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V««—Kilt«.,«»** r»...re^.Iar..L<L«..^» c.r^ t»:- .. . /v » Fortdauer des Krieges dem englischen Handel zufügen würde, und hinzufügt, in dem japanischen Kriege im Jahre 1894 habe England zugegeben, daß Rußland Mach und Ansehen an sich riß. Dieselbe Sache würde auö eintreten, wenn England die Herbeiführung eines Ein> vernehmens aufschieben und die anderen Mächte zu einer Theilung Chinas schreiten würden. England, Japan und Amerika seien immer von dem Wunsche beseelt gewesen, ihren Handel weiter zu entwickeln und sich China gegen über freundlich zu zeigen. Der Vicekönig bittet daher diese Mächte, Bevollmächtigte für Friedensverhandlungen mit Li hung.tschang zu ernennen. Einer anderen Depesche aus Shanghai zufolge ver sicherte der russische Generalconsul Li-hung-tschang namens seiner Regierung, daß Rußland jede Gebietserwerbung einer fremden Macht in China unter Vorwand einer Entschädigung verhindern werde. Li-Hung verständigte hiervon die Kafferin-Regentin. Ueber die Geldentschädigungs-Ansprüche in China sollen nach einer Brüsseler Meldung derzeit die Mächte unterhandeln. Die Schadenersatzansprüche an China wegen Zerstörung von Bahnen, Gesandtschastsgebäuden, Missionen und sonstigem fremden Eigenthum erreichen bis her annähernd Vz Milliarde. Ueber die Stimmung der chinesischen Bevölkerung melden Depeschen aus Shanghai einige interessante Ein zelheiten. Danach findet die Nachricht von der Einnahme Pekings durch die Alliirten bei den Chinesen noch immer keinen Glauben. Im Gegentheil ist die Masse noch immer überzeugt, daß die Boxer und die kaiserlichen Truppen siegreich gewesen sind. Die chinesischen Zeitungen veröffentlichen lange Beschreibungen über chinesische Siege bei Tungtschu, Tientsin und Pekini. Im Chinesenviertel werden Bilderbogen verkauft, die darstellen, wie die Chi nesen die Fremden bei Taku in die See treiben. Andere Bilder zeigen, wie die fremden Admirale in Gegenwart der Vicekönige gemartert werden, und auf einem Bilde kann man sehen, wie Admiral Seymour mit Fesseln an Händen und Füßen vor dem Throne des chinesischen Kaisers am Boden liegt. Das Volk glaubt dies und hält die Berichte der englischen Zeitungen für Lügen. Ein aus Shanghai in Tokio eingelaufenes Telegramm meldet den Inhalt eines vom Kaiser von China erlassenen Decrets, datirt vom 20. August. Der Kaiser drückt darin sein Mitgefühl und Bedauern über das von dem unschul digen Volke erduldete große Leid aus und erklärt, allein für das eingetretene große Unglück verantwortlich zu sein, und befiehlt allen Beamten der Centralregierung, sich so bald wie möglich in dem temporären Hoflager einzufinden. Lukungyi und Tschong-schi tong werden ihre Bemühungen fortsetzen, die Fremden und den Handel an der Küste und an den Flüssen zu schützen. Schließlich hofft der Kaiser, daß sein Volk sich mit ihm darüber freuen wird, daß die Kaiserin sich in guter Gesundheit befindet, seitdem sie Peking verlaffen hat. Tokio, 7. Sept. Ein Telegramm aus Wutschau berichtet, daß der Pöbel in Schoschin und Liukai gegen eingeborene Christen ernste Ausschreitungen begangen hat. Die Stadtthore der benachbarten Städte des Bezirks sind geschloffen worden. Der Taotai des Bezirks ist entlassen worden und Ting, der jetzige Taotai von Amoy, an seiner Stelle ernannt worden. * * * Legationssekretär von Below, der nach dem Tode des Freiherm von Ketteler der deutschen Gesandtschaft in Peking vorstand, hat an seinem Vater einen Brief ge- richtet, in dem er eine interessante Schilderung der durch lebten Schreckenstage giebt. Der erst 32 Jahre alte Diplomat wurde, wie bereits gemeldet, vom Kaiser zum Legationsrath ernannt. Einen Auszug aus dem Briefe kaffen wir hier folgen: „Mit noch fünf anderen Herrn hatten wir uns ein kleines Zimmer, welches kaum sechs Meter im Geviert war, als letzten Zufluchtsort ausge sucht und dasselbe mit allen möglichen aufzutreibenden Revolvern und anderen Schießwaffen ausgerüstet. In der Mitte stand ein Pulverfaß, mit welchem wir uns beim Eindringen der gelben Mörderbande, um denselben nicht lebend in die Hände zu fallen, in die Luft sprengen wollten. Doch, Gott sei Dank, blieb uns diese ultima ratio erspart und das Nähere über unsere Befreiung habt Ihr schon aus den telegraphischen Berichten gehört." Aus Jüterbog wird gemeldet, daß auf dem dortigen Schießplatz im Laufe dieses Monats noch weitere Truppenformationen für die ostasiatische Expedition erfolgen sollen. Es sollen am 15. d. M. die Mannschaften für eine zweite schwere Haubitzen- Batterie und die dazu gehörigen Munitionskolonnen eintreffen. Bei dem kaiserlichen Kommissar und Militär inspekteur der freiwilligen Krankenpflege Grafen zu Solms-Baruth sind bisher an Geldspenden zum Bfften der in Ostasien befindlichen Angehörigen der Armee und Marine zur Unterstützung der freiwilligen Krankenpflege daselbst, wie als Liebesgaben für einzelne iestimmte Mannschaften 7441 Mark eingegangen. Gleichzeitig wird eine lange Liste der bis Ende August sei der Hauptsammelstelle Bremen eingegangenen Liebesgaben für die freiwillige Krankenpflege für das ostasiatische Expeditionscorps veröffentlicht. Die in Mülheim a. Rh. erscheinende „Rheinische Volkszeitung" veröffentlicht den Brief eines deutschen Sol daten aus China an seinen dortigen Freund. In dem aus Tsingtau, 16. Juli 1900, datirten Schreiben findet sich folgende Stelle: „Wir Deutschen und Ruffen waren immer die ersten. Wir haben unser Detachement aus Tientsin und die europäischen Matrosen, die dort von den Chinesen eingeschloffen waren, befreit, sämmtliche Forts, worin chinesisches Militär und Räuber, genannt Boxer, waren, eingenommen und alles niedergemacht, ob Soldat, Räuber, Chinesen, Frauen oder Kinder, das war uns gleich, alles niedergestochen oder geschossen, bis die Stadt Tientsin ganz leer und in Feuer und Flammen gesetzt war, sogar der Palast des Vicekönigs von China (!) »rannte nieder. Nur die europäischen Viertel blieben ver- chont." Zu diesem Schreiben bemerkt der „Vorwärts": „Wir gewahren mit Entsetzen, was aus unsern deutschen Soldaten geworden ist. Die Söhne unseres Volkes hat man zu reißenden Thieren gemacht, die Frauen und Kinder morden. Wohin sind wir durch das chinesische Abenteuer gekommen?" Auch wir gewahren mit Ent- setzen — so äußert die „Köln. Ztg." —, daß die blut rünstige Phantasie und geschmacklose Renommisterei einen Soldaten unseres Seebataillons verleitet hat, seinem Freunde eine wilde Geschichte aufzutischen, um sich inte reffant zu machen und im Lichte eines ganz entsetzlichen Kriegsmannes zu erscheinen. Von dem, was der Mann über Todtschlagen von Frauen und Kindern durch deutsche Soldaten erzählt, glauben wir ke n Wort, einmal, weil es mit allen anderen Berichten in Widerspruch steht, so dann aber, weil ein derartiges Verhalten bei unfern Soldaten in keiner Weise angenommen werden darf. Daß freilich Kriege dazu da sind, Menschen todtzumachen, ist eine bedauerliche, aber unabänderliche Thatsache, und daß in China gegen die Grausamkeiten der Chinesen besonders scharfe Vergeltung geübt werden muß, ist die Schuld der Chinesen selbst. Da Deutschland bekanntlich dasjenige Land ist, in dem es die wenigsten Analphabeten giebt, so können wir uns, wenn erst die 12,000 Mann derLeffel- schen Expedition angekommen sein werden, auf eineHoch- fluth der schönsten Soldatenbriefe gefaßt machen, in denen viele unserer braven Jungen sich weniger von dem Be streben nach objektiver Wahrheit werden leiten lassen, als vielmehr von dem Wunsche, bei Eltern, Geschwistern, Freunden und Basen in einem sehr interessanten Lichte zu erscheinen. Dieser Zweck wird aber immer durch die unter möglichst schrecklichen Umständen erfolgende Er mordung zahlloser Chinesen am sichersten erreicht wer den. Die Zeitungen sollten sich aber sagen, daß nicht jeder Soldatenbrief das eitle Gold unparteiischer, histo rischer Forschung enthält, und demzufolge sollten sie in rer Aufnahme solcher äoeumsuta militaria etwas vor- ichtig sein. Vermischte«. * Aus Osnabrück wird gemeldt: Viel Aussehen erregt die Verhaftung des Stellbesitzers Brockmann in Drentwede bei Barnstorf. Er steht unter dem Ver dachte, seine zweite Frau vergiftet und seine erste Frau ums Leben gebracht zu haben. Die Ausgrabung der Leichen ist bereits angeordnet. 123 Berliner Schutzleute verließen am Mittwoch Berlin und begaben sich nach Stettin. Dort soll das Kommando, bestehend aus 8 Wacht meistern, 109 uniformirten und 15 Kriminalschutz leuten, unter Aufsicht einiger Leutnants, während der Kaisertage die Stettiner Polizei im Sicherheitsdienste unterstützen. * Barna (Bulgarien), 31. August. Kürzlich wurde hier ein furchtbares Verbrechen verübt, dem sechs Frauen zum Opfer fielen, obwohl der Mord anschlag nur gegen eine gerichtet war. Die Lehrers- attin Frau Romantschuk in Varna lud ihr bekannte kamen zu einem Nachmittagsschmaus ein und setzte ihnen unter anderem die in ihrem Kreise beliebte Milch-Creme vor. Aber bald nach einem etwas reichlichen Genüsse dieser Süßigkeit stellten sich bei sämmtlichen Frauen solches Unwohlsein und so starke Schmerzen ein, daß schleunigst ein Arzt geholt wurde, der auch alsbald Vergiftung konstatirte. Die ersten Recherchen ergaben, daß hier ein Mord vorlag, verübt durch den Diener der Frau Romantschuk, der am selben Tage seinen Dienst verlassen hatte, angeblich, weil er einen besseren gefunden, in Wahrheit aber, um die Spur eines anderen Verbrechens, das er kurz vorher begangen, zu verwischen. Der Diener hatte nämlich eine Quittung seiner Herrin gefälscht und 200 Frcs. aus dem Bankverein Zvezda erhoben und dann den Dienst gekündigt, nachdem er noch der Frau Romantschuk geholfen hatte, die verhängnißvolle Ccsme zu bereiten. In diese mischte er dann das Gift, um die Frau unschädlich zu machen, da sie bald auf die Spur seines Verbrechens kommen mußte. Alle Damen erlagen der Vergiftung und der Mörder steht bereits vor den irdischen Richtern. * In den Katakomben verirrt. Ein merkwürdiger Fall hat sich in Rom ereignet. Es ist im Laufe der Jahrhunderte wiederholt vorgekommen, daß sich Leute in den Katakomben, die sich sehr weit erstrecken und ein wahres Labyrinth bilden, verirrt haben und nie mehr zum Lichte zurückgekommen sind. In der letzten Zeit kamen solche Fälle kaum mehr vor. Nun ist wieder ein solches Trauerspiel zu ver zeichnen. Zwei Amerikaner, Angehörige des katholischen Seminars in Eichstaett, trennten sich beim Besuch der Katakomben Santa Domitilla von der Gesellschaft ihrer Freunde, um auf eigene Faust Nachforschungen zu unternehmen. Dabei verirrten sie sich im Labyrinth der Gänge und kehrten nicht mehr zurück. Die Recherchen nach den Unglücklichen sind bisher ver gebens gewesen und auch sehr schwierig, da die Kata komben eine Ausdehnung von über 100 Kilometer haben. * Eine tntereffante Aeettmatistruug wird letzt im Badischen versucht. Der Oberförster Wendt in Todtnau führte Rennthiere auf dem Feldberge ein. Das eine, der Hirsch, befand sich früher im zoologischen Garten zu Basel, die zwei anderen, Hirschkuh und Schmalthier, wurden auf dem Rennthiermarkt zu Kopenhagen an gekauft. Sehr günstig für die Ernährung der Thiere wirkt die Thatsache, daß auf dem südlichen Schwarzwald aufwärts von 800 m Seehöhe das Rennthiermoos üppig gedeiht und besonders an exponirten Felsen zu finden st, genau wie auf den Kjölen in Norwegen. Ober- örster Wendt wird, der „Nat. Ztg." zufolge, nach einem gewissen Zeitraum die mit Rennthieren gemachten Er- ährungen einem größeren Kreise zugänglich machen. Die Zoologen sind auf das Ergebniß dieses faunistischen Ver- uches sehr gespannt. Druck und Verlag von I. Ruhr Nachfolger Max Förste , Hohenstein-Ernstthal. — Verantwortlicher Redacteu: Mar Förster. Hohenstein-Ernstthal