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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 10.06.1900
- Erscheinungsdatum
- 1900-06-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-190006104
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-19000610
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-19000610
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-06
- Tag 1900-06-10
-
Monat
1900-06
-
Jahr
1900
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 10.06.1900
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HchtWn-ErnWlkr TugeM. Ami« Klatt. 1. Beilage. Sonntag, den 10. Juni 1900. Nr. 131. Politische Wochenschau. Der Reichstag ist am Mittwoch wieder zu- sammengetreien, um noch in beschleunigtem Tempo die beiden Gesetzesvorlagen zu erledigen, welche den Be schluß der diesmaligen Thätigkeit des Reichstags bilden sollen: Die Flottenoorlage und das Reichs seuchengesetz. Der anfänglich so heiße Komps um die Flotte ist überraschend schnell in e n ruhigeres und gemächliches Fahrwasser verlaufen. Thatsächlich war der Kamps um die Flottenvorlage bereits in der Kommission entschieden worden und dem Plenum war es lediglich Vorbehalten geblieben, die mit großer Mehrheit gefaßten Kommissionsbeschlüsse zu bestätigen. Die jetzt mit großer Mehrheit in zweiter Lesung er folgte Genehmigung der Flottenverstärkung entsprach mithin nur der „logischen Konsequenz der Thatsachen" und an sie wird sich ohne irgend welche Schwierigkeiten die endgiltige Bewilligung in dritter Lesung reih n, sodaß der Reichstag aller Voraussicht nach bereits am Dienstag seine Pforten schließen können wird und des Reiches Sendbote« sich mit dem befriedigenden Bewußtsein heimwärts schlagen können: Nach gethaner Arbeit ist gut ruh'n! Bald nach dem deutschen Reichstag wird auch der preußische Landtag seine Pforten schließe;:, ohne daß er die Hauptaufgabe, die ihm gestellt war, gelöst oder auch nur ihnr Lösung um einen Schritt näher gebracht hat. Was freilich kaum noch zweifel haft sein konnte, ist durch d e rin Donnerstag nn Abgeordnetenhaus verhandelte Interpellation cudgiltig klar gestellt worden, nämlich daß die heiß umstrittene Kanalvorlage sür diese Session all acta gelegt ist und daß erst die nächste Sefsion die Lösung des viel umstrittenen Problems bringen — oder auch nicht bringen wird. Denn wer will heute voraussagen, wann sich in Bezug ans den Mittellandkanal und die sich staatlich um ihn rankenden „Kompen ationskanäle" das Wort erfüllen wird: „Es kommen, es gehen die Wasser all', sie rauschen heraus, sie rauschen nieder!" Die Fortsetzung dieses Cilales, „den Jüngling bringt keines wieder!", paßt auffallend auf die Leiter unserer Kolonialpolitik. E;st vier Jahre sind vergangen, seit Herr v. Kay'er, erst zwei Jahre, seit Herr v. Richlhosen den Staub des Kolvnialdirektoriums von seinen Füßen schüttelte, rind schon ist Herr v. Buchka nach einer wenig erfolgreichen Amtsperiode den Spuren seiner Vorgänger gefolgt. Herr v. Buchka hat während seiner Amtszeit wenig Freude erlebt und sich wenig Freunde erworben. Der lang er wartete „frische Zug", der in unsere Kolonialeerwaltung kommen sollte, blieb völlig aus und der berüchtigte „grüne Tisch", von dem aus dekretirt wurde, donünirte wie niemals früher. Die Stellung des Herrn v. Buchka wurde unhaltbar, als die umfangreichen und bedauerlichen Lunoesverschenkungeil in Kamerun an die spezifisch englische Interessen vertretenden Gesellschaften den berechligien Anwillen der öffentlichen Meinung erregten. Wir wollen nur wünschen, baß die Leitung der Kolonialpolitik unter dem Nachfolger des Herrn v. Buchka, der voraussichtlich der Gesandte in Chile Dr. Stübel sein wird, eine zielbewußtere und thatk-ästigere sein wird. Es ist dies uin so dringender nothwendig, als sowohl die Ereignisse in Südafrika wie die in China ihren Schatten auf die koloniale Politik fast alür Nationen zu weifen beginnen. Man darf sich keinen Täuschungen darüber hingeben, das; die ungünstige Wendung, welche der südafrikanische Krieg sür die Buren genommen hat, unsere Stellung in Afrika erschwert und die Entwicklung unserer Kolonicen nur zit leicht ungünstig beeinflussen kann. Es liegt auf der Hand, ein wie wesentlicher Faktor die beiden freien Burenrepubliken für die Aufrechterhaltung des Gleichgewichts im Süden As ikas waren, während die Zusammenfassung Südafrikas unter englischer Herr schaft den englischen Einfluß auch über Südafrika hinaus dominiren lassen wird. Und daß die Eng länder ihr Ziel erreichen werden, ist schwerlich zu be zweifeln, wenn auch noch reichliche Ströme Blut fließen werden, bis der Widerstand der Buren end- giltig gebrochen ist. Denn trotz der Kapitulation von Pretoria hat es sich bereits gezeigt, daß es unberechtigte Schönfärberei ist, wenn die Engländer den Burenkrieg bereits als beendet hinstellen. Auch der Aufstand der Boxer in China scheint noch keineswegs dem bereits mehrfach voraus gesagten Ende entgegenzugehen. Es hat sich eben ge zeigt, daß nicht nur die Feigheit der chinesischen Truppen, sondern auch die Böswilligkeit der chinesi schen Regierung die direkte Schuld daran trug, daß der Aufstand einen so gewaltigen Umfang annehmen konnte. Die europäischen Regierungen haben denn auch auf die schönen Redensarten der Kaiserin-Regentin und ihrer Räthe wenig gegeben und selbst die zur Unterdrückung des Ausstandes nöthiaen Maßnahmen ergriffen. Diese Unterdrückung wird auch gelingen, wenn sich, was wir hoffen wollen, die gegenseitigen Eifersüchteleien der Mächte nicht stärker erweisen, als die ihnen allen gemeinsamen Interessen. Der umgekehrte bedauerliche Fall ist leider in Oesterreich eingetrcten, wo der nationale Egoismus der Tschechen und die engherzigen Parteiinteresscn der polnisch-klerikalen Mehrheit sich als stärker erwiesen haben, denn das gemeinsame Interesse an der Er haltung und Förderung des Staatswesens. Trotz aller Bemühungen des Ministerpräsidenten v. Körber hat sich auch nach dem Zusammentritt des Reichsraths die Situation nicht geklärt und die Aussichten auf eine irgend wie befriedigende Lösung der Krisis sind verschwindend gering geworden. Auch in Italien ist trotz des etwas frag würdigen Sieges der Regierung bei den Wahlen zur Kammer die latente Krisis keineswegs beseitigt worden. Alle Beschönigungsversuche der Regierung können nicht darüber hniwegtäusche«, daß die ent schiedene Opposition eine Kräftigung erfahren hat, und erst nach dem Zusammentritt der neuen Kammer wird es sich zeigen, ob die Regierungsmehrheit so fest gefügt ist, um das Schifflein des Kabinets Pelloux über Wasser zu halten. Deutscher Reichstag. Bertin, 8. Ium Der Reichstag nakm heute zunächst in dritter Lesung ohne Diskussion die Declaration des Artikels 35 der internationalen Pestconveution an und trat dann in die zweite Bewachung des Gesetzentwurfes, betreffend die Ab änderung des Reichsstempelgesetzes. Abg. Bassermann (natl) begründet einen Antrag, durch den deutlicher als durch den Beschluß der Kommission ausgesprochen wwd, daß Jnterimsscheine und au? den Namen lautende, nicht voll eingezahlte Actien nur bis zu dem Betrage besteuert werden, zu dem sie eingezahlt sind. Abg Graf Arnim (Rp.) und Müller-Fulda (Ztr) befürworten den Antrag, der darauf mit großer Majorität angenommen wird. Mu dieser Aendcrung wird dann auch der Stempel von 2 Procent sür inländische und 2 >/z Procent für ausländische Actien angenommen. Abg. Graf Oriola (natl) tritt für die Kommissionsbeschlüsse betrefferd ven Stempel auf Kuxe ein, obwohl er zugiebt, daß ^vielleicht noch nicht alle dagegen sprechenden Bedenken beseitigt sind; sie ent hielten aber jedenfalls eine annehmbare Regelung der Materie. Danach soll der Stempel auf Antheilfchcine gemeinschaftlich betriebener Bergwerke (Kuxe, Kuxscheiue) 1 Mk. 50 Pf. an jeder einzelnen Urkunde betragen Außerdem wll auf alle nach dem l. Juli 1900 aus Werthe der angegebenen Art ausgeschriebenen Empch lungen, soweit sie nickst zur Deckung von Betriebsverlusten dienen, ein Stempel von 2 Procent gelegt werden. Abg. Richter (fr. Vp.) beantragt, den Stempel auf Kuxe über Haupt zu streichen. Die Verschiedenheit der Kuxe von Actien sei nicht genügend berücksichtigt. Der Reichsschatz sekretär Freiherr v. Thielmann habe in der Kommission erklärt, die Regierung könne zu dieser Frage nicht nur ein non liquot aussprechen, ihre Lösung böte die größten Schwierigkeiten. Daher hält Redner es sür angebracht, die Entscheidung wenigstens bis zur nächsten Session zu vertagen; grundsätzlich ist auch er nicht gegen einen Kux- stempel. Er legt einzelne Schwierigkeiten der Materie dar, die den Reichstag überhaupt zum ersten Male be schäftige. Man müsse sich hüten, in dieser dem Hause fremden Frage einen Beschluß zu fassen, der die Ent wickelung der gewerkschaftlich betriebenen Bergwerke hin dern könnte. Abg. Hilbeck (natl.) giebt dem Vorredner darin Recht, daß die Materie sehr schwierig sei. Er würde es für ungerecht halten, die gewerkschaftlichen Bergwerke von einer gerechten Steuer zu befreien. Gegen die hier vorgeschlagene prozentuale Besteuerung der Zubußen müsse er sich aber ganz besonders wenden, weil dadurch gerade die Betriebe am härtesten betroffen würden, die am wenigsten einträglich seien. Aber auch die Frage des Kuxstempels sei noch nicht zur Entscheidung reif. Er bitte daher dem Anträge Richter entsprechend die Position ab zulehnen und in einer Resolution die Regierung zur Rege lung der Angelegenheiten auszufordern. Preußischer Hardelsministcr Brefeld macht gleichfalls erhebliche Be denken gegen die Kommissionsbeschlüsse geltend und meint es wäre am besten, die ganze Position fallen zu lasten Er möge daher dem hohen Hause anheim geben, ivie er unter großer Heiterkeit sagt, hochherzigen Entschluß zur Ablehnung der Position zu fassen. Abg. v. Kardorff empfiehlt trotz der geltend gemachten Bedenken bei den Commissionsbeschlüssen stehen zu bleiben. Ergeben sich Mißstände, so könne ja die Negierung später Remedur schaffen. Abg. Müller-Fulda (Ctr.) tritt mit großer Ent schiedenheit für die Commissionsbeschlüsse ein. Unter lebhaften! Widerspruch links meint er, wenn der Minister den Antrag Richter wegen der Kuxe empfehle, könnte er auch gleich die Stellung des Abg. Richter zur Flottenvorlage empfeblcu. Wenn er für Verwerfung des Kuxstempels einlrete, gefährde er das Zustande kommen der Vorlage. Wenn die Commiffiousbeschlüfse so sehr bedenklich seien, hätte man, da sie doch schon seil Wochen bekannt seien, längst Gegenvorsch äge machen können. Reichsschatzsecretär Fchr. v. Thielmann weist den Vorwurf zurück, daß die Regierung zu viel Zeit habe verstreichen lassen, ohne Gegenvorschläge zu machen. Es seien Umfragen bei den einzelnen Regir- ungeu noihweudüg g wesen. Daher sei der Bundes- rath noch nicht in die Lage gekommen, einen Beschluß in der Frage zu fassen. Preußischer Handelsmiuichr Brefeld versteht nicht die Erregung des Abg. Mülle -Fulda. Er habe doch dem Hause nur die E wägung anheimgegeben, die Position abzulehneo, die AN hnung aber nicht ge fordert. Nach einigen weüeren Bemerkungen der Ab geordneten Richtet, Müller-Fulda und Graf Oriola wird die DiScussion geschlossen. Es wird getrennt über den Fixstempel aus Kuxe und die prvcen.uale Besteuerung der Zubußen abgestimmt. Beide werden angenommen. Letztere in nnn.ntlicher Abstimmung mit 180 gegen 108 Summen. Bei Tarif Nr. 8 beantragt Abg. Richter, die Commissionsbeschlüsse zu streichen, also den Emissionsstempel auf Kommunal obligationen und Obligationen von Transpowgesell- schaften, welche nicht Eisenbahnobligationeu sind, nicht zu erhöhen. Abg. Hilbeck (n st.-Üb.) meint, der Unter schied zwischen Aktiengesellschaftm und G.we-kschasten bestehe wesentlich darin, daß die Aktionäre nur den New verth der Aktie zu zahlen haben, die Gewerke aber zu büßen verpflichtet seien. Die Lage der Ge- werke sei viel ungünstiger als jene der Aktionäre. Die Materie und die Rechtslage seien io außerordent lich schwierig, daß der empfohlene Antrag Rechter wohl anzuuehmen sei. Der Antrag wird jedoch ab gelehnt — Abg. Heim (Centr.) beantragt, die Ab gaben auf den Umsatz von Aktien, von industriellen und ausländischen Obligationen von auf vorn Tausend zu erhöhen. Abg. Büsing (nat.-lib.) erklärt, die Nationalliberalen würden geschlossen gegen diese.. Antrag stimmen. — Abg. v. Siemens (freis. Ver.) führ aus, der Antrag sei in politischer wie finanzieller Hmsich schädlich und bezwecke lediglich, dem mobilen Kapital ein auszuwischen. Die Bankiers würden bei Annahme diese Antrags aus der Provinz und den Einzelstaaten nac Berlin ziehen, wo sich das ganze Geschäft noch mehr al . schon jetzt konzentriren würde. Staatssekretär t Thielmann befürchtet bei eine Eiunahmeverminder ung und bittet es bei zu belassen. Ebens, äußern sich die Abg. Graf Arnim (Reichst,.) uno Müller-Fulda (Centr.) Aög. Sucke spricht sür, di Abgg. Richter (sreis. Volksp.) und Singer (So;., gegen den Antrag Heim, welcher mit 153 gegen 12k Stimmen abgelehnt wird. Weiterbecathung morgen. Der Krieg um Transvaal. Reuters Bureau meldet aus 2ore»;o-Marquez, 8. Juui: Der ameri kanische Konsul ist gestern von seinem Besuche h erhe zurückgekehlt, den er dem Pläsidenten Krüger i; MachadoSorp abgestaltet hat. Der Konsul, der mi Krüger eine längere Unterredung hatte, Hal demselbei dem Vernehmen nach freundschaftliche Mittheilungei ver amerikanischen Regierung überbracht, in welche« Krüger gedrängt wird, Friedensverhandlungen ein zuleilen. Mit der Besitzung von P etoria, der wohl als bald die Veikündigung der Annexion Transvaal folgen wird, sind die Engländer nicht nur in de: Besitz der Hauptstadt des Landes gelangt, sonderi sie haben damit auch den Endpunkt der Epenbah; besetzt, auf welcher allein die Transvaal-Regierun. bi-her den Verkehr mir dem Auslande unterhalte! konnte. Die Porlugi p« brauchen von selbst dei Schein der Neutralität nicht mehr zu wahren, dem die Buren sind nicht mehr in der Lage, ihnen einei Schaden zuzusügen. Die Entfernung von Pretoria nach der portugiesischen Gr uze betrag! zwar noct etwas mehr als 400 Kilometer, allein da man bishe noch nichts über Zerstörungen an der Bahn nach oe Delagoa-Bai gehört hat, so wird es der ungeheurer Uebermacht des Lord Roderts wohl nicht schwer fallen, schnell nach Osten vorzurücken, auch wenn Präsiden Krüg r mit dem Rest seiner Getreuen den Versack machen sollte, in den unzugänglichen Bergen vor Lydenourg, nördlich von der Bahn den Hoffaungs lose. Kampf noch eine W ile tortzusetzen. Der Kriegs plan der Buren g.ht bekanntlich auch dahin, die Ver bmdangslime der englischen Hauptarmee im Südei (un Oranjesr.istaat) zu unterdlecheu. Marschall Ro ncrts oder das englische Kriegsamt theilen freilich nu: wenig mit über den Vorstoß der Buren im Freistaa: gegen Vie engliuche Kvmmuuikatwuslinie. Daß er erns war oder noch ist, zeigt der Umstand, daß der Ober- kommaudirende der Division Rundle die Trupper Melhueus, ferner die Hvchländer-Brigade und di, Brigade Elements zu Hilfe schicken mußte, sowie auch die gem lvete Gefangennahme des 13. Aeoiüanry-Ba- taillons bei Lindley. Die Bu en haben jetzt einen weiten Bogen inm und halten mit ihrem linken Flügel die Uebergäng« aus dem Natal bei Mijubahill Laingsnek besetzt. Die Barenstellm.gen laufen dann über Harrysm th, Beth lehem, Ficksburg, Lindley, Heilbronn, Frankfort, Heidel berg und Middelburg gegen Lydenburg, wohin sich öie Hauptarme«! unter Louis Botha und die Regierung aus Prätoria zurückgezogen haben. Dem linken Flügel fallt vffinbar die Aufgabe za, den Rücken der im Centruin b,i Bethleh.m, Frankfort usw. stehenden Streitkräfte gegen eine eventuelle Offensive des Ge nerals Bullec zu schütze«, während das Centrum gegen die Eisenbahnlinie Blumfvntein-Prätoria zu Seine Schwester. Nonan von önnnl) Ltöckect. 1. Fortsetzung Nachdruck Verboien.) „Und ich eltrage daS auch nicht länger mehr, wo zu haben wir denn reiche Verwandte, es kostet viel- , leicht einen Brief und wir wär m aller Sorgen ledig." „Almosen sollen wir anmhmen!" stieß Melitta erregt hervor. Fred lachte. „Wie kannst D« bas so schroff auf fassen, ich würde natürlich einst alle:- wieder erstatte«, wen« ich erst ein berühmter Arzt m. O, dann sollt Ihr es gut haben. Jetzt aber kann ich doch noch nichts verdienen." „Mein Bruder, Euer Onkel würde sicher auch gern ecwas zu Deinem Studium beitragen," «ahm die Fra« Justizräthin Brenken jetzt das Wort, „doch die Tante hat nie gern gegeben." „Der Onkel ist aber Herr im Hause!" erklärte Fred. „Wer weiß es!" „Aber Mutter, weil« er ein gauzer Mann ist, und so steht er aus meinen Äindheitserinnerungen vor mir, dann wird er seinen W llen von der Tante nicht beeinflussen lassen, ich würde wenigstens danken für solche Gatlin. Und, nicht wahr, Mütterchen, Du schreibst an ihn noch heute!" Er setzte sich zu ihr auf das Svpha, nahm ihr die Arb it aus den seinen schmalen Händen und legte schmeichelnd den Arm nm ihre Taille. In solchen M m nten war Fred unwiderst'hlich, wenigstens für das Mattei Herz. F ügend sah sie zu Melitta herüber und sagte: „Soll ich es wirklich thun?" „Nein, tbue es nicht, Mutier," bat da Melitta. „Ich will doppelt soviel arb 'M«, 'wenn e; sei - muß, a.cr Au. osen annehmen, es ist so demüthigend, wmn es auch Verwandt- sind." „Demürhigend wä e es doch nur sür mich!" sagte Fred sehr unbekümmert, „i h bin aber über solche Gefühle erhaben, Hunderte von Studenten werden vor« reichen Verwandte« unter stütz- und genießen ihr Leben dabei mit volle« Zügen, warum soll ich das nicht auch thrm! Ma« ist ja doch nur einmal jung, die Jugend aber ist das Schönste vom ganzen Lebe«. Und mm bitte ich Dich, thewrste Schwester, mach keine Einwendunge« mehr, wenn unser lieb s Mütter chen den Brief ihrem Jung « zu Liebe schreiben will." Das würde mir auch nichts mehr «ützeu, dachte Melitta und beugte sich wieoer über ihre Arbeit. Und so wurde denn am nächste« Tage der Beief geschrieben. Melitta trug ihn selbst nach dem Briefkasten, nicht ahnend, welch eine Wendung derselbe auch für ihr Leben herbeiführen sollte. II. Die verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen d.r Fran Justizräthin Brenken und der Familie ihres Bruders, eines reiche« Gutsbesitzers auf Rügen, wäre schon seit Jahre« nur noch lose v. rknüpft. Die Frau Amtsräthm beneidete die Schwägerin ihrer blühenden "übschiw Kinder wegen, denn sie besag nur eine Tochter, ein r lasses, zartes Geschöpf, das trotz aller erdenklichen Pflege, trotz der schöne« L«ft auf der Insel, elend und kränklich geblieben war. Nur einmal vor Jahren war die Frau Jusliz- räthi« mir ihren Kindern auf dem Gute gewesen; frisch und gesund, wie diese waren, hatten sie sich voll L bensfreude in dec freien, schönen Natur dort h«riim getummel!. Der Wald, der Park, das Meer, alles bot ihnen unerschöpfliche Genüsse und ihr einziger Kummer ma--, daß Flora, ihr-> Cousine, nie theilnehme« wollte an all diesen Freuden. Bald war es ihr zu heiß, bald zu kalt, Melitta sollte mit ihr iu der Kinderstube, durch welche selten cm frischer Luftzug ging, mit den Puppen spielen, verlangte sie, diese utwisyt^ aber immer wieder den enge« Räumen. War cs ooch draußen so herrlich unter de« grünen Bäume«, wcim die Sonne so lockend schien und dort in der Ferne das weite Meer bläu:e, nein, da war es nicht aus- zuhalten in der Stube bei den dumme« Puppe«. Flora aber weinte und schmollte, es gab Zank und Streit zwischen den Kindern, bis die Frau Amts räthm eines Tages pickirt erklärte: Die Kinder paßten durchaus mcht zusammen, Fred und Melitta seien viel zu wild für ihre Flora. Die Frau Justlzräthin hielt cs nach solcher Erklärung für geratheii, de« Aufenthalt auf dem Gute ab« «kürzen, imd man eihvb auch keinen Widerspruch, als sie noch, ehe die g oßen Schulferien zu Ende, die Rückreise antraten. Eine Einladung war nicht wieder ersolgt seitdem, und die Briefe, die man gewechselt, immer seltener geworden; es war des halb sür die Frau Justizräthin keine leichte Aufgab« gewesen, Freds Wunsch zu ersüllem Der Brief an ihrcu Bruder hatte ihr nicht wenig Kopfzerbrechen gemacht; zunächst fragte sie darin an, ob nicht irgend ei« Familienstipendium existire, um welches sie sich sür Fred bemühen könnte. Das me dicinische Studium sei doch ein sehr theures, und ein Zuschuß jetzt sehr erwünscht; ihre Wittwenpension reiche ni l hin und her, trotzdem sie für sich und Melitta mst garnichts davon brauche, und sie beide ihre Garderobe durch den Erlös für Stickereien be stritten. Es war ein sehr diplomatisches Schreiber, was «iner Dame alle Ehre machte. Der Amisrath abei verstand zwischen den Zeile« zu lesen, natürlich sollt« er zu dem theuren Studium 0es Neffen eine Summ« zuschießen, md es war auch wohl seine Pflicht ali- reicher Verwandter das zu thun, nur mußte seine Frau damit einverstanden sein, rührte doch von ihr allein das bedeutende Vermögen her, und die erst« Stimme m Geldfrage« hatte sie sich zu sicher« gewußt. Er gab ihr den Brief, au? welchen die Gattin schon ziemlich neugierige Blicke geworfen, zu lesen. „Daß solch ein Ansinnen einmal an uns gestellt werden würd°, habe ich längst erwartet," sagte sie, nachdemsiedas diplomatische Schreiben ihrer Schwägerin dtt'chstudiert. Die Frage nach ücm Familienstipendülm ist va^ lich nur eine Umkleidung ihrer Bitte um Unterstützun
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