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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 20.11.1900
- Erscheinungsdatum
- 1900-11-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-190011202
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-19001120
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-19001120
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-11
- Tag 1900-11-20
-
Monat
1900-11
-
Jahr
1900
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 20.11.1900
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von der Grenze der OranjesreistaatS und ist Endpunkt einer Nebenbahn, die er mit Johannesburg verbindet.) DouglaS hatte Tag für Tag Geplänkel mit dem Lieben- bergschen Commando: er nahm dabei 15 Buren ge fangen und erbeutete viele Schafe und Rindvieh. — Roberts meldet ferner von unbedeutenden Angriffen auf britische Patrouillen und Geleitmannfchaften, die an verschiedenen Punkten stattfanden. — Reuters Bureau meldet aus Blumfontein: Die Buren, die Ficksburg besetzt halten, erwarten, daß sich Dewet mit ihnen vereinigen werde. Sie halten eine seste Stellung in den Bergen des Freistaats und sind mit Kleidern und Lebensmitteln reichlich versehen. — Wegen eines am 16. d. MtS. in der Nähe von Edenberg stattge habten Gefechts traf der von Kapstadt fällige Bahn- zug erst am 17. in Blumfontein ein. Die Buren sind vertrieben und die Bahnlinie ist gesäubert. ES heißt, eS sei auch ein Panzerzug in Thätigkeit ge wesen. Nach Privatmeldungen aus Südafrika werden nicht nur die Bauernhöfe der „Rebellen" und der im Felde stehenden Buren, sondern auch diejenigen der auf Ceylon und St. Helena gefangen gehaltenen Buren mit ihrem Inhalt verbrannt. Aus einem Briefe geht hervor, daß die Bodenpreise in und um Johannesburg in den letzten Wochen um mehr als ein Drittel gestiegen sind. Es sind hauptsächlich englische Offiziere, die sich dort ankaufen und damit ein gutes Geschäft zu machen hoffen. Sächsisches. Hohenstein-Ernstthast 19. November 1900. Mittheilungen von allgemeinem Interesse werden dankbar ent gegengenommen und eventl. honorirt. — Hohenstein-Ernstthal, 19. Nov. (Stadt verordnetenwahl). Aus dem Stadtverordneten-Collegium scheiden mit Ablauf dieses Jahres von den Neustädter Mitgliedern die Herren Bäckerobermeister Layritz, Ma terialist Küchler und Elektrotechniker Layritz. Während der heute vorgenommenen Ergänzungswahl wurden 185 Stimmzettel abgegeben. Es entfielen davon auf die Herren Bäckerobermeister Layritz 110, Handelsmann Louis Harzer 77 und auf Herrn Gärtner Dressel als Vertreter der Unansässigen 107 Stimmen. Die Herren Harzer und Dressel treten damit dem Collegium neu bei. Außerdem erhielt Herr Fabrikant Bohne 48 und die von dem Volksverein vorgeschlagenen Herren Grießbach und Finsterbusch je 69, Schütz 61 Stimmen — Vortrag. Auf Veranlassung des Gewerbe. Vereins in der Neustadt hielt gestern Abend im Saale des „Grauen Wolf" Herr vr. Specht aus Gotha einen Vortrag über einen „Geistesausflug in die Sternenwelt, oder die Wunder des Himmels". Der recht gute Besuch ließ erkennen, daß auch Leute, welche mitten im Erwerbs leben stehen, Interesse hegen für die erhabenste und her. vorragendste Wissenschaft: Die Astronomie. Man folgte mit größter Aufmerksamkeit den wissenschaftlich und den noch leicht faßlich gehaltenen Ausführungen, die in ihren Hauptmomenten durch auf einer Leinwandfläche wieder gegebene Lichtbilder illustrirt wurden. Der Herr Redner ging nach einleitenden Worten vorerst zu einer Besprechung des Sonnensystems bezw. der Planeten desselben über. Er zeigte einige derselben im Bilde, und hier gefiel be sonders eine wohlgelungene Darstellung des Saturn mit seinen ihn umgebenden, als ungeheure Ringe sichtbaren Weltkörpern. Auch die Bilder der sog. Sonnenflecke in ihrem Maximum und Minimum boten vieles Neue. Man begleitete darauf den Herrn Vortragenden im Geiste auf einer Wanderung durch den Weltenraum. Wir konnten manch tiefen Blick thun in die Geheimnisse dieses Ozeans von Erdkörpern, in welchem Werden und Ver geben genau wie auf unserer Erde allein das gewaltige Naturgesetz ist und hier wie dort die einschneidendsten Veränderungen hervorruft. Auch über Himmelserschein ungen, oder richtiger über alle sonstigen Vorgänge im Weltenraume (Sonnenfinsternisse, Kometen rc.) erzählte Herr I)r. Specht, und er verstand hauptsächlich dadurch den von ihm behandelten Stoff seinem Publikum anschau lich zu machen, daß er nicht allein ziffernmäßige An gaben machte, sondern häufig treffende Vergleiche heran zog, die naturgemäß dem Laien viel näher liegen, als wenn er sich beispielsweise eine Entfernung von Hunderten Millionen Meilen denken soll. Wie schon erwähnt, die Ausführungen boten viel des Neuen und Interessanten, und der Beifall, mit dem die Zuhörer dankten, ^bewies, daß sie mit Verständniß gefolgt waren — Ein mit größter Frechheit ausgeführter Ein- bruchsdiebstahl wurde in der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag in der Schützenstraße verübt. In der 3. Stunde wurden Bewohner des Bläser'schen Hauses durch ein Geräusch in den Parterreräumlichkeiten geweckt. Als man nach der Ursache sah, bemerkte man, wie einige Männer durch ein nach dem Gatten gelegenes Fenster sprangen und die Flucht ergriffen. WaS sie erwischen konnten, hatten sie natürlich mitgenommen. Der Raub bestand hauptsächlich aus Fleisch, und Wurstwaaren, doch ist den Einbrechern auch ein Geldbetrag in die Hände gefallen. Die Untersuchung ergab, daß die Nachtvögel ihren Weg durch den Garten genommen, dort, um sich das Ueber- steigen zu ersparen, einfach den Zaun demolitt hatten, und endlich mittels Anlegen der Leiter nach Eindrücken verschiedener Fensterscheiben in das Wohnzimmer, von hier in den Keller gelangt waren. Die mitgebrachte, jeden- falls auch erst gestohlene Leiter hatten sie natürlich, da die Flucht Hals über Kopf vor sich ging, zurückgelassen, ebenso einige andere Gegenstände, welch' letztere vermuth. lich die Ermittelung der Thater erleichtern werden. Be merkt sei noch, daß in derselben Nacht verschiedene La ternen in der Schützenstraße und dieselben in der Durch führung beim „Schweizerhaus" ausgelöscht wurden. Vermuthlich haben auch dies die Einbrecher gethan, um nachher ungestörter sich entfernen zu können. — Das Niedergehen eines großen Hellen Gestirnes, welches von dem östlichen nach dem westlichen Himmel zog und plötzlich die Straße wie ein elektrischer Schein werfer erleuchtete, ist Freitag Nacht gegen 12 Uhr hier wie in anderen Orten Sachsens beobachtet worden. Das Phänomen hinterließ einen mächtigen Schweif, welcher erst nach ca. einer Minute erblaßte. — Die Postvermerke „Vorsicht" und „Eigen händig" werden sowohl im geschäftlichen als privaten Verkehr bei Postsachen vielfach angewendet, ohne daß — in den meisten Fällen wenigstens — damit die erstrebte Wirkung erzielt wird. Der Vermerk „Vor sicht" bei gewöhnlichen Packeten ist nach den postalischen Bestimmungen wirkungslos, da solchen Sendungen keinerlei besondere vorsichtige Behandlung zu Theil wird. Bei der Unmasse der zu befördernden Packete ist dies ja auch kaum durchführbar. Der gewünschte Effect läßt sich jedoch indirect erreichen, wenn Packet- sendungen unter „Einschreiben" oder unter „Werth angabe" aufgeliefert werden. Solche Packete erfahren an sich eine vorzugsweise Behandlung, weil jedes einzeln aufbewahrt wird. Der Vermerk „Eigenhändig" auf gewöhnlichen Briefen verpflichtet die Post zu nichts rnd es ist in das Belieben des Briefträgers gestellt, solche persönlich an den Adressaten abzugeben. Will man sicher sein, daß ein Brief direct in die Hände gelangt, so befördert man den Brief unter „Einschreiben" mit Zusatz „Eigenhändig". Solchenfalls wird und muß dem Willen des Aufgebers entsprochen werden. — Bei den letzten Herbstkontrollversammlungen wurde unter Anderem auch bekannt gegeben, daß Reservisten sich zum Eintritt in das chinesische Expeditionscorps melden können. Es handelt sich da bei aber nicht um die Bildung von Nmformationen, sondern um den Ersatz für erkrankte, verwundete oder verstorbene Angehörige der Expeditionstruppen. — Vor dem König!. Landgericht Zwickau hatte sich am Sonnabend abermals einer der Fabrikbesitzer Gebr. Werner aus Werdau zu verantworten. Er war diesesmal der Verleitung eines Zeugen zum Meineide angeschuldigt, wurde für schuldig befunden und zu 2^/, Jahren Zuchthaus verurtheilt. — König!. Landgericht Zwickau, 16. November. Die dritte Strafkammer beschäftigte heute eine Strafsache in zweiter Instanz von erheblicher prinzipieller Bedeutung. Es sind nämlich der Fabrikarbeiter Oskar Arno Liebold, der Maurer Heinrich Florentin Liebold, der Fabrikarbeiter Max Otto Liebold, der Fabrikarbeiter Emil Linus Lie bold und die Aistenbauersehefrau Camilla Franziska Breternitz geb. Liebold in Crimmitschau angeklagt worden, sich einer Uebertretung nach Z 361 Ziffer 10 des Straf gesetzbuchs (unterlassene Unterstützung eines bedürftigen Angehörigen) schuldig gemacht zu haben. Hierbei handelt eS sich um die Mutter der Angeklagten. Diese ist 48 Jahre alt, seit 6 Jahren Wittwe und hat außer den 5 Angeklagten noch 6 Kinder im Alter von 6 bis 23 Jahre», von denen das jüngste gehirnleidend ist. Sie ist ver mögenslos und verdient als Fabrikarbeiterin wöchentlich 8—10 Mark, wovon sie den Unterhalt für sich und die drei jüngsten Kinder zu bestreiten hat. Da ihr Verdienst hierzu nicht ausreicht, ist ihr von der Armenbehörde auf ihr Ansuchen seit Oktober v. I. eine wöchentliche Unter stützung von 3 Mark bewilligt worden. Die 5 Ange klagten sind nun sowohl im März, als auch im Mai d. I. vom Stadtrathe Crimmitschau zur Fürsorge für ihre Mutter aufgefordert worden, sie haben aber beide Male sich ablehnend verhalten. Darauf wurden sie vom Stadt- rathe mittels Strafverfügungen je mit einer Geldstrafe von 30 Mark event. 10 Tagen Haft belegt. Hiergegen erhoben sie Einspruch und machten in der Sitzung des Schöffengerichts Crimmitschau vom 20. September d. I. geltend, sie seien außer Stande, ihrer Mutter eine Unter stützung zu gewähren. Dies erkannte das Schöffengericht hinsichtlich der verehel. Breternitz, welche krank und ohne eigenen Erwerb ist, auch als richtig an und sprach diese frei. Dagegen hielt es die 4 Brüder mit Rücksicht auf ihre Erwerbs- und Familienverhältaiffe recht wohl in der Lage, ihrer Mutter diejenige Unterstützung, deren sie be dürfe, aus gemeinschaftlichen Mitteln zu gewähren. Es war in diesir Beziehung festgestellt worden, oaß Emil LinuS L., der nur 1 Kind hat, wöchentlich 17—18 Mark und seine Frau 1b—16 Mark, der ledige Max Otto L. wöchentlich 16—17 Mark, der kinderlose Heinrich Flo- rentin 17—18 Mark und seine Frau 8 Mark und der kinderlose Oskar Arno wöchentlich 13 Mark 50 Pfg. und dessen Frau 8 Mark 50Pfg. verdient. Die 4 Brüder wurden deshalb und zwar Emil Linus L. zu 10 Mark Geldstrafe event. 4 Tagen Haft, Hein- rich Florentin und Oskar Arno L. zu je 30 Mark Geldstrafe event. 10 Tagen Haft und Max Otto L. zu 40 Mark Geldstrafe event. 2 Wochen Haft ver- uttheilt. Bei der Strafausmessung hat das Schöffen gericht u. A. namentlich die Erbärmlichkeit der Ge sinnung als strafschärfend berücksichtigt, die sich in der Weigerung der eigenen Mutter zu unterstützen, kund- giebt. Die 4 Verurtheilten haben gegen dieses Urtheil Berufung eingewendet und der K. Amtsanwalt, dem die Strafen zu niedrig sind, hat dasselbe gethan. In der heutigen Hauptverhandlung machten sie ebenfalls geltend, daß sie nicht in der Lage seien, Unterstützung zu gewähren. Das Urtheil in dieser Sache wird erst am 23. d. Mts. verkündet werden. — Zwickau, 16. Nov. Die Amtshauptmann schaften Zwickau, Schwarzenberg und Glauchau, sowie die Stadträthe zu Aue, Kirchberg, Zwickau, Crim mit- schau, Glauchau haben sich nunmehr über einen gemeinsamen Nachrichtendienst bei Hochwassergefahr, unter Beiheiligung der Straßen- und Wasserbau- Inspektion hier, als centrale Vermittelungsstelle, ver ständigt. Es handelt sich dabei um Hochfluthen der Mulde, Pleiße, des Röbeler, Culitzscher und Lauter bacher Baches, sämmtlich gefährliche Wasserläufe. -- Nahe der Station Kirchberg wurde dieser Tage in einem Eisenbahnwagen die Nothbremse ge zogen. Das Bedienungspersonal fand den „Atten täter" in der Person einer alten Frau in der 4. Klasse, die auch die That eingestand. Auf Befragen nach dem Grunde war die mitleidige Antwort: „Die Latern da oben hat so groß gebrennt, und da wollte ich se e bischen klener schrauben, um der Eisenbahn Geld zu sparen." Von einer Bestrafung wurde Ab stand genommen. — In Obergruna brannte am Donnerstag Vormittag das Bachmannsche Bauerngut nieder. Das Bachmannsche Ehepaar war zur Zeit des Brand unglückes verreist. — Auch in Thum cirkulirt gegenwärtig ein vom Zweigverein des evangelischen Bundes aus gehendes Protestschreiben gegen das propagandistische Auftreten des Prinzen Max. Der Protest findet zahlreiche Unterschriften. — Ein Bergmann in dem altenburgischen Dorfe Rositz, der gelesen hatte, daß nach Kiautschou Berg- leute gesucht werden, wandte sich in der Sache an das Berliner Auswärtige Amt mit einer direkten Meldung. Dieser Tage erhielt er nun bereits Ordre zum Abgang nach Kiautschou. Der Bewerber (ein Häuer) hat sich zum 1. Dezember in Berlin zu stellen. Er mußte sich verpflichten 2 Jahre in China zu bleiben und erhält einen Monatslohn von 300 Mk. neben freier Hin- und Rückreise. — Leipzig, 13. November. Ein in bewegten Worten gehaltener und auf eine Postkarte verzeich neter Aufruf ohne Unterschrift, aber von der wohl- bekannten Hand eines früheren deutschen Offiziers, der in den Reihen der Buren gekämpft hat und schon lange Zeit auf St. Helena in englischer Gefangen schaft weilt, ist von dort hierher gelangt. Er wendet sich an die gesummte deutsche Presse mit der dringen- Bitte, ihrerseits dafür zu wirken, daß die Gefangenen nicht länger zurückgehalten werden, als nach Völker- rechtlichem Gebrauche zulässig ist. Auf besagter Karte werden die Wärter der Deutschen und der Buren Schinderknechte genannt und außerdem hervorgehoben, daß von einer Vettern-Sympathie seitens der Eng länder nichts zu spüren sei. — Auerbach, 17. November. Zur Dynamit- Explosion in der Feldschmiede beim Bahnhofserweiter ungsbau ist noch mitzutheilen, daß wahrscheinlich auch der dritte Schmied, welcher schwer verletzt dem Stadt krankenhause zugeführt wurde, der furchtbaren Ver wundung erliegen dürste. Durch den ungeheueren Luftdruck, welchen die explodirende Dynamitmenge ent wickelte, wurden u. a. fünf auf dem Bahnhofe stehende Güterwagen zerdrückt, eine in der Nähe stehende Scheune abgedeckt und sogar in der Stadt (in der Bismarck- und in der Friedrichstraße) sind zahlreiche Fensterscheiben zersprungen. Hätte zwischen der Un- fallstätte und dem Bahnhofsgebäude nicht ein Güter zug gestanden und den Druck etwas aufgehalten, so wäre das Stationsgebäude sicher noch ärger beschädigt worden, als es ohnehin geschehen ist. Ein wahres Glück, daß die Explosion zu einer Zeit erfolgte, als auf dem Bahnhofe weder ein Zug ankam noch abging. — In der Nähe von Oschatz sind eine Anzahl germanischer Gräber aufgefunden worden. Die in einer Tiefe von 45 coa liegenden Urnen und Bei gefäße waren leider durch die Bearbeitung des Bodens meist zerdrückt. Ein Grab mit drei größeren Urnen und acht Beigefäßen war gut erhalten. Die Gefäße sind der Sammlung des Vereins für Orts- und Volkskunde zur Verfügung gestellt worden. Die Gräber lagen etwa 3 m auseinander. Die Urnen von brauner, rother oder scharzer Farbe zeigten die verschiedensten Formen und Verzierungen. — Dresden, 19. Nov. Heute früh hat der in der Leipziger Vorstadt wohnende Maschinist Hentschel seiner Frau und dann sich selber mit einem Rasier- Messer die Kehle durchschnitten. Beide wurden mit lebensgefährlichen Verletzungen ins Krankenhaus ge bracht. Grund ist Eifersucht. H. ist 30, seine Ehe- srau 28 Jahre alt. Beide haben ein 7 Jahre altes Kind. — Der Oekonom und frühere Bürgermeister C. Drescher aus Dorssulza kehrte um Mitternacht nach Hause zurück. Da er keinen Hausschlüssel bei sich trug, und die Seinen im Schlaf nicht stören wollte, so beabsichtigte Drescher einen Lattenzaun zu übersteigen und so auf seinen Hof zu gelangen. Da bei brach das morsche Holz unter seinen Händen und der 63jährige, im Orte sehr beliebte Mann fiel so unglücklich auf den Hinterkopf, daß er trotz ärztlicher Hilfe schon nach einigen Stunden verstarb. — Greiz, 14. November. Vor einigen Wochen hat die 23 Jahre alte ledige Dienstmagd Christiane Zipfel aus Fröbersgrün auf dem Wege von Plauen nach Bernsgrün einem Knäblein das Leben gegeben, das Kind aber aus Furcht in einem Gebüsch am Wege versteckt und so verhungern lassen Jetzt, nach Verlauf von einigen Wochen, hat die junge Kindesmörderin keine Ruhe mehr gefunden, sie hat die Kindesleiche wieder aufgesucht und gestern in einem Korbe der hiesigen Fürstlichen Staats anwaltschaft übergeben mit der Anklage, es selbst dem Hungertode preisgegeben zu haben. Das reumüthige Mädchen wurde in Hast behalten. — Am Mittwoch hat sich in der Nähe von Stabitz an der böhmischen Grenze ein schweres Jagd unglück ereignet. Der dort wohnende Lehrer Josef Börsch begab sich auf die Jagd. Beim Durchstreifen eines Dickichts entlud sich plötzlich ein Schuß seines Gewehres und die Kugel traf den Unglücklichen in den Kopf, so daß er tot zu Boden stürzte. Tagesgeschichte. Breslau, 17. Nov. Die Attentäterin Schnapka stand heute vor dem Schöffengericht unter der Anklage des Widerstandes gegen die Staatsgewalt und ruhe störenden Lärms. Der erste Staatsanwalt wohnte der Verhandlung bei, die unter ungeheurem Andrange des Publikums stattfand. Die Schnapka bejahte mit einem gewissen Stolze die Frage, ob sie das Attentat habe begehen wollen, und gab an, sie werde auf Betreiben der Kaiserin heimlich verfolgt. Da während der Verhandlung Zweifel ai der Zurechnungsfähigkeit der Frau entstanden, wurde die Verhandlung vertagt und beschlossen, die Schnapka zur Beobachtung ihres Geisteszustandes einer Irrenanstalt zu überweisen. — Der Kaiser hat gestern nach seinem Eintreffen im Kasino des Leibkürassier-Regiments, sowie er über das Resultat der ersten Feststellungen unterrichtet worden war, dem Wunsche Ausdruck gegeben, es möge in seiner Gegenwart des Vorfalls in der Gartenstraße nicht Erwähnung gethan werden, es lohne sich nicht, von der That einer muthmaßlich Geisteskranken viel Aufhebens zu machen. — Der Ueberfall, dem der Kaiser ausgesetzt war, war ursprünglich einem Rechts anwalt zugedacht. Die Schnapka hatte den betreffenden Herrn auf dem Gericht gesucht, um sich mit ihm auseinander zu setzen, da sie irgend einer Proceß- angelegenheit wegen auf den Anwalt erbittert war. Sie traf ihn nicht, kaufte sich gestern stütz in der Eisenwaarenhandlung von Herz u. Ehrlich auf hiesigem Ringe das Beil, mit dem sie den Wurf that, und verlangte dann in seinem Bureau den Rechtsanwalt zu sprechen. Man wies die aufgeregte Person ab. Auf ihrem Heimwege sah sie unmittelbar hierauf die Wn Testament. Novelle von Emma Merk. 9. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.) Er hatte sie in einer der Straßen der Altstadt begegnet. Mit einem freudigen Schlag seines Herzens erkannte er die feine schwarze Gestalt mit ihrem langen wehenden Crepeschleier. Erst nach einer Weile be merkte er mit lebhafter Enttäuschung, daß Adele nicht allein war, daß hinter ihr die Tante aus dem Laden trat, in Begleitung eines Offiziers. Ohne Zweifel, Leutnant Hartung! Man sah es an dem strahlenden Gesicht der Frau Major, daß sie sich sonnte in dem Anblick des eben anwesenden Sohnes. Otto beobachtete ganz deutlich, daß auch er erkannt worden war, daß man von ihm sprach; daß der junge Osfizier mit einem Blick auf ihn Adele eine Bemerkung zuflüsterte, die deren Unwillen erregt haben mußte, denn als Otto in diesem Moment grüßend stehen blieb, war ihr Gesicht noch erregt und finster und sie neigte kaum den Kops in ihrem abweisenden Trotz. Düringer er kundigte sich nach dem Befinden der Damen; die beiden Herren stellten sich einander vor, wobei der Leutnant mit einer Grimasse sein Einglas aus dem linken Auge fallen ließ, um es sofort wieder einzu klemmen und mit einem näselnden Ton und einer arroganten Miene zu bemerken: „Sie sind der Mann, der die drollige Geschichte erzählt, Onkel Thomas wäre verheiratet gewesen! — Zu komisch! Fabelhafte Idee!" Otto mußte an sich halten, um ihm nicht in dass eingebildete, lachende Gesicht zu schlagen. Er war so zornig erregt durch Adele's absichtlich zur Schau ge- tragene Unart, durch ihren beleidigenden Gruß, daß es ihm eine wonnige Erleicherung verschafft hätte, den Vetter zu strafen, an ihm seine Rache zu kühlen für den Spott, den er von der um ihre Erbschaft zittern den Familie zu ertragen hatte. Aber er hatte gelernt, nicht jeder momentanen Regung nachzugeben. Er sagte nur mit möglichster Ruhe: „Die Stunde, in der ihr armer Onkel mir diese Mittheilung machte, war sehr ernst und gab zum Lachen keinerlei Anlaß, Herr Leutnant." Damit empfahl er sich. Er war ärgerlich über sich selber, daß er fast alle Fassung verloren hatte. Was gingen ihn denn diese Menschen an, die ihm noch vor einer Woche so fremd gewesen, die alle zusammen nicht verdienten, daß er sich über sie den Kopf zerbrach, daß ihm eine solche Gereiztheit, solche Erbitterung durch alle Nerven prickelte. Nur fort, um alle diese Gedanken abzuschütteln! Er wollte nur den braven Waldmann noch ein mal spazieren führen und der Haushälterin auf die Seele binden, daß sie für das treue Thier sorgte. In seiner Stimmung begriff er ganz wohl, daß der Ver storbene am liebsten allein gewesen war mit dem stummen Kameraden. Die Haushälterin fing gleich wieder an zu jammern und zu klagen: Bei dem Herrn Doktor selig wär' ihr alles über lassen gewesen. Sie hält' nie eine Stecknadel verun treut; und die Frau Major, die thät jetzt gerade so, als wenn man ihr nicht trauen könnt! Den Koffer, der noch an den Herrn angekommen, den hätte sie gleich in ihre Wohnung schaffen lassen und jeden Brief mitgenommen, der noch dag'wesen. — „Wenn noch Briefe da waren, warum brachten Sie dieselben nicht gleich, als ich mit dem Herrn Hofrath und dem Herrn vom Gericht hier war? fuhr Otto, der gespannt aufgehorcht hatte, sie un geduldig an. „Ich habe halt nicht mehr d'ran gedacht, — ich hab' sie eing'sperrt g'habt, und es war ja auch nicht viel da; nur ein paar Geschäfts-Anzeigen und Zeitungen und ein Brief, der wahrscheinlich von dem Fräulein gewesen ist, das einmal hier war, wie der Herr Doktor selig schon abgereist war; — denn sie hat g'sagt, sie hält' an den Herrn g'schrieben g'habt." — „Welches Fräulein? Wann war sie hier? Wie sah sie aus? Warum erzählten Sie das nicht schon früher?" Die Haushälterin fühlte sich ordentlich geschmeichelt, daß der Herr, der sich bisher viel mehr mit dem Waldmann beschäftigt hatte als mit ihr, Plötzlich mit solcher Aufmerksamkeit frug und ihr Gelegenheit zum Reden gab. „Ja — ich hab's ganz vergessen — mein Gott — vor lauter Jammer um meinen braven Herrn! Vor vier Wochen ist er doch fort, — und vielleicht acht Tage später ist ein Fräulein mit der Droschken an- g'fahren und hat ang'läut' und nach dem Herrn Doktor g'fragt nnd wie ich g'sagt hab, er ist fort, er kommt erst in einem Monat wieder zurück, da ist sie recht erschrocken und hat g'meint, ob er denn ihren Brief nicht gekriegt hält', und wo er denn hin wäre? Der Herr ist schon eine Zeitlang verreist, hab' ich g'sagt, aber genau weiß ich's nicht, wo er sich auf halt. Vom Allgäu hab ich ihn einmal reden hören und an den Bodensee hat er wollen; er will halt so herumfahren auf seinem Rad, wo er gute Straßen find't. Nachschicken muß ich nichts. Darum weiß ich auch keine Adreß'. Sie hat ganz traurig den Kopf g'schüttelt und dann hat sie dem Herrn sein Zimmer anschauen wollen und da ist sie herumgegangen und hat sich an den Schreibtisch hing'setzt und den Waldmann hat sie g'streichelt. Wie ich nach ihrem werthen Namen g'fragt hab', hat sie nur g'sagt: ,Jch komme in einigen Wochen wieder.' Dann hat sie mich noch um einen Gasthof g'fragt." „Sie war also fremd? Sie hatte Gepäck bei sich?" ' ... „Eine kleine Tasche hat sie g'habt, ja! Und ein bis! fremd hat sie dahergeredt. Aber fein angezogen ist sie g'wesen. Ganz seidig haben ihre Rück' g'rasselt. Mir hat sie leid gethan, weil sie den Herrn so gern antroffen hätt' und wenn ich denk, daß ich ihr, wenn sie wiederkommt, sagen muß: »Er ist tot" ... Sie fing zu weinen an. Forts, f.
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