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Hohensteiner Tageblatt : 24.09.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-09-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id184110793X-189709244
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id184110793X-18970924
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-184110793X-18970924
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohensteiner Tageblatt
-
Jahr
1897
-
Monat
1897-09
- Tag 1897-09-24
-
Monat
1897-09
-
Jahr
1897
- Titel
- Hohensteiner Tageblatt : 24.09.1897
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lassen. Als es Bourbaki besser ging, sprach er den Wunsch aus, nach seiner Villa in Bayonne zurückzukehren. Auf der Heimreise wurden die ermüdeten Pferde, die seinen Wagen zogen, wiederholt störrisch, was den General in große Auf regung versetzte, worauf Gehirnstörungen eintraten. Bourbaki erhielt das Bewußtsein nicht wieder, doch wurde ihm die letzte Oelung verabreicht. Seine Gattin und Madame Lebreton pflegten den General bis zu seinem Tode, der in einem Lehn stuhl sitzend und im Angesichte der ihin von der Stadt Lyon zum Andenken geschenkten plastischen Gruppe „Oloriu victis!" verschied. Schweden-Norwegen. Stockholm, 20. September. Eine der glänzendsten Ver anstaltungen, die aus Anlaß des Regierungsjubiläums statt- fandeo, war der große Militärgottesdienst, der gestern Mittag auf dem Ladugaardsgärd abgehalten wurde. Was das Tempel hofer Feld für Berlin, das Marsfeld für Paris, das ist die genannte sich in der Nähe des Thiergartens hinziehende Ebene für Stockholm. Auf dem Ladugaardsgärd hielt einst der erste Bernadotte, Karl XIV. Johann, die großen Manöver ab, bei der ganze Armeecorps vereinigt wurden, jetzt dient es zum Exercirplatz der Stockholmer Garnison, und diese letztere in ihrer Gesammtheit war es auch, die hier gestern zum Feld gottesdienst aufmarfchirte und in einem gewaltigen Carrö Auf stellung nahm. Die Stockholmer Regimenter, deren einzelne, wie die ehemalige „gelbe Brigade Karls XII., auf eine glanz volle Vergangenheit zurückblicken können, gewähren zum Theil einen prächtigen Anblick, so die Swea-Leibgarde und die Göta- Leibgarde zu Fuß, die Leibgarde zu Pferde usw. Inmitten des Carrös befand sich das für das Königspaar und die fürst lichen Gäste bestimmte Zelt, und rings umher versammelte sich eine glänzende geladene Gesellschaft. Um 2 Uhr erschien in sechsspännigem offenem Wagen das Königspaar. Voraus ritt eine Abtheilung Leibdragoner, die in ihrem weißgelben Koller sicher zu den schönsten Truppen der schwedischen Ca- vallerie zählen; hinter dem Wagen folgte wieder eine Abthei lung Dragoner. Von der Musik und dem brausenden Jubel des Publikums begrüßt, nahm das Königspaar im Zelt Platz, und bald darauf begann der Gottesdienst. Die Musik, etwa 200 bis 300 Mann, trug den Choral „Ein' feste Burg ist unser Gott" vor, dessen jede Strophe mit einem allmählich verklingenden Trommelwirbel endete, dann hielt Hosprediger Afzelius eine kurze Predigt, in welcher derselbe König Oskar als den Friedensfürsten feierte und die Königin als Muster gattin bezeichnete. Dann folgte der Vortrag eines Psalms, den alle Soldaten mitsangen, und die Feier war zu Ende. Auf der nun folgenden Rückfahrt wurde der Wagen des Königs paares vom ganzen Leibdragoner-Regiment begleitet, und wie bei der Hinfahrt, so war auch nun wieder das Königspaar auf dem ganzen Wege Gegenstand begeisterter Kundgebungen. Am Abend fand vor dem dem Schlosse gegenüberliegenden Nationalmuseum ein großartiges Feuerwerk statt. Das Mu seum wird vom Schlosse durch einen Wasserarm getrennt, und infolge dessen konnte das prächtige Schallspiel von einer großen Fläche aus wahrgenommen werden. In der Umgebung hatten sich denn auch mindestens 100 000 Menschen angesammelt, doch kein Unglücksfall ist bekannt geworden. Das Königspaar und die fürstlichen Gäste betrachteten das Feuerwerk vom Balcon des einen Schloßflügels ans. Großen Jubel erweckten die Bildnisse des Königspaares im Brillantfeuer, und als der König nach Schluß des Feuerwerks auf den Baleon trat, wo ihn die Scheinwerfer der königlichen Jacht Drott beleuchteten, brach die ungeheure Menschenmenge in stürmische Hurrahrnfe aus. Die Beleuchtung der Stadt am Abend war glänzend, besonders großartig war die zum Schlosse führende Brücke, die Norrbro, erleuchtet, und einen prächtigen Anblick bot der mächtige, die Stadt beherrschende Thurm der Allgemeinen Telephongesellschaft, der mit unzähligen Glühlampen besetzt war. Gegen 9 Uhr machten das Königspaar nnd die frem den Gäste eine Rundfahrt durch die Stadt, in der bis spät abends eine dichte Menschenmenge wogte. Stockholm, 22. September. Auf die Glückwünsche des Officiereorps zum Regierungsjubiläum des Königs antwortete der letztere: „Unsere historischen Erinnerungen sind nicht allein Zierden, sondern vielmehr auch Verpflichtungen, die nicht so aufgefaßt werden dürfen, daß mii unsere Fahnen nach frem den Ländern tragen sollen. Nein! Unsere Zeit weist uns andere Aufgaben an. Zurückgeführt in seine jetzigen Grenzen, vereinigt mit dem Bruderlande, hat Schweden über 80 Jahre die Segnungen des Friedens genossen, was man früher kaum für möglich gehalten hätte. Künftig darf das Schwert nur gezogen werden, um die Selbständigkeit, die Freiheit, die Ehre und das Recht des geliebten Vaterlandes zn vertheidigen. In BM des Mrs WM i« MM. Budapest, 22. September. Mit einem Enthusiasmus sonder gleichen und mit einer Ueberschwänglichkeit, die nicht höher ge stimmt werden kann, bespricht die gesammte Presse ohne Unter schied der Parteistellung die Trinksprüche der beiden Kaiser bei dem gestrigen Gala-Diner. Es gelangt in allen diesen Kund gebungen die internationale Bedeutung der Toaste, in unver gleichlich höherem Maße aber die Bedeutung der Thatsache zu ihrem Rechte, daß diese Trinksprüche gerade in Budapest aud- gebracht wurden und daß Kaiser Wilhelm der ungarischen Nation mit kaum erhoffter Wärme seine Huldigung dargebracht har. Das Regierungsblatt Nemzet verweist speciell auf die internationalen Erklärungen in diesen Toasten. Der König von Ungarn und der deutsche Kaiser haben neuerdings in feier licher Weise ihre Uebereinstimmung manifestirt und ihren gemein samen Entschluß kundgegeben, den Frieden zu erhalten. Die Budapester Trinksprüche werden für lange Zeit hinaus den Umtrieben gegen den Dreibund ein Ende bereiten und die friedliebenden Nationen beruhigen. Daß diese Kundgebungen von geschichtlicher Bedeutung gerade in Budapest erfolgt sind, darin darf man ein Hervorheben der Bedeutung Ungarns er blicken, denn es wird dadurch anerkannt, daß die ungarische Nation ein maßgebender Factor des Bündnisses ist. Wir haben den lieben Gast unseres Königs mit Begeisterung und Liebe umgeben; wie groß aber auch die Begeisterung gewesen sein mag, wie heiß unsere Liebe auch ist, wir bleiben dennoch die Schuldner des großen Hohenzollern, denn er hat unser Selbst vertrauen gestärkt. Die Liebe und die Dankbarkeit der un garischen Natton werden dem kaiserlichen Gaste des Königs von Ungarn auf allen feinen Lebenswegen begleiten. Der Pester Lloyd ist von der Ueberzeugung durchdrungen, daß bei dem warmen Herzenstone des deutschen Kaisers sich kein Ungar des Gefühles der tiefften Verehrung erwehren könne. Mit feinfühligem Tacte habe der deutsche Kaiser der liebreichen Beziehungen des ungarischen Volkes zu seinem Könige gedacht. Die beiden Tischreden gestalteten sich zu einem Austausche der persönlichen Sympathien und freundschaftlichen Beziehungen zwischen den beiden Monarchen, und vor diesen ist das poli tische Moment nahezu vollständig in den Hintergrund getreten. Budapesti Hirlap bezeichnet den T oast des Kaisers Franz Joseph als würdevoll und ernst. Mit der Bescheidenheit desHausherrn werde darin der Gast begrüßt und die politische Bedeutung des Besuches accentuirt Die Antwort des deutschen Kaisers war eine hinreißend schöne oratorische Leistung, als politische Kund gebung ist sie die großartigste, wie selbst Kaiser Wilhelm noch keine geleistet hat. Wir Ungarn sind dem mächtigen Beherrscher des deutschen Reiches zu grenzenlosem Danke verpflichtet für die Anerkennung und viele Liebe, die er uns mit zauberhaftem Talent der Beredsamkeit gestreut hat. Seine Worte haben v.elc Wunden geschlossen, sie werden die Verleumdungen gegen uns verstummen machen. Der Ausruf ,Mjan a kii-üly!" kann von uns mit zum Himmel dringender Begeisterung, die auch in Berlin vernommen werden soll, erwidert werden: „Es lebe der deutsche Kaiser!" Pesti Hirlap glaubt voraussagen zu können, daß der Budapester Aufenthalt des deutschen Kaisers der lebenden Gene ration unvergeßlich bleiben wird. Der König von Ungarn hat durch die Anrufung seiner ungarischenHaupt- und Residenzstadt jenen Ton der Wärme vnd des Ungarthums angeschlagen, in welchem sodann Kaiser Wilhelm antwortete. So konnte in der That nur ein Herrscher von Gottes Gnaden sprechen, ein Herrscher, der würdig ist, daß eine große Nation den providentiellen Führer in ihm erblickt. Auch in internationaler Beziehung ist der Toast des deutschen Kaisers von der höchsten Bedeutung, denn er verkündet neuerdings den festen und unerschütterlichen Fort bestand des zum Heile der Völker geschlossenen Bündnisses und die Hoffnung, daß diese Allianz den Frieden noch für lange Zeit sicherstellen werde. Das neue Pester Journal constatirt die große allgemeine Ueberraschung, welche dieser Toast trotz der hochgespannten Er wartungen hcrvorgerufen hat. Die Toaste werden in den Büchern der vaterländischen Geschichte mit goldenen Lettern verzeichnet werden. So mitfühlend habe noch kein fremder Herrscher zur ungarischen Nation gesprochen. Von Mund zu Mund gehe der Toast Wilhelm's ll. Derselbe werde in der ungarischen Geschichte fortleben Egyetertes sagt geradezu, daß noch niemals ein fremder Herrscher in dieser Weise von Ungarn in der Ofener Königs burg gesprochen habe, oder besser gesagt, es habe noch kein einziger von uns gesprochen. Es wäre eine wahrhaft ruhmreiche Sache, wenn die Rede des Kaisers Wilhelm vom ersten bis zum letzten Buchstaben in die Wände jenes glänzen den Saales eingegraben würde, damit jeder fürstliche Besucher des Palastes sie lese und daraus lerne, wie man die ungarische Nation ehren und würdigen könne. Wir sind bis in die tiefste Tiefe unserer Seele bewegt, unsere Herzen schlagen lauter, unser Antlitz leuchtet, wenn wir immer wieder diese Rede durchlesen. Pesti Naplo spricht die Hoffnung aus, daß überall, wo ungarisches Blut in den Adern rollt, bei der Lectüre der Rede des deutschen Kaisers die Herzen höher schlagen werden. Diese erhabenen Sätze wirken beinahe betäubend, denn jeder der selben werde durch den Ton der Ritterlichkeit und Sympathie erwärmt. Sieh' da den mächtigen Herrscher eines mächtigen Volles, der mit unbeschränkter Wärme die Lobsprüche uns streut! Es ist, als ob der Genius unseres Schicksals darin seinen Flügel- Schlag regen würde, um unsere Nation in höhere und ruhm reichere Regionen emporzuführen. Budapest Naplo, Magyar Hirlap, Magyar Ujssag und Budapester Tageblatt besprechen in gleichem Tone des Ent zückens und der Befriedigung die gestern gewechselten Trink sprüche. Budapest, 22. September. Nach dem gestrigen Hofdiner suchte der deutsche Botschafter Graf Eulenburg noch vor der Theater-Vorstellung den Minister-Präsidenten Baron Banffy auf und überreichte ihm ein mit der eigenhändigen Unterschrift versehenes Porträt des Kaisers Wilhelm zur Er innerung an die in Budapest verlebten Tage. Vermischtes. Theure und billige Zeiten im Königreich Sachsen. Nach chronistischen Unterlagen war 1268 so wohl feile Zeit, daß ein Scheffel Korn 16 Pfennige und derScheffel Weizen 18 Pfennig: galt. 14 Eier wurden mit einem Pfennig bezahlt. 1271 ist dagegen in den meißner Landen eine so große Hungerst oth gewesen, daß die Leute, wie imJahre 1771, Tannenzapfen und die holzige Frucht des Eichbaumes zu Mehl gemahlen und Brod daraus gebacken haben. 1280, 1310 und 1388 waren wiederum sehr billige Zeiten. 1395 galt der Scheffel Korn 4 Groschen, der Scheffel Gerste 3 Groschen und der Scheffel Hafer 18 Pfennige. 1432 war eine sehr theuere Zeit, denn der Scheffel Roggen galt 30 Groschen. Auch das nachfolgende Jahr brachte infolge anhaltender Kälte in den Früh jahrsmonaten große Theuerung. Vier Jahre später verdarb ein kalter, regnerischerSommer alle Frucht, so daß die Menschen Wurzeln, Kräuter und Gras essen mußten. Ein großes Sterben im Jahre 1468 verursachte eine so wohlfeile Zeit, daß 1 Maß Wein 1 Heller und 1 Malter Korn 1 Gulden kostete. Auch 1481 wurde der Scheffel Korn mit nur 6 und 7 Groschen be zahlt. 1483 galt 1 Pfund Rindfleisch 4 Pfennige, 16 Jahre später, also 1499 kostete ein Scheffel Korn 4 Groschen, 1 Scheffel Gerste 2 Groschen 6 Pfennige, 1 Kanne Landwein 4 Pfennige und 6 Eier 1 Pfennig. Dos Jahr 1503 galt als eine!- der theuersten. Ein Pfund Schweinefleisch 5 Pfennig, 7 Hühner 4 Groschen, 1 Schock Hier 5 Groschen, 1 Kanne Wein 3 Groschen, Landwein nur 2 Groschen, 1 Kanne Butter 2 Groschen 6 Pfennige, 1 Scheffel Korn 1 Thaler 21 Groschen, 1 Scheffel Weizen 3 Thaler, 1 Klafter Holz 21 Groschen. Die Pestzeit von 1505 brachte billige Nahrungsmittel. DerScheffel Korn kostete nur 5 Groschen. 1524 galt 1 Hahn 2 Groschen, 1 Ente 6 Pfennige, 1 Schöps 9 Groschen, 1 Scheffel Korn 8 bis 12 Groschen, 1 Pfund Schweinefleisch 5 Pfennige, 1 Rinds zunge 1 Groschen 2 Pfennige. Auch 1545 war der Kornpreis ein gleicher. Der Scheffel Weizen galt 18 Groschen, der ScheffelKorn 10 bis 12Groschen, derScheffelHaier 5Groschen, 1 Ochse 5 Thlr., 1 Kub 2 Thlr. 6 Groschen, 1 Kalbe 10 Groschen und ein Schöps 12 Groschen. 1625 wurden die Lebensmittel wie im Jahre 1891 zur Gebühr gesteigert. Ein Scheffel Korn kostete 7 bis 8 Thaler. Affaire Husmann. Zu der bereits bekannt gegebe nen Erklärung der Familie Husmannn bemerkt die „W. F.P.": Man empfindet ein aus Mitleid und Heiterkeit gemischtes Gefühl beim Lesen dieser Erklärung. Es ist kaum faßlich, daß e nste Menschen, die Herren ihrer füni gesunden Sinne sind, gegenüber der feststehenden Thatsache, daß ein Hochstapler den Namen eines kaiserlichen Prinzen in vermessener Weise miß braucht hat, noch bei ihrem Irr:' ahne beharren. Im eigenen Interesse und in dem der öffentlichen Rechtspflege würde eS liegen, wenn die Familie Husmann, anstatt ebenso hochtrabende als unsinnige Proclamationcn zu erlassen, lieber freiwillig der Polizei die Behilse an die Hand geben würde, um den Schwindler endlich zu entlarven, welcher das bedauernswerthe Fräulein Husmann umgarnt und bethört hat. Mit einem ein zigen Brief des angeblichen Prinzen wäre zum Beispiel die plumpe Fälschung sofort nachgcwiescn. Aus Aachen wird je doch heute noch gemeldet, daß die Familie hartnäckig verweigert, Photographien oder Briefe des angeblichen Erzherzogs auszu- händigcn. Zur Affaire Husmann. Bei dem ersten Staats anwalt in Essen ist gestern ein mit dem Poststempel Hamburg versehenes Schreiben, aui dessen Adresse „Oennunz " steht, ein- gelauien. „An den Ersten Staatsanwalt Herrn Peterson zu Essen. Mit Entrüstung ersehe ich, daß die deutschen Zeitungen sich mit meinen ganz privaten Angelegenheiten besaßen, und daß sogar der Staatsanwalt und die Criininialpolizei sich damit bcschä'tigten. Ich erkläre hiermit, daß mein lieber Mannweder Erzherzog noch Mädchen Agent oder Heirathsschwindler ist. Wahr ist nur, daß ich aus freiem Antriebe, also absolut frei willig ins Ausland gegangen bin, nm mich dort mit ihm ehe lich zu verbinden. Marie HuSmann." Tas Schreiben trägt das Datum vom 19. September nnd ist am 20. zur Post gegeben. Tie Handschrift wird als die der Marie Husmann von ihrem Bruder reevgnoscirt. Tie Staatsanwalfchaft nimmt an, daß dieser Brief auf der See geschrieben ist. Zum Schiffsunglück bei Fiume. Eine um die jetzige Jahreszeit seltene Bora blies am Dienstag bis Mittag und dann schlug das Wetter in einen schwachen Sprühregen um. Der Damp er „Ika" der Ungarisch-Croattschcn Gesellschaft, welcher täglich seine regelmäßigen Fahrten nach Portvrv, Erk venica, Nopi und Selcze machte und dessen Bemannung aus dem Capitän, zwei Steuerleuten, vier Matrosen, einem Maschi nisten, einem Heizer und einem Kellner bestand, fuhr um 5 Uhr von Crkvcnica ab and hatte zwischen 42 und 58 Passagiere an Bord, meist Fiumaner, serner auch Fremde aus Agram, Wien und Budapest. Gegen ' ^7 Uhr fuhr die „Ika" beim ersten Leuchtthurme in den Hafen ein, während der englische Dampier „Tiria" mit completcr Ladung aus dem Haien hinaus'uhr. Die „Tiria" rannte die „Ika" mit solcher Gewalt an, daß sie das Vorderthcil entzweischnitt, und in zwei Minnien sank der Dampier „Ika" unter dem sürchter.ichen Jammergeschrei der Passagiere, ohne daß sich einer derselben retten konnte. Bei der Nähe der Unglücksstätte kamen rasch einige Barken aus dem Hafen zu Hilse und die Bootsleute versuchten so viele von den Verunglückten als möglich zu retten. Bis zur Stunde (8>, Uhr Abends) wurden gerettet: Capitän Forcnpochcr, die Frau des Fiumer Vice-Haicncapitäns Ceüigoi, der Koch des Dampiers Namens Gaspare, ein Heizer, ein Maschinist, der Kellner und zwei Matrosen. Sämmtliche Moli sind von einer aufgeregten, schreienden Menge besetzt, die ängstettüllt den Rett- ungsvettuchen folgt. Eine Panigue ist unter der Bevölkerung ausgebrochen. Man weiß noch nicht, wer die Verunglückten sind. Auch ein General soll sich unter den Passagieren befun den haben. Die Geretteten wurden zur Seebehördc geführt, um über den Verlaus der Katastrophe vernommen zu werden. Nurdurchdasschlechte Wetter sindviele AbbazianerCurgästeabgc- halten worden, sich nach Crkvcnica zu begeben. Kein Curgast von Abbozia ist unter den Verunglückten. Schicksal eines Deutschen in Nordamerika. Aus New-Jork berichtet der „Badische Landcsbote" über das tragische Schicksal eines jungen Karlsruher Folgendes: Am Washington-Platz stürzte an einem Abend ein ärmttch gekleideter Mann zu Boden. Ein Polizist, der ihn bemerkte, glaubte einen Betrunkenen vor sich zu sehen und herrscht: den Unbe kannten an, aufzustehen. „Ick kann nicht, ich bin am Ver hungern und zu schwach", versetzte der am Boden Liegende. Bei der Untersuchung des Fremden stellte es sich heraus, daß keines-, wegs Trunkenheit vorlag, sondern lediglich der Hunger den jungen Deutschen in den kritischen Zustand versetzt hatte. Der Aermste, der nach der nächsten Polizcistation gebracht wurde, theilte dort mit, er heiße Hermann Rcubold, sei 25 Jahre alt und stamme aus Karlsruhe. Die Leidensgeschichte, die er er zählte, war erschütternd. Vor drei Jahren sei er von Deutsch land nach New-Jork gekommen, gab Reubold an; nach langer Suche habe er in Pennsylvanien auf Farmen Arbeit gefunden. Seine letzte Stelle habe er seit einigen Wochen verloren und in der Hoffnung in dem großen, emsigen Ztew-Iork Arbeit zu finden, sei er zu Fuß in diese Stadt gekommen. Hier wanderte er seit mehreren Tagen durch die Straßen, überall um Arbeit anfragend, überall abgcwiesen. Niemand bedurfte seiner Arbeitskraft. Hungrig geworden, bettelte er um Nahrung. Niemand hatte etwas für ihn übrig und die Schande hielt ihn schließlich sogar vom Betteln zurück. Nur Wasser konnte er trinken an den öffentlichen Brunnen. Die Mattig keit übermannte ihn und auf einer Bank im Washington Square schlief er ein. Er träumte von reich gedeckten Taieln und Reichthum. Ein Polizist störte seinen Traum und jagte ihn fort. Mühsam schleppte er sich über die Straße und brach zusammen. — Reubold war kaum an das Ende seiner Er zählung angelangt, als er aus der Polizeistativn ohnmächtig zusammenstürzte. Eine Ambulanz des Bellevue Hospitals wurde reqairirt. Deren Arzt constatirte, daß der Mann am Verhungern und sein Zustand bedenklich sei. Im Hospitale wurde dem Bedauernswerthen sofort die beste Pflege zu Theil. Eine genauere Untersuchung von ärztlicher Seite ergab, daß Reubold an Blutmangel leide, der durch das lange Hungern hervorgerufen worden sei. Reubold war von dec ihm zu Theil werdenden Pflege so gerührt, daß er weinte wie ein kleines Kind. Der unglückliche junge Mann gab noch an, seine Eltern seien wohlhabend, er habe sie aber in Folge eines Streites verlassen. Obwohl der Zustand des Kranken ein sehr gefährlicher ist, hofft man doch, den Pattenten am Leben er halten zu können. Unterschlagung. Angesichts der unausgesetzten Unter schlagungen der socialdemokratischen Gewerkschaftscassirer in Berlin haben die Gewerkschaften beschlossen, zur Abschreckung jetzt möglichst alle Fälle der Unterschlagung zur Anzeige zu bringen. Bis jetzt war es allgemein Brauch, solche Unter schlagungsfälle zu vertuschen; die Betrüger wurden nur aus der Organisation ausgeschlossen.
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