Volltext Seite (XML)
WOm- Erscheint irden Wochentag abends für den folgenden Tag und kostet durch die Austräger pro Quartal Mk. 1,b5 durch die Post Mk 1,82 frei in's Haus. Hostvustein-Grnstchat, Oderlimgnntz, Gersdorf, Lugau, Hermsdorf, Kernsdorf, Zangenberg, Falken, Langenchursdorf, Meinsdorf, Rußdorf, Wüstenbrand, Grüna, Mittelbach, Ursprung, Erlbach, Kirchberg, Pleißa, Reichenbach, Callenberg, Tirschheim, Kuhschnappel, Grnmbach, St. Egydien, Hüttengnmd u. s. w. für den Verwaltungsbezirk des Stadtrathes zu Hohenstein-Ernstthal. Orgccir aller Genreinöe-Verwaltrrirgerr der uurliegerröerr (Ortschaften Nr. 274. Dienstag, den 27 November 1900 50. Jahrgang. Anzeiger Zuserst« nehmen außer der Expedition auch die Au-träger auf dem Lande entgegen, auch befördern die Annoncen- Expeditionen solche zu Originalpreisen. TtusVer*ktruf der Kreifel'fchen Concursmosfe. Es sind noch vorhanden: Sporthemden, Turnerhemden, Wafchstoffe f. Blusen, Kleiderstoffe, Sammet, Ballshawls, Schürzen, Kopftücher, Handschuhe, Strümpfe, Corsets, Häkelgarn, Stickgarn, seidene Bänder, Nähseide, Kleiderbesätze, Sommer- und Winter-Hauben, Kinder-Mützen, Kinderwäsche, Hosen träger, Tüllspitzen, Spachtelspitzen re. re. Die Preise sind weiter herabgesetzt worden. Verkaufszeit Werktags von 2—6 Uhr Nachmittag. Johannes Koch, als Concursverwalter. KlkkralckiikO der ZlnWlmktr z» ßerrdorf. Sonntag, den 2. Tecember, Nachmittags 3 Uhr UW^ General- im Gasthaus zum grünen Thal. Tagesordnung: 1. Neuwahl der ausscheidenden Vorstandsmitglieder. 2. Wahl eines Ausschusses zur Prüfung der'Rechnung des lausenden Jahres. 3. Etwaige Anträge. Zahlreicher Betheiligung der hierzu Berechtigten siebt entgegen Gersdorf, den 21. November IWO. Der Kassenvorstand. Otto Hoppe, Vor>. Deutscher Reichstag. Berlin, 24. November. Zunächst beschließt das Haus einstweilige Ein stellung eines schwebenden Strasversahrens gegen den Abg. Zubeil (Soz.) für die Dauer der Session. Auf der Tagesordnung steht fodann die sozialdemokratische Interpellation w gen der 12000 Mark-Affaire. Abg. Auer (Soz.) begründet die Interpellation. Der That- bestand stehe fest, daß der Großindustrie oder viel mehr dem Scharfmacherthum seitens eines Reichsamts Handlangerdienste geleistet würden. Man habe, um die Entrüstung hierüber abzulenken, auf einen Vor gang zu Bismarck's Zeiten hingewiesen: aber damals habe es sich für Bismarck nur um Schaffung eines außerparlamentarischen Beiraths gehandelt, dagegen heute um Erzielung eines Ausnahmegesetzes gegen die Arbeiter. Ferner wurde damals ein Betrag dem Fürsten Bismarck angeboten, heute dagegen liege ein Bittgesuch aus dem Reichsamte des Innern vor. Während man oben das praktische Christenthum als Patrimonium der Enterbten u. s. w. verkünde, wollte man hier mit Zuhilfenahme der Mittel der Groß industrie die Armen und Enterbten noch in verstärktem Maße durch Forderung des Zuchthausgesetzes der Lohnsklaverei überliefern. Selbstverständlich handle es sich hier nicht um persönliche Bestechlichkeiten, aber wenn in der halbamtlichen Publikation ausdrücklich betont worden sei, Belege sür die Verwendung der 12000 Mark lä;en vor (Heiterkeit), so scheine man eben für die moralische Bedeutung des ganzen Vor ganges gar kein Verständniß gehabt zu haben. Dieser ganze Vorgang ist ja viel schlimmer als ein einzelnes Straucheln im Alter. (Rufe links: Sehr wahr!) Aus solchen Vorfällen ersehe man direkt die Bedeutung des Wortes, das der Amtsvorgänger des Grafen Pofadowsky ein Mal an eine Unternehmeroereinigung gerichtet hat: „Meine Herren, wir arbeiten ja nur für Sie!" Zur Vertretung der Regierung aas Arbeiterkongressen hätten die Herren keine Zeit, abe, auf den parlamentarischen Festen des Herrn v. Stumm im Kaiserhof fehlten sie nicht, dafür hätten sie Zeit. (Lebhafter Beifall links.) Der ganze Vorgang sei um so drastischer, als im Frühjahr 1899 Herr Bueck schwerste Angriffe gegen einen Mann im Reichsamte des Innern gerichtet hatte, der gerade auf dem Gebiete der Sozialpolitik mit Eifer und auch mit Erfolg thätig gewesen war, und wenige Monate später wird von Herrn v. Woedtke derselbe Herr Bueck, der seinen Amtskollegen und Vorgesetzten Herrn v. Rottenburg so schwer angegriffen, mit Bettelbriefen angegangen. (Beifall links.) — Reichskanzler Graf Bülow: So etwas von Uebertreibungen, wie in diesem Falle seiiens der sozialdemokratischen Presse, ist mir bisher noch nicht vorgekommen. Hat man doch sogar von Masfia und Panama gesprochen, man hat den Anschein erwecken wollen, als sei die Regierung abhängig von gewissen Gruppen, als lebten wir in einem Klassen staat. (Sehr richtig! links.) Ich stehe durchaus auf dem Standpunkte, daß der Staat die Interessen der Allgemeinheit wahren muß. (Unruhe links.) Ja, meine Herren, mich kennen Sie doch noch nicht, ich bin dazu doch noch nicht lange genug am Werke, als daß Sie ein abschließendes Urtheil über mich haben könnten. Ich stehe aber auf dem Standpunkt, daß auch nicht einmal der Schein erweckt werden darf, als sei die Regierung von bestimmten Gruppen und Klassen abhängig. Ich stehe deshalb auch nicht an, zu erklären, daß ich in dem Vorkommnitz einen ent schiedenen Mißgriff erblicke. Wenn ich vorher gesragt worden wäre, würde ich entschieden abgeratheu haben. Ich bin völlig einverstanden mit dem Herrn Staats- sekretär des Reichsamts des Innern, dessen eminente Arbeitskraft und auch dessen Charakter ich schätze, daß in Zukunst solche Wege nicyt wieder beschritten werden dürfen. Das betheillgte Ressort ist auch davon ver ständigt worden. Zu weiteren Maßnahmen sehe ich mich nicht veranlaßt, ich will auch sagen weshalb: die Art, wie der Vorfall an die Oesfentlichkeit gelangt ist, war offenbar weniger infpirirt von einem löblichen Eifer für das öffentliche Wohl, als vielmehr ein gegeben von einer Tendenz gegen bestimmte Persön lichkeiten. Vor Jntriguen beuge ich mich nicht, vor unlautercn Menschen weiche ich nicht zurück. Ich hoffe, die Mehrheit des Hauses wird auf meiner Seite fein, daß keine Machenschaft Einfluß haben wird aus mein amtliches Verhalten und auf meine amtlichen Entschließungen; jedenfalls aber werde ich bemüht sein, dafür zu sorgen, daß jener Seite nicht wieder ähnlicher Agitotionsstoff zugeführt wird. — — Abg. Büsing (nat.-lib.): Die Erklärung des Reichs kanzlers deckt sich mit den Anschauungen meiner Freundt. Wir haben vollstes Vertrauen zur Integrität unserer Reichsbeamten, doch muß auch nur der leiseste Schein einer Parteinahme seitens derselben vermieden werden. Wir bestreiten aber, daß das sogenannte Zuchthaus gesetz die einseitige Tendenz halte, den Armen und Enterbten ihr einziges Recht zu nehmen. Ein Theil meiner Freund: hat damals aus der Vorlage den berechtigten Kern he. auszuschälen versucht, was nicht dec Fall gewesen wäre, wenn wir darin ein Partei gesetz gesehen hätten. Allein das Verhalten deS Reichs amts war absolut unzulässig aus constitutionellen Gründen sowohl, wie im Interesse der Beamten. — Abg. Munckel (freis. VolkSP.) sragt, was denn nun mit den 12000 Mark geschehen solle; sie müßten doch eigentlich mit bestem Dank zurückgegeben werden (Heiterkeit), wofern nicht etwa dem preußischen Land- recht gemäß der Fiscus das zu unerlaubten Zwecken gegebene Geschenk confisciren müßte. (Erneute Heiter keit.) Sie sagen, der Schuldige im Reichsaml des Innern habe nicht mala licke gehandelt. Das ist aber gerade das Schlimmste an der Sache, daß so etwas bona licke geschehen konnte. Wenn man Geld von einer Partei nehme, stelle man sich in den Dienst der Partei. Wenn die Herren vom Centraloerband nicht ein Geschäft zu machen glaubten, hätten sie sicher nicht gezahlt. Redner frag! s.bließlich noch einmal, was mit der Summe geschehen solle, welche die Finger der Regierung beschmutzt habe. (Beifall.) — Abg. v. Levetzow erklärt namens der Confervativen sich durch die Antwort des Reichskanzlers befriedigt und legt dar, daß etwas Verwerfliches und Gemeinschäd- liches überhaupt nicht geschehen sei. — Abg. Dr. Lieber (Centr.) erklärt, nach der bündigen Erklärung des Reichskanzlers halte das Centrum da- Wesentlichste seiner Beschwerden über den Vorfall für erledigt. Das Centrum halte den Grafen Pofadowsky für durchaus arbeiterfreundlich und für vollkommen unab hängig von denjenigen Kreisen, an welche sich sein Untergebener mit der Bitte um Geld gewendet habe. Redner fügt hinzu: Ich hoffe, der Reichskanzler wird noch recht lange im Amte bleiben und hoffentlich auch nicht nachträglich Sühne und Rache an Personen nehmen, wie sie nun einmal ausnahmsweise von der linken Seite des Hauses aus verlangt wird. Wir meinen, es würde sich sür den Reichskanzler schlecht schicken, sich zum Geschäftsträger von Machenschaften und znm Henkersknecht von Intriganten zu mach n. (Lachen bei den Socialdemokraten) — Abg. v. Kar- dorff (ReichSp.) schließt sich in der Hauptsache d u Darlegungen des Abg. von Levetzow an, weist die Auer'schen Angriffe auf v. Stumm zurück und w-ist hin auf die Verdienste deS Gauverbandes demscher Industrieller um die Durchführung der Bismarcköch-.u Politik des Schutzes der nationalen Arbeit. — Abg. Pachnike (freis. Verg.) erwartet, daß der Beamte, d r hier vor versammeltem Reichstag zwar in dec Form so milde, aber in der Sache so entschieden getadelt worden sci, selber die Conseguenzen daraus ziehen werde, und bestreitet, daß bei der Veivsfentlichung des Brieses liberale Jntriguen mitgespiclt hätten. Das Schicksal der Handelsverträge hänge doch nicht ab von dem Schicksal eines Staatssekretärs, denn nicht dieser, sondern der Reichskanzler trage die Verant wortung. — Abg. Dr. Schönlank (Soc.) erblickt in der ganzen Angelegenheit eine außerordentliche Blamage für das Ansehen und die Autorität der Regierung. Graf Bülow habe auf die Art und die tendenziösen Zwecke der Veröffentlichung des Briefes hingewicseu, um damit zu begründen, daß er weitere Maßnahmen unterlasse. Sei das diplomatisch, frage ein Diplomat sonst nach den Canälen? — Präsid. Gras Ballestrem: Die Besprechung ist damit beende:. Abg. Singer ruft laut: Das Wort hat Graf Posadowsky! Präsident Graf Ballestrem: Ich bitte um Ruhe! — Nächste Sitzung Montag. Präsident t.rüger in Paris. Den Triumphzug deS Besiegten hat Präsident Krüger angetreten, ganz Frankreich jubelt ihm zu. Noch hrrzlicber wird sein Empfang in Holland sein. Kleine Zufälle, wie der Tod des leidenden Emirs von Afghanistan, können das Fünkchen der Buren hoffnung zur Flamme anfachen und die mit Todes stille bedeckten Felder der holländischen Republiken im Nu wieder in ein Kriegslager verwandeln. Lord Kitchener will nach der bevorstehenden Heimkehr von Roberts mit den Gegnern gänzlich ausräumen, mit ein paar großen Schlägen, für die er Cavalleriemassen sammelt, den Kleinkrieg beenden. Aber de Wet und Botha nebst anderen Tapferen werden kaum auf den Plan eingehen, vielmehr dürfte sich wiederholen, was vor einem Jahre geschehen. Die großen Geschwader finden vor sich keinen Feind, aber hinter sich und auf den Flanken in jedem Busch, Männer und Pferde der Englischen werden wieder Fiebern und Seuchen erliegen, umsomehr, je größer ihre Haufen sind. Die Fahrt des Präsidenten Krüger von Marseille nach Paris war ein einziger unerhörter Triumphzug. In Tarascon stürmte man beinahe den Waggon des Präsidenten. Offiziere der Garnison stiegen zu ihm ein, um ihm die Hand zu drücken; in Avignon wartete eine colossale Menschenmenge mit Musik und Fahnen aus ihn. Die Menge, welche draußen vom Bahnhofe ferngehalten wurde, durchbrach die Polizei- kette, und jubelnde Hochrufe hallten aus dem Bahn steig. Ueberall waren die Dächer von Damen besetzt, die ihre Tücher schwenkten und „Krüger hoch, Buren hoch!" auch „Nieder mit den Engländern!" riefen. Ganz ähnliche Scenen gab es in Valence, hier er tönten die Rufe „Nieder mit den Engländern!" sehr zahlreich. Allgemein wird die felbstbewußte, stolze und autoritäre Haltung Krügers bemerkt; er macht kcinc-w.gL den Eindruck eines Flüchtlings. Pari», 24. Noo. Dem Präsidenten Krüger wurden auf der Fahrt nach dem Hotel von der dicht gedrängten Menschenmenge lebhafte Ovationen dar- gibracku. Auch die Fenster der Häuser waren dicht besetzt. Es ereign-.le sich keinerlei Zwischenfall. Unter den begnsterlen Zurufen der Menge erschien Krüger aus dem Balkon mit seinem Enkel, welcher eine Fahne in den Farben Transvaals schwenkte. Unter Hoch rufen auf den Präsidenten Krüger zogen gegen Mittag etwa 400 junge Leute mit einer Fahne in den Farben des Transvaalstaates durch die Rue du quatre Sep- teinbre auf den Opernplatz. In diese Rufe misckten sich verschiedene ankere Rufe. Die Theiluehmer an der Kundgebung wurden von der Polizei zurückgetrieben und zogen sich singend durch die Rue Ander und in den Boulevard Haußmann zurück. Im Hotel Scribe empfing Präsident Krüger in rascher Aufeinanderfolge das Bureau desMunicipalrathes, mehrerenalionalistische Deputirte, den Polizeipräsekten, den Bruder deS Obersten Villebois-Mareuil und andere, konserirte mit Dr. Leyds und dem transvaalschen Generalkonsul Pierson und zog sich dann zurück, um sich auSzuruhen. Das Hotel ist von einer dichten Menschenmenge umlagert. Zahl reiche Personen zeichnen sich in ein im Hotel auf liegendes Register ein, um dem Präsidenten ihre Sympathie zu bekunden. Um 3 Uhr nachmittags stattete Prinz Heinrich von Orleans dem Präsidenten Krüger einen Bestich ab. Präsident Krüger begab sich gegen 4 Uhr mit dem Einführer des diplomatischen Korps Crozier in einem Wagen des Präsidenten Loubet nach dem Elysee, in einem zweiten Wagen folgten der Gesandte Dr. LeydS, ein Gesandtschaftssekretär und ein Dolmetscher. Kürassiere begleiteten den Wagen zum Elysee. Im Hose des Elyseepalastes erwies ein Bataillon Infanterie Krüger die militärischen Ehren, und die Musik spielte die Transvaalhymne. Krüger wurde von dem Einsührer des diplomatischen Corps, Crozier, in den Botschastssaal geführt, wo Präsident Loubet mit dem Minister des Aeußereu, Delcasse, ihn erwartete. Dir Unterhaltung dauerte etwa 10 Min. Um 4ck/2 Uhr begab Präsident Loubet sich zur Er widerung des Besuchs in das Hotel Scribe, welches cr nach ungefähr 10 Minuten wieder verließ. Unter den zahlreichen Persönlichkeiten, die auf ihren Wunsch dem Präsidenten Krüger vorgestellt wurden, befanden sich auch die Prinzessin Mathilde Bonaparte, sowie mehrere Angehörige des in Transvaal gefallenen Obersten VilleboiS-Mareuil. Pari», 24. Nov. Krüger empfing, nachdem ihm Präsident Loubet seinen Besuch abgestattet hatte, Niemand mehr. Das Bureau deS Pariser Gemeinde raths, das sich später im Hotel Scribe einsand, wurde von Leyds empsangen, der ihm die Mittheilung machte, daß der Gemeinderath spätestens am Montag die Entschließung Krügers bezüglich seines Besuchs im Stadthause erfahren würde. Abend» durchziehen Gruppen von Manifestanten unter Hochrufen auf Krüger die Straßen. Auch vor dem Hause der „Libre Parole" fanden burenfreundliche Kundgebungen statt. In das im Hotel Scribe aufliegende Register trugen sich Prinz Heinrich von Orleans, General Mercier und viele nationalistische Deputirte ein.