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Hohensteiner Tageblatt : 30.04.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-04-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id184110793X-189604309
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id184110793X-18960430
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-184110793X-18960430
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohensteiner Tageblatt
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-04
- Tag 1896-04-30
-
Monat
1896-04
-
Jahr
1896
- Titel
- Hohensteiner Tageblatt : 30.04.1896
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Diebstahlsunternehmer in England. Tagesgeschichte. Deutsches Reich. Berlin, 28. April. Der Kaiser trifft morgen früh im Neuen Palais zu Potsdam ein, Fürst Ferdinand von Bulgarien übermorgen Nacht in Berlin. Zu den Krisengerüchten schreibt die „Nat.-Ztg.": Daß der Chef des MilitärcabinetS der einflußreichste Gegner der Reform des Militärstrafprocesses ist, dürfte zutreffen, wie über» Haupt die Stellung des MilitärcabinetS wohl zu den Gegen ständen der Meinungsverschiedenheiten gehört, welche in neuerer Zeit init dem Reichskanzler nnd dem Staatsministcrium entstanden sind; aber das Uebel dürfte allgemeiner Art sein: Es scheint, daß mehr als ein Flügeladjutant sich berufen fühlt, politischen Einfluß auszuübcn. Fürst Hohenlohe hat, als der Conflict mit dein Minister von Köller entstand, bewiesen, daß er die Verantwortlichkeit für den Gang der politischen Angelegenheiten nicht zu tragen gewillt ist, wenn seine Rath- schlägc von anderer Seite durchkreuzt werden und es hat sich damals gezeigt, daß er im Staatsministerinm Solidarität hcr- zustellcn gewußt. So sind die Vorbedingungen der Entschei dung deutlich erkennbar. Eine nenc Regierung, welche unter dem Zeichen des Verzichtes auf die Reform der Militärgerichts barkeit nnd der Unterwerfung unter den politischen Einfluß der Flügeladjutanteu ins Amt käme, würde die liberal gesinnten bürgerlichen Classen in ihrer Gesammtheit in der Opposition finden. Ob man es hierauf angesichts der sonstigen Schwierigkeiten der Parteiverhältnisse ankommen lassen will, wird sich bald zeigen. Die „Kreujzeitung" hält daran fest, daß die Deutung, die man der Verabschiedung des unzweifelhaft hochverdienten Generals von Spitze gebe, willkürlich sei, hervvrgernfen durch das übergroße Interesse, das man für die Reform der Militär- Strafproccßordnnng habe: es liege kein Grund zur Annahme vor, daß diese Frage sich jetzt irgendwie so gestaltet habe, daß der Kriegsministcr ihretwegen von seinem Amte znrürttreten müßte. Ueber die Militär-Straigerichtsvrdnnng seien die Ver handlungen im Wesentlichen abgeschlossen. Berlin, 28. April. Aus zwei Punkte wird hingewiesen, an die, wie man versichert, sich Schwierigkeiten von ernstlicher Bedeutung für die Gestaltung unserer inneren Lage anknüpfcn könnten: die Stellung des Gouverneurs in Deutsch Ostafrika zu der Schutztrnppc und die Reform der Militärstra'proceß- orduung. Die erste Angelegenheit soll inzwischen bereits eine befriedigende Lösung in der Weise erhalten haben, daß dem Gouverneur zugleich auch die Cvmmandogewalt über die Schutz truppe übertrage» ist. Unklarer liegen die Dinge in Bezng aus die zweite Angelegenheit. Es ist bereits hervvrgchoben, daß die Verabschiedung einiger Generale, die noch rüstig und selddieusttüchtig waren, vielfach mit der Verzögerung in Zu- fammenlMg gebracht wird, welche die Einbringung der bereits in Aussicht gestellten Reform des Militärstrafprocciies erfahren hat. Ob diese Annahme richtig, ist keineswegs unanftchtbar. Früher bereits, nnd auch jetzt noch in visiciösen Blättern wird wenigstens in Bezug aui die Generale v. Blume und v. Schlichting bestritten, daß deren Rücktritt irgend etwas mit jener Reform zu schaffen habe. Daß ein grundsätzlicher Wechsel in der Stellung zu der Frage der Militärstrasproeeßreiorm auch ernstliche politische Consequenzcn nach sich ziehen müßte, bedarf nicht erst der Betonung nach der Art, wie der jetzige Kriegsminister sich für das Zustandekommen der Reform ver- > 12. Artillerieregiment Amtshauptmaunschsst Meißen links der Elbe und das 28. Artillerieregiment ÄmtShauptmannschasten Großenhain und Meißen rechts der Elbe, — Zu besonderen Cavallerieübungcn werden bei Wurzen vom 18. bis mit 29' August zusammengezogen: 4. Gardecavalleriebrigade, bestehend aus Leibgardehusaren und 2. Gardeulanen (dieselben bctheiligen sich auch an der Kaiserparade am 3. September), 23. und 32. (königl. sächs.) Cavalleriebrigade, reitende Abtheilung des Feld- artillerie-Regtments Nr. 12, Pionierdetachement des Pionier bataillons Nr. 12. Einen internationalen Distance-Marsch von Dresden nach Treptow bei Berlin, Ziel Berliner Gewerbe-Ausstellung, ca. 200 km, veranstaltet an den Pfingst-Feiertagen, 24. und 25. Mai, der Distance-Marsch-Verein Berlin-Wien. Der Marsch geht von Dresden über Kötzschenbroda, Meißen, Großenhain, Elsterwerda, Liebenwerda, Jüterbogk, Luckenwalde, Trebbin, Großbeeren, Mariendorf und Britz. Zur Vertheilung gelangen für den Ersten ein silbernes, für die drei Folgenden drei broncene Ehrenzeichen, und die Uebrigen, welche innerhalb 43 Stunden das Ziel erreichen, erhalten ein Diplom. Oberlungwitz, 28. April. Heute Vormittag verkün deten die Sturmglocken den Ausbruch eines Schadenfeuers. Es ging die erst vor einigen Jahren neu erbaute Scheune des Fleischers und Restaurateurs Herrn A. Geßner in Oberdorf in Flammen auf. Das Feuer ist vermuthlich durch einen 7jähr. Knaben beim Spielen verwahrlost worden. Da neben großen Strohvorräthen auch Dreschmaschinen und Wagen verbrannt sind, sowie das stark gefährdete Hauptgebäude stark eingcwässert wurde, so dürfte hierdurch und durch die Räumungsarbeiten dem Betroffenen ein bedeutender Schaden erwachsen sein. In Mittelbach hat sich zur Weihe der am 1. Mai d. I. zu eröffnenden Haltestelle ein Festausschuß gebildet und folgende Festordnung aufgestellt: 1. Vorm. 10 Uhr gemein- schaftl. Fahrt von hier nach Höhlteich und zurück. 2. Be grüßung der Gäste an der Haltestelle (1 Uhr). 3. l/zZ Uhr Festtafel im oberen Gasthof. 4. Ball für Festtheilnehmer und Gäste. Hoffentlich wird diese neue Verkehrsstelle sich einer regen Benutzung erfreuen. Von den zu Mülsen St. Micheln infolge Vergiftung erkrankten sieben Personen sind jetzt weitere zwei, im Ganzen also vier, verstorben. Die beiden ersten Opfer wurden vor gestern unter großen: Andrange beerdigt. In der Herrmann'schcn Bäckerei in Kaufungen wurde vor einigen Tagen ein Einbruchsdiebstahl verübt, wobei dem Spitzbuben 15 Mark in die Hände fielen. Man vermuthet, daß ein Verwandter des Bestohlenen der Thäter ist, auf welchen die Gendarmerie eifrig fahndet. Ein bedauerlicher Unfall hat sich in Laut« zugetragen. Der 09 Jahre alte Gutsauszügler Kreher, der mit seinem Sohne einige Fuhren Bretter, die zum Bau einer Scheune verwendet werden sollten, aufgeschichtet hatte, wurde von dem plötzlich zusammenstürzcnden Stoß Bretter derartig schwer verletzt, daß er am Sonnabend Mittag seinen Verwundungen erlegen ist. Ein eigentlicher Fall ereignete sich in einem Strickerei geschäft in Plauen. Aus Uusinn war ein verheiratheter Arbeiter in eine Kiste gestiegen, die von der Höhe feines Körpers war, so daß er mit dem Kopfe den oben aufgelegten Deckel berührte. Ein anderer Arbeiter schlug zum Scherz mit einer Pfoste auf den Deckel. Aber der Schlag war so stark, daß der in der Kiste stehende Mann bei dem starken Prall auf seinen Kops sofort eine Leiche war. Der Bau des ueuen schönen Schulgebäudes in Johann- georgenstadt ist dein Baumeister Puschmann dort selbst, der auch die Pläne entworfen hat, für den Preis von etwas über 192,000 Mk. übertragen worden. Die Bauarbeitcn sollen Michaelis 1897 beendet sein. Andere Bewerbungen um deu Bau waren nicht eingegangen. Das Schulgebändc erhält Centralhcizung. Die Einwohnerschaft der Stadt Grimma lebt jetzt in ' beständiger Angst, denn noch immer hat sie unter der Thätig- keit eines Brandstifters zu leiden, der es hauptsächlich auf die den zahlreichen Rittergutsbesitzern gehörigen Scheunen abge sehen hat. Binnen Jahresfrist sind dort 17 Scheunen ein Raub der Flamme« geworden. In allen Fällen konnte die Feuerwehr nur die Deckung der Nachbargcbäude ausführcn. Ein eigenartiger Streik scheint in Wurzen auszubrechen. Den dortigen Vereinen ist von Seiten der dortigen Saalbesitzer i ein Beschluß übermittelt worden, dahin gehend, daß dieselben gesonnen sind, ihnen in Zukunft das Recht der eigenen Ver- waltnng der Garderobe fzu versagen und die Uebcrnahme der- selben selbst zu besorge». Daraufhin haben 24 Vereine in 1 einer gemeinschaftlichen Sitzung ihrer Vorsteher gegen das Ver- f langen der Saalinhabcr Protest erhoben und erklärt, daß sic > eventuell die Vereinsvergnügungen bis auf Weiteres aussetzen < würden. Ein Einwohner von vlafewitz hatte emc Forderung von 153 Mack an die Vincentfche Concursmasse (Parkhotel) und bekam jüngst die Verständigung vom ConcurSvcrwalter, daß der ihm gebührende Theilbetrag gleichzeitig mitfolge. Das betreffende Werthpapier bestand in — einer 10-Pfeunigmarke. 5 Pfennig hatte sich der ConcurSvcrwalter bereits für Porto abgezogen und 15 Pfennige waren den: Gläubiger für seine 153 Mark zuerkannt worden. Es sind dies, wie der Anwalt als Erklärung hinzuaefügt, 0,00095016 Procent! In dem Proceß gegen den Freiherrn v. Schorlemer-Ast zu Großenhain, der sich bekanntlich seit etwa drei Monaten wegen Wechselfälschungen im Dresdner Untersuchangs-Gefängniß befindet, ist die Voruntersuchung in den letzten Tagen abge schloffen und die Erhebung der Anklage beschlossen worden. Der Proceß wird bereits in nächster Zeit vor der I. Straf kammer des Landgerichts Dresden stattfinden. Die Wechsel- sälschungen des Freiherrn v. Schorlemer belaufen sich auf etwa 80 000 Mark, während sich seine gesammte Schuldenlast auf über 200000 Mark bezifferu soll. Seme Gattiu befindet sich mit ihm im Scheidungsprocesse; dieser dürfte in kurzer Zeit zur Entscheidung gelangen. In Triebes (Reuß) ist die Wittwe St., welche sich eiu sogen. Lieblingshündchen gehalten, am vergangenen Sonnabend nach längerem Krankenlager am Hundewurm gestorben. Nach ärztlichen: Befund traten die Krankheitserscheinungen besonders am Rückenmark auf. Auf nuferer Seite find gefallen LieMeuelrft Lampe,' -FabriKefttzee Schmidt, Sergeant Bannach, die Reiter Fendger, Exner, Lad wig, Edisch und Ludwig; schwer verwundet wurden Sergeant Fischer und Jnsat. Die Rebellen verloren 46 Todte, darunter Capitän Lambert. Oesterreich-Ungarn. Wien, 28. April. Die Bürgermeistcrneuwahl ist aus den 6. Mai anberaumt. Frankreich Paris, 28. April, lieber deu gegenwärtigen Stand der Neubildung des Crbinets verlautet, es sei sicher, daß Möline den Vorsitz mw den Ackerbau, Barthou das Innere, Hanotaux das Aeußere, Cochöry die Finmze», Dcschant die Colonien, Andrö Lebon den Handel nnd General Billot das Kriegs- ministerium übernimmt. Sehr wahrscheinlich sei, daß Darlan die Justiz, Admiral Besnard die Mariae und Vallö die öffent lichen Arbeiten übernehmen werde. Zum Minister des öffent lichen Unterrichts werde ein Senator, wahrscheinlich Nan,band, ernannt werde». Die Er»cun»»g des »emm Ministeriums werde erst Donnerstag in: „Journal vificiel" veröffentlicht werden; an demselben Tage wird dsS Ministerium, das die Verantwort- lichkeit für de» 1. Mai nicht ablehnen und daher an diesen: Tage in: Amte sein will, sich der Kammer vorstcllen. Paris, 28. April. Vv» den Morgenblättern äußert sich der „Radical" dahin, ei» Cabinet Moline sei ebei: so sehr gegen die Kunmcrmehrbeit, wie gegen das Volk gerichtet, oas durch die Molineschen Zolltarife verarmt sei. Der „Rappel" macht die drohende Bemerkung, Präsident Faure hat sich durch den Anschluß der Vertreter der Kammermehrheit vou der Ca- binetsbildung der ihn: durch die Verfassuug gewährten Deckung beraubt und setze sich persönlichen Angriffe» aus. Die „Justice" hofft, daß die Kammer Moline au: erste» Tage seines Er- schei»es im Parlamente stürze» werde; der „Figaro" hingegen schreibt: Man stürzt kein Ministerium an: Tage seiner Ge burt und an: wenigsten an: Vorabend des ersten Mai. Der „Gaulois" sieht eine baldige neue Krise voraus, die eiu Auf lösungsministerium Poincarö zur Folge haben werde. Paris, 28. April. Bei dein gestrige» Diner auf der türkischen Botschaft sagte Fürst Ferdinand von Bulgarien in Beantwortung eines Toastes des Botschafters Munir Bey: „Ich betrachte es, nachdem ich mich auf der Botschaft uuseres Reiches befiude, als meine heilige Pflicht auf die kostbare Ge sundheit des erhabenen Snzeräiis und das lauge Leben des Sultans mein Glas zu erheben. Paris, 28. April. Wie die Agcnce Havas meldet, hat der Sultan den Fürsten Ferdinand von Bulgarien zum ottomanischen Gcneral-Adjntanteii ernannt. Paris, 28. April. Bei dein gestrige,: Empfange auf der türkischen Botschaft zu Ehren des Fürsten Ferdinand, an welchen: säninitliche Botschafter und Gesandte theilnahmen, fiel die Ab wesenheit des päpstlichen Nuntius und des Doyens des diplo matischen Corps aus. Morgen Vormittag erfolgt die Abreife des Fürsten von Bulgarien nach Berlin. Das folgende Wort Ferdinand's wird erzählt: Als Faure ihm den Großcordon der Ehrenlegion übergab, sagte Ferdinand, nachdem er herzlich ge dankt: „Ich bin ein so neuer Fürst, daß ich uur das Ritter kreuz erhalte» sollte"! England. Lvndo», 28. April. In: Untcrhause theilte Staatssecretär Chamberlain mit, er habe ein Privattelegramm erhalten, dessen Richtigkeit unzweifelhaft sei. Dari» wird mitgcthcilt, daß fünf Führer des Johannesburger Refvrmcomitös zum Tode vcrur- theilt wordeu smd. Nach Empfang dieser Nachricht habe die Regierung an den Gouverneur Robinson folgendes Telegramm gesandt: „Uebcrmittclt dem Präsidenten Krüger folgende Botschaft: Die britische Negierung hat soeben erfahren, daß das Tvdesurtheil über die Hauptführcr verhängt worden ist. Die Regierung zweifelt nicht, das Euer Ehrwürden das Urtheil umänderi: werden und hat dein Parlament die Versicherung gegeben, daß dies ihre (Überzeugung hinsichtlich der Absicht Ew. Ehrwürden sei". Aus weitere Auflagen erklärte Chamber lain, cs sei stets zweifelhaft gewesen, ob die in Frage kommenden Persönlichkeiten unter den: in Transvaal geltenden Gesetz oder nach römisch-holländischen: Gesetz vor Gericht gestellt werden. Sei letzteres der Fall, so könnten sie zum Tode verurtheilt werde». Die Führer, um die es sich handele, seien Oberst Rhodes, Philipps, Hmrar u,:d Hammond, der amerikanischer Unterthau ist; der Name des stutzten sei ihm entfallen. — Die Mittheilung Chamberlains wurde schweigend ausgenommen. Trotzdem Großbritannien in den letzten Jahren und ganz besonders Monaten von seinem Ansehen gar manches eingebüßt, hat e» sich doch bisher einen Ruhm ungeschmälert zu bewahren gewußt, nämlich den, die geschicktesten Diebe zu besitzen, und zwar sowohl auf der »bersten als untersten Sprosse der gesell schaftlichen Leiter. Die englischen Taschendiebe erfreuen sich eines Rufes iu der ganzen Welt, aber auch der Diebstahl im große:: findet dort feine berufensten Apostel. Wenn irgendwo ein großer Conp ausgeführt wird, auch fern von den britischen Gestaden, so setzt jeder stets voraus, daß englische „Künstler" ihre Hand dabei im Spiele gehabt, und gewöhnlich nicht fehl. So zweifelte man z. B. nicht daran, daß die der Gräfin von Flandern entwendeten Juwelen in britische Hände gefallen und nach London gewandert seien, und die Ereignisse haben diese Vermuthung sehr bald bestätigt. Nicht als ob dieselben dort gefunden worden oder die Steine der kostbaren Schmucksachen von hier aus an den Markt gelangt wären, aber man weiß jetzt, daß dieselben sich in den Händen eines Londoner Bankiers befinden, der die Natur des ihn: anvcrtrauteu Depots natürlich gar nicht kennt. Kurz nach den: Diebstahl wurde nämlich, so heißt es wenigstens, einen: Vertreter der Diebe durch deu Grafen von Flandern sder Vorschlag gemacht, die Juwelen von ihnen zurückzukaufen; und zwar bediente letzterer sich zu diesem Ge schäft der Vermittelung eines Brüsseler Bankiers. Dieser unter nahm mehrere Male deshalb die Reise nach der englischen Hauptstadt, mußte aber unverrichteter Sache wieder heimkehren, da der geforderte Preis ein übertrieben hoher war. Auch bis jetzt kam weder ein Stein, noch eine Perle destSchnruckes zum Verkauf; derselbe ist intact und kann von dem Bruder des Königs Leopold jederzeit wieder in Besitz genommen werden, wenn er geneigt ist, dw verlangte Summe zu bewilligen. Ju welen nämlich, die so bekannt sind, wie die der Gräfin von Flandern, hüten die Diebe sich sehr, an den Markt zu bringen, und sie werden einzig und allein zu den: Zweck entwendet, um ie an ihren einstzgen Besitzer zurückzuverkaufen. Wenn dies :icht gelingt, bleiben sie lange Jahre in einer Bank ruhig liegen, um dann in: einzelnen nach und nach untergcbracht zu werden, war immer seine Gefahr hat, da hervorragendere Steine den pflichtet hat, und nach der einmülhigen Haltung, welche das gesammte jetzige Ministerium eingenoinmc» hatte, als in: vorigen Jahre in die Vorgänge, die den Rücktritt des früheren Mi nisters des Inneren, Herrn v. Köller, zur Folge hatten, auch die Frage der Militärstraiprvccßvrdmmg mit hineinspielte. Damals hatte sich das gesammte Ministerium für solidarisch in dieser Frage erklärt, und sie ist nicht von der Art, daß sich in Bezug auf sie von heute zu morgen ei» Meinungswcchsel er warten ließe. Wer ihn dennoch für nothwendig hielte, der müßte sich gewärtig halten, daß er neben dein Rücktritt des Ministeriums doch noch Verwickelungen anderer Art nach sich ziehen würde, die nicht leicht zu nehmen ist. Nahezu eimnüthig ;at sich der Reichstag für eine Aenderung der Militärstraf- proceßordnung ausgesprochen. Die Mehrheit für einen dabin- zehcnden Antrag, der in den 70er Jahren bereits vor dem nativnalliberalcn Abgeordnete» v. Bernuth gestellt wordeu war, ist vou Jahr zu Jahr gewachseu. Mit dieser Thatsache würde jeder neue Reichskanzler und Ministerpräsident rechnen müsse», und sie fällt um so mehr ins Gewicht, als eine große Zahl, vielleicht die Mehrzahl, der Bundesregierungen in dieser Frage auf der Seite des Reichstags steht. Je klarer diese Thatsache lervorgehobcn wird, um so eher ist zu erwarten, daß sie in hrcr Bedeutung auch richtig an den entscheidenden Stellen ge würdigt wird, und um so eher ist zu erwarte», daß es gelingt, der Schwierigkeiten ohne ernste Verwicklungen Herr zu werden. Berlin, 28. April. Am 5. April haben starke Abtheilungcn Khauas-Hottentottcn im Verein mit Damaras und Nikodemus Kanimema den Hanptmaun Estorfs und 50 Reiter bei Goba- bis (Südwest-Asrika) zweimal angegriffen. Beide Angriffe wurden, nachdem es znm Handgemenge gekommen war, sieg reich abgeschlagen. Die Rebellen waren modern bewaffnet. Die Besitzer der großen Werkdruckereicn sind in eine fatale Lage gerathen. Um einen Streik vorzubcngcn, haben sie den Gehilfen eine Lohnerhöhung zugestandcn. Nun erklären jedoch eine Anzahl maßgebender Leipziger Aerlagsbuchhänd- lcr, es fiele ihnen nicht ein, höhere Preise stir den Druck ihrer Bücher zu zahlen. Der Buchhandel habe mit genug Schwierig keiten zu kämpfe» und könne neue Lasten nicht vertragen, während die Biichdriickergehilfen jetzt schon z» den bcstbczahltcii Arbeiter» gehört hätten. Die erwähnte» Buchhändler fordern alle Be rufsgenossen aus, sich ebenso zu verhalten. Da die Buchdruckerei- besttzer den Lohnzuschlag aus der eigene» Tasche auch nicht zahlen können, so wird die Folge sein, daß zahlreiche Ansträge :ns Auslaird wandern. Die größeren Buchdruckcrcien beeilen sich mit der Anschaffung von Setzmaschinen. Alles in allem scheint die letzte ungerechtfertigte Streikbewegung sich für die Buchdruckergehilfen zum Schaden zn gestalten. Unter den: Vorsitz des Herrn Oberbürgermeister Ur. Georgi fand gestern Abend eine Sitzung des weiteren Comitös für Errichtung eines Palinengartens in Leipzig statt. Stach dem Vorschläge des engeren Comitös wurde beschlossen, den Palmcn- garten aus dem Kuhthurmareale zur Ausführung zu bringen; es wurde ein Aufsichtsrath gewählt, der die Gründnng der Aktiengesellschaft formell in die Wege leiten soll. Finanziell ist das Unternehmen vollständig gesichert, so daß seine baldige Ausführung bevorsteht. Bei dem lebhaften Interesse, mit dem man in weiten Kreisen der Errichtung eines Palmengartens in Leipzig entgegensieht, wird diese Mittheilung freudig begrüßt werden. Der Pillnitzer königliche Garten birgt eine Pflanze von gewaltiger Größe, es ist dies die älteste „Camelie des Konti nents", die sich jetzt im vollsten Blüthcnschmucke zeigt. Sticht alle Jahre kann man eine solche Blüthensülle des Baumes be wundern, der von kunstgeübter Hand sorglich gepflegt wird. Jedem Blumenfreunde sei eine Besichtigung dieser Camelie empfohlen.
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