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24k, 2l. Oktober 1912. Nichtamtlicher Teil. i. ». Dtichn. «„qr-nd-r I2S13 gezogen habe, so verschweigt man wohlweislich den Grund. Die Frankfurter Lehrer hatten die angebotene Beteiligung des Buchhandels abgelehnt, wollten sich aber die pekuniäre Beihilfe des Sortiments (es waren m. W. 50 ^ pro Firma) Wohl gefallen lassen. Ebenso verstanden sich die Herren selbst vortrefflich auf Jnseraterwerbung, und die Verleger brauch ten »nur« 125.— für die Seite zu bezahlen. Es ist dies derselbe Ausschuß, der noch im Jahre 1909 meinen Sachen ein solches Vertrauen entgegenbrachte, daß er sie ungesehen aufnahm. Daß dort die Buchhändler nicht mehr mittun wollen, wird auf meine persönlichen »Quertreibereien« zurückgeführt. Hier irrt sich aber der Herr Berichterstatter; ich kam allerdings um jene Zeit nach Frankfurt, der Beschluß war aber schon vorher gefaßt worden und konnte unter den obwaltenden Um ständen auch gar nicht anders ausfallen. In Meißen stieß bei einer Ausstellung das Zusammen gehen mit dem Buchhandel auf Schwierigkeiten, weil die dor tigen Kollegen sich der unverfrorenen Zumutung nicht fügen wollten, die Auswahl ganz im Sinne des Ausschusses zu tref fen, denn der Ausschuß war von vornherein gewillt, den Buch händlern keinerlei Einfluß auf die Wahl der Bücher zu gestatten, sondern sie sollten nur von den Vereinigten Pr.- Ausschüssen empfohlene Bücher ausstellen. Es fehlte den Buchhändlern das rechte Vertrauen zu einem Erfolge, der ihren Anstrengungen und Aufwendungen entsprechen würde. Es würde den Effekt abschwächcn, wenn ich hierzu ir gendeine Erklärung geben würde. Ferner wurde das Verhalten der Buchhändler in einer süddeutschen Hauptstadt übel vermerkt, weil sie sich weigerten, sich an den Kosten einer Ausstellung zu beteiligen, bei der sie zahlen und den Mund halten sollten, über die Taktik der Herren Lehrer belehrt uns ein interessanter Fall: Eine Firma in einer größeren Stadt versandte meine Broschüre »Die Lehrer als unparteiische Hüter« an eine Zahl von In teressenten, zu denen doch wohl in erster Linie die Lehrer selbst gehören. Eine später erfolgte Erklärung besagte deut lich, daß sich die Firma nichtauf den Standpunkt der Schrift stelle. Was geschah? Bei der betreffenden Firma wurde alles abbcstellt, soweit die Machtbefugnis der Lehrer ging, und einer gefügigeren Firma übertragen. Weiter kann eine blinde Wut nicht mehr gehen. Ähnlich erging es mir selbst, indem viele meiner Verlagswerke, die früher zur Sedanfeier und anderen Schulfesten bestellt wurden, nicht mehr zur Verteilung gelan gen. In einer Stadt wollten die Buchhändler sich nicht von dem Vorteil der Errichtung einer Verkaufsbude auf dem Weih nachtsmarkte überzeugen lassen. Selbstverständlich wird ihnen dieses Verhalten als Kurzsichtigkeit ausgelegt. Die Lehrer rechneten ihnen vor, daß dem regulären Buchhandel keine Ab nehmer entzogen würden, sondern daß lediglich die Waren häuser, Schreibwarengeschäfte usw. davon betroffen würden. Daß aber auch das kaufkräftige Publikum nur zu sehr geneigt ist, billige Bücher anstatt teurer, dafür aber auch gut ausgestatteter zu kaufen, wissen die Herren entweder nicht oder verschweigen es. über die Gründe, weshalb der Buchhändler das billige Buch überhaupt ablehnt, wird mancherlei ins Blaue hinein behauptet. Die Bevormundung wird nur als Vorwand hin gestellt, dem ablehnenden Verhalten gegenüber der Kritik der Ausschüsse werden andere als Jdealbeweggründe unterstellt, man soll sich darüber geärgert haben, daß minderwertige, aber gut rabattierte Bücher von den Ausschüssen abgelehnt wurden. Man kann mit demselben Recht behaupten, daß von be rufenen Kritikern (zu denen die Ausschüsse als Korporationen nicht zu rechnen sind) als gut befundene Bücher nicht Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 79. Jahrgang. ausgenommen wurden, damit sich die eigenen Erzeugnisse der Lehrer recht breit machen können. Was soll der Hinweis auf die ungeheure Verbreitung der Schundliteratur gegenüber derjenigen der guten Bücher? Sind es denn Buchhändler, die die Schundliteratur ver breiten, oder Auch-Buchhändler oder Papierhändler, mit denen die Lehrer jetzt so gerne arbeiten wollen? Ferner sind doch zweifellos die breiten Massen leichter für die Schundliteratur zu gewinnen als für etwas Ernsteres. (Fortsetzung folgt.) Kleine Mitteilungen. Neues von Walther von der Vogelwcide. — Einem Handschrif- teufund in Münster ist es jetzt zu verdanken, daß wir unsere» grohen mittelhochdeutschen Lyriker auch als Komponisten kennen lernen können. In der »Franks. Ztg.« lesen wir: Archivrat 1)r. Merx entdeckte bei der Ordnung und Inventarisierung eines Haus archivs, das einem südwestfälischen Adelsgeschlecht entstammt und sich nun im Staatsarchiv zu Münster befindet, ein Pergament- Doppelblatt mit notierten Liedern und Sprüchen, zumeist von Wal ther von der Vogelwcide. Das kostbare Blatt diente als Umschlag von Nechnungen ans dem Ende des 16. Jahrhunderts. Die Schrift ist die rheinisch-westfälische Buchstabenschrift ans dem Ende des 11. Jahrhunderts. Die Sammlung hatte ihre letzte Fassung im Nheinlande erhalten und ist, wie Franz Jostes in der »Zeit schrift für deutsches Altertum« mitteilt, möglicherweise dort ent standen. Ein Gedicht ist Meister Reinmar zngeschrieben. In dein Nachlaß der beiden berühmten Träger dieses Namens findet sich indes kein Lied mit diesem Anfang. Die Texte sind durchweg sehr minderwertig. So liegt denn die große Bedeutung des Fundes in den Melodien. -Hoffentlich hat die Überlieferung ihnen nicht ebenso stark mitgespiclt wie den Texten. Die Melodie der Hand schrift ist die für das bekannte Kreuzlied Walthers: »Aller erst leb ich mir werde«. Aber auch die Entdeckung eines unbekannten Spruches Walthers von der Vogelweide ist jüngst gelungen und zwar in der Berliner Kgl. Bibliothek. Bei der Inventarisierung der Druckschriften des 15. und 16. Jahrhunderts, die für die Biblio thek aus dem Bestände der Heiligenstädter Gymnasialbibliothek erworben worden sind, entdeckte vr. Degering das Blatt einer Handschrift der Gedichte Walthers von der Vogelweide mit einigen unbekannten Versen des Dichters, die neben bekannten hier aufbe wahrt sind. Es handelt sich um das Pergamentvorsatzblatt eines Sammelbandes, der aus Kölner Drucken der Jahre 1565 bis 1508 besteht. Schon daraus ergibt sich, daß der Band in Köln selbst gebunden, die Walther-Handschrift also, der das neue Berliner Frag ment entstammt, damals in Köln zerschnitten und vernichtet worden ist. Das wird, wie vr. Degering in der gleichen Zeitschrift mit teilt, dadurch bestätigt, daß das Fragment einer zweifellos mittel deutschen, auf ripnarischem Gebiet und wahrscheinlich in Köln selbst geschriebenen Handschrift entstammt. Die schöne, klare Buchschrift kann man dem 13. Jahrhundert zuweisen. Der neugefundene Spruch des Dichters steht in deutlicher Beziehung zu dem Sevenschen Spruch »Sold ich den jungen raten«. Die Freude über den Fund wird da durch getrübt, daß ein zweites Blatt derselben -Handschrift, das in gleicher Weise am Schlüsse des Sammelbandes Verwendung ge sunden hatte, schon daraus entfernt worden war, als der Band in die Bibliothek kam. Aus den Abdrücken der Schrift auf dem Deckel ergibt sich nämlich, daß dieses Blatt Waltherschcs Gut und zwar Unbekanntes enthält. Es standen wohl politische Sprüche des Dichters darauf. Zeitungs-Verschmelzung in Lüdwestasrika. — Unter dem Titel »Dcutsch-Sttdwestafrikanische Zeitung vereinigt mit Swakopmunder Zeitung« sind die beiden genannten, bisher selbständigen Zeitungs- unternehmcn miteinander verschmolzen worden. Die Niederlande und die Berner Literaturkonvention. — Die Niederlande werden am 1. November der Berner Literaturkouven- tion in ihrer in Berlin bei der Internationalen Literatur-Konferenz von 1908 abgcänderten Form beitreteu. Das unlängst vom Parla ment angenommene Urheberschutzgesetz ist im Staatsblatt publi ziert worden und tritt am Tage des Anschlusses Hollands an die 1668