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WeMemtr Tageblatt Erscheint jeden Wochentag abends für den folgenden Tag und kostet durch die Austräger pro Quartal Mk. 1.4t); durch die Post Mk. 1.50 frei ins Haus. Geschäfts-Anzeiger für Inserate nehmen die Expedition bis Vorm. 10 Uhr sowie für Auswärts alle Austräger, desgl. alle Annoncen-Expeditionen zu'Original- Preisen entgegen. Hohenstein-Ernstthal, Oberlungwitz, Gersdorf, Luga«, Hermsdorf, Bernsdorf, Langenberg, Falken, Langenchursdorf, Meinsdorf, Rutzdorf, Wüstenbrand, Grüna, Mittelbach, Ursprung, Leukersdorf, Seifersdorf, Erlbach, Kirchberg, Pleitza, Reichenbach, Grumbach, Callenberg, Tirfchheim, Kuhschnappel, St. Egidien, Hüttengrund u. s. w. Amtsblatt für den Verwaltungsbezirk des Stadtrathes zu Hohenstein. Nr. 63. Der 100jährige Geburtstag Kaiser Wilhelm I. soll Sonntag, den 21. und Montag, den 22. März 1807 nach folgendem Programm festlich begangen werden. Die Einwohnerschaft wird hierzu herzlich eingeladen und gebeten, an beiden Tage» die Häuser mit Flaggen zu schmücken und sich an der Feier recht zahlreich zu betheiligen. Hohenstein, am 13. März 1897. Der S t a d:t r a t h. Dr. Polster, Bgrmstr. Proar am m. SoRKtag, den 2i. März 1887: Früh 9 Uhr: Kirchenparade und Kirchgang. Ausstellung '/z9 Uhr auf dem- Marktplatz vor dem Rathhaus. Ordnung des Zuges in der Reiheusolge deS Ausmarschircns. Die Spitzen «nd Mitglieder der Behörden sowie des Stadt- gemeinderathes versammeln sich im Rathssitzungszimmer. Vormittag 11 Uhr: Schmücken des Kaffer Wilhelm-Denkmals durch Niederlsgung 47. Jahrgang. von Kränzen Seitens der Herren Vorstände. Aufstellung wiederum in der Reihenfolge des Aufmarschirens. Nachmittag 2 Uhr: Festessen im Rathhaussaale. Preis des Gedecks einschl. der Nebenkosten 3 Mk. Die Einzeichnungsliste liegt im RathSkeller bis Sonn abend, den 20. März 1897 Mittag 1 Uhr aus. Montag, den 22. Mürz: Morgens 6 Uhr: Weckruf durch die Straßen der Stadt. Mittags 12—1 Uhr: Marktmusik bei günstiger Witterung. Absuds 8 Uhr: Festcommers im Saale des Hotels „Zu den Drei Schwanen". Eintrittsgeld wird nicht erhoben. Bekanntmachung, Verpachtung betreffend. Sonnabend, de« 2V. März 1887 sollen die Parzellen des der Stadtgemeinde gehörigen Zechenfeldes vom 1. October c. ab auf weitere l2 Jahre verpachtet werden. Pachtlustige wollen 'sich am gedachten Tage Nachmittag 2 Uhr am Gasthaus „zur Zeche" einfinden. Hohenstein, am 13. März 1897. Der Stadtrat h. vr. Polster. Mittwoch, sen 17. März 1897. «utzta g Armenische Greuel und Kretenser Wirren, — Kriege und sehr viel Geschrei von Kriegen, — Polizeibeamte, die selber unter Polizeiaufsicht gehörten, und weltfern schwärmende Pvstoral- denwkraten, — hier Mcnschenvergötterung, dort abgrundtiefer Haß, — bald für irgend eine verlorene Sache eine Begeister ung, die an Ueberspanntheit grenzt, bald feiges Verkriechen hinter seine Scheuklappen: ein toller Wirbel! Da ist es nicht zu verwundern, daß der Streit der Meinungen entzweit, was innig verbunden jein sollte; daß „zwei wider drei, und drei wider zwei" sind; daß man un versehens hinausgeschreckt wird aus vermeintlich feststehenden Ueberzeugungen und kaum mehr weiß, an was man sich noch halten soll. Zu verwundern ist das nicht, über tief zu beklagen. Wieviel herrlicher Geist, wie manches edle Menschenleben, welche Opfer an Kraft, Intelligenz, Herz werden verschwendet für ein Nichts, für Phantome, für volltönende, inhaltsarme Schlagwörter und für Gedanken, welche die Menschheit weder fördern, noch vertiefen! Theils jagen wir Idealen nach, denen man doch keinen Schritt näher kommen kann, therls treiben wir „Realpolitik" und vergraben rms in Aufgaben, die unser nicht werth sind. Wir sind zu sehr außer uns. Gegen das Außersichgcrathen giebtes nun ein Radikal mittel: Das Jnsichgchen. Und dazu ruft uns der Landes bußtag. Unsere Zeit leistet Großes darin, bis in die geheimsten Schlupfwinkel den verirrten Menscheugeist zu verfolgen, wie ein Ibsen, ein Hauptmann, ein Nietzsche zeigt. Warum aber lediglich den auf Abwege gerathenen? Warum sollen wir immer nur solche Pfade verfolgen, von denen wir voraus wissen, daß sie an die Grenze führen, wo für uns die Welt mit Brettern vernagelt ist? Giebt es doch innerhalb der göttlichen Schranken solch weiten Raum für tiefes Erkennen, dankbares Genießen und frohes Staunen! Wer eine kindlich reine Seele mitbringt in die freie Natur hinaus, der bringt eine männlich erstarkte Seele daraus zurück. Wer seinen Eimer für recht leer ansieht, der senkt ihn tief in den Brunnen der Erkenntnis; und hebt damit erquickendes Qnellwasser für den Geist. Wer die Ocde und Kahlheit seiner gottentfremdeten Seele einmal gefühlt hat, der taucht mit Wonneschauern in die Tiefen der Gottheit und fischt die Perle seiner herrlichen, ewigen Bestimmung. „Erkenne dich selbst" stand geschrieben an der Thür zum großen Wahrheitsquell der griechischen Heiden: erkenne dich selbst, und kein Räthselwvrt ist dir mehr dunkel: er kenne dich selbst, und dein Leben, dein Schicksal, deine Zukunft enthüllt sich. Nur schade war, daß die alten Griechen den Spiegel eben nicht hatten, in dein man sich selbst erkennt. Wir haben ihn. Ein Wunderspiegel ist es freilich. Er wirft unser Bild, deutlich erkennbar, in zwei ganz verschiedenen Formen zurück: wie wir sein sollen und wie wir sind. Diesen Kontrast führen uns die Bußtage am lebhaftesten vor das Auge. Wir sollen sein: ein einig Volk von Brüdern, die fein und lieblich zusammen wohnen, — ein Weinstock, dessen Frucht das Herz Aller erfreut, — ein Acker, auf dem das Gute, was wir erfahren haben, mindestens dreißigfältig Aridere erquickt und stärkt, — ein Land, aus dem der zu allen Zeiten darein perfekte Schatz nicht wieder abhanden ge kommen ist. Wir sind: ein uneinig Volk von Gegnern mit dem Stachel iw Herzen, daß das bitterste Leid von Bruders- hand kommt, — ein Dornbusch, der die Hand verwundet, die seine Rosen, das einzige Gute an ihm, genießen will, — eiue Wüste, die keine Glaubensgefilde dem Auge, keinen Liebes quell den« Herzen bietet, — ein tückisches Indien, in dein unter Phrasenpalmenrauschen und Lotosheuchelblüthen die Ver leumdungsschlange zischt, der Gewalt-Tiger haust und die Con- currenzpest wüthet. Kyrie eleison! Aber nicht ohne Versöhnung läßt uns der Bußtag. „Nach Meeresbrausen, Nach Sturmessausen leuchtet der Sonne gewünschtes Gesicht." Wenn wir einmal gründlich zur Ein kehr in uns selber gekommen sind, wenn ein Jeder gelernt hat, nor seiner eigenen Thür zu kehren, wenn sich unsere bankerotte Ehrsucht bequemt hat, Dem in der Höhe allein die Ehre zu geben, dann kehrt auch Friede in unsere Herzen und ein Wohlgefallen in unsern Verkehr ein. Tageszeschichte Die Handwerkervorlage ist heute in Form einer Novelle zur Gewerbeordnung dem Reichstage zugegangen. Me wesent lichen Bestimmungen über die Zwangsorganisation lauten: 8 100. Zur Wahrnehmung der gemeinsamen gewerblichen Interessen der Handwerke gleicher oder verwandter Art ist durch die höhere Verwaltungsbehörde auf Antrag Betheiligter anzu ordnen, daß innerhalb eines bestimmten Bezirks sämmtliche Ge werbetreibende, die das gleiche Handwerk oder verwandte Hand werke ausüben, einer neu zu errichtenden Innung (Zwangsiml- ung) als Mitglieder anzugehören haben, wenn 1) die Mehrheit der beteiligten Gewerbetreibenden der Eintritt des BeiLritts- zwanges zustimmt, 2) der Bezirk der Innung so abgegrenzt ist, daß kein Mitglied durch die Entfernusg seines Wohnortes vom Sitze der Innung behindert wird, am Genosseuschaftsleben Theil zu nehmen und die Jnnuugseiurichtungen zu benutzen, und 3) die Zahl der im Bezirke vorhandenen betheiligten Hand werker zur Bildung einer leistungsfähigen Innung ausreicht. Der Antrag kann von einer für das betreffende Handwerk be stehenden Innung oder von Handwerkern gestellt werden, welche zu einer neuen Innung zusammentreten wollen. Ohne Herbei führung einer Abstimmung kann der Antrag abgelehnt werden, wenn die Antragsteller einen verhältnißmäßig nur kleinen Bruch- theil der betheiligten Handwerker bilden oder ein gleicher An trag bei einer innerhalb de'' letzten drei Jahre stattgesundenen Abstimmung von der Mehrheit der Betheiligten abgelehnt wor den ist oder durch andere Einrichtungen als diejenigen einer Innung für die Wahrnehmung dec gemeinsamen gewerblichen Interessen der betheiligten Handwerke ausreichende Fürsorge ge troffen worden ist. 8 100a. Um festzustellen, ob die Mehrheit zustimmt, hat die höhere Verwaltungsbehörde die betheiligten Gewerbetreiben den durch ortsübliche Bekanntmachung oder besondere Mittheil- ung zu einer Aeußerung für oder gegen die Einführung der Beitrittszwanges aufzufordern. Bei der Abstimmung entscheidet die Mehrheit Derjenigen, welche sich an derselben betheiligt haben. 8 1005. Als Mitglieder gehören der Innung alle Die jenigen an, welche das Gewerbe, wofür die Innung errichtet ist, als stehendes Gewerbe selbstständig betreiben mit Ausnahme Derjenigen, welche das Gewerbe fabrikmäßig betreiben. Hand werker, die imlandwirthschaftlichen oder gewerblichen Betrieben gegen Entgelt beschäftigt sind, gehören der Innung an, sofern sie der Regel nach Gesellen oder Lehrlinge halten. In wie weit Hausgewerbetreibende der Innung anzugehören haben, wird mit Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde durch das Statut bestimmt. Gewerbetreibende, welche mehrere Ge werbe betreiben, gehören derjenigen Innung als Mitglieder an, welche für das hauptsächlich von ihnen betriebene Gewerbe er richtet ist. Die Mitgliedschaft beginnt für Diejenigen, welche zur Zeit das Gewerbe betreiben, mit diesem Zeitpunkt, für Die jenigen, welche den Betrieb des Gewerbes später beginnen, mit dem Zeitpunkt der Eröffnung des Betriebes. 8 100x. Berechtigt der für ihr Gewerbe errichteten Inn ung für ihre Person beizutreten sind: 1) Die im 8 87 Absatz 1 Ziffer 2 und 3 bezeichneten Personen sowie die in landwirth- fchaftlichen oder gewerblichen Betrieben gegen Entgelt beschäftig ten Handwerker, die der Regel nach weder Gesellen noch Lehr linge halten. 2) Mit Zustimmung der Jnnungsversammlung Diejenigen, welche das Gewerbe fabrikmäßig betreiben. Diesen Personen ist der Austritt aus der Innung jederzeit gestattet, wenn das Statut eine vorherige Anzeige darüber nicht verlangt. Die Anzeige kann frühestens sechs Monate vor dem Austritt verlangt werden. Deutsches Reich. Berlin, 15. März. Es scheint sich zu bestätigen, daß der Staatssekretär des Reicysmarineamts Admiral Hollmann sein Entlassungsgesuch eingereicht hat. Es ist aber kaum anzuneh men, daß in diesem Stadium der Berathungen über die Schiffs bauten eine Entscheidung des Kaisers auf das Gesuch erfolgen wird. Admiral Hollmann war in der heutigen Sitzung der Budgetcommission anwesend, hat aber das Wort nicht ergriffen,, sondern durch seine Decernenten die gewünschten Aufklärungen und Mittheilungen geben lassen. Die Krisis im Reichsmarine amt ist also thatsächlich vorhanden, aber welchen Ausgang sie nehmen wird, läßt sich noch nicht übersehen. In manchen Kreisen rechnet man darauf, daß der Beschluß der Budgetcom mission durch das Plenum nicht bestätigt werde, daß eL wenigstens gelingen wird, einen der Kreuzer noch in diesem' Jahre durchzubringen. Im Centrum ist thatsächlich die Ge neigtheit vorhanden, einen der Kreuzer nicht noch auf ein Jahr zurückzustellen; aber wir glauben kaum, daß die Zahl dieser für die Bewilligung des Kreuzers eintretenden Mitglieder stark genug sein wird, um den Beschluß der Budgetcommission um zustoßen ; jedenfalls wird die Mehrheit des Centrums in dieser Sache der Führung des Abg. Lieber folgen. Ist das Ergebniß der Verhandlungen im Plenum dasselbe' wie das der Com- missionsberathungen, so wird Admiral Hollmann auf keinen Fall in seinem Amte bleiben und auf seiner Entlassung be stehen. Der Rücktritt des Admirals würde ohne Zweifel für die Marine ein schwerer Verlust sein, denn Herr Hollmann hat sich um sie nach jeder Richtung hin große Verdienste er worben; aber auch im Reichstage wurde man den verdienten hohen Marineofficier nur ungern scheiden sehen, weil er stets bemüht gewesen ist, eine Verständigung zu erleichtern. Berlin, 15. März. In der Frage des Vorgehens gegen