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WMemer Tageblatt Amtsblatt für den Verwaltungsbezirk des Stadtrathes zu Hohenstein. Sonnabend, den 3. April 18^7. ä7. JahrMM Nr. 77. ein Der S t a d t r a t h. vr Polster. Tagesgeschichte. Deutsches Reich. Berlin, 1. April. Man wird sich nicht wundern dürfen eien die obligatorischen Fortbildungsschulen. Die Vorlage werde hoffentlich in der Commission gereinigt werden; eine solche gereinigte Vorlage werde seiner Partei erwünscht sein. Abg. Reißhaus (Soc.) führt aus, daß die Handwerker von dem Ge- etzentwurs keineswegs erbaut seien; die bisherigen Erfahrungen ,ei der Schneiderinnung beispielsweise sprächen nicht für die weitere Ausdehnung der Zwangsinnungen. Die Vorlage werde in der Lage der Handwerker nichts bessern. Nach weiteren Bemerkungen des Abg. Hilbert (b. k. Fr.), der den Abg. Beckh angreift, bemerkt Abg. Liebermann v. Sonnenberg (d. Reformp.), der Entwurf sei ein Zwitterding; die Reformpartei erwarte nichts von einer Commissionsberathung und werde daher gegen Ueberweisung an die Commission stimmen. Rach weiteren Be merkungen der Abgg. Jacobskötter und Reißhaus schließt die Debatte. Es wlgen persönliche Bemerkungen. Nächste Sitzung Freitag 12 Uhr. Tagesordnung: Antrag Liebermann v. Son nenberg, betr. konfessionelle Eidesformel, Antrag Hompesch, bctr. Jesuitengesetz, und Antrag Kardorff, betr. Margarincgesetz. Schluß Uhr. wenn Contrcadmiral Tirpitz, der mit der Vertretung des „be- urlaubten" Staatssecretärs Hollmann betraut ist, vielfach bereits als dessen Nachfolger angesehen wird. Contrcadmiral Tirpitz. commandirt zur Zeit das ostasiatische Geschwader, und man würde ihm die fünf- bis sechswöchentliche Reise kaum zugc- muthet haben, wenn es sich für ihn nur um eine provisorische Beschäftigung im Marineamt handeln sollte. Er selbst hat auch bereits auf dem ostasiatischen Posten einen Nachfolger in dem Contrcadmiral von Diederichs erhalten. Auffallen mußte auch, daß Herr Hollmann seinen Urlaub mitten in der Reichstags session antritt, die an ihn nicht größere Anforderungen gestellt hatte, als an jeden andern seiner Amtsgenossen; daß er den Urlaub antritt, noch ehe sein Stellvertreter hier eintrifft, und Sonntagsruhe Mr die nächstfolgenden beiden Sonntage als den 4. und 11. April er. wird die Verkaufszeit in offenen Verkaufsläden außer zu den bereits nachgelasfenen Zelten auch für die Stunden von 4 -6 Nhr Nachmittags gestattet. Hohenstein, am 1. April 1897. in den letzten Jahrzehnten die Hauptrolle. Wiederholte Ver- suche, die bunten Strümpfe in verschiedenen Farben oder auch einfarbig bunt wieder in Aufnahme zu bringen, hatten keinen nennenswerthen Eriolg. Daß die schwarzen Strümpfe praktisch sind, weil sie in der Wäsche keine sehr sorgsame Behandlung erfordern, ist entschieden zuzugeben. Jetzt wird nun in Paris von den tonangebenden Modedamen der Versuch gemacht, weiß- seidene Strümpfe, mit bunten Blumen bestickt, einzuführen. In allen Modewaarenhandlungen liegen sie bereits aus und werden auch gekauft Wenn der Versuch Erfolg hätte, dann würde unsere Strumpfindnstrie eine Umwälzung erfahren, die gar nicht zu beklagen wäre, denn bunte und weiße Strümpfe würden mehr verbraucht als schwarze. Ucberdies wäre dann auch die Abhängigkeit der Fabrikanten von einer bestimmten Färberei gebrochen. — Das amerikanische Geschäft liegt noch immer recht flau. Ob es sich noch bessert, ist jetzt fraglich. Offene Stellen für Militäranwärter (Inhaber des Civil- versorgungsscheines). 1. April bei der Generaldirection der Staatseisenbahnen, Dresden 40 Expcditionhilfsarbeitcr, je 18 M. pro Woche; 1. Mai bei der Brandvcrsichcmngskammer Hilfskopist, 1(XX) M.; 1. April bei der Intendantur des 12. (Königs. Sächs.) Armeccorps 5 Kasernen- und Arrcstwärter, je 700 M. Ansangsgehalt, freie Wohnung rc. 1. Mai bei der Amtshauptmannschaft Pirna Diätist, Tagegeld 2 —3 M. Bankier Werner in Chemnitz, Inhaber des in Concurs gerathenen Bankgeschäfts Werner u. Co., wurde wegen des Verdachts, Debot-Untcrschlagungcn begangen zu habe», verhaftet. Gestern hat die Vereinigung der beiden Gemeinden Ane und Aelle stattgcfunden, nachdem am 22. März die ministerielle Genehmigung dort Angegangen war. Die beiden Orte tragen Flaggenschmuck. Die Vereidigung der Bewohner von Zelle ist bereits erfolgt. Nachmittags fand ein osficielles Festmahl im Hotel zum blauen Engel statt. Gestern Abend fand bei Zelle ein Freudenfeuer statt, zu welchem die Stadt Aue einen Theil des Brennmaterials geliefert hat. Die Einwohnerzahl der Stadt Aue ist durch die Vereinigung beider Gemeinden auf den Orts namen „Aue" von 8000 auf über 12,(XX) Seelen gewachsen. In Schönfeld bei Sayda wollte der Gemeindevorstand Graubner eine ihm gehörige geräumte Wirthschaft durch die Feuerwehr zum Abbruch bringen. Als das Alarmsignal die Mannschaften zu dem Objekte führte, brannte das Gebäude wirklich; nun wurde statt es abzubrcchen, wacker gelöscht, und der Brand, der anscheinend angelegt war, auch bewältigt. Bei der Reichenbacher Reichsbankstelle hat der in Markneukirchen geborene EmilKögler auf einen gefälschten Chek einen Geldbetrag von 3291 Mk. sich zu verschaffen gewußt und ist alsdann flüchtig geworden. Kögler ist mittelgroß, hat dunkelblondes Haar, braune Augen, spitze Nase, geschweifte Beine und schwarzen Schnurrbart mit Fliege. Mit großer Stimmenmehrheit hat der Stadtgcmeinderath in Plauen i. V. in seiner gestrigen Sitzung eine Anleihe von zehn Millionen Mark in Schuldscheinen zu 5000, 2000 1000 und 500 Mk. beschlossen. Der Zinsfuß wurde auf 3'z Procent, der Tilgungssatz auf 1", Procent festgesetzt. Die Tilgung beginnt vom Jahre 1907 ab. Hohenstein-Ernstthal, Oberlungwitz, Gersdorf, Luga«, Hermsdorf Bernsdorf, Langenberg, Fallen, Langenchursdorf, Meinsdorf, Rutzdors, Wilstenbrand, Grüna, Mittelbach, Ursprung Leukersdorf, Seifersdorf, Erlbach, Kirchberg, Pleitza, Reichenbach, Grumbach, Callenberg, Tirschheim, ' Kuhschnappel, St. Egidien, Hiittengrund u. s. w. Sächsisches. Hohenstein, den 2. April 1897. Der Wald bietet jetzt für Spaziergänger gar schon mancher lei Anregungen und Reize, so daß dessen Besuch nur empfohlen werden kann. Die Knospen an Bäumen und Sträuchern schwellen schon derart an, daß sic sich bald öffnen werden, und die gefiederte Welt singt von Lcnzeswonne und Liebcsgrün. In den Wiesen und Feldern sind nach den letzten warmen Regenfällen die Schlüsselblumen oder Primeln, mehrere Vero- niken, der Gilvstern, das Kreuzkraut, die Anemonen und Leber blumen zur Blüthe gekommen. Die Rabatten färben sich immer frischgrüner mit dem jungen Gras und alle Sträucher und Bäume treiben die jungen Triebe mit Macht hervor. Auch in den Obstgär.en und Plantagen regt sichs wieder; die Obst bäume bedecken sich schon mit Blätter- und Blüthen-Knospen. Fahrpreis-Ermäßigung. Eine wichtige Neuerung enthält der ab I. April d. I. in Kraft tretende Nachtrag 2 zum Deut schen Eisenbahn-Personen- und Gepäcktarif 1. Nach demselben kann von deni genannten Tage die Beförderung der von Ver einen und Behörden in Ferienkolonien entsendeten Kinder und der zur Aufsicht beigegebenen Begleiter ohne Rücksicht auf die Zahl der Theilnehmer, sowohl für die Reise nach der Ferien kolonie und zurück, als auch für Ausflüge während des Aufent haltes daselbst, gegen Entnahme von Militärfahrkartcn gewährt werden. Dieselbe Vergünstigung erhalten auch unbemittelte Zögcknge der öffentlichen Blinden- und Taubstummen-Anstal- ten, sowie unbemittelte Pfleglinge der öffentlichen Heil- und Pflege-Anstalten für epileptische jüanke und für blöde Kinder zum Zwecke ihrer Beförderung nach einer der genannten An stalten sowohl, als auch bei ihrer Rückbeförderung aus der Anstalt, sowie bei Urlaubsreisen zum Besuche ihrer Angehörigen. Wie muß eine Wohnung von Miethern übergeben werden ? Diese Frage ist gelegentlich des gegenwärtigen Quartalwechscls zeitgemäß. Wenn in schriftlichen Miethverträgen, die man immer vorher genau durchlesen sollte, dem Miether zur Pflicht gemacht wird, die Wohnung zu hinterlassen, „wie er sie über geben erhalten hat", so ist das immer nur mit dem Zusatz zu verstehen : und soweit sie nicht durch ordnungsmäßigen Gebrauch abgenutzt, also „abgewohnt" ist. Der Miether hat aber allen durch unpflcgliche Benutzung veranlaßten Schaden zu ersetzen. Er hat abgerissene, mit Schmutzflecken besudelte Tapeten reva- riren, zerbrochene Fensterscheiben wieder Herrichten zu lassen, Deutscher Reichstag. Berlin, l. April. Fortsetzung der ersten Berathung der Vorlage betreffend die Organisation des Handwerks. Abg. Pachnicke mhrt aus: Mit den Handwerkerkammern an sich können wir uns befreun den, aber der Wahlmodus muß geändert werden. Der zuweit- gehende Einfluß, der im Entwürfe der internen Verwaltungs behörden eingeräumt ist, öffnet der Chikane Thür und Thor. Redner spricht sich weiterhin gegen die Zwangsinnungen und den Befähigungsnachweis aus. Auch von der Meisterprüfung verspreche er sich nichts. Vom Meistertitel werde Niemand satt. Ein paar Millionen für die Fortbildungschulen aufgewendet, würde mehr nützen. Die Großgrundbesitzer, die das ganze Handwerk an ihren Busen drücken möchten, sollten den Hand werkern nur mehr abkaufen. Handelsminister Brefeld führt aus, die verbündeten Regierungen könnten dem Reichstage für die Aufnahme der Vorlage nur dankbar sein. Die Vorlage werde hoffentlich noch in dieser Session erledigt; damit werde dem Haitdwerk sicher ein großer Dienst geleistet. Die Vorlage knüpft an die frühere an. Zwang solle nur da gebraucht wer den, wo in dem betreffenden Bezirke eine genügende Anzahl von Handwerkern für eine gedeihliche Entwickelung der Innung vorhanden wäre. Die Einberufung zu den beschließenden Ver sammlungen soll aufGrund öffentlich ausliegender Listen erfolgen, woraus jeder ersehen könne, ob er zu dem betreffenden Hand werk gerechnet werde oder nicht. Zur Schließung der bestehen den freien Innungen liege kein Grund vor. Aus dem festen Unterbau der Innungen könne der Oberbau der Handwerker- kammcrn zu größerer Bedeutung gelangen. Die Vorlage be ruhe auf einem Kompromiß. Das Handwerk sei nicht unrettbar verloren; es habe die Hoffnung und Berechtigung auf eine ge sunde Weiterentwickelung. Das Handwerk sei Jahrhunderte lang die Pflanzstätte patriotischer Gesinnung und redlicher Ar beit gewesen; das werde es auch bleiben. Abg. Euler (Centr) führt aus, er stehe den Bestimmungen über die Handwerkcr- kammern und dem Lehrlingswesen durchaus sympathisch gegen über, könne sich aber mit dem fakultativen Zwangsinnungen von seinem Standpunkt als Handwerksmeister nicht befreunden. Nothwendig sei die zusammenfassende obligatorische Gestaltung des Jnnungswesens; die Handwerker müßten zu ihrem Besten gezwungen werden. Ein Zwang herrsche auf allen Gebieten und diene zum Besten der Allgemeinheit. Die Linke wolle nur deshalb die Korporirung des Handwerks nicht, weil im Hand werk ein großer Theil christlicher, monarchischer, patriotischer und konservativer Gefühle vorhanden ist, und weil das Hand werk, wenn es festgeschlossen ist, eine ungebeure politische Macht bildet. Ohne die Organisation des Handwerks wäre es in Oesterreich nicht gelungen, mit der liberalen Judenwirthschaft aufzuräumen. Der Befähigungsnachweis sei nothwendig, um das Psuscherthum zu beseitigen. Die Vorlage sei nach seiner persönliche» Ansicht ein Zwitterding, aus dem Streitigkeiten entstehen würden. Trotzdem würde er bei der Verbesserung ,-der Vorlage Mitwirken; man müsse nehmen, was man be kommen könne. Ein großer Theil des Handwerks sei nicht in different; er warte nur auf die wirklich obligatorischen Innungen. (Lachen links.) Abg. Biclhaben (d. Reformp.) beklagt die ge ringe Frequenz des Hauses und geht ausführlicher auf die Lage des Mittelstandes ein. Als Äielhaben sich immer weiter von dem Gegenstände der Vorlage in seinen Ausführungen entfernt, bemerkt Präsident Frhr. v. Buol, die Ausführungen des Red ners gehörten nicht mehr in den Rahmen der Vorlage. Abg. Vielhaben entgegnet, er habe aus der Darstellung der Lage des Mittelstandes die Schlüsse für den Entwurf ziehen wollen; er verzichte nunmehr auf das Wort. Abg. Benoit (fr. Vp.) be kämpft die Zwangsinnungen. Redner benutzt häufig sein Manuskript. Abg. Graf Limburg-Stirum sieht ihm dabei über die Schulter. Allgemeine Heiterkeit entsteht, als Redner dies bemerkt. Abg. Beckh (fr. Volksp.) schließt sich in seinen Aus führungen den Gegnern der zwangsweisen Einführung der In nungen an. Die Bestimmungen über die Handwerkcrkammcrn seien allerdings bedeutend verbessert worden. Die segensreiche Thätigkeit der süddeutschen Gewerbevereine zeige, daß der Jn- nungszwang nicht nöthig sei; der große Aufschwung des deut schen Gewerbes datire erst seit der Gewerbefreiheit. Sehr wichtig Aftervermieihung das Logis unverhältnißmäßig abgenutzt hat. Für Durchbrennen der Ofenrohre, Herde, Zerspringen der Ofenplatten u. s. w. braucht er nur einzustehen, wenn sie durch überheizen ruinirt sind, sonst nicht. Dasselbe gilt von schad haften Schlössern, Thürklinken, Schlüsselschildern. Nur wenn sie durch gewaltsames oder fahrlässiges Behandeln schadhaft ge worden, muß sie der Miether in Stand setzen. Herkömmlich ist, daß der Miether beim Auszuge die Wohnung gereinigt hinterläßt. Urlaub antritt, noch ehe sein Stellvertreter hier eintrifft, In der Strumpfindustrie spielten die schwarzen Strümpfe haß dieser Urlaub auf Monate berechnet ist, ohne daß sich