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3332 Nichtamtlicher Theil. 212, 11. September. Miscellcn. Nicht bloß die Sortimenter, nein auch die Verleger haben ihre Schmerzenscapitel, deren eines der Einsender zu beleuchten sich veranlaßt fleht. Neben neuen Geschäften werden von älteren Handlungen alljährlich eine nicht ganz geringe Anzahl Filialen gegründet und vermehren diese die Arbeit und den Aerger der Ver leger nicht unwesentlich, ohne durch vermehrten Absatz ein Äquiva lent zu bieten. Die Geschichte der meisten dieser Zweigniederlas sungen ist mit wenig Abwechselungen dieselbe: „die Filiale wird ihren Bedarf zwar direct beziehen, alle Sendungen sind aber auf Conto des Hauptgeschäftes zu buchen oder zur Ostermesse auf das selbe zu übertragen"; nachVerlaus einer gewissen (gewöhnlich kurzen) Zeit „rechnet die Filiale direct", was im Börsenblatt kurz angezeigt zu werden pflegt. Nach abermals kurzer Frist wirb die Filiale ver kauft und der neue Besitzer „führt das Geschäft unter der alten Firma, mit oder ohne Hinzufügung seines Namens, fort". Da aber ein bischen Abwechselung doch gar zu schön ist, läßt er bald die alte Firma fallen und „setzt das Geschäft unter seinem Namen fort" und der Verleger? — hat in 2—3 Jahren von der vierten Wandlung Notiz zu nehmen. Er ärgert sich wohl gelegentlich der Oster,neß-Differcnzen über die Scherereien, schweigt aber, weil er's nicht ändern kann. — Wenn aber, wie es neuerdings geschehen, ein Circular eingcht mit der Erklärung, daß die Filiale in diesem Jahre noch nicht direct rechnet, vielmehr alle Sendungen auf Conto des Hauptgeschäftes z» buchen sind, drei Tage später aber Verlangzettel in die Welt geschickt werden mit der Notiz: „HR. Alles der Filiale 8. Gelieferte ist aus ein besonderes Conto zu buchen, da dieses Ge schäft selbständig abrechnet", so ist das eine Rücksichtslosigkeit den Verlegern gegenüber, die ernstliche Rüge verdient. Was ist im ge gebenen Falle richtig oder maßgebend? das Circular oder die Ver langzettel? Einsender kennt nur ein Nadical-Mittel: er wird von fraglicher Filiale überhaupt keine Notiz nehmen. — o. seit 10 Jahren sich herausgcstellt habenden Remittenden-De- secte zu veröffentlichen, wird sicher von allen Seiten gut ausge nommen werden. Natürlich wird solche Statistik neben den Ver leger-Firmen, in deren Palleten, sei es facturirte Bücher gefehlt, sei es nichtfacturirte sich vorgefunden haben, auch die Firmen der solche Remittenden-Packete abgesandt habenden Sortimenter aufführen, unter letzteren namentlich diejenigen, welche, nachdem ihnen der Defect angezeigt war, das gefehlt habende Buch mit der Bemerkung „hat sich vorgesunden" nachträglich remittirten. Solche Zusammen stellung wird manche Sortimentshandlung, aber auch manchen Ver leger überraschen. Die Verantwortlichkeit für das Vorhaben ver bleibt natürlich Hrn. Meher, dem dabei curiose Dinge Vorkommen werden. Curiosum. — Die Münchener „Neuesten Nachrichten" vom 28. v. Mts. bringen nachstehendes Inserat: „Kolporteure werden gegen hohe Provision fortwährend ausgenommen. Auch Frauen, die ein gutes Mundwerk besitzen, erhalten Engagement bei Carl Wiesner, Buchhandlung, Schillerstraße Nr. 2." Aus dem Reichs-Post wesen. — Nach einem Bescheide des General-Postamts ist die Versendung von Postkarten mitan- gesügten Waarenproben durchaus unzulässig. Aus Paris. Bei der ersten Kammer des Pariser Civil- gerichts ist folgender Prozeß anhängig gemacht: Buchhändler und Buchdrucker Henri Plon contra Se. Maj. Napoleon III., Er-Kaiser der Franzosen, wohnhaft ehemals im Tuilerienschlosse und gegen wärtig in Chislehurst, wegen Zahlung von 332,2g9 Frcs. KL Cent, für Druck und Lieferung des Werkes: „Geschichte Julius Cäsar's". Der Prozeß wird nach den Gerichtsferien zur Verhandlung ge langen. „Verpackte Remittenden." — Das in Nr. 208 d. Bl. angekündigtc Vorhaben des Hrn. Bruno Meyer, eine Statistik der diesen letzteren Beschluß, nur gegen die unbedingte Verwerfung der richter lichen Beschlagnahme, wandten sich die in der zweiten Plenarsitzung er hobenen Proteste, Anträge und Amendements. Der Referent hielt cs kaum für nölhig, die Aufmerksamkeit des Hauses ans die polizeibchc Veichlagnahme ting aus HildrSheim, Advocal Nicmeyer ans Darmstadt una endlich auch noch vom Rescrcntcn gestellt wurden, bezogen sich sämmtlich aus die richterliche Beschlagnahme, und suchten ihrem übereinstimmenden Sinne nach die Ver werfung derselben zu vräcisiren und aus Prebdelicle zu beschränken, jo daß die richterliche Beschlagnahme, soweit sie durch die Strafprozeiorduung normirt sei, dadurch nicht berührt werden solle. Unter dcir Bckäm- Vfcrn des AbtheilungebeschlusseS harte Hr. Appellationsgerichtsralh Ctcngleiu trag Kühne erklärt,, das war cm formeller Hehler, den er in der Adurthei- lung der öffentlichen Meinung schwer zu buhen hatte.. . Personalnachrichten. Herr C. F. Kahnt hier hat in Anerkennung seiner Verdienste um Förderung der Musikkunst vom Herzog von Sachsen-Meiningen das Prädicat Commissionsrath erhalten. Herrn G. Elßner in Löbau wurde von dem königlich preußischen Minister für landwirlhschaftliche Angelegenheiten für seine „Naturwissenschaftlichen Anschauungsvorlagen" die silberne Medaille für landwirthschaftliche Leistungen verliehen. Am 15. September d. I. feiert die I. Milikvwski'scheBuch- j Handlung in Lemberg ihr 50jähriges Jubiläum. In unsrer Zeit, s wo Firmen und Besitzer von Buchhandlungen so schnell wechseln, treten solche Ereignisse immer seltener ein, und hat daher diese Feier um so größere Bedeutung. Im Jahre 1822 gründete Herr ^ Johann Milikowski in Gesellschaft mit Ignaz Kuhn eine Buchhand lung in Lemberg. Letzterer starb am 1. November 1835 und das ! Geschäft ging in den alleinigen Besitz des Herrn Johann Milikowski ^ über, welchem cs durch rührige Kraft gelang, dasselbe zu hoher I Blülhe zu bringen. Durch Gründung von Filialen in Stanislawüw und Tarnäw gab er demselben immer größere Ausdehnung und Be deutung. Die politischen Ereignisse von 1816 und 1848 störten 1 leider den weiteren Aufschwung des Geschäftes, doch gelang es der ^ umsichtigen Führung des Besitzers, die Ungunst der Verhältnisse, I wie auch die von diesem Zeitpunkte her dalircnde Concurrenz zu ! überwinden. Im Jahre I84S hat sich Herr Johann Milikowski vom ! Geschäfte zurückgezogen und es übernahm dasselbe sein Sohn, Herr ! Edmund Milikowski, als alleiniger Besitzer, welcher die Buchhand- ! lung seither unter der Firma „I. Milikowski" forlführt. — Möge i ihr noch eine lange und glückliche Zukunft beschicden sei»!