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Inserate nehmen außer der Expedition auch die Austräger aus dem Lande entgegen, auch befördern die Annoncen- Expeditivnen solche zu Originalpreisen. Erscheint jeden Wochentag abends für den wlgenden Tag und kostet durch die Austräger pro Quartal Mk. 1,55 durch die Post Mk 1,82 frei in's Haus Anzeiger für Hohenstein-Ernstthal, Oberlungwitz, Gersdorf, Lugau, Hermsdorf, Kernsdorf, Zangenberg, Falken, Langenchursdorf, Meinsdorf, Rußdorf, Wüstenbrand, Grüna, Mittelbach, Ursprung, Erlbach Kirchberg, Pleißa, Reichenbach, Callenberg, Tirschheim, Kuhschnappel, Grumbach, St. Egydicu, Hüttengnind u. s. w Arntsblcrtt für den Verwaltungsbezirk -es Stadtrathes z« Hohenstein-Ernstthal. Orgcrrr aller Gerneirröe-Verrvcrltuirgeir der iriirlreczonk»eir Mrtschafterr Nr. 282. Donnerstag, den 6. Dezember 1900. 50. Jahrgang. Bekanntmachung. In nächster Zeit werden die erneuten Verzeichnisse derjenigen Abgaben- und Schul geld-Restanten, welchen nach den bestehenden landesgesetzlichen und regulativmäßigen Bestimmungen der Besuch von Gast- und Schankwirthschaften, Tanzstätten und sonstigen Bergnügungslokalen verboten ist und von diesen wegzuweisen sind, den Inhabern gedachter Lokale hier, sowie in Hohenstein-Ernstthal, Hermsdorf, Kuhschnappel, Falken, Langenberg, Meinsdorf und Tirschheim zugestellt werden. Wir geben dies mit dem Bedeuten bekannt, daß zur Vermeidung der Aufnahme in die Liste die Rückstände bis spätestens den 30. December 1900 anher abzuführen sind. Oberlungwitz, am 3. December 1900. Der Gemeindevorstand. Oppermann. Sonnabend, den 8. Deeember ass. Js. bleibt das hiesige Gemeindeamt wegen Reinigung der Geschäftsräume für den Verkehr geschlossen. Das Standesamt ist an diesem Tage nur von Vormittag 11 —>/z12 Uhr geöffnet. Nur dringliche, keinen Auf schub erleidende Sachen finden in dieser Zeit Erledigung. Oberlungwitz, am 4. December 1900. Ter Gemeiudevorstand. Oppermann. Kelmnntmachung. Freitag, den 7. December Einnahme des 4. Termins Schulaulage in der Gemeindeexpedition. Hermsdorf, den 4. December 1900. Der Gemeindevorstand Müller. Tie chinesische« Wirre«. In einem ärztlichen Bericht über die Kämpfe in und um Tientsin im Juni und Juli heißt es nach der „Voss. Ztg": Sehr behindert wurden die ärztlichen Anordnungen durch den andauernden heftigen Staubsturm und die Heuschrecken. Tie Wunden wurden dadurch mit Schmutz bedeckt und die Aerzte am Sehen bei den Unter suchungen behindert. Dabei verursachte der trockene Staub einen verzehrenden Durst. Bezüglich der Wirkung der chinesischen Geschoße konnten die Aerzte feststellen, daß die Verwundungen der deutschen Scesoldaten vom 7.9 CentimelerNickeistahlmantelgeschoß des Männliche,gewehres herrührten. Mehrmals ereignete sich der Fall, vaß d^e chinesischen Truppen seitens der deutschen Marinemann schäften höchst wirkungsvoll mit eroberten chinesischen Ge schützen beschossen werden konnten. Feldmarschall Gras Waldersee meldet am 3. d. MtS. aus Peking: Stärkere reguläre Truppen unter einem General stehen bei Thjang, 95 Kilometer süd lich Tientsin; gegen dieselben gehen von Tientsin zwei Detachements unter Oberst v. Rohrscheidt und Major v. Falkenhayn auf beiden Seiten des Kaiser-Kanals vor. Ferner liegt heute abermals eine aus englischer Quelle stammende Meldung vor, wonach die deutschen Truppen von schweren Verlusten betroffen worden seien. Reuters Bureau meldet aus Tientsin, es heiße dort, die Deutschen hätten zwanzig Todte und viele Ver wundete westlich von Paotingfu verloren, wo sie von 2500 Boxern angegriffen worden seien. — In Berlin lag bis heute Mittag keinerlei Bestätigung dieser Unglücksnachricht vor. — Der Kaiserliche Gesandte in Peking meldet, er habe den Bischof Anzer, der zu einer Rücksprache mit dem Generalgouverneur Juan- schikai nach Tsinanfu reisen wolle, auf die Gefahren dieser Reise aufmerksam gemacht und den General gouverneur durch ein Telegramm um Maßnahmen zu einem ausreichenden Schutz des Bischofs ersucht. Juanschikai übernehme in einem sehr entgegenkommen den Antworttelegramm die volle Verantwortung für die Sicherheit Bischof Anzers, der am 30. November von Tsingtau abzureisen beabsichtige. Berlin, 4. Dezember. Das Oberkommando meldet aus Peking: Bei Tsingwantau und Schan haikwan werden Landungsbrücken und Feldbahnen zur großen Eisenbahn gebaut. Die Eisenbahn Schanhaik- Wan-Peking werde voraussichtlich Mitte Dezember betriebsfähig. Die in Marseille eingetroffene Chinapost bringt beunruhigende Meldungen über die Lage in China. Dem Gutachten der besten Kenner der chinesischen Verhältnisse zufolge steht ein allgemeines Blutbad vor dem fitzt beginnenden Winter bevor. Die Kaiserin «soll mit Unterstützung des Prinzen Tuan alles vor- > bereiten, um ihre Pläne zur Ausführung zu bringen. Die Mächte haben sich nach einer englischen Meldung über die abgeänderte Fassung der Friedens- bedingungen bereits geeinigt und werden sie durch ihre Vertreter in Peking den chinesischen Unterhändlern übergeben lassen. Wie es mit der Einmüthigkeit in Zukunft stehen wird, ist auch jetzt noch nicht bestimmt vorauszusagen; die Zweifel an Amerikas Festhalten bei der gemeinsamen Politik wollen nicht verstummen. Mac Kinleys Erklärungen über China werden hier abfällig kritisirt. Standard sagt: „Ungeachtet Mac Kinleys emphatischer Betheuerung hat die Regierung der Union wenic zur Stärkung des Einvernehmens der Mächte gethan. Sie hätte ganz davon fernbleiben können, aber nachdem Washington sich der Unter nehmung sreiwillic angeschlossen, hat es als Fessel auf die europäische Diplomatie gewirkt." Eine Depesche des „Reuterscheu Bureaus" aus Peking vom 3. d. M. meldet: Alle Gesandten hoben von ihren Regierungen Mittheilung über die gemein same Note erhalten. Morgen werden die Gesandten eine Sitzung abhalten. Die Gesandten wollen keinerlei Auskunft ertheilen, jedoch was bezüglich der Einwände der Regierungen bekannt geworden ist, genügt, um es zweifelhaft erscheinen zu lassen, daß man in einer Sitzung zu einem befriedigenden Abschluß gelangen wird. Tsching und Li-hung-tschang erklären, daß sie begierig seien, die Forderungen der Mächte zu er- fahren. China wüns^e um jeden Preis einen Frieden, der sich mit der Würde eines unabhängigen Staates vereinbaren lasse, aber je länger ein großes aus ländisches Heer die Provinz Tschili besetzt halte, desto schwerer sei das vorliegende Problem zu lösen. Tie Missionare und andere Leute, welche die Belagerung der Gesandtschaften mitgemacht haben, sind entschieden gegen jede Milde. Sie dringen darauf, daß die hohen Bcamten, welche für die Ausschreitungen ver antwortlich sind, hingerichtel werden. Auch müßte ihrer Ansicht nach eine genügend starke Truppenmacht in China verbleiben, um die Aufrechterhaltung der Ordnung zu sichern, da sonst ein Wiederausbruch der Wirren sicher sei. Tientstn, 3. Dez. Tang-wen-huan, der Ur heber der Ausschreitungen gegen die Missionare in Paotingfu, ist heute hier angekommen. Er wurde, von einer starken deutschen Wache eskoctirt, durch die Straßen gesührt und soll dann der provisorischen Regierung zur Vollziehung der Todesstrafe aus geliefert werden. Vorgestern meldeten wir, daß der kaiserliche Hof seine Einwilligung zur Hinrichtung des Gouverneurs von Schansi, Dühsien, gegeben habe, und zwar werde wahrscheinlich die für hohe Würdenträger übliche Form der Todesstrafe, die Uebersendung der seidenen Schnur, gewählt werden. Mhsien ist bereits als Urheber der scheußlichsten Massenabschlachtungen europäischer und eingeborener Christen bekannt, indessen waren die Einzelheiten bisher nicht so genau gemeldet worden, wie sie jetzt auS dem Briefe eines Missionars, der Augenzeuge der furchtbaren Metzeleien war, in ihrer ganzen bluttriefenden Entsetzlichkeit offenbar werden. In einem Briefe an die Kölnische Volkszeitung ans Uaytshitsai, der vom 10. September datirt, wird ein Ueberblick über die traurigen Ereignisse in Schansi und Schensi wie folgt gegeben: „Die Kaiserinmutter hat ein geheimes Edict erlassen, laut welchem alle Christen und Priester dem Tode verfallen. Tausende hat ihre Rache bereits getroffen, Tausende harren in banger Angst der Stunde, in der auch an ihnen der Mord vollbracht wird. Kirchen und Kapellen sind zerstört, die Häuier der Christen augezündet; in Schansi giebt es schon keine Christengemeinde mehr, in der nicht mehr als die Halste der Gläubigen ge mordet worden wäre. Am 15. Juli begann die Ver folgung, und noch heute wüthet sie mit furchtbarer Strenge. Die ersten Opser waren der Bischof, sein Coadjutor und vier europäische Priester (alle Franzis kaner, theils Italiener, theils Franzosen). Der Gouverneur hatte sie in sein Haus ciugeladc», um, wie er vorgab, sie besser schützen zu können. K.mm waren sie daselbst angekommen, als auch schon das grausame Spiel mit ihnen begann. Zuerst wurde» ihnen die Hände auf den Rücken gebunden, und nach dem sie lange die Zielscheibe des Sportes geweien, erstach der Gouverneur mit eigener Hand einen nach dem andern. Daraus ging der teuflisch boshafte Mensch mit seinen Soldaten nach der bischöflichen Residenz, bemächtigte sich der sechs europäi'cheu Schwestern und versprach ihnen Geld und angesehene Männer, wenn sie vom Glauben abfielen. Alle wiesen ihn einstimmig ab; dasür stieß er nun den Dolch in ihre Herzen. Nun kamen mehrere chinesische Priester an die Reihe; ohne Gnade wurden auch sie niedergestochen. Ihnen folgten 30 chinesische Schwestern des dritten Ordens mit nahezu 200 Waisenkindern im Aller von 3 bis 16 Jahren. 15 Seminaristen, die sich in einer Cisterne verborgen hielten, wurden entdeckt, hervorgeholt und an einen Pfeiler gebunden. Mit Gewalt brach man ihnen den Mund aus, zwang sie, das Blut der zuerst Abgeschlachtete» zu trinke», und erst nach solcher Scheußlichkeit empfingen sie den Todesstoß. Ein chinesischer Priester und zwei Christen, welche einen Fluchtversncy gemacht hatten, wurden in eine kleine Hütte gesperrt und mit derselben verbrannt. Zwei andere Priester entkamen ins Gebirge, starben aber dort wegen Mangels an Nahrung des Hunger todes. Soviel über Schansi. Auch Schensi hat bereits seine Märtyrer; ein Priester und zwanzig Christen in Chanzung sind getödtet, zwei der unserigen waren mit noch zwölf anderen Priestern (zehn aus der Mongolei und zwei aus Schansi) von den Soldaten Tungfuhfiang eingeschlossen; wahrscheinlich sind sie alle ein Opfer der Todes geworden. Vorher schon waren Bischof Amer (ein Holländer) und mehrere Priester ermordet. Augenblicklich bereiten wir uns hier auf den Tod vor: täglich höre ich an 130 Beichten." Vom Präsidenten Krüger. Deutschlands Willkommen au Paul Krüger, Präsidenten von Transvaal. Willkommen, Ohm Paul, im deutschen Land, Unsere Herzen rufen: Herein! Unser Blut, Ohm Paul, ist mit Deinem verwandt, Ist stolz drauf, cs zu sein. Und wäre das Blut nicht unser Blut, Das Dir in den Adern fließt, Ohm Paul, wir zögen dennoch den Hut Und sagten Dir „Sei gegrüßt!" Wer so kämpft, wie Du kämpfst für da- Menschheitsrecht, Der ist allen Menschen verwandt: Wer so spricht, wie Du sprichst: „Lieber todt als Knecht!" Den versteht man in jedem Land. Darum ehren wir Dich, im Bürgerkleid, Wie man mächtige Könige ehrt: Dein graues Haupt und Dein Herz voll Leid Sind uns heilig, theuer und werth. Und Dein Golt, Ohm Paul, ist auch unser Gott, Wie Du glaubst, so glauben wir auch: Ten Triumph des Menschen zerbricht der Spott, Sein Leiden zerbläst ein Hauch. Und wie Deutschland einst um die Freiheit stritt, Ohm Paul, wir denken daran, Trum, wcrn Tu betest, wir beten mit: ,Herr Gott, erhöre den Mann!" Ernst von Wilvenbruch. I» derAdventspredigt, welche Hofprediger Kritzingcr am Sonntag in der Tominterimskirche zu Berlin hielt, gedachte er auch des Präsidenten Krüger, dem er sich gedrungen fühlte zu seiner Ankunft in der deutschen Reichshauptstadt die herzlichsten Glück- und Segens wünsche zuzurufen, dem tiefgebeugten Manne, der, als Christ zu einer Christengemeinde kommend, von höchstem Goltvertrauen beseelt sei und aus den er de» letzten Vers des LutherliedeS „Ein' feste Burg ist unser Gott* anwandte: „Nehmen sie den Leib, Gut, Ehr, Kind und Weib; laß fahren dahin, sie Habens kein Gewinn, dar Reich muß unS doch bleiben". Der barmherzige Gott möge ihm und seinem Volke ein Erretter und Helfer in der Noth sein und sich an ihm offenbaren als „Wunderbar,Rath, Kraft, Held, Ewig-Vater,Friedesülst" wie Jesaias von der Geburt des Messias prophezeit. * * Niederdrückend wirkt die Art, wie sich beim Empfang in Köln die amtliche Welt verhalten hat. Kein einziger amtlicher Vertreter da! Kein Fürsteu- zimmer geöffnet! Keine erkennbaren, geschweige denn ausreichenden Maßregeln der Polizei! Und völlige Uu- zugäiiglichkeit der Eisenbahnverwaltnng, die ohne ver- ständige Voraussetzung eines rücksichtslosen List- und Gewaltandrangs der Kölner es dazu hat kommen lassen, daß dem alten Krüger zum Empfang der An blick eines Gerüstzusammensturzes und die beklagens- werthe Muße von 45 Minuten im Zimmer der Stationsvorstehers bereitet wurde, weil keine Macht da war, die die Menge ordnete. So legt der deutsche Lokalbeamte die erwartete Stellungnahme der Zentral stelle aus! Neber jeden Lobspruch erhaben ist da gegen die jubelnde Begeisterung der Kölner, vom obersten bis zum niedersten Stande herab. Kein Gitter, keine Pfeiler hemmten diese wogende srohe Masse; sebst Bordsteine wurden aus der Erde gehoben, um die Bahn srei zu machen. Man hat sich auch durch die Härte der Polizei nicht abschrecken lassen, die nach einem Theil der Berichte schon in der Sonnabend- Nacht mit blanker Waffe gegen die festlichen Umzüge eingeschritten sein soll. Selbst die französischen Journalisten sollen erklärt haben, daß die Begeisterung selbst in Frankreich nicht solche Sturmwellen geschlagen habe. Die Engländer vollends waren aus allen sieben Himmeln gefallen. Und eS muß denn auch in der That wunderschön gewesen sein, wie nächtlich unter den Langschatten der beiden hohen Domthürme und im Schein des RothseuerS im melodischen Schwung des Rheinlandes die deutschen Vaterlandslieder emporsuegen zu den Fenstern des alten Präsidenten. Wie stark aber die Erbitterung der Kölner gewesen ist über das, was von amtlicher Stelle aus geschah oder unter blieb, deS zum Zeugniß geben wir an letzter Stelle folgende Stelle aus einer Zuschrift der „Deutschen Zeitung" wieder, die da laute!: „Ohm Krüger be wohnt im Domhotel dieselben Räume, die vor einigen Jahren Li-hung-tschang innegehabt hat. DaS Kölner Publikum stellt heute, und mit Recht, Vergleiche an zwischen damals und heute. Damals hatte man den schlitzäugigen chinesischen Hallunken mit allen Würden durch alle Behörden, durch eine Ehrenkompagnie usw. vom 7. Fußartillerie-Regiment mit Musikkapellen usw. im Fürstenzimmer empfangen. — Präsident Krüger wird in das Dienstbureau des Stationsvorsteher« ge führt." Ueber die Aussichten der Aktion deS Präsidenten Krüger wird der „Pol. Corr." auS Paris geschrieben: „Zu den nahezu einstimmigen Sympathiekund- gebungen, deren Gegenstand Präsident Krüger ist, hat seine ebenso korrekte, wie geschickte Haltung viel bei getragen. Ein bestimmteres Ergebniß seine« Ausent- haltet in Paris wird er wohl selbst nicht erwartet haben. ES scheint, als ob ihm vorerst daran gelegen