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Kirchliche WffWeil Monatliche Beigabe ;nm „Tageblatt". Redigirt von Pfarrer B. Albrecht in Hohenstein-Ernstthal, an den alle diesbezüglichen Sendungen zu richten sind. Nr. 1. Januar-Ausgabe. 1900. Die heilige Schrift. Ich kenn' ein lieblich Gartenbeet, darauf manch holde Blume steht, von Gottcshand selbst ausgesät, von Himniclslüftcn mild durchweht. Ich kenne einen Wunderquell, draus strömen frische Wasser hell; Im Himmel oben er entspringt, erquickend er die Welt durchdringt. Ich kenne einen Zufluchtsort, daraus kein Feind mich dränget fort; Gott hat ihn selber eingczäumt, zum Bcrgungsort mir cingcräumt. Ls leuchtet mir ein Heller Stern, und seinem Scheine folg' ich gern; Lr strahlet Heller als die Sonn', und bringt dem Herzen hohe Wonn'. Das Gartenbeet, der wundcrqucll, der Zufluchtsort und Stern so hell, Ist unseres Gottes gnädig Wort, der Menschen Heil, der Sünder Hort. Zu lesen in dem heil'gen Buch, das Gottes Geist zusammcntrug, Geschrieben zwar von Menschenhand, doch die im Dienst des Geistes stand. Dir ist das Buch ja wohlbekannt, in frommem Haus wird's angewandt, Wenn früh und spat versammelt sind die Herrschaft und das Hausgesind'. Da liegt s schon in der Rinderstub', übt seine Leskunst drin der Bub', Auf Mutters Schorst das Schwestrrlein vom Lhristbaum hört die Deutung fein. Der Vater gicbts dem Sohne mit, wenn aus dem Elternhaus er tritt; Ls soll der Wandcrstab ihm sein, bis daß der Jüngling kehret heim. Dem Manne wird's ein reiches Gut, wenn Arbeit kärglich lohnen thut; Man schätzt es in der Lebens Mitt', wenn heiß der Tag, schon schwer der Schritt. Dem Alter ist's nicht unbekannt, weist's doch den Weg in jenes Land, Wo jede Bürde sinket hin, wohin steht frommer Dulder Sinn. Dem frommen ist's sein schönster Schatz, bei ihm hat's stets den ersten Platz, Sur Früh', wie auch zur Abendzeit, in froher Stund, in schwerem Leid. Zum Ruhekissen wird's im Tod, wer drauf sich bettet, hat nicht Noth, Geht gern aus dieser bösen Welt, weil oben längst sein Haus bestellt. Dies Wort hellt dunklen Lebensweg, läßt treten uns auf festen Steg, Ist Fclscngrund, ist Lebensquell, und alle Rätbsel löst cs schnell. Doch wie bei Blumen duftig, zart, wohl eine von besondrer Art An Duft die andern übcrlrifftj so ist's auch mit der heil'gen Schrift. Aus jedem Wort, das in ihr steht, zwar Gottes Geistes Vdem weht, Doch schau' der Weisheit Walten drin, wenn manches hat vcrborg'nen Sinn. verschlossen bleibt dir diese Stell', aus jener leuchtet's tageshell, Hier kannst du gar nicht dringen ein, dort sprudclts gleich dem tvuellbrünnlcin. Anch Frühling must im Lande sei», denn ohne Lenz kein Blümelein; Aus hartgefrornem Gartenland noch niemals eine Blüth' erstand. Ganz ebenso ist Gottes Wort, kalt läßt es hier und zündet dort, Denn wessen Äug' nicht sonnenhaft, vor dem verhüllt cs seine Mast. Doch zog bei dir der Lenz auch ein, ward warm dein Herz im Gnadenschcin, Dann strömts aus jedem Wort der Schrift, wie Blumenduft und Sonnenlicht. vor diesem heil'gen Blumenbeet saß manchen Tag ich früh, auch spät, Und pflückte mir manch Sträustlcin draus, jetzt sllllt sein Duft mein Herz und Haus. (Vortrag auf der Haupteonferenz der Geistlichen der Ephorie Glauchau am Nach Lage der Sache kommt Alles darauf an, daß die rechten Vorsichtsmaßregeln zur Verhütung von Aergerr iß und die geeigneten Mittel angelvendct werden- nnfe« :m Volke den Schatz und den Kern der deutschen Lutherbwel zu erhalten; und das wollen wir thun. Es ist natürlich, daß die rcvidirte Bibel, wie jede Neuerung von öffentlicher Bedeutung, auch viele Angriffe erfahren hat. Das ist mit allen Bibelübersetzungen so gewesen. Nun ist die Stellung, welche das evangelische deusche Volk zu der revidirten Bibel übersetzung einnimmt, eine verschiedene. Diese Verschiedenheit ist wesentlich bedingt durch die verschiedene Stellung, die ein Volk und Land zu der Au torität Luthers einnimmt. Weil in Süddcutschland die Autorität Luthers nicht so tief gehend und nicht so mit dem Bewußtsein des Volkes verwachsen ist, hat sich dort, namentlich in Württemberg und Baden, die Einführung der re vidirten Bibelübersetzung von selbst gemacht und ist keinen Widersprüchen be gegnet. Ganz anders hier in Norddeutschland, wo schon die Reformation mit der Persönlichkeit Luthers verknüpft war und seine Autorität besonders tief wurzelt. In Norddeutschland begegnet sie in weiten Kreisen großen Ant'- pathieen, sodaß es viele Gemeinden geben wird, in welchen der Geistliche da mit zu rechnen hat. Das Rostocker Gutachten erklärte sich in eingehender Weise gegen jegliche Revision. Auch die deutschen Lutheraner in Amerika schrieben schon vor 15 Jahren im „Lutheraner", dem Organ der Synode von Missouri, jOhio und anderen Staaten: „Wir werden die neue Bibel unter keiner Bedingung annehmen und in der Befürchtung, von Deutschland keine unveränderte Lutherbibel mehr beziehen zu können, wird unsere kleine lutherische Centralbibelgesellschaft die alte unveränderte Lutherbibcl in verschiedenen For maten selbst drucken und verbreiten." Es wird Leute geben, wie die der deutschen Freikirchen, auf welche alle Widerlegungen der vorgebrachten Gründe gegen Revision wenig Eindruck machen werden, weil sie, da eine Arbeit Luthers angegriffen ist, von vornherein dagegen sind. Wir haben auch gerade bei dcm besseren Theile unserer Gemeinden, bei den kirchlich gesinnten Kreisen, denen die Bibel etwas gilt, damit zu rechnen, daß in Zeiten wie jetzt, wo Alles im Flusse und in Gährung ist, das ängstliche Gemüth durch die Be sorgniß — mag diese auch grundlos sein und auf einer ängstlichen Befangen heit beruhen — bedrängt und beunruhigt wird, ob nicht nun ein Stück nach dem anderen von dem bisherigen traditionellen Besitze, von dem ererbten (Schluß.) Geistesschatze, der ihm lieb geworden ist, ihm genommen werden solle. Wir werden es bei den wirklichen Bibelchristen im Volke mit dem Verdacht zu thun haben, daß die Bibelrevision und namentlich die schwärmerische, drängende Befürwortung rascher Einführnng der revidirten Bibel doch mehr von „links" herkomme, von den Vertretern der „modernen" Theologie und Bibelkrilik. Schlimm ist es ja wirklich auch, daß nun eine doppelte Bibel vorhanden ist. Also zu wappnen haben wir uns mit Vertheidigungswaffen sowohl als auch mit Werkzeugen, alle unnöthigeu Hindernisse und Schwierigkeiten, die der Ein führung in den Weg gelegt werden aus dem Weg zu räumen. Das Erste ist, rechte Vorsichtsmaßregeln zur Verhütung von Aergerniß anzuwenden. Hier hat das Kirchenregiment selbst vorbildlich gehandelt. Wir freuen uns, daß das Hohe Landesconsistorium mit aller Zartheit und Besonnenheit vorgegangen ist in Rücksicht auf diejenigen Kreise, vie der revidirten Bibel und deren Ein führung antipathisch gegenüberstehm und die vom Kirchenregimente zu schonen sind, wie man auch über den Umfang dieser Kreise und über die Ursache der Antipathie denken mag, die aber durchaus nicht etwa künstlich eingetreten ist, sondern tief im Herzen und Bewußtsein des eigentlichen Bibelvolkes wurzelt. Wir freuen uns, daß dasselbe sich tapfer gegen das Anstürmen der Bibel revisionsschwärmer gewehrt und durch den Mund unseres Hochwürdigen Ober- hofpredigcrs in der 19. Sitzung der letzten Synode erklärt hat, „es habe in der Befürchtung, eine Beunruhigung innerhalb unserer Kirche zu erzeugen, noch Anstand genommen, den obligatorischen Gebrauch der revidirten Bibel übersetzung vorzuschreiben oder ihn facultativ zn gestalten, in der Meinung auch, daß durch Zwang oder Druck von oben diese nicht Gemeingut des evan gelischen Volkes werden kann, so wenig als die „Lutherbibel" es auf diesem Wege geworden ist." Hat doch die Eisenacher Kirchenconferen; richtig gesagt: „Zur lirchenregimentlichen Weisheit gehört vor allem Anderen Geduld üben und abwarten können, bis die Saat reif ist zur Ernte." Wie gut, daß die neuen Vericopen nach dem bisherigen kirchlich recipirten Text gedruckt sind. Uebrigens ist die Verbreitung der revidirten Bibel in unserem Sachsenlande noch eine verhältnißmäßig geringe. Sie steigert sich allerdings. Wenige Laien aber werden sich bis jetzt mit der reviditirten Bibel bekannt gemacht haben. Da jedoch die Zeit nahe ist, wo sie der Gemeinde auch im Gottesdienst zu gänglich gemacht werden soll und der Privatgebrauch schon längst im Gange ist, so gilt es dem in jener entscheidnngsvollen Sitzung der Synode gesprochen Wie stellen wir uns zur Einführung der revidirten, d. h. durchgefehenen Bibel? 12. Juli 189 9, von Herrn Pfarrer Laube-Oberlungwitz gehalten.)