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WMner TMM. Geschäfts-Anzeiger iür Hohenstein-Ernstthal, Oberlungwitz, Gersdorf, Lngau, Hermsdorf, Bernsdorf, Langenberg, Fallen, Langenchursdorf, Meinsdorf, Rußdorf, Wüstenbrand, Grüna, Mittelbach, Ursprung, Leukersdorf, Seifersdorf, Erlbach, Kirchberg, Pleißa, Reichenbach, Grumbach, Callenberg, Tirschheim, Kuhschnappel, St. Egidien, Hüttengrund u. s. w. Nr. 254. Anm Reformationsfest. Das diesjährige Reformatwnsfest fällt in eine Zeit, wo die confessionellen Gegensätze zwischen ultramvntan-römischem Katholicismus und lutherischem Protestantismus wieder einmal schroffer als sonst hervortreten, wahrlich nicht durch Schuld der Evangelischen. „Es kann der Beste nicht im Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbar nicht gefällt". Das anmaßende Wort des angeblichen Nachfolgers Petri ans dem Bischvfsstuhl zu Rom, welcher iu öffentlich und feierlich erlassenem Rund schreiben mit mehr als fragwürdiger Unfehlbarkeit die Be hauptung aufstellte, „Luther habe zuerst in Deutschland die Fahne des Aufruhrs erhoben und unheilvolles Gift der Irr lehre und Sittenverderbniß durch alle deutschen Länder ver breitet," hat in unserm evangelischen Volke einen berechtigten Sturm der Entrüstung entfacht, und von mehr als einer maß gebenden und berufenen Stelle aus maßvolle aber entschiedene, jedenfalls gebührende Zurückweisung erfahren. In solcher Zeit gewinnt aber auch das Reformationsfest in höherem Grade die Bedeutung eines feierlichen und lauten Protestes gegen die, wie wir sehen, unaufhörlich sich erneuern den, bald offenen, bald versteckten Angriffe und Uebergriffe römisch-hierarchischer Unduldsamkeit. Ihnen gegenüber schweigen, hieße die Fahne verlassen und die Wahrheit verlengnen. Gilt es ja doch nicht nur den Namen und das Gedächtniß jenes uns unvergeßlichen theuren Gottesmannes in Ehren zu halten, sondern auch die von ihm vertretene heilige Sache vor Ver unglimpfung zu schützen. Freilich würde es wahrhaft christ lichem Sinne und Geiste wenig entsprechen, Böses mit Bösem und Schinähwort mit Schmähwort zu vergelten, zumal solchen gegenüber, denen in so beklagenswerther Weise die Augen ge bunden sind; auch wäre damit der Sache des Evangeliums und unserer Kirche wenig gedient. Aber Rom muß es merken, daß das evangelische Deutschland allen derartigen Anfeindungen gegenüber nur desto fester und treuer für das hochheilige theure Erbe der Reformation einzustehen entschlossen ist. Und welches ist dieses Erbe? Es ist die Befreiung der Herzen und Gemüther von Menschensatzung und verderblichem Gewissenszwang; es ist die Rückkehr zum reinen und lauteren Gotteswort und zur Herzens- und Lebensgemeinschaft mit Gott durch Jesum Christum, den alleinigen Mittler des Heils; es ist die Rückkehr zu der als Gotteskraft erwiesenen und be währten alt-apostolischen Wahrheit: Gerecht und selig wird der Mensch durch Christum allein, aus Gnaden allein, durch den Glauben allein! Das ist's, wofür unser Luther als rech ter Gottesstreiter gekämpft und gelitten, woran unsere Väter Gut und Blut gewagt, und was sie ihren Nachkommen zu gleich treuem und gesegnetem Gebrauch überliefert und hinter lassen haben. Denn freilich, auch hier heißt's: Was du ererbt von deinen Vätern hast, erwirb es, um es zu besitzen! Rom's Macht und Uebermuth wäre nicht so groß, wenn der Abfall unter uns nicht so groß wäre. Möchte unser deutsches evan gelisches Volk es nie vergessen, daß das, was unsern Luther zum Reformator gemacht hat, nicht der Unglaube, sondern der Glaube eines in Gottes Wort gebundenen Herzens nnd Gewissens gewesen ist. Nur dann bereiten wir dem Namen nnd Gedächtniß Luthers Ehre und erweisen uns als rechte Kinder und Erben der Reformation, wenn wir in Glaubeus- muth und Glaubenstreue in Luthers Fußtapfen wandeln und gegenüber dem in unserer Zeit sich immer mächtiger regenden Geist, der stets verneint und alles herunterreißt, wie allem eitlen Menschenruhm und falscher Weltweisheit znm Trotz fest dabei bleiben: Mit unsrer Macht ist nichts gethan, wir sind gar bald verloren; es streit für uns der rechte Mann, den Gott hat selbst erkoren. Fragst du, wer der ist? Er heißt Jesus Christ, der Herr Zebaoth, und ist kein andrer Gott; das Feld muß Er behalten! Möchte dazu dieses Reformativns- fest uns gesegnet sein! sächsisches. Hohenstein, den 30. Oktober 1897. In dem Spielplan der kgl. sächs Landcslotterie tritt vom nächsten Jahre an insofern eine Acnderung ein, als das Loos, auf das am letzten Zichnngstage der 5. Klasse der höchste Ge winn fällt, zugleich eine Prämie von 200,000 Mk. erhält. Der höchste Gewinn in der kgl. säcbs. Landeslotteric beträgt also fernerhin im günstigsten Falle 700,000 Mk. Der niedrigste Gewinn der 5. Klasse ist von 265 Mk. auf 272 Mk. erhöht worden, dagegen sind u. A. 1l Gew inne zu je l 5,000 Mk. in Wegfall gekommen. In Einnahme und Ausgabe stehen sich die 5 Klassen der Lotterie mit 18,135,000 Mk. gegenüber. Da bei den nächsten Controlversammlungen Fnßmessungcn vorgenommen werden, haben die Mannschaften mit reinen Füßen zu erscheinen. Zuwiderhandelnde werden bestraft. Wie eine aus Braunschweig vorliegende Mittheilung be sagt, hat der Staatssccretär des Reichspostamts, v. Podbielski, Sonntag, den 31. Oktober 1897. in einem Schreiben an die dortige Handelskammer die Erklärung abgegeben, daß eine planmäßige Prüfung aller w!chtigen Fragen am dem Gebiete des Fernsprechwesens beabsichtigt werde. Sind die obwaltenden Verhältnisse nun auch nicht gerade dazu angethan, einem weitgehenden Optimismus Berechtigung zu verleihen, so finden die Hoffnungen der Geschäftswelt.am ein Bcsserwerden der Dinge durch dreie Braunschweiger Meldung doch immerhin eine willkommene Unterstützung. Daß die so genannte Bedürfnißfrage längst ihre Klärung gefunden, bedarf im Uebrigen keiner weiteren Commcntare. Ist es ja eine unleugbare Thatsache, oaß uns in Bezug auf die praktischen Einrichtungen des Fernsprechdienstes andere Länder bereits überholt haben und namentlich Schweden-Norwegen eine wahr hast mustergiltige Institution zu schaffen wußte, weshalb auch deutsche Beamte zu speeiellcren Studien inmitten deS Vcrkehrs- lebcns dorthin entsandt wurden. — Des Weiteren verlautet hinsichtlich der ins Auge gefaßten postalischen Reformen, daß die Erhöhung des Bciefgewichtes für einfache Briese am 20 Gramm bereits sestbcschlossene Sache sei. Der Landeskultstrrath giebt über den Saatenstand und die Ernte im Königreich Sachsen nachstehende allgemeine Uebcr sicht. Die Witterung in der Berichtszeit, 15. September bis 15. Oktober, wechselte Woche für Woche, und zwar waren die erste und dritte Woche zumeist regnerisch, kühl und windig, dagegen die zweite und vierte sehr schön, sonnig mit oit so n- mcrlicher Temperatur. Diese längst ersehnten schönen Tage wurden allenthalben aufs beste ausgenutzt, um am den Höhen lagen den letzten Rest des leider stark mindcrwerthigen Haiers einzubringen; dagegen konnte das Grummet noch nicht allent- hmbcn geborgen werden; besonders im Gebirge und im Vogt lande liegt noch viel draußen, verdirbt und wird höchstens zur Einstreu zu verwenden sein. Der Durchschnittsertrag beziffert sich auf das Hektar in Centnern in der Kreishauptmannschast Bautzen auf 36,6 Ctr., in der Kreishauptmannschast Dresden auf 40,0 Ctr., in der Kreishauptmannschaft Leipzig auf 48,5 Ctr, in der Kreishauptmannschast Zwickau auf 32,3 Ctr. und im Königreich bei 35 Angaben auf 38,9 Ctr. Infolge der un günstigen Witterung des Sommers und dadurch bedingten Verzögerung der Ernte mußte auch die Herbstsaatbestellung immer wieder hinausgeschoben werden und konnte, da auch das Wetter während derselben nicht anhaltend günstig war, noch nicht allenthalben beendet werden. Besonders sind die größeren Wirtschaften im Gebirge nnd im Vogilande noch sehr im Rückstände damit. Die bestellten Neusaaten sind zumeist schön aufgelamen, doch werden dieselben vielfach durch bedeutenden Schneckenfraß heimgesucht, vereinzelt derart, daß Neubestellung sich nothwendig machen wird. Die Rapssaat hat sich weiter kräftig entwickelt, doch hat auch sie vereinzelt durch Schnecken- sraß zu leiden. Die noch anstehenden Futter- und Zuckerrüben sowie Kohl und Kraut, werden wie im Vorjahre keine Massen erträge liefern, auch wird die Zuckerrübe infolge Mangels an Wärme geringen Zuckergehalt haben. Zumeist recht kräftig hat sich der Stoppelklee entwickelt und liefert schönes Grünfutter. Die Kartoffelernte ist nur in den Bezirken des Flachlandes mit Sandboden beendet, sonst allenthalben in v.llem Ganze. Das Ergebniß derselben ist aber sehr verschieden, im allgemeinen jedoch höher im Ertrag und besser in der Beschaffenheit, als nach der wenig günstigen Witterung erhofft werden konnte. Trockene Felder und Sandböden liefern gute, zum Theil hohe Erträge, während cui nassen und schweren Böden nur geringe Erntcmengen mit mehr oder weniger kranken Knollen zu ver zeichnen sein werden. Auch hängen die Erträge von einzelnen Sorten ab. Die höchsten Erträge liefern und der Witterung am widerstandsfähigsten zeigen sich abermals Magnum bonum, Reichskanzler, Professor Maercker, Imperator und blaue Riefen, während feinere Sorten und besonders die „Zwiebel" Mmder- erträge bei 20—80 Proe. kranker Frucht liefern. Der Durch- schnittscrtrag beziffert sich in der Kreishanptmannscha't Bautzen bei 6 Angaben auf 233,5 Ctr., in der Kreishanptmannscha't Dresden bei 12 Angaben am 299,2 Ctr, in der Kreishaupt mannschaft Leipzig bei 18 Angaben auf 270,3 Ctr , in der Kreishanptmannscha't Zwickau bei 13 Angaben au' 227,0 Ctr. und im Königreiche bei 49 Angaben aw 261,4 Ctr. gegenüber 2600 Ctr. im vorigen Jahre mit b's zu 75 Proe. kranken Knollen und 293 Ctr. bei kaum 1 Proc. kranken im Jahre 1895. Ausgedehntere Druschergebnisse liegen nur von wenigen Seiten vor, da die verspätete Ernte und Herbstbestellung bis jetzt wenig Zeit zum Dreschen übrig ließ. Im großen und ganzen bewegen sich die Angaben, znmcist nach Probe- und Saatausdrusch berechnet, in denselben Zahlen, wie im Sep temberbericht. — Der erste Frost, bis —3 Grad, ist bereits am 6. Oetober ausgetreten und scheint, wie aus einzelnen Bezirken berichtet wird, unter den Schnecken tüch'ig aufgeräumt zu haben. Das Abwendigmachen von Kunden durch unwahre Angaben als Betrug bezeichnet. Eine auch für das Handwerk wichtige Entscheidung hat das Reichsgericht dadurch getroffen, daß es das Abwendigmachcn von Kunden durch unwahre Angaben als Betrug im engeren Sinne des Strafgesetzbuches erklärte. Ein unbefugter Eingriff in den Bermögensstand der betr. Firma findet statt, wenn man mittelst Täuschung deren Kundcnstand abwendig zu machen sucht. Bedeutsam >st hierbei der besondere 2. Beilage Ausspruch, daß der Nachweis eines zweifellosen Schadens nichi cr'ordcrlich ist, sondern daß auch der fragliche Nutzen, welcher der Firma cnigangen ist, unter Umständen ihr aber geworden wäre, qcl:end gemacht werden kann. Gellern vormittag ' ZlO Uhr stürzte der beim Schieier- dcckermcistcr Sosiger in Oederan in der Lehre stehende 17 Jahre ulte Martin Sperl, aus Tütschcndon in Bayern ge bürtig, vom Dache des dem Obermeister Erler in Falkenau bei Flöha gehörigen dreistöckigen Neubaues und war sofort todt. Der Mörder der Dienstmagd Flämig aus Hinter- uhlmannsdorf ist bereits ins Landqcrichtsgefängniß ru Altenburg cingclicfert worden. Ec behauptet, die Flämig habe er nicht tödlen, sondern er habe ihr nur eins auswifchen wollen. Für den in Zwickau beabsichtigten Ban einer Lutherkirche sind von sechs der hervorragendsten Kirchenbaumeister Deutsch lands aus vorherige Einladung seilens des Kirchenvorstandes der Lntherkirchengemeinde dort Entwürfe eingegangen, die von der hierzu niedergesetzten Commission, der auch Baurath Roßbach-Leipzig und Geheime Baurath Professor Or. Wallot Dresden angehören, geprüft worden sind. Die Entwürfe sind hervorragende Arbeiten. Es finden zunächst noch Verhand lungen über die Kostenanschläge statt. Die Errichtung eines neuen Postgebäudes in Reichen bach, für welchen Zweck die St dt zur Nicderlegung des Häuserblockes am Königsplatz und der Zwickancrstraßc einen Beitrag von 120000 Mk. opfern wollte, ist als endgülrig ao- gelehnr zu betrachten. Aus wohlunterrichteter Quelle verlautet darüber, daß bei den Verhandlungen zwischen dem Reichspostamt und dem Reichsschatzamt es sich als unthunlich erwiesen habe, die zur Erwerbung der niedcrzulegenden Häusergruppe erforder liche Summe in den Etat für 1898 99 cinzustellen, und daß aus diesem Grunde die Rcichspostverwaltung sich in die Roth wendigkeit versetzt gesehen habe, von dem mit der Stadt Reichenbach abgeschlossenen darauf bezüglichen Kauf- und Tausch- vertrag zurückzutretcn. Diese Nachricht ist hier in allen Kreisen mit großer Verstimmung ausgenommen worden ES soll auf dem bisherigen Postgrundstück durch euren Um- und Anbau den Verhältnissen Rechnung getragen werden. Den Gerüchten über einen in Reichenbach i. V. ver übten Kindcsmord liegen, wie gemeldet wird, folgende Thatsachen zu Grunde. Die ledige Fabrikarbeiterin Tr. hat am 27. Oktober dieses Jahres abends in der 10. Stunde in der Wohnung ihres Vaters, Wiescnstraßc Nr. 54, einem Kinde weiblichen Geschlechts das Leben gegeben, ohne daß irgend welcher Beistand zugczogen worden wäre. Das Kind soll zwei Stunden nach der Geburt wieder verstorben sein. Eine vom Bruder der genannten Trommer daraufhin benachrichtigte verheirathete Schwester hat sodann erst die Hebamme Frau Seidel herbeigcruien. Die von dieser beobachteten Umstände lassen den Verdacht aufkommen, daß das Kind eines nicht natürlichen Todes gestorben, sondern ein Verbrechen an ihm verübt worven ist. Die Äindeslciche ist polizeilich beschlag nahm und in der Leichenhalle des Friedhofes untergcbracht worden, bis die sofort anfgenommcnen gerichtlichen Erhebungen Näheres über den Vorfall ergeben. Einen neuen schönen Namen, der für manchen Gesang verein pass n könnte, hat ein Plauener Verein entdeckt. Er nannte sich auf den Rath eines Spaßvogels „Melomania". Das Wort heißt auf Deutsch „Liederwahnsinn". Seit einigen Tagen befindet sich in Plauen i. V. ein Amerikaner, welcher die Fabrikation von Rollbooks nach Amerika hinüber zu ziehen wünscht und zu diesem Zwecke das Geheimniß der Appretur zu ergründen sucht. Derselbe ist — auffallenderweise in Begleitung des do mgen amerikanischen Kon sulS — bei verschiedenen Fabrikanten nnd Appraleuren er schienen, um einen Einblick in die Fabrikation zu erlangen. Als ihm dieser nicht gewährt wurde, hat er sich nicht gescheut, durch Befragung von Arbeitern und heimliches Eindringen in die Fabriken seinen Zweck zu erreichen. Ein Streik ist nntcr einem Theile der Technikumsschüler in Mittweiva wegen eines Lehrers ausgebrachen. Eine Versammlung der jungen Leute wurde von der Polizei aufgelöst. W Gestern Vormittag stürzte in Crimmitschau vom Dach eines Hauses ein Dachdecker herunter. Derselbe erlitt einen Bruch des linken Oberschenkels und der Kinnlade. Der Be daucrnswcrthe wurde nach dem Krankenhaus gebracht. Das Unglück soll durch den Bruch eines Dachsparren herbeigeiührt worden sein. Aus Ttauchitz wird geschrieben: Die Bevölkerung der hiesigenGegend befindet sich gegenwärtig wegen des Auslegens von Brandbriefen in Unruhe. Am Mittwoch Abend in im be nachbarten Blvßwitz das Rühleschc Hauptgut sammt dem Bei gut vollständig niedcrgcbrannt. Von letzterem war Ende August schon ein Seitengebäude infolge Blitzschlags cingeäschcrt worden. Der große Gutsbrand von Mittwoch dürste ebenso wie der Brand des Zocherschen Gutes in Dobernitz in voriger Woche aus Brandstiftung zurückzuführcn sein. Ein furchtbares Unglück mit tödtlichcm Ausgange und großemSchaden für dieBctheiligten trug sich auf dem Fahrwege