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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 15.07.1900
- Erscheinungsdatum
- 1900-07-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-190007159
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-19000715
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-19000715
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- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-07
- Tag 1900-07-15
-
Monat
1900-07
-
Jahr
1900
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 15.07.1900
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MMin-EMUtt TWtblilN. Amtsblatt. Nr. 161. Sonntag, den 15. Juli 1900. 1. Beilage. Politische Wochenschau. Wie steht es in Peking? Auf diese Frage con- centrirt sich das Hauptinteresse in fast allen civilisirten Ländern, aber sie hat bisher keine befriedigende Ant wort gefunden und es wird noch einige Zeit vergehen, bis sie eine solche Beantwortung finden kann. Denn alle Nachrichten, die wir bisher über den Stand der Dinge in Peking, über das Schicksal der Gesandten und der dort eingeschlossenen Europäer überhaupt haben, leiden an dem gemeinsamen Uebelstand, daß sie aus chinesischer Quelle stammen und daher durchaus unzuverlässig sind. Das Einzige, was wir mit posi tiver Sicherheit wissen, ist der Meuchelmord an dem deutschen Gesandten Frhr. v. Ketteler. Mit ziemlicher Sicherheit wissen wir ferner, daß die Gesandten der Mächte und die Europäer in Peking zu Anfang des Monats Juli noch am Leben und unversehrt waren und die Wahrscheinlichkeit, aber auch nur die Wahr scheinlichkeit, spricht endlich dafür, daß sie auch jetzt noch am Leben sind. Tenn wenn nicht alle Nachrichten täuschen, hat sich in Peking unter den Männern, welche einen Ein fluß aus den Gang der öffentlichen Angelegenheiten ausübeu, ein Um'chwung vorbereitet. Gegenüber dem Prinzen Tuan, welcher allein Anschein nach der er klärte Führer der Boxerbewegung und der Erhebung gegen die Fremden ist, Hal sich eine Gegenbewegung derjenigen geltend gemacht, welche erkannt haben, daß die Erhebung gegen die Mächte für den chinesischen Staat zum Unheil ausschlagen muß. Als Führer dieser Gegenbewegung scheint Prinz Tsching zu fun- giren, der, wie behauptet wird, die Kaiserin-Witlwe aus seiner Seite habe. Ans alle diese Darstellungen, die aus chinesischen Quellen stammen, ist freilich wenig zu geben. Die Kaiserin-Witlwe, welche allem Anschein nach Haare auf den Zähnen hat, wird es mit dem Prinzen Tuan und du Boxers gehalten haben, so lange sie sich hiervon mehr versprach, und sie wird nicht verfehlen, ihren Zopf nach dein Winde zu drehen und es mit dem Prinzen Tsching und den Mächten zu halten, sobald sie sich hiervon mehr versprechen darf und zu der Erkenntniß gekommen ist, daß anders der Sturz ih es wackligen Thrones bevorstände. Daß das offizielle China, soweit man angesichts der vollkommenen Anarchie in China überhaupt von einem solchen reden kann, anfängt, die Größe des ge- fchehenni Unheils einzusehen, geht auch aus der Mj;- theiluug hervor, welche der chinesische Staatsrath, der nach langer Zeit auch wieder ein Lebenszeichen von sich gegeben hat, an die Vertreter Chinas kni den Mächten versendet hat. Diese oberste chinesische Be hörde spielt sich auf die „Naive" heraus und betont, daß China nach wir vor die freundschaftlichsten Be- Ziehungen zu den Mächten pflegen wolle, wobei sie nicht verrälh, ob zu diesen freundschaftlichen Bezieh ungen aulli die Ermordung von Gesandten gehört. Naiv klingt es, wenn der Staatsrath versichert, daß er, soweit es die Umstände gestatten, mit aller Strenge gegen die Boxer vorgehen werde. In dieser Bezieh ung werden die Mächte schon auf deu mehr oder minder guten Willen der chinesischen Behörden ver zichten und dafür Sorge tragen müssen, daß sie selbst mit der Gewalt der Waffen die aufrührerische Beweg ung niederschlagen. Daß den Mächten hierbei noch viele und unge heure Schwierigkeiten gegenüber stehen und daß noch etliche Monate vorübergehen werden, ehe die Mächte in China Herren der Lage sein werden, darüber darf man sich keiner Täuschung hingeben. Fürs erste ist nicht nur iu keiner Weise an einen Entsatz der Europäer in Peking zu denken, sondern es gilt zur Zeit die Anstrengung aller Kräfte, um auch nur den Besitz von Tientsin aufrecht zu erhalten. Das aber ist un bedingt nothwendig, denn die Linie Taku-Tientsin ist die natürliche Basis für die militärischen Operationen der Mächte in China. Die Behauptung von Tientsin ist nothwendig, wenn nicht die Operationen gegen Pe king auf lange Zeit hinaus unmöglich gemacht werden sollen. Zur Ermöglichung dieser Operationen aber sind, darüber giebt man sich keinem Zweifel mehr hin, ungleich stärkere Truppenmassen erforderlich, als sie den Mächten zur Zeit in China zur Verfügung stehen. In dieser Erkenntniß sind alle Mächte, und nicht iu letzter Linie Deutschland, bemüht, mit größtmög lichster Schnelligkeit weitere Truppenmassen nach Ost asien zu schaffen. Der Löwenantheil bei diesen Trup pensendungen wird Japan zufallen, dem zwar nicht das England vorgeschlagene „europäische Mandat" zugeprochen morden ist, das aber zweifellos durch seine verstärkten Leistungen seine Position in Ostasien in der einen oder anderen Weise verstärken wird, ohne daß ihm das von deutscher Seite mißgönnt werden wird. Die innere Politik hat angesichts der alles be herrschenden Wirren in Ostasien säst allenthalben Ferien gemacht. In Deutschland hat, ein seltenes Er- eigniß der Buudesrathsausschuß für auswärtige An gelegenheiten getagt und es konnte erfreulicher Weise festgestellt werden, daß der Ausschuß seine volle Zu stimmung zu der bisher in den chinesischen Wirren verfolgten Politik bekundet hat. In Frankreich schwankt die Stimmung zwischen der Sorge nm die chinesische Angelegenheit und den Sympathien! für die Buren, deren Abgesandte in Paris nicht minder gefeiert wor den sind, als in den Bereinigten Staaten von Amerika. Aber diese wie jene Sympathieen nützen den Buren nichts und mit Versammlungen und schwungvollen Reden ist ihnen nicht gedient. Wenn den Buren über haupt noch ein schwacher Hoffnungsschimmer leuchtet, so ist es der, daß sie durch em langes Hinziehen des Guerillakrieges die Engländer zu einem Frieden ver anlassen könnten, der ihnen einen Rest von Selbst ständigkeit läßt. Aber die Entwicklung der Dinge auf dem südaftikanischen Kriegsschauplatz läßt freilich einer solchen optimistischen Auffassung nicht allzu viel Raum. Der HrieZ nm TnmSvaai. Auf das Rundschreiben des internationalen Friedensbureaus um Vermittelung im füdasrikanischen Kriege hat Dr. Leyds, der Vertreter Transvaals, dem Fiiedensbureau geschrieben: „Möchte endlich dieses ungleiche Duell aufhören und zwischen den kriegfüh renden Parteien durch offenes und loyales Dazwischen treten unparteiischer Vermittler ein auf gerechte und billige Bedingungen gegründeter Friede zustande kommen." London, 13. Juli. Der Bericht des Lord Roberts über die Niederlage der britischen Waffen bei Nitralsnek hat sehr verstimmt. Man fürchtet, sie w^rde die Beruhigung Transvaals verzögern. Die „Times" fragt, wo die raschen Fortschritte bleiben, die der Besetzung Prälorias folgen sollten. Die Schlappe bei Nitralsnek sei nicht nur aus mili tärischen, sondern aus allgemeinen Gründen zu be dauern, da sie Krüger und seinen entschlossenen An hängern neue Ermunterung gewähren dürfte. Prätoria, 12. Juli. Einzelheiten von der Niederlage bei Prätoria: Fünf Kompagnien des Lin colnshire-Regiments trafen am Dienstag nachmittag am Nogalcsbergpaß ein, uni denselben zu halten. 3 Kom pagnien besetzten eine Stellung im Paß, während die übrigen in der Ebene blieben. Als gestern fiüh bei Tagesanbruch von Vorposten, die auf einem kleinen Kopje nördlich des Passes standen, Schüsse abgegeben wurden, erschienen auf einem östlich gelegenen Kopje Buren und eröffneten ein heftiges Feuer. Es ent stand hierauf Verwirrung, aber auf Befehl des Ober sten besetzten die Mannschaften bald eine Stellung auf einem westlich voin Passe gelegenen Kopje. Tann wurde den ganzen Tag über ein heftiges Feuern unterhalten. Zwei Geschütze mit einer Bedeckung von Scots Greys, welche im Vordertreffen der Hauptab- theilung aufgestellt waren, wurden nach heldenmüthigem Widerstande vom Feinde genommen. Beinahe alle Leute wurden getödtet oder verwundet, während es dem Sergeant eines Maximgeschützes gelang, mit Hilse von 7 Freiwilligen sein Geschütz zu retten. Die Buren unterhielten auf der ganzen Linie ein ununter brochenes Feuer, welches vom Lincolnshire-Regiment wacker erwidert wurde. Gegen drei Uhr erschien der Feind zur Linken der englischen Stellung, 1 Offizier und 15 Mann versuchten ihn anzugreifen, 14 von der kleinen Schaar wurden getödtet oder verwundet. Drei Kompagnien des Lincolnfhire-Regiments waren vollständig umzingelt. Nachdem ihnen die Munition ausgegangen war, suchten sie eine gute, gedeckte Stell ung auf und erwarteten mit aufgepflanztem Bajonett den Angriff des Feindes. Haag, 12. Juli. Der Minister des Auswär tigen hat von dem holländischen Generalconsul in Prätoria ein Telegramm von 11. d. M. erhalten, welches besagt, daß die Mitglieder der zweiten hol ländischen Ambulanz vom Rothen Kreuz als Kriegs- gefanwne nach Kapstadt gebracht worden sind unter der Beschuldigung, sie hätten Briefe in die Linien der Buren hinübergebracht. Der Minister des Auswärti gen ließ durch den niederländischen Gesandten in London von der englischen Regierung die Freilassung der Gefangenen verlangen. Tagesgeschichte. Drulsches Keich. Die Nordlandreise des Kaisers ist, gutem Vernehmen nach, vorläufig bis zum 6. August d. Js. geplant, doch ist eine Abkürzung bei der herrschenden politischen Lage natürlich nicht ausgeschlossen. — Fl e i t ch sch a u g e s e tz. Das Fleischschau- gesetz hat, wie die Deuffche Fleifcher-Zeitung meldet, die Kaiserliche Genehmigung erhalten und wird vor aussichtlich am Montag oder Dienstag im ReichSan- zciger publizier: werden. Das Einfuhr-Verbot von Wurst und Büchsenfleisch durfte demnächst in den nächsten Monaten zu erwarten sein. Hannover, 12. Juli. Die hiesigen Maurer- beschlossen den fosvrtigen Ausstand. Die Gesellen ver langen 50 statt bisher 45 Pfg. Stnndenlohn. Schwer?. Bern, 12. Juli. Das internationale Friedens- bureau hatte die französische Regierung um Vermit telung in dem südafrikanischen Kriege ersucht. Die französische Regierung beschenkte sich darauf, den Empfang des Gesuches zu bestätigen. Das Friedens bureau hatte von dem Gesuch der englischen Regierung Kenntnis; gegeben, worauf diese ihm durch den englischen Gesandten in Bern mittheilen ließ, sie bedauere nur, daß dar Vermittelungsgesuch nicht ge stellt wurde, ehe die südafrikanischen Staaten, von der kontinentalen Presse ermuntert, das Ultimatum erließen und englisches Gebiet an sich rissen. Uirderlaude. Rotterdam i3 Juli. Die Rheder haben 1200 ausländische Arbeiter, uröhteutheils Engländer und Deutsche, für die Ausladearbeit während 6 Wochen ein gestellt. In Rotterdam ist ein Ausstand der Schiffs- lader ausgedrochen und infolgedessen der Belagerungs zustand verhänge worden. Militäc-Mannschasten wurden in den Baracken und Güterschuppen der Holland- Amerika-Linie einquartirt, während die Osficiere die Cajüten eines Dampfers dieser Gesellschaft bezogen. Bis Sonntag Abend waren die ausständigen Hafen arbeiter in Rotterdam in den verschiedenen Häfen die unbedingten Herren und Gebieter; mit zahlreichen, schnellfahrenden kleinen Dampfern fuhren sie zwischen den einzelnen Schiffen in den Häfen umher, verhin derten, so gut sie konnten, das Löschen der Ladung, schüchterten die Arbeitswilligen durch Drohungen ein nnv verhinderten von auswärts entbotene Arbeiter am Besteigen der zu löschenden Schiffe. Aus einem eng lischen Dampfer verschafften sie sich mit Gewalt Zu gang und beschädigten die Takelage. Bis' nach Maß- luis hatten sie ihre Vorposten ausgestellt, und sie legten sich mit ihren kleinen Dampfern einfach zwischen die zu löschenden Schiffe und die Arbeiter herüber führenden Baracken, sodaß letztere unverrichteter Dinge wieder umkehren mußten. Seit Dienstag Morgen kreuzten aber in den Häfen zwei Kanonenboote und noch einige mit Bewaffneten gefüllte Boote, außerdem wird die Ankunft eines Panzerschiffes erwartet. Der Versuch, einige mit Erz beladene Dampfer nach Amster dam zu bringen und dort zu löschen, scheiterte an der Weigerung der Amsterdamer Hafenarbeiter, die sich mit ihren Kameraden in Rotterdam solidarisch erklärt haben. An Unterhandlungen zwischen den Ausständigen, die ausgezeichnet organisiert sind, und den Cargadoren und Spediteuren denkt Niemand mehr, da die Ausständigen unbedingte Unterwerfung unter ihre Forderungen ver langen. Viele Dampfer verwenden ihre Bemannung zum Löschen ihrer Ladung, was aber nur unter starkem Polizeischutz geschehen kann, außerdem sieht man die Bureauangestellten verschiedener Firmen mit der Schaufel arbeiten und Lasten schleppen. In der Stadt steht das Frachtfuhrwerkgeschäft (-üeeperr-) voll ständig still, da die Ausständigen auch hier scharfe Controle halten; bei einzelnen Wagen wurden die Stränge durchgeschnitten, andere wurden umgestürzt. Einzelne Straßen, in denen Tag sür Tag der regste Verkehr herrschte, sehen wie ausgestorben aus und die Häfen bieten ein beinahe sonntägliches Aussehen. Aus Nachgiebigkeit von der einen oder anderen Seite besteht so gut wie keine Aussicht mehr. Der Bürgermeister von Rotterdam hat ein? Proklamation erlassen, in welcher jeder Bürger aufgefordert wird, zur Erhaltung der Ruhe und Ordnung mitzuwirken; die Zusammen rottung von mehr als fünf Personen ist streng untersagt. Amerika. Caaton (Ohio), 12. Juli. Eine von der republi kanischen Nationalversammlung in Philadelphia ernannte Commission hat dem Präsidenten Mc. Kinley heute seine Nominirung ;um Präsidentschastscandidaten mitgetheilt. Mc. Kinley sagte in seiner Erwiderungsreve, er werde die ehrliche Währung unterstützen, das Leben der amerika nischen Bürger in China unverzüglich ;u schützen suchen, sür den Frieden und die Wohlfahrt Chinas arbeiten, sie Verlragsrechte in China wahren und daselbst die An wendung der Prinzipien der Gleichberechtigung des Han dels gemäß den Verpflichtungen der gesummten Welt zu sichern suchen. Aste« Es isi sicher zu befürchten, daß in der nächsten Saison die Hungersnoth in Indien schlimmer werden wird, als sie je zuvor gewesen ist. Der Bicekönig, Lord Curzon, hat dem Staatssekretär telegraphirt, daß 6000000 Menschen Unterstützungen erhalten und daß der so heiß ersehnte Regen in den meisten Distrikten bedeutend unter dem Durchschnitt gewesen ist, mit Ausnahme des südlichen Deccans. Die Hungersnoth und das Elend werden jetzt noch bedeutend schlimmer werden, als inan je erwartet hatte. Vieh, das in der Hoffnung auf eine gute Regenzeit gekauft wurde, geht etzt ein, und die Sterblichkeit an der Cholera nimmt in Bombay in erschreckendem Maße zu. Zum Sächsischen. — Sommergefahren sür unsere Kinder. Von Dr. med. Ebing.) Unendlich viele Familien be- eben sich alljährlich in die sogenannte Sommerfrische, im sich dort körperlich und geistig zu erholen. Ge lingt dieses auch oft bei den Erwachsenen, so läßt doch Seine Schwester. Roman von Fannp Stöckert. 22. Fortsetzung Nachdruck verboten.) Ihr Tänzer war cer Rechtsanwalt Clausen und als dieser sie jetzt nach einem Ruheplatz geleitete, ath- niete sie tief auf, nach der ungewohnten Anstrengung. „Ich bin ganz schwindelig, stöhnte sie, und zum Tanz soll mich keiner wieder verleiten. Schließlich wird man nur zum Gespött, wie Vetter Delmnt, der sich wirklich ganz zum Hiusnarren heute -.nacht mit seinem jugendlichen Gebühren. Da trägt er wahrhastig der schönen Polin ein Strauß hin, na, wir werden noch was erleben mit dem alten Gecken. Wenn er mir einen Strauß gebracht hätte, wäre das passender ge wesen, und es gab eine Zeit, wo er mir auch Blumen brachte, er und noch mancher andere. Hätte ich da mals das Geld schon gehabt, was mir auf in-ine alten Tage zufiel!" Sie fchaute mit einem förmlich schwärmerischen Blick, wie in weite versunkene Lebenssernen. Der Rechtsanwalt konnte kaum ein Lächeln unterdrücken, ihre Schwächen beivahrt sich doch die Menschheit bis ins späte Alter, dachte er. Die alte Dame hatte es nie vertragen können, übersehen zu werden, und dec Onkel spielte sür sein Leben gern, zu Zeiten, wie heute, noch den Jugendlichen, da flog er wirklich im wilden Galopp an ihm vorüber, das Gesicht dunkelrnth von^ °er ungewohnten Anstrengung. >nar wirklich gut für den alten Knaben, daß das so herrlich gelungene Fest sich jetzt seinem Ende nahte, über Nacht würde er ja wohl wieder zur Be sinnung kommen. Die Blumer.wur war die letzte gewesen, inan stand noch in Gruppen zusammen, die Diener präsentirten Kaffee, und nun ging es in die Garderobe, die bunten Gestalten hüllten sich in große Mäntel, und die huc- schen Köpfe der jungen Damen verschwanden säst in den verschiedenen Kopfhüllen und Schleiern. Als Carla und Flora ans der Garderobe traten, stand der Commerzienrath an der Thür neben Fred. Erregt streckt: ec Carla seine Hand enlgegen, „Leben Sie wohl und auf baldiges Wiedersehen," sagte er mit einem letzten heißen Blick in das von einem weißen Kopfshawl malerisch eingerahinte Gesicht. „Aus Wiedersehen," veisetzte Carla leise, und dann folgte sie Flora und Fred. „Na Carla, der alte Herr warf Dir ja einen sehr vielsagenden Blick zu," ueckte Flora, als sie jetzt alle drei eine der draußen harrenden Droschken be stiegen. „Er ist ja wohl Wittwer und sehr reich, also gar keine üble Partie!" „Für ein armes Mädchen, msinst Du," sagte Carla. „Um Goitcs Willen!" rief Fred, „das ist ja ein haarsträubender Gedanke, Fräulein Carla und ein alter Wittwer, gräßlich!" „Vergiß nicht die Haupteigenschaft des alten Herrn, er'ist reich!" sagte Flora. .Und Frau Commerzicnrath klingt so übel nicht," setzte Carla hinzu, „es wäre wirklich noch nicht daslnicht fehlen, wenn er als interefsanter junger Doktor Schlimmste mit diesem ehrbaren Titel durchs Leben auftrat. zu wallen." „Carla!" entgegnete Fred uud seine Stimme zit terte vor Leidenschaft. Nicht im Scherz mag ich solche Reden hören! Es war so schön heute uud nun — nun steht der alte H-.rr wie ein drohendes Gespenst vor mir, es wird mich bis in meine Träume verfolgen und deren Glanz verdunkeln." Carla seufzte leise, o, diese junge leidenschaftliche Stimme, wie sie alle Fibern ihres Seins bewegte, noch durfte sie ihr lauschen, dem Blick seiner Augen begegnen, aber wie lange noch, dann war der Traum zerronnen, für alle, alle Zeit. Auch Flora war erbeb: bei diesem Tone der Leidenschaft in Freds Stimme, liebte er Cai la wirk lich so sehr, und konnte sie da noch hoffen? noch auf die Macht des Geldes baue»? Ihre Augen hefteten sich mit einem eigenen forschenden Ausdruck aus sein Gesicht, auf welches ein matter Strahl der Wagen laterne fiel, nein, ihren Lebenswunsch aufgeben, das wollte, das konnte sie nicht, sie wollte die Segel nicht streiche», die Hoffnung nicht sinken lassen, ivozu war sie denn die Bevorzugte, das reiche Mädchen, wenn sich nicht alle ihre Wünsche erfüllen ließen. Fred und Carla, mochten sie sich noch so gern haben, konnten sich unmöglich fürs Leben verbinden, das war ja Un sinn, beide arm, und beide Genußmenschen, die sich nicht's versagen konnten, ein Elend mußte das werden. Carla würde sehr wohl daran tyun, den reichen Wittwer zu erhören und Fred, nun ihm konnte es ja „Wenn Du Dein Examen gemacht hast, Fred, dann mußt Du sofort mit der Tante zu uns kommen," wandte sie sich jetzt an diesen, das muß dann ordent lich geseirrt werden." „Das können wir ja thun," versetzte Fred ge dehnt, er ahnte natürlich die Gedanken seiner blassen Cousine, „Du könntest vielleicht die Stelle des Bade arztes in L. bekommen," fuhr diese fort, „der Doktor Ferau ist schon ziemlich alt und kränklich, und wird sich wohl bald zu Ruhe setzen." „O, ich glaube, Herr Brenken bleibt lieber hier in der Residenz," nahm Carla jetzt das Wort. „Der Winter am Ostseestrande ist doch schauerlich langweilig und einsam." „Die Residenz ist aber kein günstiges Terrain für junge Aerzte, habe ich mir sagen lassen, weil alles dahin drängt." „O, es muß uur einer Glück haben, eine ge lungene Kur genügt manchmal schon, einen Arzt be rühmt zu machen." „Na, vorläufig habe ich mein Examen noch nicht gemacht!" rief Fred, „vorläufig stehen wir noch im Zeichen des Carnevals und ehe nicht Aschermittwoch ist, denke ich nicht an das Schreckgespenst Examen!" „Für mich ist morgen schon Aschermittwoch," klagte Flora, „da muß ich packen." „Ja, cin Ende hat Alles hier auf diesem schönen
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