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Erscheint jeden Wochentag abends für den folgenden Tag und kostet durch die Austräger pro Quartal Mk. 1.40; durch die Post Mk. 1.50 frei ins Haus. Hohenstein-Ernstthal, Oberlungwitz, Gersdors, Luga«, Hermsdorf, Bernsdorf, Langenberg, Fallen, Langenchursdorf, Meinsdorf, Rutzdorf, Wüstenbrand, Grüna, Mittelbach, Ursprung, Leukersdorf, Seifersdorf, Erlbach, Kirchberg, Pleitza, Reichenbach, Grumbach, Callenberg, Tirschheim, Kuhschnappel, St. Egidien, Hüttengrund u. s. w. Amtsblatt für de» Verwaltungsbezirk des Stadtrathes z« Hohenstein. ^^70 »da N'hme» di- Sri-di,.m bi« V°M1 l» Uh> für Mittwoch, den 24. März 1897. Rr. 68 47. Jahrgang. der Lokomotive Die Kaiserfeier in Hohenstein. Wenn die Bewohner Hohensteins auf die Centenarfeier zu Ehren unseres alten Kaisers zurückblicken, werden sie es mit Genugthuung thun, denn selten ist wohl solch eine Feier in ihren einzelnen Theilen gleich gelungen ausgefallen. Das An denken unseres größten deutschen Herrschers zu ehren, war eben jeder bereit und dies nicht nur äußerlich, sondern aus vollem dankbare« Herzen. Kirchgang und Festgoltcsdienst. Zahlreich hatten sich die einzelnen Vereine mit ihren Ver einsfahnen und die Behörden am Sonntag vor dem Rathhause eingefunden, um an dem allgemeinen Kirchgänge Theil zu nehmen. Ein imposanter Zug wallte nach dem Gotteshause, um dasselbe gänzlich zu süllen und nach einer vom Kirchenchor fein abgetönt und gut phrasirt vorgetragenen Motette: „Ich freue mich des Herrn," der Predigt des Herrn Pastor Albrecht zu lauschen. Maleachi 2, 5: „Denn Dein Bund war mit ihm zum Leben und Frieden, und ich gab ihm die Furcht, daß er mich fürchtete und meinen Ramen scheuete" war die Grundlage zu der von hohem sittlichen Ernste und patriotischem Geiste getragenen Rede, die tief in alle Herzen traf. Der Herr Redner wußte in dem Lcbcnsgange des geliebten Kaisers so viele edle, warme Züge zu finden, wußte vor allem die Sorge des hohen Herrschers um sein deutsches Volk ins rechte Licht zu stellen, besonders auch seine tiefe, feste Frömmigkeit als leuchtendes Beispiel hinzustellen, sodaß Jedermann ergriffen und erhoben einstimmte in den Schlußgesang: „Gebt unserm Gott die Ehre!" Die Feier am Kaiser-Denkmal. Nach Beendigung des Gottesdienstes ordneten sich die Theilnehmer zum Zuge nach dem Kaiser-Denkmale, wo sich ihnen die Obcrklasscn der Bürgerschulen anschlossen. Nachdem die Töne des „Lobe den Herren" verklungen waren, nahm Herr Diaconus Günther das Wort zu einer Ansprache. „Wir leben," führte der Herr Redner aus, „in einer kleinlichen Zeit der Sonderinteresscn, in einer schweren Zeit, in einer Zi it, wo jeder nur an sich selbst denkt und für sich selbst sorgt," und fußend auf diesen Worten, malte er dann ein Bild jener großen Zeit, da Deutschlands Traum sich zu verwirklichen begann, da in Wilhelm I., Deutschlands Genius die Führung übernahm. Und nun entwarf er ein Bild von dieser hohen, hehren Gestalt und feierte unsern alten Kaiser in packender, poesiedurchflossener Rede, die in ihrer Prägnanz ein Meisterstück genannt zu werden ver dient. Nach diesen Worten, die jedes patriotische Herz höher schlagen ließ, legten die Behörden und Vereinsvorstände am Denkmale Lorbeerkränze nieder, von denen manche sinniger Weise den Schmuck der Kornblume trugen. Auch die Schule weihte Wilhelm dem Einzigen einen Kranz, bei dessen Ueber- gabe die Schülerin der ersten Klasse Elisabeth Schneider in inniger, tiefempfundener Weise das Widmungsgedicht sprach. In dem sinnig dekorirten Saale des Rathhauses hatte sich eine ansehnliche Anzahl Männer eingefunden, um durch ein Festessen der Feier ein öffentliches Gepräge zu verleihen. — Die Fest- rede hielt Herr Postdirektor Rascher. In markigen Worten gab er einen kurzen Ueberblick über Deutschland und zog die Parallele von einst und jetzt. Kaiser Wilhelm, dem wir die Wiedergeburt des deutschen Vaterlandes verdanken, dessen weise und planvolle Regierung uns den inneren Frieden wiedergab, wird immer als VolkShcros im Gedächtniß weiterleben. Seine Bescheidenheit, seine Leutseligkeit und sein frommer Sinn sind sprichwörtlich geworden, — möchten sie der gegenwärtigen Generation und den ferneren Nachkommen als leuchtendes Bei spiel stets vor Augen sein. Der Redner machte durch seine markante Vortragsweise einen großen Eindruck, seine formvollendete Rede schloß mit einem Hoch auf Kaiser Wilhelm II. und König Albert und alle Anwesenden stimmten herzlich ein. Gegen ^7 Uhr löste sich die schöne, von patriotischer Gesinnung getragene Feier auf. Die Schulfeier am Montag. Ist am Sonntage in der Kirche der 100,ährige Geburts tag Kaiser Wilhelms I. gefeiert worden, so gedachte am Mon tage vormittags die Schule in einem Aktus des großen Kaisers. Mit dem klangvollen Choral: „Lobe den Herrn, meine Seele" wurde die Feier eröffnet. Hierauf betrat Herr Sprachlehrer Stecher das Rednerpult. Den großen Kaiser im Rahmen seiner Zeit und im Anschauen der bedeutenden Männer, die er um sich bemfen hatte, betrachtend, entrollte er in wohldurch dachter und formvollendeter Rede ein klares und schönes Charakterbild von „Kaiser Wilhelm dem Einzigen". Hieran reihten sich Gesänge und Gedichte, welche das Leben Kaiser ziehen versehen. Die Personenwagen dritter Klasse waren ganz offen. Die Bestimmungen zur Aufrechterhaltung der Ordnung gerade an diesem Tage hatten der Eisenbahnverwaltung viele Schwierigkeiten bereitet und es war nur zu bewundern, daß keine Unglücksfälle vorkamen, denn die Passagiere saßen in allen möglichen Stellungen auf dem Wagenverdeck oder hingen die Beine über die Bordkante und was das allerschlimmste war, die Bewohner entlang der Strecke hatten sichs auf dem Bahnkörper bequem gemacht und erwarteten so die Ankunft des Zuges. Von den Bahnwärterposten wurden die Signale von Mann zu Mann mit kleinen Flaggen gegeben. Die Plätze in den Wagen waren, wie damals in der Post, numeriert. Unter großem Jubel der Leipziger Bevölkerung setzte sich der mit Gmrlanden und Fahnen geschmückte Zug in Bewegung und Hunderte mit guter Lunge begleiteten ihn eine große Strecke, hatte er doch „Schneckentempo" angenommen. Viel Vergnügen bereitete es dem Prinzen Johann, als der Zug kurz vor Althen „sitzen blieb" und das liebe Publikum schieben wollte. An eine Zurückfahrt nach Leipzig war natürlich nicht zu denken, die Passagiere, welche nicht warten konnten, mußten natürlich die Heimreise mit Wagen oder Pferd, oder zu Fuß antreten, denn die Maschine war defekt geworden. Die zweite Fahrt am andern Tage ging jedoch glatt von statten. Am 24. April, also am ersten Tage wurden bereits 268 >/z Thaler und am zweiten Tage 254 Thaler Fahrgelder gelöst. Am Freitag, den 18. März, fand in Berlin eine Sitzung des Centtalvorstandes vereinigter Jnnungsverbände Deutsch lands uud des Vorstandes des deutschen Handwerkerbundes in München unter Zuziehung des Vorstandes des Leipziger Jnn- ungsausschusses statt. In derselben wurde beschlossen, für den 24. und 25. Mai d. I. einen deutschen Handwerkertag nach Leipzig mit der Tagesordnung: Stellungnahme zu dem Ent wurf eines Gesetzes, betreffend die Abänderung der Gewerbe ordnung, einzuberufeu. Die Vorbereitungen werden vom Leip ziger Junungsausschuß und dem Handwerkerverein unverzüglich n die Wege geleitet. Die Ziehung der 4. Klasse der 13 l. königl. sächsischen Landeslotterie erfolgt am 5. und 6. April 1897. Die Er- icuerung der Loose ist nach 8 5 der dem Plane zu dieser Lotterie angefügten allgemeinen Bestimmungen vor Ablauf des 27. März bei dem Kollekteur, dessen Namen und Wohnort auf Wilhelms I., sein Denken, Fühlen und Wollen von seinem Lebensanfange bis zu seinem Lebenseude schilderten. Die Kinder trugen diese Gedichte in durchaus guter Be tonung und mit warmem Gefühl vor, so daß die Herzen der Zuhörer bei tiefem Leide mitklazten und bei Heller Freude mit- jubelten. , Herr Lehrer Jähnig sprach in packender Weise das Schluß gebet. Der Festkommers. Die Krone aller dieser Feiern war der Kommers des Abends. Alle patriotisch denkenden und fühlenden Männer waren zu dieser Versammlung herbeigeeilt, der Saal des Hotels zum Drei Schwanen konnte die Menge kaum fassen, und es herrschte bald rechte Feststimmung. Beifällig nahm man die Begrüßungsrede des Vorsitzenden, des Herrn Bürgermeister vr. Polster, entgegen und stimmte freudig ein in das Hoch auf Kaiser und König, an welches sich die Sachsenhymne schloß. Groß war auch der Beifall, den man dem Stadtmusikchore nach jeder Nummer zu Theil werden ließ, ebenso wie sich der Applaus nach den Gesängen der Liedertafel nicht legen wollte, und dieser Applaus war verdient, denn alle Stücke wurden unter der Leitung des Herrn Cantor Merker tonschön und wohlaceentuirt zu Gehör gebracht. Hoch anjuerkennen war es auch, daß die beiden hiesigen Vereinigungen der Turner sich in den Dienst der Allgemeinheit gestellt hatten und Abwechslung in die Darbietungen brachten. Alle Leistungen wurd-n mit Leichtigkeit und Geschick, mit spielender Kraft und Eleganz aus geführt, und infolge dessen fanden sie natürlich auch rauschen den Beifall. Der Glanzpunkt aber des Abends war die Festrede deS Herrn Schuldirector Dietze. Formvollendet, reich an glücklichen Parallelen, geistvollen Schlüffen nnd kleiner intimer Einzelheiten, machte diese Rede einen überwältigend begeisternden Eindruck. Sie kam von Herzen und ging deshalb auch zu Herzen, sie wußte ein strahlendes Bild unseres verewigten Kaisers zu zeichnen, daß jeder sich mit fortgerissen fühlte zu flammender Begeister ung. Der spontane Beifallsausbruch am Schlüsse seiner Rede wird Herrn Schuldirector Dietze am besten gezeigt haben, wie sehr er dem Gefühle aller Herzen Worte geliehen hatte und ihm ein Lohn gewesen sein, der für solch eine außerordentliche Leistung oratorischen Könnens nur allzu verdient war. — Auch Herr Oberlehrer Reichardt erntete mit seinen formvollendeten Trinkspruch auf Fürst Bismarck die frohe Zu stimmung der Anwesenden. — Mit dem Eilenberg'schen Tonstück „Die Völkerschlacht bei Leipzig" schloß diese Feier, die ebenso wie der volle Fahnen schmuck der Häuser und die theilweise festliche Beleuchtung be zeugte, daß auch in Hohensteins Mauern treue Patrioten, un gezählte Verehrer des Einigers Deutschlands wohnen, daß auch in Hohenstein das Wort gilt: „Mit Gott für König und Vaterland, für Kaiser und Reich." Sächsisches. Hohenstein, den 23. März 1897. Beim Leeren der Briefkästen verlangt das Publikum oft noch die Aufnahme von Postsendungen in den schon geschlossenen Postbeutel. Das ist aber durchaus gegen die Instruction der Postbeamten, welche den Beutel zu keinem anderen Zwecke öffnen dürfen, als um ihn unter den Briefkasten zu schieben. — So die Antwort der Behörde auf erfolgte Beschwerde. Die hundertjährige Gedenkfeier für den ersten deutschen Hohenzollern-Kaiser Wilhelm ist merkwürdigerweise auch für seinen treuen, aufrichtigen Freund, den an den Feierlichkeiten in Berlin theilnehmenden König Albert, ein gar seltener und wichtiger Gedenktag. Am 22. März 1897 sind nämlich genau fünfzig Jahre verflossen, daß der damalige Prinz Albert von Sachsen durch seinen Lehrer und Erzieher Or. Friedrich Albert v. Langenn in feierlicher Weise in den obersten Gerichtshof des Königreichs Sachs-n eingeführt wurde, um forthin an dessen Arbeiten theilzunehmen. Bei dieser Gelegenheit hielt nun v. Langenn eine längere Ansprache und äußerte in ihr über seinen Zögling unter anderem auch die prophetischen Worte: „Kate signu kores Laxonius tuao!" zu deutsch: Weithin störst Du die Farben Deines Sachsen tragen!" Wie glänzend ist dieser vor einem halben Jahrhundert erfolgte Aus spruch in den Feldzügen der deutschen Einigungskriege 1849, 1866, 1870/71 in Erfüllung gegangen, und als welch ein be- nierkenswertheS Zusammentreffen erscheint es, daß der hundert jährige Geburtstag des großen Kaisers Wilhelm I. und der halbhundertjäkrige Gedenktag jener Prophezeiung von dem Kriegsruhme oeS Königs Albert, dieses treuen und aufrichtigen, selbstlosen und hochsinnigen Paladins und Helfers des ver Strecke von Leipzig nach Althen zurückzulegen. Die Strecke war 16,200 Ellen lang. Der Zug bestand aus der Lokomotive „Blitz" mit einem englischen Führer und aus acht Personen wagen. Die erste Wagenklasse, welche der Prinz und das Ge folge benutzte, war vollständig geschlossen, die Wagen zweiter Klasse hatten zwar eine feste Bedachung, sie waren aber an den Seitenwänden mit Leinwandvorhängen zum Aus- und Zu- ewigten Hohenzollernfürsten, in den großen Entscheidungs schlachten auf französischem Boden genau aus denselben Tag zusammenfallen. Se. Majestät der König hat nachstehenden Armeebefehl erlassen: Zur steten Erinnerung an die Wiederbegründung des Deutschen Reiches und zum Andenken an seinen ersten deutschen Kaiser, unter dessen ruhmreicher Führung auch Meine Sachsen kämpften, bestimme ich nach Uebereinkunst mit Sr. Majestät dem Kaiser, daß Meine Truppen vom heutigen Jubel- tage ab, an welchem vor 100 Jahren der erhabene kaiserliche Begründer des Deutschen Reiches geboren wurde, die deutsche Kokarde neben der Landeskokarde anlegen. Dresden, den 22. März 1897. Albert — Trageweise der deutschen Kokarde und der Landeskokarde: Im Anschlusse an Meinen Armeebefehl vom heutigen Tage bestimme Ich nach Uebereinkunft mit Sr. Majestät dem Deutschen Kaiser und König von Preußen folgendes: 1) Am Helme und Tschacko wird die deutsche Kokarde rechts, die Landeskokarde links getragen; am Tschapka und an der Pelzmütze der Husaren wird die deutsche Kokarde rechts angebracht; das Feldzeichen führt die Farben der Landeskokardc. An der Feld-, Schirm- und Dienstmütze sitzt die Landeskokarde auf dem Besatzstreifen und die deutsche Kokarde darüber auf der Mitte des Grundtnchs. Das Landwehrkreuz (für Reserve und Landwehr) wird an der Mütze nur auf der Landeskokarde angebracht; seine Trageweise zum Helme rc. bleibt unverändert. 2) Für die deutsche Kokarde ist die von Mir genehmigte Probe maßgebend. Das Kriegsministerium hat daS Weitere zu ver anlassen. Dresden, den 22. März 1897. Albert, v. d. Planitz. Am 24. April dieses Jahres werden es 60 Jahre, daß der erste Personentransport auf der Eisenbahn in Sachsen stattsand. Diese Fahrt gestaltete sich deshalb besonders inte ressant, weil der damalige Prinz Johann, der nachmalige König, bei dieser Gelegenheit erstmalig die Eisenbahn benutzte. Es war am 24. April 1837 früh 9 Uhr, als der Zug in Leipzig bereit stand, um die Fahrt auf der bis dahin fertiggestellten