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ZeilM M IfjeliKm-LriiWiiler KMÜliitt Amtslilntt. Nr. 102. Sommbcnd, den 5. Mai 1900. 1. Beilage. Zn amr in 8laWhri>i!ciiÄlI>milW des KiiWii ÄWNM. Kronprinz Wilhelni des deutschen Reiches und von Preußen vollendet am bevorstehenden Sonntag st in 18. Lebensjahr, womit der älteste Sohn Kaiser Wilhelms und der Kaiserin Auguste Victoria gemäß dem Hohenzollern'schen Hausgesetze die Volljährigkeit erlangt. Der jngendliche Prinz, welcher nach mensch lichem Ermessen bestimmt erscheint, dereinst die deutsche Kaiser- und zugleich die preußische Königs krone zu tragen, ist) bis jetzt verhältnißmäßig nur wenig in der Oeffentlichkeit hervorgetreten, welche Zu rückhaltung allerdings auch der Tradition bei den minderjährigen Prinzen des Hohenzollernhauses voll kommen entspricht. In jahrelangen, angestrengten Studien hat er sich unter Leitung ausgezeichneter Lehrer ein vielseitiges gediegenes Wissen und hierdurch die Grundlagen sür sein künftiges verantwortungs reiches Herrscheramt erworben, und man kann wohl sagen, daß dem jungen Fürstensohne in dieser Periode eifrigen Lernens und Strebens gerade nicht allzuviel Muße zur geistigen wie körperlichen Erholung ver gönnt gewesen ist. Der bestimmte Wille Kaiser Wilhelms, welcher den Thronerben in einer nach jeder Beziehung hin strengen Schule erzogen wissen wollte, war selbstverständlich maßgebend sür den festgeregelten und arbeitsvollen Studiengang des Kronprinzen, letzterer selbst ist jedoch mit schönstem Erfolg bemüht gewesen, den an ihn gestellten nicht gewöhnlichen An forderungen nachzukommen, unterstützt durch eine hervorragende geistige Begabung wie durch einen eisernen Fleiß. Vor Knrzem konnte denn auch der junge Fürstensohn seine Studien an der Plöner Kadetienanstalt, die er dort in den letzten Jahren ge meinsam mit seinen Brüdern Eitel Fritz und Adalbert betrieb, mit dem rite abgelegten und vortrefflich be standenen Abiturientenexamen vorläufig abschließen; seitdem ist er nach Potsdam übergesiedelt, und hier, in der zweiten Residenzstadt der preußischen Könige, die vor Allem geweiht ist durch die Erinnerungen an den großen Friedrich, wird Kronprinz Wilhelm nun mehr mit eigenem Hoshalt residiren, wie solcher seiner Stellung zunächst dem Throne entspricht. In die Rechte und Pflichten derselben wird nun der Erbe des deutschen Kaiser und preußischen Königsthrones mit der am 6. Mai am Berliner Hofe vor sich gehenden Feier seiner Großjährigkeitserklärung officicll eingeführt, und die Bedeutung dieses Ereignisses spricht sich schon hinlänglich durch dessen festgesetzte ungemein prunkvolle äußerliche Begehung aus. Speziell aber erhält diese besondere Berliner Hoffcstlichkeit ihre ein drucksvolle Umrahmung durch den förmlichen Congreß von Fürstlichkeiten, welcher sich aus Anlaß der Voll jährigkeit des deutschen Kronprinzen am kaiserlichen Hof versammeln wird. Wohl fast die fämmtlichen europäischen Herrscherhäuser entsenden ihre Vertreter zu dieser Feier, wodurch sich dieselbe gleichsam zu einer imposanten Bekundung der Eiumüthigkeit der Dynastien Europas, zugleich allerdings auch — und das ist für uns Deutsche gewiß noch werthvoller — zu einer abermaligen Anerkennung der Weltmachts stellung des deutschen Reiches gestaltet. Am bedeut ungsvollsten indessen ist zweifellos der Umstand, daß Kaiser Franz Josef selber zum Ehrentage seines er lauchten Palhenkiude-, des Kronprinzen, in Berlin erscheint, da der greise Monarch lebhaft wünschte, den selben persönlich zn beglückwünschen. Ganz sicherlich prägt sich in diesen Besuche des österreichischen Herr schers nicht nnr die fortdauernde Intimität in den persönlichen Beziehungen zwischen den Höfen von Berlin und Wien, sondern auch der unerschütterliche Weiterbestand des festen politischen BnndeS zwischen dem deutschen Reiche und Oesteireich-Uugarn aus, dieses nach wie vor eigentlichen Bollwerkes des euro päischen Friedens seit schon mehr als zwanzig Jahren. Und wenn König Hnmbert von Italien den Kron prinzen Victor Emanuel als Vertreter des italienischen Königshauses bei der bevorstehenden Feier am Berliner Hofe entsendet, so erfährt hiermit der Besuch des österreichischen Kaisers in der deutschen Reichshaupt- stadt seine bedeutsame Ergänzung in der Richtung der hiermit erneut vor aller Welt bekundeten Fort dauer der segensreichen mitteleuropäischen Tripelallianz. Im Hinblick auf die feierliche Erklärung dec Großjährigkeit des deutschen Kronprinzen erscheint es durchaus begreiflich, daß man sich in ddn weitesten Kreisen lebhast mit der Frage beschäftigt, zu welchen Hoffnungen der Erbe der deutschen Kaiserkrone be rechtigt. Ein mit Hofkreisen in Vrrbiuöuug stehendes süddeutsches Blatt entwirft nun in kurzen Zügen ein ungefähres Bild vom Wesen des deutschen Kronprinzen auf Grund von Aussagen ebenso glaubwürdicer wie wohlunterrichteter Personen. Sein Auftreten, so wird hier erzählt, ist frei vvu jeder Betonung des Bewußt seins seiner zukünftigen Stellung. Er kehrt weder im Verhältniß zu seinen Brüdern, noch im Umgang mit irgend welchen minder bevorzugten Sterblichen den künftigen Herrscher hervor. Den Grnndzug seines Wesens bildet eine ungezwungene, vornehme Liebens würdigkeit, und die Art seines Anftretcns berührt durchweg sympathisch. Von den an der geistigen Aus bildung des Prinzen betheiligten Persönlichkeiten wird ihm übereinstimmend eine gute Auffassungsgabe, Selbst beherrschung und schnelles ZureclMuden in gegebenen Verhältnissen nachgerühmt. Die Kenntnisse des Prin zen gehen über das Dnrchschnittsmaß der wisseusch Et lichen Vorbildung gleichalteriger Gymuasi llabiturienten erheblich hinaus. Es braucht nicht verschwiegen zn werden, daß es wesentlich ans den Einfluß des Kaisers selbst zurückznsühren gewesen ist, wenn der Rath der Erzieher des Kronprinzen zur Anerkennung gelangte, die wissenschaftliche Vorbildung, die ihm und seinen ihm im Alter am nächsten stehenden Brüdern zutheil werden sollte, nicht in Potsdam, reP. B.rlin ihrem Abschluß entgegenzuführen, wo das Maß der zuträg lichen Zerstreuungen schwer zn controliren gewesen wäre, sondern in Plön, wo sich viel eher die Mög lichkeit bot, die sür die Erholung zu bistimmeude ZOt in richtigen Einklang zu bringen mit den nicht geringen Anforderungen des Unterrichts; denn in verhältniß- mäßig kurzer Zeit mußte der Anschluß an die übliche Vorbildung zur Universität erreicht werden, die für den Kronprinzen sich nicht einfacher, sondern eher i och anspruchsvoller gestaltete als für andere Abiturienten. Der Kaiser, der wie von jeher auch während der ganzen Plöner Ausbildungszeit des Kronprinzen den einschlägigen Ecziehungsfragcn die ernsteste Aufmerk samkeit zuwendele, bewahrte den einmal von ihin ge wühlten Erziehern und Lehrern fortgesetzt sein Ver trauen und nah::: an der ungestörten Durchführung des Unterrichts ein Juten sse, dem die nach sachver ständigem Uriheil sehr günstig ausgefallenen Schluß ergebnisse in erster Linie zu verdanken sind. Gesund an Leib und Seele, verspricht der Kronprinz auch in seiner ferneren Entwickelung umsomehr den Erwartungen derer, denen sein Wohl am Hrrzeu liegt, insbesondere seiner kaiserlichen Eltern, seiner Verwandten und aller, die sich beruss- uud pflichtmäßig mit der Unterstütz ung seines Studienelfers befassen, gerecht zu werden, als er in seinem Wesen schon jetzt etwas Reifes, in sich Gefestigtes ei kennen läßt, etwas von dem „An sich halten können" der Hohcnzollcrn, das namentlich bei seinem kaiserlichen Urgroßvater so überaus charakteri stisch in die Erscheinung trat. Wie jeder junge Deutsche wird der Kronprinz zunächst ei» Jahr laug Militär dienste thun nud dann die Universität beziehen. Landtag. Dresden, 2. Mai. Die Zweite Kammer nahm heute den Gesetzent wurf zur Ausführung der Zivilprozeßordnung und Konkursordnung in Schlußberathung. Die Deputation beantragt, den Gesetzentwurf mit unw-seutlichcu Ab- änderungni zu genehmigen. In der Debatte stellt Abg. Dr. Schill zwei Anträge, die u. A. bezwecken, unter denjenigen juristischen Personen des ösfenllich.n Rechtes, gegen welche die Zwangsvollstreckung gewissen Beschränkungen unterworfen werden soll, auch die Be- zirksverbäude mit aufzuuehmen. Ter ganze Entwurf wurde mit den Anträgen Schill einstimmig verab schiedet. Hierauf verwilligte die Kammer die zur Er bauung einesFeruhciz-nndElektrizilätswerks in Dresden- Altstadt geforderten 1992000 Mk. und genehmigte die Einnahmen mit 148400 Mk. uud die Ausgaben mit 81360 Mk. Ferner verwilligte die Kammer zur Herstellung a) einer normalspurigen Nebenbahn von Siebenbrunn nach Markneukirchen 1186000 Mk., 6) einer schmalspurigen Güterbahn von Nebitzsch.n nach Kroptew'tz 509000 Mk., c) einer schmalspnugen Nebenbahn von Bühlau nach Dürröhrsdvrf 2000000 Mk., 6) einer schmalspurigen Nebenbahn von Wils druff über Miltitz und Leubrn nach Gadcwitz 2448000 Mk. terste Rate), e) einer elektrischen Straßenbahn von Dresden-Cotta über Niederwartha nach Kötzschen- broda 1420000 Mk., l) einer elektrischen Straßen bahn von Dresden-Plauen nach Deubm unter Ver längerung bis Hainsbcrg 1620000 Mk. und ^Her stellung des zweiten Gleises ans der Linie Dresden- Elste: Werda zwischen den Stationen Weinböhla nnd Böhla 620000 Mk. — Weiter beschloß die Kammer nach den Anträge» der Deputation: die Regierung zur Ertheilung der Eut'igunugsbefugniß zu Guusteu der mit clcktrycher Kraft zu v-treibeudeu Straßenbahnen Hohenstein-Ernstthal-Oelsnitz i. Z, Oberhermsdvrf- Oberlnngwitz- Wüstenbraud, Loschwitz-Pillnitz, Laube gast - Kleinzschachwitz - Niedersedlitz und Niedersedlitz- Kreischa sowie der dabei für erforderlich zn erachtenden Anschlußgleise zu ermächtigen und die zn den ver schiedenen Projekten eingegaugenen Petitionen theils der Regierung zur K imtnißnahme zn überweisen, tlpils auf sich beruhen zu lassen bez. dnrch die Be schlußfassung für erledigt zu erklären. Endlich beschloß die Kammer, für Errichtung einer Erziehungsanstalt sür blinde nnd schwachsinnige Zöglinge in Chemnitz, auf die eingestellten 4333000 Mk. außer den bereits sür die Arealerwerbung bewilligten 250000 Mk., als erste Baurate 1083000 Mk., für die Errichtung einer neue» Strafanstalt für Gefüngnißsträflinge in Bautzen unter Abminderung des eingestellten Betrages von 3090000 Mk. ans 3080000 Mk. den Betrag von 1500000 Mk. als erste Rate zu bewilligen und außer den sür Arealerwerbnng für das Kcaukenstist Zwickau bereits bewilligten 185000 Pik. noch den Betrag von 1103200 Mk. nnd zwar unter Streichung von 22800 Mk. für Erbauung eines Schulhauses bei der Anstalt Hochwcitzschen uud vvu 5000 Mk. für Erweiterung der Anstalt Untergöltzsch, sowie der Wasserleitu g da selbst, zu bewilligen. Der Krieg um Transvaal. Tie englische Berichterstattung ist wieder recht lückenhaft geworden — es ist das immer ei» Zeichen, daß bei de» englischen Operationen nicht Alles klappt. Die englischen Zeitungen versicherten zwar gestern, daß Lord Roberts wieder einen großen Schlag vor- bcreite, die gestrigen Telegramme ließen aber durch- olicken, daß die Buren den Hieb zn pariren verstandet'. General Dickson verlor, wie zu lesen war, seinen Proviant und die Wasserwagen und mußte sich „vorsichtig zurückzieheu". Was es mit dem Umzingelungsversuche der Engländer im Weiteren aus sich hat, ergiebt sich ans dec folgenden neuen Nachricht: Londott, 3. Mai. Der Daily News wird aus Blumfonteiu telcgraphirt: Oberst Henry marfchirte mit dem achten und vierte» Corps berittener Infanterie vvn Sypfoiitein nach Osten, damit die Generale Broadwood rmd Hamilton ans dem fernen Osten die Bnren nmzingeln könnten. General Maxwell avaucirte von Krantz Kraal, um sie von Süden zn umzingeln. Oberst Henry traf nach fünf Meilen auf eine stark überlegene Vnrentruppe, welche ihn auf einige Kopjes drei Meilen westlich zurücktricb, die Bure» fügten rapid, doch gelang es den Engländern, sie in Schach zu halten. Der Umzi»geluiu,sversuch der audereii Colonnen scheiterte, und Oberst Henry gelangte schließlich ins Lager zurück. London, 3. Mai. Feldmarschall Roberts tele- graphirt, daß General Hamilton am 1. Mai einen beträchtlichen Erfolg gehabt und den Feind mit einem verhältnißmäßig kleinen Verlust aus einer starken Stellung bei Hvntuek vertrieben habe. Tie Bnren hätten sich ostwärts uud nordwärts zerstreut. Tie Engländer hätte» 26 Gefangene gemacht, unter denen ei» Cvlumandaut und 16 verwundete Buren sich be fänden. Hamilton befindet sich in Jaeobsrust, wo er sich eine» Tag aufhalte, um seine Truppen nach dem 7 tägigen Kampfe ausruhen zu lassen. Wie der Feind zugestehe, habe er 12 Tobte uud 40 Verwundete ge habt, von denen 21 dem Ausländercorps angehörten. Der russische Commandeur des Ausländercorps, Maximed, sei verwundet. Unter den Tobten befindet sich angeblich ein deutscher Leutnant und 2 Franzosen. Lord Roberts fügt hinzu: Ich habe h ute zu parisiren besohle». Broadwoos Cavallericbrigade kam gerade zu rechter Zeit, um durch Bedrohung der feindlich.» Arrioregarde werthvolle Dienste leisten zu könne». Nachmittags stieß auch die Brucesche Jufauteriebrigade zu Hamilton. London, 3. Mai. Amtliche M>ldu»g. Leutnant Günther, ein Ossicier vom deutschen 55. Regiment, der auf Bärenfelle focht, ist am Dienstag gefallen. Prötoria, 1. Mai. (Meldung des Reuterschen Bureaus.) Wie ein amtlicher Kriegsbericht meldet, haben die Verbündeten am 28. April östlich von Thabanchu 9 Gefangene gemacht nnd 10 Pferde er benlet. Am 30. April zeigte sich eine britische be rittene Abtheilung in der Nähe von Braudfort. Die Verbündeten griffen dieselbe von zwei Seiten an uud zwangen sie zum Rückzug. Auf Seiten der Ver bündeten, die 11 Gefangene machte», sind zwei Man» leicht verwundet. Einer anderen Meldung zufolge hatten die Commarrdos von Wakkerstrom und Ermclv ein Gefecht bei Brandfort. Nach dem scharfen Kampf wurden 11 Gefangene gemacht. Die Engländer ließen 19 Todte auf dem Felde, daruuter Kapitän Liddy. Tie Verbündeten hatten einige Verwundete. Gestern früh wurde von den Engländern bei Fonrteenstream wieder ein heftiges Bombardement eröffnet. LoerDott, 2. Mai, Abends. Feldmarschall Ro berts meldet aus Blumfonteiu von heute: Von Oberst Baden-Powell eingegangener Mitthcilung zufolge befand sich am 20. April in Mafeking alles wohl. Ein baldiges Ende des Krieges wird jetzt wieder von verschiedenen Seiten angckündigt. So berichtet mau aus dem Haag: Die Bemühungen der Königin Wil helmine, die Intervention des Czarcu hervorzurufen, sind ergcbnißlos gewesen. Die Burcugcsandtschast erachtet daher Vie Washingtoner Reise als den letzten Rettungsanker.