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für Staatsoberhäupter vorgeschriebenen Eeremoniell empfangen. Tin Würdenträger de» HofeS holte ihn vom Hotel ab und geleitete ihn in einem Hofwagen »ach dem PalaiS. Der Empfang dauerte eine Viertel stunde. Demselben wohnte nur die Königin-Mutter bei. Krüger, der über dem schwarzen Rock eine breite Schärpe in den Farben Transvaals nnd das Großkreuz des Ordens vom Niederländischen Löwen trug, dankte der Königin dafür, daß sie ihm die „Gelverland- zur Verfügung gestellt habe. Auf der Fahrt zum Schlosse wurde der Präsident von der Menge lebhaft begrüßt. Ministerpräsident Pierson und der Minister des Aeußeren Beausort statteten heute Nachmittag dem Präsidenten Krüger einen halb- stündigen Besuch ab. Später empfing Krüger eine Abordnung aus Solingen, welche ihm einen Ehren degen überreichte. Der Brüsseler Berichterstatter des „Standard" hat erfahre!-, Krüger habe alle seine Pläne hinsichtlich etwaiger Reisen nach anderen Hauptstädten sowie alle weiteren Schritte zu Gunsten einer europäischen Schiedsgerichts aufgegeben,- er werde im Haag die Entwickelung der Ereignisse auf dem südafrikanischen Kriegsschauplätze abwarten. Vor Weihmchte». (Fortsetzung.) Zwar erfreuten wir uns am gestrigen Sonntag eines trockenen, wenn auch ziemlich kalten Wetters, wie schnell wird sich das aber wieder ändern; vielleicht schneit oder regnet es bald, und da giebt es bei längerem Aufent- halt auf der Straße — ist das Schuhwerk nicht recht solide — die unausbleiblichen kalten Füße und in innigem Zusammenhang damit Husten, Schnupfen, Influenza, und Gott weiß, was sonst noch. Drum folge mir, lieber Leser, heute vor allen Dingen einmal in die Geschäfte, wo du dauerhaft beschuht und b-sttefelt wirst. Wir haben noch einen tüchtigen Marsch vor uns und wollen uns wenigstens nach dieser Richtung hin vor Eventualitäten schützen. Wir haben in der Weinkellerstraße zwei Ge schäfte dieser Art, Fr. Müller, Pöhlmanns Nachf., und ferner das in unmittelbarer Nähe befindliche, der Firma E. A. Herrmann (Wolkenstein) gehörend. Beide Geschäfte halten in allen Sorten der verschiedensten Schuhwaaren fortwährend ein bedeutendes Lager, und daS beiderseits befolgte Geschäfts prinzip, haltbarste Waare zu liefern, hat ihnen einen großen Kundenkreis gesichert. AIS Spezialität empfiehlt die Firma Herrmann Schnallenstiefel für den Winter mit molligem warmen Futter Beide Firmen verfügen ebenso über eine größere Auswahl der ganz mit Recht so be liebten russischen Gummischuhe, wie das dritte Geschäft, welches wir darauf besuchen, das Schuhlager des Herrn Emil Thierfelder in der Dresdnerstraße. Außer dem erwähnten Artikel hält Herr Thierfelder Oschatzer Filzwaaren und endlich noch als Spezialität die „Goodyear-Welt-Schuhwaaren" vorräthig, welch' alles er der soliden Preise wegen mit Fug und Recht empfehlen kann. — Beim Betreten der Straße fällt uns sofort die zwar äußerst reichhaltige, dennoch aber sehr gewählte Aus stattung der Schaufenster eines gegenüberliegenden Ge schäftes auf. Nachdem wir schon durch das Bettachten dieser Fenster den besten Eindruck von dem, was hier zu haben ist, gewonnen, betreten wir die Verkaufsräume der Firma Franz Elster. Gleich nach der ersten flüchtigen Umschau können wir feststellen, daß wir uns in der Erwartung, hier etwas Gediegenes zu finden, nicht getäuscht haben. Herr Elster macht uns nicht nur auf sein Lager der mannigfaltigsten, zur Kücheneinrichtung gehörenden Gegenstände aufmerk sam, sondern er zeigt uns aus unserem Rundgange ferner die besseren Nürnberger Spielwaaren, Beschästigungsspiele verschiedenster Art; mit berechtigtem Interesse aber be ttachten wir die große Auswahl in fertigen Gegenständen zum Brennen und Bemalen. Wie schon einmal gesagt, ein Weihnachts-Geschenk, welches man selbst anfertigt repräsentirt in der Hauptsache einen höheren Werth als wie ein anderer Gegenstand; das beweist schon die sich von Jahr zu Jahr steigernde Nachfrage nachHandarbeits- mensilien. Auch darin ist Herr Elster sehr leistungsfähig, indem er Interessenten stets Platin- und Juwel Brenn- apparate für jeden Bedarf und endlich auch alle sonstigen Gegenstände zur Brandmalerei vorlegen kann. Wir ver lassen diesen Laden in dem Bewußtsein, eine nach jeder Richtung gediegene Wcihnachtsausstellung betrachtet zu haben. Die Witterung dieser Tage mahnt!uns aber nicht allein an die Revision des Schuhmerkes, sondern erinnert überhaupt daran, daß es an der Zei ist, alles, was in Kleidungsstücken an der Winterausrüst mg noch fehlt, zu ergänzen. „Kürschner und Hutmacher" soll jetzt einmal di« Parole lauten, sagen wir zu einander, als wir die Straße passirt und da« Trottoir der gegenüberliegenden Seite erreicht haben, und da dies der vor seiner Laden- thür stehende Kürschner, Herr Richard Mayer gerade hörte, nimmt er uns gleich beim Arm und führt uns in seinem Laden herum. Hier ließ sich nun manches Weihnachtsgeschenk aussuchen in Hüten und Mützen, Pelzen 'und Filzwaaren rc, umsomehr, als die auf den Gegenständen vermerkten Preise wirklich sehr mäßig ge nannt werden müßen. Wenn auch keine Pelzwaaren, so doch auch Mützen und Hüte, ja sogar Velour-, Seidenhüte und Chapeaux claque kann warm empfehlen Herr Emil Wolf am Altmarkt. Gerade ein , Klappzylinder" ist mitunter ein mit großer Freude entgegen genommenes W ihnachts- geschenk. Erwähnt sei nur noch, daß auch das Lager in Filzwaaren aller Art nach wie vor von bekannter Güte ist. Durch daS heute wieder einmal recht systemlos vor genommene Umherschlendern sind wir ein wenig müde geworden; wir sehen uns also nach der letzten Station um und finden sie in dem Kürschner-Geschäft des Herrn «uido Flache (Dresdnerstraße). Herr Flache hat einen baldigen Wohnungswechsel in Aussicht genommen und deshalb einen Ausverkauf angekündigt. Während der Dauer dessen sollte sich eigentlich Niemand die Gelegenheit vor übergehen lassen, etwas aus dem reichhaltigen Pelz- und Filzwaaren-, Hut- und Mützenlager, zu erstehen. Nachdem alles eingehend betrachtet, erläutert uns Herr Flache noch die in der That hervorragenden Vorzüge eines bei ihm zu habenden Hosenträgers „Endwell". Die Brauchbar keit desselben leuchtet derart ein, daß wir uns veranlaßt fühlen, einen solchen Gegenstand käuflich zu erwerben Aber, leider — Du bist ja nur im Geiste mitgewesen, lieber Leser, und ich, ich hatte mein — Portemonnaie vergessen . (Wird fortgesetzt.) Sächsisches. Hohenstein-Ernstthal, 10. Dezember 1900 Mitthettungen von allgemeinem Interesse werden dankbar ent gegengenommen und evcntl. honorirt. — In Sachen der Erbauung einer elektrische« Bah« Hohe«stei«-Er«stthal, Oberlungwitz, Gersdolf ee. stellt die Aktiengesellschaft Elektricitäts- werke vorm. O. L. Kummer L Co. zur Zeit Er hebung an, wie groß sich der der elektrischen Bahn zu überlassende Güterverkehr gestalten wird. Mit dem günstigen Ausfall dieser Erhebungen hängt zum großen Theil die möglichst schnelle Verwirklichung dieses Projektes zusammen. Es muß der Firma wegen der Einrichtung des Betriebes, der Anlage cc. schon jetzt daran liegen, thunlichst ein festeres Bild über den Güterverkehr der von ihr in Betrieb zu setzenden Bahn zu erhalten. Zum Zwecke hierauf zielender Erhebungen und Feststellungen soll auf Veranlassung der Firma Kummer L Co. am nächsten Freitag den 14. Deeember Abends 8 Uhr im Gasthof „zum Lamm" in Oberlungwitz eine Besprechung statt finden. Ein Herr der genannten Firma wird anwesend sein, um auf ev. gewünschte Auskünfte und gestellte Ansragen Antwort zu geben. Es werden in eigenem und im Interesse der Verwirklichung der Bahn sämmt- liche Interessenten aller der durch die Bahn berührten Ortschaften, insbesondere auch von Hohenstein-Ernst- tdal, gebeten, sich am Freitag recht zahlreich im „Lamm" einzufinden. — Hohenstein-Ernstthal, 10 Dezember Die letzte Nummer des Confectionärs vom 6. Dezbr. a. c. brachte unter Anderen die Nachricht, daß die Firma G. F. Beck in Hohenstein-Er. beabsichtige, ihr Strumpfgeschäft nach und nach aufzugeben, sich aber umsomehr der Abtheilung für Seiden- und Chenille- waaren zu widmen. Vom Inhaber der obengenannten Firma Hrn. Paul Reinhard geht uns jedoch dieMittheilung zu, daß diese Nachricht absolut auf Unwahrheit beruhe und er gar nicht daran denke, sein seit Jahren be stehendes Strumpfgeschäft eingehen zu lassen; er hofft vielmehr, dasselbe immer noch weiter ausdehnen zu können. Dies zur Berichtigung der vom Confectionär gebrachten Unwahrheit. — (Gasmotoren und Elektromotoren.) Aus Anlaß der jetzt auch in unserer Stadt zur Er örterung stehenden Frage der Einführung der Elektrizi tät dürfte es nicht uninteressant sein zu erfahren, welchen Einfluß die Anlage eines Elektrizitätswerkes auf die Umwandlung der Gasmotorenbetriebe in solche mit Elektromotoren ausübt. So konstatirt das „Journal für Gasbeleuchtung und Wasserversorgung" aus dem BerwaltungSöerichte der Gasanstalt in Plauen einen ganz bedeutenden Rückgang der Gasmotoren und entsprechend steigende Verwendung de» Elektro motors. Der Verbrauch an Motorgar hat im Berichts jahre um 122007,8 cbm abgenommen. Der Einfluß der Inbetriebnahme deS Elektrizitätswerkes auf die Verwendung der Gasmotoren wird durch folgende Zusammenstellung illustrirt: va-motoren- Jährl. Motor Anzahl Leistung in P.-S. gaSabg. cdm Bor Eröffnung de» Elektrizitätswerkes (April 1897) 169 . 629 920222,0 Ende d. Jahr. 1899 55 229 345924,2 Abnahme 114 M 574297,8 Abnahme in o/g 67,4 63,6 64,4 Ende 1898 waren noch 73 Gasmotoren mit zusammen 293 P.-S. vorhanden. Dieser Rückgang ist noch nicht zum Stillstand gekommen, da auch im neuen Betriebsjahre 1900 bis zum Mai d. I. wiederum eine größere Anzahl von Gasmotoren in Elektro motoren übergegangen ist. Als Gründe hierfür werden in dem Berichte der Gasanstalt einmal der niedrige Strompreis, 20 bis 14 Pfg. pro K.-W.- Stunde, sodann aber auch der Umstand angegeben, daß „besonders der Elektromotor gegenüber dem Gas motor hinsichtlich der Bequemlichkeit dek Betriebs unleugbare Vorzüge besitzt, für die der Konsument gern eine geringe Mehrausgabe opfert." (Motorgas kostet in Plauen 12 Pfg. pro Kubikmeter.) Auch in anderen Orten, z. B. in Pirmasens und Elbing, ist die Zahl der Gasmotoren unter dem Wettbewerb des Elektromotors zurückgegangen, wenn auch nicht in gleich starkem Maße wie in Plauen. In Straßburg i. E., Stuttgart und anderen Städten haben die Gas motoren jedenfalls keine Zunahme erfahren. Nachdem nun aber die Gasanstalten, wie aus obigen Citaten der Gasanstalt Plauen hervorgeht, selbst die Vorzüge des Elektromotors gegenüber dem Gasmotor für das Kleingewerbe unter dem Zwang der Thatsachen "voll und rückhaltlos anerkennen müssen, dürste der Rück gang der Zahl und Leistung der in der Kleinindustrie verwendeten Gasmotoren bald ein allgemeiner werden. Wir schließen hieran noch folgende Nachricht aus Bitterfeld. Die elektrischen Werke und die Gasanstal bemühen sich beide um die Gunst des Publikums. Kürzlich hat die letztere sich entschlossen, Gasautomaten aufzustellen Die Gesellschaft macht die Rohranlage in den Häusern auf eigene Kosten, liefert auch Lam pen, Gaskochapparate und Plätten. Der Preis für das Kubikmeter Gas beträgt 10 Pf. In diesem Preise liegt schon die Miethe für die Lampen rc. Hunderte von Familien machen diesem Anerbieten Gebrauch; die Gasanstalt kannn nicht schnell genug alle Aufträge ausführen. — Personalveränderungen bei den Staatseisen bahnen. Angestellt: Techniker Krake in Hohenstein- Ernstthal als techn. Bureauassistent daselbst. — Gersdorf, 10. Dez. Am gestrigen Sonn tag wurden für unseren Ort die Ergänzungswahlen zum Gemeinderath vorgenommen. Die Betheiligung war, da die Wahl zum ersten Male an einem Sonn tag stattsand, eine recht gute. Nach dem Abends ver kündeten Resultat gingen als gewählt hervor: An sässige (Klasse der Gutsbesitzer): Herren Gutsbesitzer Heinr. Heinz mit 121, GutSbes. Louis Günther 98, Mühlenbesitzer Hermann Krötzsch 97, Garten- und Brauereibesitzer Richard Hübsch mit 99 Stimmen; in der Klasse der Hausbesitzer wurden gewählt Herr Richard Jacob mit 94 Stimmen; die Wahl in der Klasse der Unansässigen fiel auf die Herren Lagerist Metzner mit 321, Handelsmann Carl Petzold mit 315 Stimmen. — Mittelbach. Bei der Sonntag in hiesiger Gemeinde stattgefundenen Gemeinderathsergänzungs- wahl waren nur von einer Partei Stimmzettel zur Vertheilung gelangt. Von Ansässigen haben 96 ge wählt, das ist ungefähr die Hälfte der stimmberechtig ten. Es erhielten GutSbes. L. Bauer 89 Stimmen, Gutsbes. H. Barthold 86 Stimmen, als Ersatzmann Gutsbes. O. Schmidt 93, Hausbes. Raabe 86 und Fabrikant M. Nestler 84 Stimmen. Ersatzmann Moritz Naumann 90 Stimmen. Unansässige haben 115 gewählt, das ist ungefähr 0,4 G. Scheibner 119 Stimmen, W. Pfau 116 Stimmen. Ersatzmann O. Neßmann 118 Stimmen. — Wüstenbrand. Bei der am Montag statt- gesundenen Gemeinderathswahl wurden von An sässigen die Herren Gutsbesitzer Robert Thiele, Louis Fanghänel und Karl Tauscher, Hausbesitzer Fabrikant Emil Naumann, Emil Kühnert und Otto Schubert und von Unansässigen Strumpfwirker Otto Berger gewählt. Als Ersatzmänner treten die Herren Gut» besitzer Louis Schneider, Fabrikant Ewald Hösel und Strumpfwirker Emil Löbel ein. - Lichtenstein Callnb-rg, 8 Dez. Da»- Radeln ohne Laterne hat dem bei der Firma Eduard Borsprecher hier angestellt gewesenen Geschäftsgehilfen Paul Selbmann aus Oberlungwitz daS Leben gekostet. Selbmann wurde am Montag durch einen Boten ge beten, einmal nach Hause zu kommen; er setzte sich deshalb nach beendeter Arbeitszeit aufs Rad und fuhr ab. Als Selbmann, unvorsichtigerweise ohne brennende Laterne, in voller Wucht die Lungwitzer Straße hinab fuhr, stieß er mit einem von unten herauffahrenden Radler derart zusammen, daß beide zu Fall kamen. Unglücklicherweise fiel S. so unglücklich, daß er in todtähnlichem Zustande liegen blieb und der andere Radfahrer Wiederbelebungsversuche vornehmen mußte. Nach wenigen Minuten angestrengter Thätigkeit hatte dies Erfolg und der Verunglückte wurde mit Hilfe inzwischen Hinzugekommener in den Nötzold'schen Gasthof tranSportirt und nun von dem hilfsbereiten Radfahrer ein Arzt auS Lichtenstein herbeigeholt. Ein zufällig die Straße passirender Möbelwagen nahm den in Decken gehüllten Verunglückten bis an die große Lichtensteiner Brücke mit und von hier au» ging Selbmann allein nach Hause. Die ärztliche Untersuchung konnte vorläufig nichts Besorgniß. erregendes ergeben, zumal Selbmann sich dahin äußerte, daß er weder Schmerzen spüre noch über haupt von einem Sturze etwas wisse. Schon am anderen Tage stellten sich Schmerzen ein, welche einen derartigen Umfang annahmen, daß Selbmann den selben in vergangener Nacht erlag. — Limbach. In der trockenen Sommerszeit mußte es auffallen, daß das reichlich benutzte Wasser der städtischen Wasserl-itung so wenig Wasserzins ein brachte. Bei einer hierauf vorgenommenen Kontrolle wurde die unliebsame Thatsache festgestellt, daß die Wasseruhren ungefähr den dritten Theil des Wassers nicht anzeigten. Da die hier benutzten Wasseruhren die besten ihrer Art sein sollen und demnach eine Ve» besserung oder ein Wechsel derselben keinen Erfolg verspricht, so geht die Stadtvertretung mit dem Plane um, das Wasserleitungsregulativ in Bezug auf die Erhebung des Wasserzinses einer Aenderung zu unter- ziehen. — Meerane. Wir berichten bereits, daß die Sozialdemokraten bei den Stadtverordnetenwahlen eine Niederlage erlitten. Eine nachwirkende Erscheinung der Seitens der Sozialdemokraten betriebenen Wahlagita tion bildet der wegen Weigerung der Hergabe der Säle zu Versammlungszwecken über die Lokale „Härtels Hotel" und „Hotel Kaiserhof" verhängte Boykott. Interessant hierbei ist, daß noch vor zwei Jahren die sozialdemokratische Liste zur damaligen Stadtverordnetenwahl den Namen des jetzigen Be sitzers letztgenannten Hotels aufwies. — A«e, 9. Dez. Eine in allen Schichten unserer Bevölkerung begreifliche Aufregung verur sachende Meldung verbreitete sich gestern Sonnabend Nachmittag in unserer Stadt. Der Flaschenbierhänd ler Max Schmidt, wohnhaft in der Auerhammer Straße, Cassirer des hiesigen Sparvereins, hat sich vorgestern der Staatsanwaltschaft zu Zwickau gestellt, da "er einen großen Theil der heute Sonntag auszu zahlenden Spargelder unterschlagen habe. Die Kgl. Staatsanwaltschaft hat hierauf der hiesigen Polizeibe hörde Weisung gegeben, die nöthigen Vorkehrungen zu treffen, was auch geschehen ist. Wie man hört, soll sich im Geldschrank Schmidt's noch eine Summe von 36000 Mk. befinden. Da die für heute geplante Auszahlung ganz bestimmt nahe an die 70 OM Mk. betragen haben würde, so belaufen sich die Schmidt'- schen Unterschlagungen auf die Summe von über 30,000 Mk. Wozu Schmidt diese Summe verwen det hat, ist vorläufig ganz unerklärlich, ebenso wie dies bei einer geordneten Kassenführuna, wie sie ein Sparverein haben soll, möglich sein konnte. Schmidt lebte in einfachen Verhältnissen und besitzt hier zwei Häuser. — Schmöll«, 8. Dezember. Von den Funk tionen als Gerichtsarzt entbunden wurde Bezirksarzt vr. Meisel hier, der bekanntlich am Mittwoch im Schmöllner Erbschaftsproceß als Zeuge verhört wurde. Das „Schm. Tgbl." schreibt hierüber u. A.: Bezirks arzt Or. Meisel wird vereidet und sagt aus: Das Grundleiden der Frau Leiste sei eine Bluterkrankung gewesen. Er hat viele Besuche machen müssen und hat Wahrnehmungen gemacht, daß diese Krankheit Ein fluß auf ihr Gehirn gehabt hat und sie daraufhin vielmals untersucht. Die Symptome bestanden in heftigen Kopfschmerzen, langsam fortschreitender Geistes- Herr Zofias Wittekind erledigen. Sprach's und schritt silberner Kanne, daneben standen Teller mit weichen hocherhobenen (Fortsetzu», f»l,t.) Eiern, Lachsschinken, Kaviar, Gänseleberpastete, sowie zierliche Körbchen voll knusperige Mandelkränze und allerhand anderem Gebäck. Das alles sah so ein ladend aus, wie nur möglich. Es ließ deutlich er kennen, daß die Hände, welche dieses Frühstück her gerichtet, ihre Arbeit mit ganz besonderer Liebe gethan haben mußten. Die Verpflegung Herrn Wittekinds war denn auch eine Sache von äußerster Wichtigkeit für die Damen des Hauses. Mit einem Eifer, als ob es sich um eine Haupt- und Staatsaktion handele, besprachen sie sich täglich über die Zusammensetzung deS MenuS, und zeigte der theure JosiaS einmal aus nahmsweise bei einer Mahlzeit nicht ganz den ge wohnten Appetit, so wurden stundenlange Sitzungen abgehalten, in denen man berathschlagte, was sich wohl zur Reizung desselben lhun ließe. Krönte der Erfolg diese Bestrebungen, dann herrschte Jubel im trauten Familienkreise, andernfalls aber ließ alles den Kopf hängen. Für den unbetheiligten Zuschauer wäre es sicher überaus erheiternd gewesen, zu beobachten, wie während des Essens die Blicke der drei Damen span nungsvoll auf Herrn JosiaS Antlitz hafteten, um zu sehen, wie es ihm schmeckte, und wie dann, je nach dem empfangenen Eindruck Trauer oder Freude sich in ihren Zügen spiegelte. Heute nun hätten sie alle Ursache gehabt, sich im GlückSgesühl förmlich zu berauschen, denn Herr JosiaS sprach den Speisen ausnehmend reichlich zu — Novelle von M. Koßack. I. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.^ „In meinem Kopf ist neben dem Wichtigen noch Platz für das Unwichtige," unterbrach ihn Wittekind. Die Schmeichelei, die, so grobkörnig sie war, ihn anderenfalls sofort ungestimmt haben würde, verfehlte diesmal jegliche Wirkung. „Meine Worte kann ich stets und überall vertreten," setzte er mit Würde hinzu. Herr Garreis sah ganz rathlos drein. Was sollte er mit dem aufgeblasenen Narren beginnen? An dieser lächerlichen Arroganz scheiterten all' seine diplo matischen Künste. Dessenungeachtet würgte er seinen Aerger hinunter, denn die Kundschaft dieses Mannes war ihm in mehr als einer Hinsicht werthvvll, und entgegnete mit unverminderter Liebenswürdigkeit: „Sie legen meinen Aeußerungen zu viel Gewicht bei, Werther Herr. Um Ihnen meine Beweggründe mit- zutheilen — " Weiter kam er nicht, denn abermals fuhr ihm Herr Josias dazwischen. „Diese Beweggründe inte- ressiren mich nicht im geringsten," sagte er brüsk. „Ueberhaupt haben wir uns, denke ich, mit dieser Geschichte schon länger beschäftigt, als sie eS ver dient." Er stand auf und streckte Herrn Garreis mit steifer Förmlichkeit die äußersten Spitzen feiner Finger entgegen. „Sie gestatten, daß ich mich empfehle — ime in mone)- — ich habe heute Vormittag noch Hauptes, gleich einem Feldherrn nach gewonnener Schlacht, aus dem Zimmer. „Reif für's Irrenhaus!" sprach der Bankier für sich, nachdem jener ihn verlassen. „Er leidet an Größenwahn, der arme Mann." Darauf setzte er sich an den Schreibtisch und begann einen Haufen einge gangener Briefe zu durchblättern. Seine Gedanken schweiften aber fortwährend zu dem vorhergegangenen Auftritt zurück. Wenn er die Geschichte mit Wendler doch nur hätte auf sich beruhen lassen! Jetzt da er sie noch einmal erörtert, konnte er sie nicht ignorieren. Weshalb mußte der alte Mann sich aber auch so unsinnig betrinken! „Ich kann ihm nicht helfen," murmelte er, „es ist unmöglich — positiv un möglich!" Ob eS das wirklich gewesen wäre, ist eine andere Frage, indessen — „eS rast der See und will sein Opfer haben," lautet ein schönes Dichterwort. Auch die hochgehenden Wogen von Herrn Garreis gekränktem Empfinden begehrten das ihrige, und da er dem Schuldigen in dieser unangenehmen Sache nichts an zuhaben vermochte, so ließ er an dem Unschuldigen seine Galle aus. Herr JosiaS Wittekind saß beim ersten Frückstück. Selbstverständlich zog er ein kräftiges englisches dem nur aus Kaffee und Gebäck bestehenden deutschen, welches er eines echten Mannes unwürdig erachtete, die drakonischsten Gesetze durchbrochen werden. Also geschah es auch hier. Herr Josias führte gerade behaglich ein Kaviarbrötchen zum Munde, als das Mädchen meldete, daß eine junge Dame den Herrn zu sprechen wünsche. „Jetzt?" Nur das eine Wort sagte Herr JosiaS Wittekind, aber eine Welt von Vorwürfen lag darin. „Ach Gott, ja," stammelte das unglückliche Wesen, daS vor Angst förmlich in sich zusammenkroch, „ich hab's ihr ja vorgestellt, daß der Herr Direktor um diese Zett nicht gestört werden dürfen, aber sie behauptet sie käm um so was Wichtiges." jverschiedentliche Dinge von äußerster Wichtigkeit zu j vor. Auf dem Tische vor ihm dampfte der Thee inj von der Leberpastete hatte er sogar bereits zum dritte» dieser wonnigen Thatsache nicht mit eigenen Augen erfreuen, da der theure Mann das Frühstück nicht in ihrem Beisein einzunehwen geruhte. Er pflegte mährend desselben die Zeitungen zu lesen und diese anstrengende Thätigkeit erheischte eine durch nichts ab- gelenkte Aufmerksamkeit. Um ihm jede Störung fern zuhalten, war dem Stubenmädchen daher auch ein für alle Mal anbefohlen, etwaige Besucher während der Vormittagsstunden nachsichtslos abzuweisen. Bisher war diese Maßregel auch streng durchgeführt worden, einmal aber kommt doch stets der Tag, an dem auch