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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 12.10.1900
- Erscheinungsdatum
- 1900-10-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-190010125
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-19001012
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-19001012
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-10
- Tag 1900-10-12
-
Monat
1900-10
-
Jahr
1900
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 12.10.1900
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der Nähe der Richtstätte, daS dann mit ungelöschtem Kalk und Erde ausgefüllt wurde. empfangen worden, diese sofort an und nahm sie, wobei er die ganze Artillerie erbeutete. Die Verluste der Chinesen waren bedeutend; die Russen verloren keinen Mann. Der Weg zwischen Peitang und Lutai war auf einer Strecke stark durch galvanische Minen unterminiert, die von den Chinesen zum Theil zu früh, schon beim Auftauchen der ersten Patrouillen, zum Explodieren gebracht, keinen Schaden verursachten, zum Theil aber entdeckt und von den beim Detachement befindlrchen Sappeuren unschädlich gemacht wurden. — Die Eisenbahnlinie Peitang-Lutai befindet sich im Zustande äußerster Zerstörung. Ls. 14.5 d. Niederschläge. — Hohenstein-Ernstthal, 11. October Der Gewerbeverein Altstadt hielt gestern Abend eine Vereins oersammlung ab, die wieder recht gut besucht war. Der Vorsitzende Herr Schuldirektor Dietze gab ein Referat über die am verflossenen Sonntag in Aue abgehaltene Gauverbandsversammlung der erzzebirgischen Gewerbe vereine, erläuterte die gefaßten Beschlüsse und wies na mentlich darauf hin, daß unser Hohenstein-Ernstthal im nächsten Jahre der Ort der Tagung des Gauverbandes sein werde. Der Herr Vorsitzende betonte zum Schluß, daß es sich empfehlen würde, bei Zeiten einen Ausschuß zu wählen, welcher die nöthigen Vorarbeiten zu treffen habe, damit dem Verbandstage ein würdiger Verlauf ge sichert werde. Zu Punkt II der Tagesordnung erzählte ein Mitglied einiges von seinen Erlebnissen und Ein drücken während der Ausstellung in Paris. — Erwähnt sei zum Schluß, daß im Verein Ende October der 100. Ge- denktag der Geburt Moltkes durch eine entsprechende Feier ausgezeichnet werden soll. — Durch die Polizei wurde gestern Abend in einer hiesigen Herberge ein vom Kgl. Amtsgericht Ehrenfrieders dorf im Gendarmerieblatt ausgeschriebener Tischler fest- - genommen, um der zuständigen Behörde übergeben zu werden. — Eine Probemobilmachung wurde am Dienstag im Bereiche des Bezirkscommandos Chemnitz II (Land) ver anstaltet. Das Austragen der Gestellungsbefehle, das zum Theil Radfah er besorgten, ging rasch vor sich, sodaß - die Probe als gelungen gelten kann Nicht wenige der - durch den Gestellungsbefehl Ueberraschten merkten nicht sofort, daß es sich lediglich um eine Probemobilmachung handelte, was manche Scene der Bestürzung hervorgerufen haben soll. — Oberlungwitz. Ein tiefbedauerlicheh Miß geschick ereilte die Familie des hier ansässigen Guts besitzers Friedrich. Die Ehefrau des Genannten be gab sich am Dienstag Mittag zur Futterzeit in den Stall und wurde dort von den Hörnern einer am ' Stande befestigten Kuh erfaßt und schwer am Unter- ' leib verletzt. Der sofort gerufene Arzt fand die l Wunden im hohen Grade bedenklich, sodaß es noch i nicht abzusehen ist, ob die Bedauernswerthe mit dem Leben davonkommen wird. Oberlungwitz. Zum Pfarrer von Ober lungwitz ist am Dienstag Herr ?. Werner aus Mülsen- St. Micheln erwählt ivorden. Vicsrius perpetuus ist vom 1. Oktober bis zum Antritt des neuen Herrn Pastors Herr Diakonus Tammenhain. — Gersdorf. Der hiesige Obst- und Garten bauverein wird nächsten Sonntag und Montag seine 1. Ausstellung im neuerbauten Salon des Restaurants Teu tonia abhalten. Außer im Ort erbauten Obstes wird auch eine Musterkollektion aus der Freiherrlich v. Friesen- schen Gartenbauschule in Rötha mit ausgestellt sein, darunter befindet sich das für die Glauchauer Amtshaupt mannschaft vom Glauchauer Bezirkwbstbauverein zum Anbau empfohlene Apfel- und Birnen^ortiment. Lieb- h-bern ist dadurch Gelegenheit geboten, die Früchte dieses Sortiments zu sehen und kann nach diesem bei An pflanzung seine Wahl treffen. Ein zahlreicher Besuch würde dem jungen Verein sehr erwünscht sein. — Gersdorf, 9. Oktober. Ein hiesiger 21jähr. Bergarbeiter aus Prag, der am vorigen Sonnabend wegen rückständiger Alimente für ein uneheliches Kind ausgepfändet und dem hierbei sein Fahrrad vom Ge richtsvollzieher weggenommen worden war, ließ sich n seiner Wuth dazu Hinreißen, dem Beamten das stad mit Gewalt wieder wegzunehmen und damit auf ihn einzuschlagen. Schließlich setzte er sich schleunigst Der Krieg »m Tra«Svaat. Der Krieg in Südafrika dauert nunmehr ein volles Jahr. Am 11. October v I. erließen die Burenstaaten ein Ultimatum an England und schon am 12. October begannen die Feindseligkeiten. Die Buren denken noch keineswegs daran, den Widerstand aufzugeben. — Ex- prägdent Krüger soll am 10. October an Bord des holländischen Kreuzers „Gelderland" wach Europa ab dampfen Bereits haben sich seine Enkel, Herr und Frau Elof, von ihm verabschiedet, um nach Europa voraus zufahren,- nach ihrer Aussage altert der Präsident zu sehends und sein Gedächtniß fängt zu schwinden an Jedenfalls ist es ein gebrochener Mann, der am 10. Oc tober die südafrikanische Küste verlaffen wird, um sie wohl kaum jemals wiederzusehen! Wohl wird ihm in Holland ein freundlicher Empfang zu theil werden, und auch in Belgien vereinigen sich Mitglieder aller Parteien, um Krüger bei seiner Ankunft nach Möglichkeit zu ehren Das wird ihm die verlorene Heimath jedoch nicht zu er setzen vermögen! Die letzten Kämpfer. Warum de Wet ein solch erbitterter Gegner der Engländer ist? Die Frage er scheint banal angesichts des Umstandes, daß er ein Bur ist; aber es liegt noch eine andere Erklärung vor, welcher nicht das Politische, sondern Psychologische zu Grunde liegt, und die einen hübschen Beitrag zu dem Legendenkranze bildet, welcher jetzt schon den Freiheitskampf der Buren umspinnt. Die Erzählung versetzt uns in eine einsame Gegend des nordöstlichen Freistaates; über der kleinen, im Hintergrund von hohen Bergen begrenzten Hochebene ruht klarer Sonnen schein, ein behagliches Farmhaus bildet den Mittel punkt. Englische Soldaten sind eben damit beschäftigt, Feuer an das Strohdach zu legen. Vor dem Hause steht ein einfacher Burenwagen, in welchem ein krankes Weib liegt. Das Haus gehört De Wet und die Kranke im Wagen ist seine Frau, welche vor wenigen Tagen mit einem Kinde darniedergekommen war. Die Flammen des brennenden Hauses greifen um sich und bald ist die Wohnstätte nur noch ein einziger Trümmerhaufen. Seit jenein Tage soll de Wet den Schwur gethan haben, daß er mit den Eng ländern nie Frieden machen werde. Ueber die Erschießung des Burenoffiziers Hans Cordua, eines Deutschen von Geburt, der bekanntlich wegen einer Verschwörung gegen das Leben Lord Roberts' zum Tode verurtheilt wurde, liegen jetzt eingehende Berichte vor. Ein Privatbrief eines Augenzeugen meldet Folgendes darüber: Am Abend vor der Execution wurde Hans Cordua benachrichtigt, daß er am nächsten Morgen 7 Uhr erschossen werden würde, er hörte die Mittheilung ruhig und gefaßt an und verbrachte hierauf mehrere Stunden mit Schreiben; um Mitternacht legte er sich nieder und schlief bis 3 Uhr früh. Präcis um 7 Uhr ging der Commandant des Gefängnisses zu Cordua, um ihn aufzufordern, ihm zu folgen. Zwischen zwei Soldaten, unter Vor- tritt des Commandanten und gefolat vom Pastor, kam der Gefangene im Hofe des Gefängnisses an. Cordua durchschritt mit seiner Begleitung die in zwei Reihen aufgestellte Mannschaft bis zu einem gewöhn- lichen hölzernen Stuhl, der zwei Fuß von der Ge- fängnißmauer entfernt stand; der Commandant ersuchte ihn, sich auf dem Stuhl niederzulassen mit dem Gesicht gegen die Mauer; auf seine Bitte hin wurde er nicht gefesselt, jedoch ließ er sich gern mit einem seidenen Tuch die Augen verbinden. Hierauf faßte Cordua den Stuhl rückwärts und drehte sich, von dem Commandanten unterstützt, herum, er kreuzte sitzend seine Arme auf den Rücken und lehnte den Kopf zurück. Die Mannschaft hatte sich inzwischen auf zehn Schritte Entfernung aufgestellt. Hauptmann Barchard, der schon vor Ankunft des Gefangenen! ihnen die Weisung gegeben hatte, ihr Ziel zwischen i die Schultern zu richten, commandirte: „Anlegen! , Fertig! Feuer!" Die zehn Schüsse krachten zusammen. ' Cordua schnellte von seinem Stuhle auf und fiel dann rücklings nieder. Er war sofort todt. Der Körper wurde in ein bereits fertiges Grab gelegt in i Sächsisches. Hohenstein-Ernstthal, 11. October 1900. orinhettuugec von allgemeinem Intereste werden dankbaren», zrgrngenommen uno eveutl. honor»rt. — Uebersicht über Niederschläge und Temperatur in der ersten Dekade des Oktober. (Mittheilung der hiesigen meteorologischen Station.) Niederschläge Niedrigste Höchste Temperatur in Lit. pro Tem- Tem- mittags Tag Quadr.-Ä^et. peratur. peratur. 12 Uhr. 1. 2.4 11.5 22.6 21.7 2. 2.4 13.3 20.8 17.0 3. 0.2 12.6 21.0 19.2 4. 9.5 4.6 13.5 11.6 5. 0.0 8.1 18.9 17.6 6. — 10.8 18.1 16.7 7. — 9.3 18.5 18.0 8. — 7.7 21.0 19.5 9. — 10.1 20.7 19.7 10. — 11.9 20.5 19.8 auf das Rad und fuhr damit auf und davon. Es ist bisher auch nicht wieder erlangt worden. Der unbesonnene junge Mensch, dem diese Handlungsweise wohl theuer zu stehen kommen wird, wurde gestern von der Gendarmerie verhaftet. — Das Kgl. Landgericht Ehemvitz belegte den 19 Jahre alten, aus Oberlungwitz gebürtigen Handarbeiter Paul Gustav Reuter wegen eines in Chemnitz verübten Diebstahls mit 1 Jahr Gefängniß. zusätzlich zu einer Strafe von 1>/,.Jahren, welche Reutern unlängst vom Landgericht Freiberg zudiktirt wurde und die Reuter gegen wärtig in Hohensck verbüßt. - — Zwickau, 9. Okt. (Königl. Landgericht.) Vor die dritte Strafkammer waren heute 100 junge Leute aus der Amtshauptmannschaft Zwickau öffentlich geladen worden, weil sie als Wehrpflichtige in der Absicht, sich dem Eintritt in den Dienst des stehenden Heeres oder der Flotte zu entziehen, ohne Erlaubniß entweder das Bundesgebiet verlassen haben oder sich nach erreichtem militärischen Alter außerhalb des Bundesgebiets noch aufhalten. Von den Vorgeladenen war nur der am 5. Dezember 1877 in Stenn geb. Emil Bernhardt Bäßler persönlich und für den am 1. September 1877 in Zwickau geborenen Curt Paul Krause dessen Vormund, der pens. Anstaltsaufseher Hebenstreit von hier, erschienen. Bäßler konnte heute nachweisen, daß er seiner Gestellungspflicht genügt hat, weshalb seine Freisprechung erfolgte. Die Sache gegen Krause wurde von den übrigen Sachen abgetrennt und wird später zur Verhandlung gelangen. Die übrigen 98 Personen wurden gemäß § 140, 1 des Straf gesetzbuchs zu je 200 Mark Geldstrafe event. 40 Tagen Gefängniß verurtheilt. — ZWickttU. Die Allgemeine Erzqebirgische Aus stellung hat der Stadtgemeinde 5903 M Antheil vom Erlös aus dem Billetverkauf gebracht. — Oelsuitz i. E Der hiesige Volksbote ver öffentlicht folgenden Bericht, welchen wir wortgetreu hier abdrucken: „Am Sonntag, den 7. Oktbr. wurde der hiesigen katholischen Gemeinde die hohe Ehre zu theil Se. kgl. Hoheit Dr. Prinz Max in ihrer Mitte zu sehen. Hochderselbe wurde von dem hiesigen katho lischen Geistlichen am Bahnhof Höhlteich gegen 11 Uhr vorm. empfangen und unter Glockengeläute in die Kirche eingeführt, in der eine dicht gedrängte Schaar den hohen Gast erwartete. Gleich nach der Ankunft bestieg Se. kgl. Hoheit die Kanzel und hielt nach einer herzlichen Begrüßung den zahlreich an wesenden Italienern eine italienische Predigt, der die Italiener und alle anderen Anwesenden in der Kirche mit größter Aufmerksamkeit lauschten. Im Laufe des Nachmittags hörte Se. kgl. Hoheit für Italiener und andere in opferwilligster Weise Beichte und spendete dem Kinds eines hiesigen italienischen Arbeiters huld vollst das hl. Sakrament der Taufe. Nach einem Besuch bei den hiesigen ehrwürdigen Schwestern hielt Prinz Max um 5 Uhr nachm. eine herrliche Predigt im Anschluß an das Rosenkranzfest. Mit warmer Ueberzeugung und klarer Stimme legte er das Gebet, insbesondere das Rosenkranzgebet, als ein Heilmittel aus für die Schäden, an denen unsere Zeit krankt, nämlich an der Entchristlichung der Familie, der Genußsucht und dem Unglauben. Mit größter Span nung folgten die andächtigen Zuhörer den begeisterten Worten des königlichen Priesters, der in seinem schlichten Prieslergewand auf jeden Gläubigen ohne Unterschied den tiefsten Eindruck hinterlassen. Abends gegen 7 Uhr fuhr Se. kgl. Hoheit wieder nach Dres den zurück. Alle, die an diesem Tage das Glück hatten, Se. kgl. Hoheit zu sprechen oder auch nur zu sehen, sind voll Bewunderung über dessen Einfachheit, Herzensgüte und Herablassung und der warmen Be geisterung für seinen heiligen hohen Beruf, den er sich erwählt hat." — Alberoda, 8. Oktober. Ein netter Bruder scheint der Fabrikarbeiter E. Dr. zu sein, der in der Nacht zum Sonnabend seinem hier auf Besuch weilenden Bruder, dem Feuermann Drechsel aus Hohenstein-Ernst thal, im berauschten Zustand durch Prügelei den Arm brach. Der Bruder war gekommen, um ihin Geld für ein Strafverfahren vorzuschießen, das vor drei Wochen gegen ihn eingeleitet worden ist, we l er sich an dem hiesigen Schutzmann H ohne Grund, ebenfalls im be rauschten Zustande vergriffen hatte, indem er ihn auf dem Wege zweimal zu Boden riß und ihn mit allen möglichen Schmähworten traktirte. — Plauen i. V., 10. Oktober. Die Errichtung der Bismarcksäule auf dem nahegelegenen, über 500 m hohen Kemmler ist gestern vom Stadtgemeinderath nach längerer Erörterung genehmigt worden Die Säule kommt an die Stelle des von der hiesigen Bergschloß- kapelle vor etwa 15 Jahren aus Stein errichteten Aus- sichtsthurmcs zu stehen. Nachdem nun die Platzfrage endgültig gelöst ist, wird das Sammelwerk eifrig gefördert werden. Vor einigen Monaten ist von der Stadt eine größere, am Kemmler gelegene Fläche Grund und Boden angekauft worden, die als Festplatz bei großen nationalen und sonstigen Volksfesten benutzt we den kann. — Werdau, 9. Okt. Die Gläubiger der Firma I. G. Werner hier, deren Inhaber bekanntlich wegen Betrugs und Brandstiftung hinter Schloß und Riegel sitzen, werden nach einer Aussage des Konkurs verwalters voraussichtlich ganze ein Prozent aus der Masse erhalten. — Crimmitschau. Der Sparkassenausschuß hat dem Stadtrath vorgeschlagen, vom 1. Jan. 1901 ab die Einlagen mit 3,5 vom Hundert (statt bisher mit 3 Proz.) zu verzinsen. — Falkenstein, 9. Oktober. Der Wassermangel wird infolge der anhaltenden großen Trockenheit immer fühlbarer. Verschiedene Fabriken sehen sich genöthigt, das Wasser zur Speisung der Dampfkessel aus benach barten Teichen und Bächen mittelst Geschirres herbei zuschaffen. Die Göltzsch ist beinahe ausgetrocknet und die an der Göltzsch gelegenen Wasserwerke sind mit ihrem Betriebe brach gelegt. — Elsterberg. Die Königl. Kreishauptmann schaft Zwickau hat das Verbot des Haltens von Kell nerinnen in hiesigen Lokalen aufgehoben. — Rochlitz. Dem Vernehmen nach hat sich das Belastungsmaterial gegen den »es Großmilkauer Lust mordes verdächtigen Stuhlbauer Stirl i l n letzten Tagen bedeutend vermehrt Unter anderem sollem sich Zeugen gemeldet haben, die Stirl an dem bewußten Montag Abends in der Richtung nach Arras zu haben gehen sehen. Bekanntlich behauptet Stirl, nach dem Schießhaus also gerade in entgegengesetzter Richtung gegangen zu sein. Außerdem zeigte die Magd Martha B. aus Arras an Gerichtsstelle in Rochlitz nachträglich an, daß sie am ersten Oste feiertags Vormittags auf dem Wege von Cossen nach Erlau angefallen und gewürgt worden sei. Da sie sich heftig zur Wehr gesetzt und ge schrien habe, sei der Kerl schließlich in den nahen Wald geflohen. Als ihr zufolge ihrer Anzeige Stirl gegenüber gestellt wurde, soll sie diesen bestimmt als den Thäter bezeichnet haben. Als Urheber der Großmilkauer Mord» that wird im Gendarmerie-Blatte der Schneider Josef Pitthardt aus Saitkow in Böhmen verfolgt. Pitthardt hat zuletzt in Leisnig gearbeitet. — In Leipzig steht ein neuer Buchbinderstreik in Aussicht. Wie die Blätter melden, besteht die Kom mission der Buchbindereiarbeiter auf der Forderung der wöchentlichen Arbeitszeit von 53 Stunden, gegenüber 54 Stunden des Einigungsplanes und stellt für den Fall der Ablehnung die sofortige Wiederaufnahme des General ausstandes in Aussicht — Leipzig, 9. Oktober. Eine empfindliche aber verdiente Lektion empfing ein Handarbeiter, welcher durch vieles Bitten einen Produktenhändler dazu bewog, ihm Sonntags innerhalb der geschlossenen Zeit ein Packet Cigaretten zu verkaufen. Er that dies lediglich zu dem Zwecke, um den Verkäufer denunciren zu können, weil dieser seiner Mutter nichts mehr borgen wollte. Vom Amtsgericht wurde dem Verkäufer 3 Mk. dem Denuncianten aber 10 Mk. Geldstrafe als An stifter eines Vergehens gegen das Gesetz über die Sonntagsruhe auferlegt. — Sohland a. Spr. Tödtlich verunglückt ist am Sonnabend nachmittag der bei seiner Großmutter, der Gutsbesitzerin Böhmer, zu Besuch hier weilende 7 Jahre alte Sohn des Bahnarbeiters Ziegs aus Ebersbach. Der Knabe kletterte auf das wegen einer vorzunehmenden Reparatur nur angelehnte Hofthor, welches umfiel und den Knaben erdrückte. Er konnte nur als Leiche unter dem Thor hervorgeholt werden. — Den größten Grundbesitz von den sächsischen Städten hat Zittau. Derselbe umfaßt ein Areal von etwas über 6000 Hektar, sodaß Zittau unler den deut schen Städten hinter Breslau an 4. Stelle stehen würde. Deutschland Der Kaiser traf, wie ein Telegramm meldet, 24 Stunden vor der angekündigten Zeit m Homburg ohne jeden offiziellen Empfang ein. Der Monarch fuhr sofort mit dem Intendanten von Hülsen zur Saalburg, um Nachmittags der Generalprobe zur Saalburgfeier beizuwohnen. Homburg v. d. H., 10. Oktober. Die Aus schmückung der Saalburg ist vollendet. Sie bildet eine charakteristische Vereinigung von Vergangenheit und Gegenwart. An den Säulen sind große Schilder angebracht, deren lateinische Inschriften dem Kaiserpaar gelten. Kaiser Wilhelm wird hier als terror uootium und Verfechter des Rechtes, die Kaiserin als Stütze der Frommen und Schutz der Armen bezeichnet. Nach der Grundsteinlegung erfolgt die Verlesung der von Das Oorpus ssUelL. Novelette von Reinhold Ortmann. (Nachdruck verboten.) Ganz in träumerisches Nachdenken verloren, saß der Referendar Walter Karstedt an einem schönen Freitag Vormittag an seinem Arbeitstische im Gebäude des Landgerichts zu K. Schwermüthig hatte er den hübschen, dunkellockigen Kopf in die linke Hand gestützt, während die rechte in allerlei malerischen Verschlingungen immer die nämlichen zwei Buchstaben auf ein Blatt weißen Kanzleipapiers zeichnete — die beiden Buch staben „I. R." Plötzlich aber zogen sich die Brauen des jungen Mannes unmuthig zusammen, sein Antlitz nahm einen Ausdruck düsterer Entschlossenheit an, und er riß den Bogen Kanzleipapier in Stücke. Mochte denn in Gortes Namen alles zu Ende sein! So wie er dies Blatt mit ihrem Namenszuge zerriß, so wollte er ein sür alle Mal die Liebe zu ihr aus seinem Herzen reißen. Und er hatte sie aufrichtig geliebt, die kleine blonde Ilse, das — ach! — so reizende Töchterchen der verwittweten Stadträthin Rogall. Wie eine Offenbarung war es bei ihrem ersten Zusammen treffen über ihn gekommen: diese oder keine! Mit jeder Minute, die er in der Gesellschaft des holden Wesens zugebracht, hatte sich diese Ueberzeugung in ihm gefestigt, und sicherlich würde er ihr schon bei ihrer zweiten Begegnung auf dem Monats-Kränzchen der Kasino- Gesellschaft eine Erklärung gemacht haben, wenn nicht seine unglückliche Schüchternheit zwischen ihm und dem geliebten Wesen gestanden hätte — diese Schüchtern heit, die so wenig zu seinem sonstigen frischen W-sen wie zu den beiden gewaltigen Schmissen auf seiner linken Wange paßte, und gegen die er doch vergebens mit den tapfersten Vorsätzen anzukämpfen suchte. Er hatte nicht den Muth gehabt, ihr während des Tanzes oder in der Kaffeepause auch nur andeutungs weise von seiner Liebe zu sprechen. Aber wenn sie nicht geradezu blind oder ein richtiges Gänschen war, hatte ihr der Zustand seines Herzens doch unmöglich verborgen bleiben können. Und er hatte eine Zeitlang in der seligen Hoffnung geschwelgt, daß sie ihm wirklich nicht. böse war um seiner vermessenen Absichten und Wünsche willen. Er hatte einen Strahl von Zärt lichkeit in ihren schönen Augen zu sehen geglaubt und hatte den wiederholten leichten Druck ihrer Hand für eine süße Verheißung genommen. Das schalkhafte Lächeln, mit dem sie auf seine Bitte eingewilligt hatte, ein Vielliebchen mit ihm zu essen, war ihm an jenem Abend fast wie ein beglückendes Jawort erschienen, und mit bitterer Wehmuth gedachte er heute all der wonnigen Bilder, die jede Erinnerung an dieses holde Lächeln Tage und Wochen lang in seiner Seele her- vorgezaubert hatte. Selten nur hatte er sie während diejer herrlichen Zeit der Illusionen zu Gesicht bekommen, aber schon bei der ersten Begegnung hatte sie das Vielliebchen verloren. Natürlich, wie hätte es auch anders sein können, da doch alle seine Gedanken sich einzig mit diesem Gegenstände beschäftigten. Mit allerliebstem Erröthen hatte sie ihre Niederlage zugestanden, und da die Sitte erheischte, daß sie ihm irgend einen kleinen Siegestribut darbrachte, hatte er mit sehnsüchtiger Spannung des Augenblicks geharrt, wo sie sich dieser Verpflichtung entledigen würde. Denn dies war die rechte Gelegenheit, ihm ein Zeichen zu geben, eine zarte Andeutung, ob er mit dem Bekenntniß seiner Liebe frei und offen hervortreten dürfe. Aber er hatte umsonst gewartet und seit gestern wußte er, daß alle seine Hoffnungen eitel Thorheit gewesen und er das Opfer einer herzlosen Kokette geworden war. Schon vor drei Tagen, wo er sie in einer Gesellschaft bei dem Landgerichts-Direktor getroffen, war ihm eine seltsame Veränderung in ihrem Benehmen ausgefallen, eine Zurückhaltung und Scheu, die er bis dahin nie mals wahrgenommen. Aber da er hin und wieder doch noch einen freundlichen Blick ihrer schönen braunen Augen hatte erhaschen können, hatte er sich nicht all zu sehr darüber beunruhigt. Der gestrige Ball im Kasino erst — dieser Ball, auf den er sich seit langem gefreut — hatte ihn grausam aus allen seinen Himmeln gestürzt. Von Anfang an war ihm Ilse geflissentlich aus- gewichen, und als er ihrer nach vielen vergeblichen Bemühungen endlich habhaft geworden war, um einen Walzer und womöglich noch ein paar andere Tänze von ihr zu erbitten, hatte sie ihm mit einigen undeut lich gemurmelten Worten des Bedauerns ihre Tanz karte gezeigt, auf der auch nicht ein einziges Plätzchen mehr frei gewesen war. Er hatte das sogleich als eine grausame Beleidigung empfunden, aber wenn er auch naiv genug gewesen wäre, au das bloße Walten eines tückischen Zufalles zu glauben, hätte ihn doch Fräulein Jls-S Verhalten während des weiteren Ver laufs der Ballfestlichkeit darüber belehren müssen, daß sie es recht eigentlich darauf abgesehn hatte, ihn zu kränken. Jedes Mal, wenn er in ihrer Nähe erschien, suchte und sand sie sogleich einen Vorwand, sich anders wohin zu begeben, und ihre Augen waren beständig dahin gerichtet, wo sie sicher sein konnte, den seinigen nicht zu begegnen. Es war die bitterste Enttäuschung seines Lebens gewesen, die er an diesem Abend hatte durchkosten müssen, und trotz des heiteren Sonnen scheins, der draußen auf dem Platze vor dem Ge-»chts- gebäude lag, schien ihm die ganze Welt heute so grau und düster, wie an einem nebligen Novemberabend. Noch hatte er sich nicht dazu aufraffen können, sein eintöniges und ihm heute doppelt widerwärtiges Tagewerk zu beginnen, als einer der unteren Beamten eintrat und ihn ersuchte, sogleich zu dem Herrn Land- gerichtsrath Eisenlor zu kommen. „Es handelt sich um eine sehr wichtige und drin gende Angelegenheit, Herr Referendar," fügte der junge Mann geheimnißvoll hinzu. „Vielleicht um einen Mord. Der Herr Rath ist in großer Aufregung, denn es wäre das erste Kapitalverbrechen, das ihm vorkommt, seitdem er die Funktionen eines Unter suchungsrichters versieht." (Fortsetzung solgt.)
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