeit der Himmlischen die Frage, ob er sein Gesicht noch besitzt oder verloren hat, von höchster Wichtigkeit, und mancher sucht den Tod, um sein Gesicht zu retten. Namentlich in den höheren Klassen ist der Selbstmord aus verletztem Ehr- oder vielmehr Eitelkeitsgefühl an der Tagesordnung. Weit häufiger als bei andern Völkern wird in China die Geldfrage zur Ursache des Selbstmordes. Besonders suchen die Glücksspieler, wie auch anderwärts, massenhaft in ihm ihre letzte Zuflucht. Gespielt aber wird in China mehr als in jedem sonstigen Lande, und zwar von Klein und Groß. Als seltenere Ursachen des Selbstmordes sind zu er- wähnen die Liebe zu verstorbenen Gatten oder Eltern, religiöser oder sonstiger Wahn und die Furcht vor Bestrafung. Die Mittel, deren sich der chinesische Lebensmüde bedient, sind sehr verschieden und ent sprechen der Häufigkeit nach folgender Reihenfolge: Vergiftung, Erhängen, Ertrinken, Gebrauch schneidender Werkzeuge, Verhungern, Verbrennen. Als Gift wird vorwiegend Opium benutzt, doch sind auch Arsenik und Phosphor sowie geschlagene Goldplättchen im Gebrauch, welch letztere aber nicht vergiftend wirken, sondern beim Einathmen den Kehlkopfdeckel verschließen und so Erstickung herbeisühren. Der Tod durch Er hängen ist namentlich bei den Frauen beliebt und besitzt eine eigene „Göttin". Viele lebensmüde Chinesinnen ertränken sich auch, wozu die an allen Häusern befindlichen Brunnen Gelegenheit bieten. Vom Erschießen scheinen die chinesischen Selbstmörder keinen ! Gebrauch zu machen; ebenso ist ihnen die Erstickung mittels Kohlengases gänzlich unbekannt. * München. Am Sonnabend erhielt eine un weit des Sendlinger Thores in München wohnhafte i Hausbesitzerin einen anonymen Brief, in welchem sie i „im Namen einer anarchistischen Gesellschaft" auf- > gefordert wurde, bis abends an einem bestimmten Platz 30 Mk. zu hinterlegen, widrigenfalls „ihre Stunden gezählt" seien. Thatsächlich fanden sich am Abend am angegebenen Platze zwei Burschen zur Abholung der erwarteten Summe ein. Sie wurden hierbei fest genommen, ebenso bald darauf ein dritter Bursche, der den Brief geschrieben hatte. Die angeblichen „Anarchisten" sind drei vierzehnjährige Lehrjungen, die, wie sie selbst angaben, zum „Oktoberfest" sich Geld verschaffen wollten. Nach Klarstellung des Sachverhaltes wurden die Verhafteten entlassen und die Verhandlungen an die Staatsanwaltschaft ab gegeben. * Der höchste Wolkenkratzer. In New - Jork wird wieder ein Riesenbau geplant, der an Höhe alle Gebäude übertreffen soll, die bisher zu Geschäftszwecken ausgeführt wurden. Die dortige „Real Estate Com- pagny" macht bekannt, daß sie an der Ecke des Broadway und der 33. Straße ein Gebäude errichten will, das 30 Stock hoch werden und eine Fläche von 100 Fuß im Geviert bedecken soll; der Grund und Boden allein wird 10 Mill. Mark kosten. * Mn eigenartiges Borkommnttz, das für die Betheiligten unvergeßlich bleiben wird, ereignete sich an einem der letzten Abende in einem Hotel ersten Ranges in Wittdün. Sitzen da die Badegäste in munterem Geplauder beim Abendessen. Eben wollen sie sich erheben, als ein Mann in der Thür sichtbar wird, der mit ernstem Gesichtsausdruck die Tafelrunde mustert. Allgemeines Erstarren der Gäste, einige nervenschwache Damen bekommen Ohnmachtsanfälle, als sich dieser ernste Mann als der — kgl. preußische Gerichtsvollzieher Wiese aus Wyk auf Föhr zu er kennen giebt und bei allen Anwesenden die Beträge der ihnen zugestellten Hotelrechnung für die aus wärtigen Gläubiger des Wirthes pfändete. Zuerst Zum Sächsischen. — Das Kaiserpanorama führt diese Woche seine Besucher nach den schönen Rhein und zwar an den romantischen Theil von Mainz bis Köln. Diese unüber trefflichen naturgetreuen Darstellungen sind Jedermann zu besichtigen ganz besonders empfohlen. — (Ortskrankenkasse und Kassenärzte.) Zu höchst unerquicklichen Differenzen ist es zwischen der Leipziger Ortskrankenkasse, der größten in Deutsch land, und den bei derselben angestellten Aerzten ge kommen. Die meist erheblichen Betriebsüberschüsse der Kasse hatten sich plötzlich am Schluffe des Jahres 1899 in einen Fehlbetrag von nicht weniger als 95 644 M., das sind bei 128 787 Mitgliedern 74 Endlich schien die lachende Frühlingssonne in sein Zimmer. Es war doch wenigstens gut Wetter! Herr Menz sprang aus dem Bett, aber, o weh, schon war es geschehen, er war mit dem linken Fuß zuerst herausgesahren. Das bedeutet Aerger. Und diese Bedeutung traf ein, denn Menz ärgerte sich weidlich über seine Unachtsamkeit. Wenn es nur damit sein Bewenden hätte! Aber als er sich wusch und gerade den Schwamm über Gesicht und Hals drückte, daß ihn die feuchte Kühle prickelnd durchschauerte, begann sein linkes Ohr zu singen, als wenn er eine Muschel her angehalten hätte. Vielleicht war ein Tropfen Wasser drin, er preßte den Finger hinein, er hüpfte auf einem Bein und bog das Haupt im rechten Winkel, es hals nichts, das Sirenenlied im linken Ohr setzte unentwegt seine eintönige Weise fort. „Na," meinte Herr Menz, da schimpft jemand aber ganz tüchtig auf mich. Na, er kann's thun, wenn's ihm Vergnügen macht. Ich hör's ja nicht." Als ihm die Haushälterin den Mokka brachte, juckte sein rechtes Auge. Fatal, er mußte heute etwas Unangenehmes sehen. Da schlurfte die Haushälterin wieder herein, aber die war nicht damit gemeint, die konnte er jeden Tag sehen, aber vielleicht der Gerichts vollzieher — in dem Augenblick nieste die Alte — also war es Thatsache, mit der man sich ab finden mußte, der Gerichtsvollzieher kommt heute! Ei, freilich, hatte er nicht neulich den Zivilprozeß verloren, den er angestrengt, und zwar nur deshalb verloren, weil er aus allzu zarter Gewissenhaftigkeit nicht den chm zugeschobenen Offenbarungseid hatte leisten wollen? Die Unkosten in dieser leidigen Sache mußten ihm in diesen Tagen angezeigt werden. Nun, wer im Begriff ist, ein Prachtmädel wie Lieschen Sanden zu gewinnen, der kann auch schließlich eiu paar Groschen an das Gericht verlieren. Wenn nur nichts Böses geschieht, während er zur Auserkorenen unterwegs ist. In der Stadt war wohl kaum etwas zu befürchten, und sobald er vor dem Thor war, hatte er nur wenige Minuten auf der Landstraße zu gehen, um dann den verlassenen Fuß pfad einzuschlagen, der ihn immer durch den Wald zu dem einsamen Landhäuschen führte, in dem Tante Brigitte mit Lieschen wohnte. In der Stadt ging eS lauter Hülferuf entrang sich ihren Lippen. In dem selben Augenblick stürzte ein junger Mann aus dem Dickicht hervor, um der so roh Angegriffenen beizu stehen. Herr Menz aber sah und hörte nichts mehr, er kehrte um und lief, so schnell ihn seine fünfund vierzigjährigen Beine trugen. Als er sich nach einigen Minuten umzudrehen wagte, sah er, wie der barm herzige Samariter von vorhin die alte Hexe um schlungen hielt und sich zu ihrem welken Antlitz her abbeugte. „Es ist der leibhaftige Gottseibeiuns!" murmelte er und setzte seine atemlose Flucht fort. Frau Brigitte wartete stundenlang vergebens auf den angemeldeten Besuch. Als sie schließlich in Lies chens Zimmer herüberging, fand sie diese im größten Staate und sittlich entrüstet über die Unzuverlässigkeit des Herrn Menz.. Die Tante suchte sie zu trösten, war aber im Innern selber höchlichst empört. Später kam eine schriftliche Entschuldigung von Seiten des Herrn Menz, die aber recht nichtssagend war. Es ist nicht erstaunlich, wenn nunmehr die Tante Herrn Lange gegenüber milder gestimmt war, und als dieser eine reich dotierte Privatanstellung erhielt, da sagte die Tante nicht Nein, nachdem Lieschen in ihrem Herzen schon längst Ja gesagt hatte. Und Herr Menz? Nach einigen Monaten faßte er neuen Muth, indem er meinte, er könne doch die zu seiner Lebensgefährtin machen, die von Alters seine Jugendgenossin gewesen. Und Frau Brigitte schlug voller Entzücken ein, vor ihren Augen tanzten un zählige Geldsäcke einen wilden Tanz. Die gehörten fortan ihr, denn Herrn Menz kannte sie, den würde sie schon in Ordnung halten. Bei der Hochzeit des würdigen alten Paares ging es hoch her. Stur ein Zwischenfall muß ver meldet werden. Auf dem Polterabend erschien plötz lich jene gräuliche Wetterhexe, die Herrn Menz im Pfarrwald belästigt, und schritt auf ihn zu. Eben wollte Herr Menz in Ohnmacht fallen, da riß sie Haube und Maske ab, und vor ihm stand Lieschen in prangender Jugendschönheit, und siehe da! Auch ihr Retter erschien, Herr Lange, der sie wiederum umschlungen hielt und einige lynige Küsse auf ihre rosigen Lippen drückte. — HauS der Abgeordneten und der ReichSrath aufgelöst werden. Die allgemeinen Neuwahlen sind sogleich einzuleiten und durchzuführen. Der akademische Senat der Wiener Universität beschloß, der dortigen Schriftstellerin Baronin Marie Ebner-Eschenbach geb. Gräfin DubSky zur Feier ihres 70. Geburtstages am 13. d. MtS. das Ehrendoctorat der Philosophie zu verleihen. Sie wird der erste weibliche Ehrendoktor in Oesterreich sein. Kelgie«. In MonS wurde ein Soldat eines Linienregiments verhaftet, der am 17. August beim Verlassen des „Maison du peuple" in Brüssel auSgerufen hatte: „Nieder mit dem Prinzen Albert! Man muß ihn noch vor seiner Hochzeit umbringen!" Vor dem Militär- Auditeur Legane wiederholte er diese Drohung mit dem Zusatze, daß er selbst nach dem Verlassen des Gefängnisses sie wahr machen würde, da nach seiner Meinung nach dem Verschwinden des Prinzen jedes Hinderniß für die Umgestaltung Belgiens in eine Re publik in Wegfall käme. Der Mann wird behufs Beobachtung seines Geisteszustandes in die Strafan stalt Mecheln übergeführt werden. England. Glasgow, 7. Sept. Dem heute ausgegebenen Bericht der Gesundheitspolizeibehörde zufolge beträgt die Zahl der Pestkranken dreizehn. In zwei weiteren Fällen liegt Pestverdacht vor. Unter ärztlicher Be obachtung befinden sich, nachdem 9 Personen gestern entlassen worden sind, noch 100. Ein Kranker ist aus South Govan in das Hospital eingeliefert worden. Amerika. Folgende Episode aus dem Feldzug auf den Philippinen zeigt den Charakter, den der von den Amerikanern „im Namen der Menschenrechte" unter nommene Ausrottungskrieg angenommen hat. Das „New-Jork Journal" meldet, daß der Cavallerist Jonas vom 11. Cavallerie-Regiment in einem Brief an seine in Washington wohnende Familie die Nieder- metzlung einer Eingeborenen-Hochzeit schildert, die am 25. Juni d. I. stattfand; Jonas hat selbst an dieser Heldenthat theilgenommen. Eine Reiterabtheilung von sechzig Mann hatte den Befehl erhalten, einen General der Philippiner, dessen Versteck man aufgespürt zu haben glaubte, tot oder lebendig zu fangen, und legte sich in der Nähe des vermeinten Verstecks in den Hinterhalt. Bald darauf kam ein Hochzeitszug aus " dem betreffenden Hause, und die amerikanischen Sol- ' ^aten erhielten den Befehl, auf die Gruppe zu ' Hießen. „Das Schauspiel, das nun folgte, war ent setzlich", schreibt Jonas. „Vor dem Hause lag als ^"ähe die junge Braut, der eine Kugel den Schädel HÄmmert hatte. Nicht weit von ihr lag der Bräutigam mit durchschossener Brust im Todeskampf. Zwölf andere Personen waren getödtet worden, und ebenso viele waren schwer verwundet, darunter eine Greisin und ein Kind." Die amerikanische Censur auf den Philippinen ließ die Nachricht von dieser heroischen That der Amerikaner nur in Form eines Berichts über eine „glückliche Schlacht" passiren, in welcher 25 Rebellen gefallen sind." Mn Freitag. Von Hans Krieg. (Schluß) (Nachdruck verboten.) Aber trotz aller dieser Selbstsicherheit hatte ihn die kühne Unternehmung doch meine hochgradigeAufregung versetzt. Und das war nicht gut. Sein sonst so gesunder Schlaf hatte darunter leiden müssen. Aber es war nicht allein diese leicht begreifliche Unruhe, was ihn quälte; die Nacht vom Donnerstag zum entscheidungs reichen Freitag brachte allerlei Zeichen, die sein aber gläubisches Gemüt stutzig machten und verwirrten. Punkt 11 Uhr, als er gerade einschlummern wollte und nur noch ein dämmriges Gefühl hatte, als wenn er eben einem Leutnant in Nöten mit 45 Prozent Vortheil beigestanden, heulte sein Hofhund los, daß es nicht zum Aushalten war. Nachdem er das Konzert dennoch eine Stunde ausgehalten, sprang er aus dem Bett, schlich hinunter und prügelte seinen Liebling jämmerlich durch. Als er in sein Schlafzimmer zu rückkehrte, kam ihm die nunmehrige lautlose Stille schier unheimlich vor. Er lauschte — nichts zu hören, garnichts, so war es doch sonst nicht! Mein Gott, die Wanduhr! Er hielt den Leuchter empor. Die Wanduhr war stehen geblieben, was seit der seligen Mutter Tode nie geschehen, und worauf wies der un- erbitterliche Zeiger? Auf Mitternacht! Gerade um Mitternacht war das vertrackte Ding stehen geblieben. Herrn Menz sträubten sich die Haare, aber er be zwang sich doch und zog die Uhr auf. Nie hatte der Schlüssel kreischender geknarrt, nie hatten die Ketten gräulicher gerasselt. Und als er grade fertig war, fing ein Kater auf dem Nachbardach eine ohren zerreißende Serenade an. Von Entsetzen gepackt, sprang Herr Menz ins Bett und vergrub sich in die Kissen. Der Rest der Nacht verlies etwas besser. Aber Menz wachte doch öfters von schweren Träumen auf, einmal wurde sogar sein Geldschrank geplündert und er hin eingeschleppt und eingcschlossen, zum langsamen Er- stickungs- und Hungertode verdammt, aber dieser schauerliche, alpdruckhafte Traum machte auf seine deutungserfahrene Seele nicht einen so tiefen Eindruck, als die Thatsache, daß er von Aepfeln und Eiern träumte. Das war schlimm, sehr schlimm, und der folgende Tag war ein Freitag!
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