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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 15.02.1900
- Erscheinungsdatum
- 1900-02-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-190002156
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-19000215
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-19000215
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-02
- Tag 1900-02-15
-
Monat
1900-02
-
Jahr
1900
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 15.02.1900
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pen besetzt worbe», nachdem der Feind durch eine heftige B:schießu»g daraus vertrieben worden war. RevSburg, 13. Febr. Die britischen Truppen bei SlingerS Fontein waren gezwungen, bis nach RenSburg zurückzugchen, da ihre östliche Flanke be droht ist. — Das „Reutersche Bureau" meldet hierzu, die Zurückziehung der englischen Truppen aus ihren Stellungen, einschließlich des Colckopje, nach den west lich gelegenen Positionen wurde nöthig, weil sich hcr- auSstellte, daß dieselben von dem schweren Geschützfelles bestrichen wurden. Ter Reuterfche Correspondent in RenSburg tele- graphirt, daß er eine Unterredung mit einem australi schen Correfpondenten hatte, welcher das Burenlager am 11. d. besichtigte Die Baren, welche den australi schen C^rresvondenten degleitet-n, erklärten hm, sic hätten 120,000 Mann, welche sür ihr Vaterland kämpften und fähig seien, den Krieg bis auf unbegrenzte Zeit lortzuführen. Was die Lage auf dem Natalkriegsschauplatze betrifft, so steht es nunmehr fest, daß General Buller sich nicht allein über den Tugela, sondern viel weiter rückwärts, bis Frere, zurückgezogen hat; die Vorposten der Buren stehen bereits bei Chiveley. Aus diesem Rückzüge allein ergiebt sich, daß General Buller es für längere Zeit aufgegeben hat, wieder am oberen Tugela eine Operation zu unternehmen, daß also seine Verluste so beträchtliche waren, daß er bis an seine Basis zurück mußte, um dort seine Truppen neu zu ordnen und die Verluste zu ersetzen. Nach privaten Nachrichten war Buller nicht nur in Gefahr, von Osten umgangen zu werden, sondern auch der Zustand seiner Truppen mag ihm nahegelegt haben, erst eine gründliche Reorganisation eintreten zu lassen. Das Brüsseler Blatt „Petit Bleu" ver öffentlicht Einzelheiten aus den letzten Tugelakämpfe», woraus hervorgeht, daß die Demoralisation bereits in den Reihen der Engländer einzureißen beginnt. Mehrere Abtheilungen begannen auszureißen, bevor noch der Befehl zum Rückzug gegeben war, ohne daß die Officiere die Flucht einzuhalten vermochten. Privaten Nachrichten, die aber doch vielleicht die Lage für die Buren etwas zu rosig ansehen, ist noch Folgendes entnommen: Aus Durban wird tele- graphirt: Es bestätigt sich, daß General Joubert mit einem Theile seiner Armee und mit Artillerie den Tugela überschritten hat, uni Buller in der rechten Flanke anzugreisen, und von seinen Lagern bei Chiveley und Frere zu trennen und ihn gleichzeitig von seiner Operationsbasis im Süden abzudrängen. Der Kampf zwischen Jouberts Vorhut und den Truppen Bullers hat am Doornkop südlich vom Tugela bereits begonnen, ebenso ist General Barton, der Commandant des Lagers von Chiveley, westlich von diesem Lager in einen Kampf mit den Buren, die sich zwischen ihn und die Verbindungsstraße mit Buller einzuschieben versuchen, verwickelt. Läufer be haupten, Joubert halte die Haupthöhen diesseits des Tugela besetzt, und Bartons Versuch, ihn von diesen zu vertreiben, sei mißlungen. Andere Buren-Co m- mandvs rücken von Osten aus dem Zululande gegen Greytown, halb im Rücken von Chiveley, vor. Das Vryburg-Commando soll sich bereits des Ortes Eshowe bemächtigt haben, um von dort aus die Eisenbahn nach Durban zu bedrohen! — Ladysmith wird täglich stärker bombardirt, die Lage der englischen Garnison soll hoffnungslos und White bereit s.in, zu kapituliren. Churchill, der Kriegs-Correspondent der „Morning Post", telegraphirt, Buller erklärte den Entsatz von Ladysmith jetzt für unmöglich; er habe jede Hoffnung, General White zu befreien, verloren. Er könne nichts weiter thun, als jetzt sein Heer nur noch sür die Ver- theidigung Natals zu erhalten. Nach englischen Blättern sind Whites Truppen in Ladysmith nur noch bis zum 19. Februar mit Proviant versehen. — In Durban und Pietermaritzburg herrscht eine Panik, die auf die Nachrichten von Jouberts offensivem An- rücken und dem Vormarsche anderer Burcncorps gegen Greytown und Weston entstanden ist, da hierdurch Pietermaritzburg direkt bedroht wird. Ueber die Gründe für Bullers Rückzug wird der Londoner „Central News" aus dem englischen Haupt quartier bei Springfeld vom 9. Februar gemeldet: Im Laufe des Kampfes am Mittwoch Nachmittag wurde vom militärischen Ballon aus eine überraschende Entdeckung gemacht. Es war wohl bekannt, daß die Buren auf den Abhängen und dem Kamme von Doorn- kloof zu unserer Rechten Kanonen aufgestellt hatten. Buller hatte dies bei seinen Berechnungen in Betracht gezogen und sich entsprechend vorgesehen. Der Ballo nist meldete aber, daß die Buren auf jener Stellung sich mit außerordentlich starker Artillerie versehen hätten. Es war ihnen gelungen, wenigstens ein Dutzend schwerer Kanonen dort hinaufzuziehen. Alle diese mächtigen Geschütze waren in höchst geschickter Weise maskirt und sie würden nie entdeckt worden sein, wenn nicht der Ballonist seine Ferngläser darauf ge richtet hätte. Diese Entdeckung war von allererster Wichtigkeit. Die Buren hatten uns eine tödtliche Falle gestellt und wir wurden vor derselben bewahrt. Die großen Kanonen auf Doornkloof beherrschten die Straße, welche wir hätten einschlagen müssen, um nach Ladysmith zu gelangen; sie machten die Stell ungen, welche wir innehatten, unhaltbar und machten ein weiteres Borrücken unmöglich, außer dem furcht barsten, nutzlosen Verlusten an Menschenleben. , Buller kam zu der Ansicht, daß seine Artillerie kaum i in der Lage sein würde, diese Kanonen unschädlich , zu machen und daß jedenfalls unsere Kanoniere aus ihrer Deckung herauskommen müßten, ehe sie in die Position kommen konnten, von denen aus der Feind auf Doornkloof zu beschießen wäre. Es wurde darum beschlossen, noch einmal über den Tugela zurückzu gehen, Vaalkrantz wurde deshalb während der Nacht geräumt. — Wie die Buren schießen, ergiebt sich in recht interessanter Weise aus folgendem Bericht eines englischen Blattes: Der Beobachtungsballon der Engländer ist bei den jüngsten Kämpfen am Tugela durch Granatfeuer zerstört worden, daher ging am Montag ein neuer Ballon auf. Als er niederging, wurde er die allge meine Zielscheibe der Buren. Die Geschosse schlugen rund um die wenigen Leute, die den Korb hielten, ein; sie waren bis auf 2 Matrosen gefallen. Als sie abmarschirten, wurden sie mit dem Ballon fast 3 Kilom. weit vom feindlichen Feuer verfolgt. Die Leute der 77, Feldbatterie schleppten unter einem Hagel von Geschossen und Gewehrkugeln den letzten Munitionswagen, dessen Pferde sämmtlich ge fallen waren, in Sicherheit und unter Deckung. Den zweiten Gefechtstag (Dienstag, den 6. Febr.) begannen die Buren bei Morgengrauen mit einem gegen die Brigade Lyttleton auf dem Vaal-Krantz (Molen- ipruitkopje) gerichteten Geschütz- und Gewehrfeuer. Unsere Soldaten hatten eine schreckliche Nacht hinter, einen schlimmern Tag vor sich, der Feind fegte förmlich die Steinwälle und Schützengräben mit Mauser- und Maximgewehren. Letztere richteten glücklicherweise nichts gegen die Steinwälle aus, aller Niemand konnte ungestraft die Deckung verlassen. Unsere Marinekanoniere und Artilleristen versuchten sie mit zwei sünfzölligen Geschützen zum Schweigen zu bringen, vermochten es aber nie ganz; einmal sprengten sie einen Munitionswagen der Buren in die Luft, aber nach einiger Zeil spie der Gegner wieder Rauch und Feuer aus dem Hundertpfünder, dessen Geschosse selbst übrigens merkwürdig wenig wirklichen Abbruch thaten. Eine Granate traf die Pontonbrücke, aber seltsamerweise ohne di: Brücke zu beschädigen und den Verkehr zu unterbrechen. Während des Abends am Dienstag stürzten die Buren vor, brannten das Gras an und überschütteten bei dcm Feuer schein den Vaal-Krantz mit Granaten und Kugeln, sic machte» einen entschlossenen Angriff, doch w>:S du- Brigade Hildyard ihren Angriff cb Zwischen 11 Uhr und Mitternacht unterhielten sie em starkes Shrc-pE- scuer, unter dem aber nur ein Mann verwundet wur.e. Am Mittwoch w^r die Kanonade am heftigsten. Ln- Bereu brachten ein neues lechszölliges Geschütz in Thätigkeit, außerdem zwei 30-Psünvcr und drei V ck s- Moxims. Nur gegen die letzteren kom tcn wir aut" kommen, während gegen die übrigen Geschütz- nur Sic großen Flottengeschütze und die neuen Fünizoll Haubitz-n sich behaupteten. General Hildyard hielt sich treist ch, leider konnte» wir aber die großen Geschütze dc§ Feindes nicht außer Gefecht setzen. Die Geschosse des Feindes fielen mitten unter unsere Leute im Thüle und nur intcr größter und nutzloser Gefahr hätte de Lommandiercnde durchbrechen können. Er beschicd sich eines Besseren und beschloß, nicht auf dem Durchbruch auf diesem Wege zu bestehen." Paris, 13. Febr. Der „Matin" erhärt einen aus dcm Burenlager von Ladysmith am 20. Deccmber ratirtcu Brief des Leutnants Galopaud. der mit dem französischen Oberst VilleboiS Mareuil den Operationen folgt. Der Brief enthält eine Schilderung der Schlacht bei Colenso, die bald nach dem Siege deS Generals Cronje bei Stormberg geliefert wurde. Galopaud findet die taktischen Fähigkeiten des Generals Buller gering. Dieser habe unsinnigerwrise seine Leute geopfert, wie das folgende Resultat lehre: Die Engländer verloren 3000 Todte und Verwundete, 9 Officiere, 150 Ge fangene, 10 Kanonen und 9 Munitionskästen, die Buren dagegen nur 4 Todte und 14 Verwundete. Die eng lischen Artilleristen hätten mit großer Tapferkeit ihre Geschütze den Buren zu entreißen versucht. * * * Die Buren können mit dem Ergebniß der Lon doner Parlamentsdebatten zufrieden sein. Rach den Erklärungen, die die englische Regierung in beiden Häusern abgegeben hat, beabsichtigt sie keinerlei grund sätzliche und durchgreifende Reform der HeereSorgani- sation. Das klägliche Prmcip der Söldnerarmee wird bcibchmten. In der Hauptsache sollen nur die nebenher bestehenden Milizen verstärkt und besser ausgebildet werden. Die große Mehrzahl der Blätter geben einen Stoßseufzer der Erleichterung von sich, daß die Re gierung keine allgemeine Wehrpflicht beschloß und er klärt sich mit dem R^ierungsproject im weientlichen einverstanden, ernste Sachverständige halten eS aber für einen verfehlten Versuch, dem alten System neues Leben einzuflößen. Sie geben ssich keiner Täuschung darüber hin, daß mit einer solchen Politik der keinen Mittel den im bisherigen Verlauf des südafrikanischen Krieges zu Tage getretenen Unzulänglichkeiten der bri tischen Armee schwerlich abzuhelfcn sein wird. Die Mehrzahl der Bevölkerung aber, wenig geneigt, ihr Alles an ihre Ehre zu setzen, seufzt erleichtert aus, mit jeder ernstlichen Juansprucbnahme seiner nationalen O^serwilligkcit für den KriegSzweck, besonders mit allem, was einer allgemeinen Wehrpflicht ähnlich sieht, verschont zu bleiben. Die Grundstimmung in politischen wie in mili tärischen Kreisen über di: Armecrcorgamsationsvorschlägc ist, daß, so lange die durch den Krieg veraulaßte Be geisterung vorhält, sie sich bewähren dürfte, daß aber, sobald diese Stimmung vorüber ist und die unver meidliche Reaktion eintritt, auch die Opferwilligkeit aufhören wird, und Freiwillige nicht daran denken wer den, einen Monat ihren bürgerlichen B ruf aufzugeben und arisschließlich sich militärischen Uebungen zu wid men. Man fürchtet, daß dann allerdings die andere Maßregel, von der der Staatsseccetär des Krieges ge sprachen hat, nämlich die res Militärzwanges, Unzu treten hat, der, wie einige Blätter stöhnen, England othwendig dem Militarismus in dis Arme treibt. In imponirendem Gegensatz dazu steht die That- sache, daß in der Transvaal-Republik selbst die Weib, liehe Bevölkerung sich in zunehmendem Umfange zu thätiger Theilnahme an der Vertheidigung des Landes drängt. Der Liverpool Post zufolge bereitet sich nämlich in Transvaal ein unerhörtes Schauspiel vor, nämlich eine Massenerhebung der Burenfrauen, welche an der Seite ihrer Gattei? am Kriege theilnehmen wollen und sich seit drei Monaten im Gebrauch der Waffen üben. Präsident Krüger und General Joubert konnten die Frauen bis heute von ihrem Vorhaben abhalten, mußten ihnen aber versprechen, sie am Kriege theilnehmen zu lassen, sobald die Engländer ihren Fuß auf freistaatliches oder Transvaalgebiet setzen sollten. Im Uebrigen ist noch folgendes Telegramn zu verzeichnen: London, 13. Febr. Der Daily Mail wird aus Pietermaritzburg telegraphi-t: Nach einem Telegramm aus Eshowe ist jetzt ein größeres Buren-Commando in Nqutu stationirt, mit einem Train von 80 Wagen und neun Geschützen. Sein Zweck ist unbekannt, doch verlaute!, es werde Eshowe belagern, wahrscheinlich beabsichtige es, den Jnsuzihügel zu befestigen, um zu verhindern, daß eine britische Truppe durch Zululand zum Entsatz von Ladysmith marschiert. Alles deute auf erneutes Warten, bis die Engländer wieder eine Bewegung vornähmen. Kohlenarbeitcrstreik. Gtt'Kdors, 11. Fcb:. (Zum Staude her B.rg arbriter-Bcw-gung) Immer fühlbarer werden die Folgen Scr Lohnbewegung und immer weiter scheint sich vic selbe zu verbreiten; eine Bftczichaft nach der andern tritt in den Ausstand. Am Montag Abend begannen die Arbeiter der Ke-sergrube den Streik, s. daß von 037 L:uteu nur noch 127 aus der Grube beschäftigt sind. Diese bewerkstelligen jedoch nur die vorrommendcn Reparaturen und sonstige Nebenarbeiten, während die Kohlensörderuug und der Versandt vollständig ruht. Ebenso wenig erfreulich steht es in anderen Kohlen- werken aus. Gestern Abend sind auch die Bergleute vcr G werkschaften Pluto und Merkur ausständig ge worden. Bon 545 dortselbst beschäftigten Arbeitern haben 415 die Arbeit med-rgelcgt. Die Förderung mußte natürlich aus da- Minimalste beschränkt werden und wurde auch hie der Versandt völlig eingestellt. JnSgesammt streiken in unserer Gegend auf 7 Werken 2100 Mann, das ist durchschnittlich 60 Procent aller Grubenbelegschaft. Rach dcm jetzigen Stande der Sache ist es nicht ausgeschlossen, daß von den noch arbeitenden Berg leuten ein weiterer Theil ausständig wird; das wird wohl aber die allgemeine Lage wenig ändern. Wie uns von sehr glaubwürdiger Seite mitgetheilt wird, scheint sich unter den Streikenden eine größere Anzahl Arbeitswillige zu befinden, welche von den Streik lustigen durch Drohungen zurückgchalten werden, ihrer Beschäftigung nachzugehen. An den Wegckreuzungen und Bahnübergängen sieht man Streikposten ausgestellt; hauptsächlich ist dies während der Z-it des «Schicht wechsels der Fall. ES kann nicht ausbleiben, daß be hördlicherseits die Arbeitswilligen geschützt werden. Heute Vormittag fand im Gasthofe „Zum blauen Stern" eine außerordentlich stark besuchte Bergarbeiter. Versammlung statt. In dieser wurden zunächst, da durch die Verhandlungen mit den Werksdirektionen keine Einigung erzielt worden war, die für jenen Zweck gebildeten Ausschüsse aufgelöst. Die Unter handlungen sind somit vorläufig abgebrochen, und wurde in der Versammlung die Hoffnung ausgedrückt, daß nun die Behörde vermittelnd eingreifen möge. Als Vertreter der streikenden Belegschaft des Pluto- Schachtrs wählte man Hrn. Richard Jakob, als solchen für die Belegschaft der Kaiser-Grube den Leiter der Versammlung, Hrn. Emil Dietz. Eifrig stimmte man allseitig dem Anträge zu, die gestellten Forderungen auf Lohnerhöhung aufrecht zu erhalten und so lange zu streiken, bis man dies erreicht habe. Die Ver sammlung verlief ohne Zwischenfall und löste sich ruhig auf. Das Ende dieser Lohnbewegung ist nach Ansicht maßgebender Kreise noch nicht abzusehen. Auf der einen Seite wird die Arbeit verweigert, auf der anderen Seite scheint es, daß die Grubenverwaltungen entschlossen sind, die Forderungen der Bergleute unter keiner Bedingung zu bewilligen. Aus dem Lugau-Oel°nitzer Revier wird den Dresdn. Nachr. noch berichtet: In der Arbeiter versammlung, die am Sonntag in Hohndorf stattfand, wurde Herr Hübner, der Lagerhalter des sozial demokratischen Konsumvereins, zum zweiten Vorsitzenden gewählt. Der erste Vorsitzende, ein Arbeiter, rieth vom Ausstand ab und legte schließlich sein Amt nieder, weil er den Ausstand nicht wollte. Der darauf gewählte Vorsitzende nahm aus gleichem Grunde die Wahl gar nicht an. Unter einem Dritten wurde endlich nach dreistündiger Verhandlung, in welcher einzelnen Rednern mehrfach das Wort entzogen werden mußte, gegen schwache Minderheit beschlossen, sämmtliche Forderungen aufrecht zu erhalten, nament lich von den Werken eine Minimalausbeute ^von 40 Procent zu fordern, be' deren Nichtgewährung aber in den Ausstand einzutreten. Daraufhin fuhren am Montag von der Mittagschicht auf mehreren Werken nur wenige Mann an. Die Bekanntmachungen wegen der zugebilligten Lohnerhöhung wurden mehr fach abgerissen. Bemerkt sei, daß die Forderung einer Minimal-Ausbeute gleichbedeutend mit einem Minimal-Lohn ist, daß die Arbeiter von einer Minimal-Leistung dagegen nichts wissen wollen. Oelsnitz, 13. Febr. Da die Bürgschaft von Schacht Hedwig der OelSnitzer Brrgbaugewerkschaft -trcikt, so hat die Gewerkschaft Circulare an ihre Ab nehmer versendet, daß der Betrieb ruht und keine Kohlenlleferungen mehr gemacht werden können. Im Ausstand befindet sich weiter die Belegschaft von Ver einigt Feld und vom Helenenschacht in Hohndorf. Hohndorf, 13. Februar. Der Streik ist in vollem Gange. Auf „Vereinigtfeld" fuhren gestern Mittag einige 50 Mann ein und im darauffolgenden Nacht- und Frühfchichtdrittel olieb sich die Zahl der Einfahrenden ziemlich gleich. Auf „Helene" fuhren gestern Mittag 37, gestern Abend 37 und heute Morgen 47 Mann ein, sodaß im Ganzen von un- gesähr 500 Grubenarbeitern 121 weiter arbeiten. Die Tagearbeiter arbeiten vollzählig weiter. Auf„Rhenania"- Der Familienschmuck. Roman von A. I. Mordtmann Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.) „Waren das Ihre Worte?" fragte der Coroner. „Fräulein Violet hat sie gut behalten." „Und was folgern Sie daraus?" „Daß ich damals Herrn Scudamore noch nicht ermordet haben konnte. Sonst würde ich so doch nicht geredet haben." „Das leuchtet mir nicht ein," versetzt der Coroner. „Ich sehe nur, daß für Sie alles verloren war, wenn Sie nicht rasch handelten. Ihre Worte zu Fräulein Violet sehen eher wie eine wohlberechnete Komödie aus." Mit der Verlesung von Holmfelds Brief wurden die Verhandlungen geschlossen. Unter dem starken Eindruck seines Inhalts gab die Jury ihren Wahr spruch dahin ab, daß Herr Josiah Scudamore aus räuberischen Beweggründen ermordert worden sei und daß sich erheblicher Verdacht der Thäterschaft gegen den bisherigen Secretär des Verstorbenen, Herrn Erwin Lundby, richte. Während die Jury sich entfernte, trat Herr Moore auf Lundby zu und fügte, indem er ihn leicht berührte: „Erwin Lundby, ich verhafte Sie unter der Anklage des Mordes an Josiah Scudamore. Ich hoffe, Sie werden kein Aufsehen erregen und mir ohne weiteres zu meinem Wagen folgen." „Ich folge Ihnen," sagte Lundby. „Sie sind Polizist?" „Inspektor Runyon von Scotland Jard in London. Ich bin hier bis jetzt ziemlich überflüssig wesen, denn alles ist von selbst gegangen. Aber ich tröste mich damit, daß es noch genug für mich zu thun geben wird." Der höfliche Umgangston Runyons ermuthigte Lundby zu der Frage: „Was wollen Sie denn noch ausfindig machen?" „Nun, den geraubten Juwelenschmuck zum Bei spiel." — — „Darüber kann ich Ihnen keine Fingerzeige geben. Da müssen Sie schon selber suchen. Aber ich sage Ihnen gleich, in meinem Zimmer finden Sie ihn nicht." „Da würde ich ihn auch nicht suchen," erwiderte Runyon etwas spöttisch. „Das überlasse ich dem Coroner, der mir ins Amt Pfuschen will und dabei die Hauptsache vergißt." „Und wo werden Sie suchen?" „Das weiß ich noch nicht. Nur soviel weiß ich, daß Mr. Coroner auf falscher Fährte herumtappt. Die richtige wird jetzt Jnspector Runyon aufsuchen." 14. Capitel. Nachdem Holmfeld die Angelegenheit der Scuda- moreschen Damen in Ordnung gebracht hatte, konnte er wieder an sich selbst denken. Einige Tage hatte er gebraucht, um für den wirklichen Thatbestand alles erdenkliche offizielle Aktenmaterial zu sammeln, und wenn es ihm während dieser Zeit auch nicht an freien Stunden gefehlt hatte, so war doch sein Geist von jenem Geschäft so in Anspruch genommen, daß er sich niemals in der Stimmuug fühlte, sei es Musik zu treiben, sei es seine neuen Freunde in Ostabat aufzu suchen. Jetzt aber war ihm in doppeltem Sinne die Pflicht erwachsen, dies zu thun. Marie Violet war durch seine Entdeckungen noch mehr eine Fremde auf Thirlwall geworden, als sie es schon ohnehin war, und ihr längeres Verweilen dort wäre ein Unrecht gegen die nunmehr als einzig rechtmäßige Anverwandte Scudamores nachgewiesenen Personen gewesen. Es mußte also dafür gesorgt werden, daß ihr in Ostabat eine trauliche Heimath als Ersatz für die verloren gehende bereitet werde. Nach allem, was er schon gesehen hatte, war er darüber vollkommen beruhigt, daß Marie weder in materieller Beziehung zu klagen haben, noch auch ideale Güter in dem Maße vermissen würde, wie man von einerkleinen französischen Provinzial stadt eigentlich befürchten mußte. Ob Marie damit zufrieden sein würde, blieb freilich zweifelhaft; wäre es Fanny gewefen, um die es sich handclte, so würde Holmfeld auch diesen Zweifel nicht gehabt haben. Außer in Mariens Interesse mußte Holmfeld auch wegen Marguerites nach Ostabat; er mußte das Versprechen weqen des gemeinsam zu gebenden Concerts erfüllen. Wäre Holmfeld im Besitz einer Selbsterkenntniß gewesen, die ihm fehlte, wie sie den meisten Menschen fehlt, so würde er in der Tiefe seiner Seele noch einen dritten Grund entdeckt haben: die außerordentliche und nachhaltige Theilnahme, welche ihm die merkwürdige Blinde bei ihrem ersten Zusammentreffen eingeslößt hatte. So fuhr er denn an einem sonnigen Vormittag wieder nach Ostabat hinaus, und während er auf der Landstraße dahin rollte, wollte es ihn bedünken, als wenn er seit langen Jahren nicht so leichten und heiteren Sinnes gewesen wäre wie heute. Er mochte wohl nicht Unrecht haben, wenn er dies damit erklärte, daß verworrene und dunkle Fügungen, die bisher auf ihm und allen, die er liebte, gelastet hatten, nunmehr endlich vollständig geklärt worden waren. Wie der blauende Himmel über ihm und die lichtdurchflossenen Gefilde ringsumher, so wolkenlos und schattenfrei lagen nun auch die Verhältnisse, die bisher in unheimliches Dunkel gehüllt gewesen waren. Ob nicht noch ein Weiteres hinzukam, was diesen köstlichen Einklang zwiscben der Außenwelt und seinem Innern vervoll ständigte, darüber legte er sich keine Rechenschaft ab. Als er sich, nach Einstellung des Fuhrwerks in dem ihm schon bekannten Wirthshause der Wohnung Chardins näherte, sah er schon von weitem, daß in Marguerites Zimmer das Fenster offen war und dort das junge Mädchen saß, den Kopf in die Hand und den Ellbogen auf das Fensterbreit gestützt. Näher kommend, stand er einen Augenblick still, um das an- muthige Idyll auf sich wirken zu lassen. „Wenn ich ein Maler wäre, welch ein wundervolles Bild würde ich daraus machen!" dachte er. Aber war er nicht ein Künstler? War seine Kunst nicht auch fähig, auszudrücken, welche Empfind ungen dieser Anblick in seinem Herzen erregte? Was Malerei und Dichtkunst vermochten, sollte das der Musik versagt sein? Lebhaft mit diesem Gedanken beschäftigt und im Geiste schon an seine Gestaltung gehend, näherte sich Holmfeld langsam dem Hause; er glaubte nicht, daß man feine Tritte hören könnte, aber die geschärften Sinne der Blinden mußten sie doch wahrgenommen haben; denn sie erhob das Haupt und lauschte. Am Gartenpsörtchen blieb Holmfeld stehen und rief hinauf: „Guten Tag, Fräulein Chardin! DaS wundervolle Wetter hat mich heute zu Ihnen heraus geführt." (Fortsetzung folgt.)
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