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seien dafür erschossen worden. Meyer fei von Dewet eigenhändig niedergeschossen worden. „Daily Mail" meldet aus Blirmfonteiir: Die Truppen des Generals Dewet legen eine große Rüh rigkeit an den Tag. Mehrere Dörfer und Farmen wurden wegen Treulosigkeit eingeäschert, ebenso auch die Stadt Lindley. — Eine amtliche Note aus Kap stadt berichtet ferner, daß die telegraphische Verbindung mit dem Oranjefreistaat wiederum unterbrochen ist. Kapstadt, 23. Okt. General French begegnete auf dem Marsche von Karolina nach Bethel anhalten dem Widerstande und verlor 36 Mann an Todten. Auch sonst hatten die britischen Truppen in mehreren Scharmützeln Verluste; es fielen dabei insgesammt 50 Mann. 1?. WMk Siim in SMmrkeim zu MM-bMl am 23. Okt-brr 1S00. Vorsitzender; Herr E. Redslob. Anwesend: 17 Mitglieder. Seitens des Rathes: Herren Stadträthe Anger, Börner, Clauß, Schulze und Zeißig. Sogleich nach Eröffnung der heutigen Sitzung tritt man in die Tagesordnung ein, und zwar berichtet der Herr Vorsitzende zum ersten Gegenstand der Tagesordnung, 1. die von der Firma Hildsberg u. Hayn zu zahlende Entschädigung für Straßenabnutzung anläßlich des Eisen bahnumbaues, daß diese Firma zum genannten Zweck größere Steinlieferungen gemacht habe. Die schwer be ladenen Wagen mußten dabei natürlich städtische Straßen passiren und haben eine sichtliche Abnützung derselben ver ursach!. Die Stadt hat mit der Firma Unterhandlungen eingeleitet, und nach mehrfachem mündlichen und schrift lichen Austausch hat sich die Firma bereit erklärt, für die bis zum 31. Dec. d. Js. durch ihre Fuhrwerke gemachte Abnützung gewisser Straßen eine Entschädigung in Höhe von 750 Mark zu zahlen; die Summe wird in zwei Raten abgeführt. Außerdem verpflichtet sich die Firma, für jedes nach dem 31. Dec. städtische Straßen zwecks Herbeischaffung von Baumaterial zum Bahnhofsumbau passirende ihr gehörige Lastgeschirre 13 Pfennige an die Stadt zu entrichten. — Der Bauausschuß hat diesen Vorschlag geprüft und schlägt vor, darauf einzugehen, ebenso der Stadtrath. Einer vom Herrn Vorsitzenden ferner ausgegangenen Anregung, auch andere Unternehmer, deren Lastfuhrwerke städtische Straßen passiren, zur Ent schädigung heranzuziehen, schließt sich H«"-«- Staden an; Herr Stadtv. Lav^ ssM-Zäß'hittbei'nicht hiesige, jEbm NW- Uswärt ge Unternehmer in Frage kommen ."»«n. Auf eine Anfrage des Herrn Stadtv. Resch, wer die Anzahl der Materialanfuhren zum Bahnhofsumbau controlire, bemerkt der Herr Vorsitzende, daß man bezüg- liche Unterlagen von der Bauverwaltung selbst erhalten habe. — Man hält darauf die Anregung fest, auch die übrigen auswärtigen, an der Materiallieferung betheiligten Unternehmer zur Entschädigung heranzuziehen, und erklärt sich endlich mit dem Anttage des Stadttathes und Bau ausschusses einverstanden. 2. Ankauf des sogenannten Möck lweges. Der Herr Vorsitzende führt aus, daß es sich bei dem Ankauf nur um den auf Hohensteiner Flur liegenden Theil des Weges handeln könne; der Weg selbst führt von der Goldbach straße über die Bahn nach dem Lutherstift. Herr Bürger meister Dr. Polster habe smit Herrn Rich. Werner-Ober lungwitz einen Vertrag abgeschlossen, nach welchem Letzterer ein ca. 600 s^Meter umfassendes Grundstück auf Parzelle 735 fttr den Bettag von 125 Mark an die Stadtgemeinde verkauft. Die anliegenden Grundstücksbesitzer, deren In teressen die Stadt bei Ankauf des Weges hauptsächlich im Auge hatte, haben zusammen 55 Mark gezeichnet; die Stadt hat also noch 70 Mark aufzubringen. Bau- und Finanzausschuß sind ver Sache näher getreten; letzterer schlägt vor, die Beiträge der Anlieger unter der Beding ung anzunehmen, daß dieselben bei einer evtl. Verände rung des Weges sich jedes Anspruchs auf das gezahlte Geld begeben, sowie den Fehlbetrag auf die 3. Dörfelt stiftung zu legen. — Herr Stadtrath Clauß steht auf dem Standpunkt, daß die Stadt das Recht eines öffentlichen Weges ain Möckelwege sowohl der Eisenbahnverwaltung, als auch den Anliegern gegenüber zu wahren habe. Nach kurzen, allgemeinen Bemerkungen bringt der Herr Vor- sitzende den schon erwähnten Antrag der Ausschüsse zur Abstimmung; derselbe findet einhellige Annahme. — Die nächste Angelegenheit der Tagesordnung 3, Ankauf des Köhlerschen Grundstückes neben der städtischen Gasanstalt, fand rasche Erledigung. Schon früher, so referirte der Herr Vorsitzende, seien Klagen einiger Grundstücksbesitzer laut geivorden, daß sich der Ertrag der an die Gasanstalt stoßenden Grundstücke stetig verringere. Wie damals, sieht sich die Stadt auch heute wieder vor den Kauf eines anliegenden Grundstückes ge stellt, da von Herrn Karl Köhler Oberlungwitz Beschwerde im erwähnten Sinne eingegangen sei. Zwischen Letzterem und Herrn Stadtrath Anger im Auftrage des Rathes ist ein Vertrag abgeschlossen morde ; durch diesen erklärt sich Herr Köhler bereit, die 650 Quadr.-Meter große Wiese für 325 Mark an die Stadt abzutteten. Außerdem werden ihm al« Ersatz für den während der letzten vier Jahre erlittenen Schaden 15 Mark bewilligt. Das Colle gium erklärt sich hiermit, ebenso wie mit der Art der Deckung (die benöthigten 340 Mark sollen den laufenden Mitteln der Gasanstaltskasse entnommen werden) ein verstanden. 4. Herstellung der sogenannten Insel. Die bau- liche Herstellung des Platze« sei, wie Herr Bors. Redslob berichtet, nunmehr erfolgt. Nunmehr wünsche der Bauausschuß, daß etwas zur Verschönerung des Platzes geschaffen werde. ES möchten schnellwachsende Sträucher gepflanzt, sowie eine Bank errichtet werden; außerdem beantragt der Bauausschuß die Einzäunung eines Theils dieses Platzes. — Herr Stadtv. Layritz weist darauf hin, daß die geplante Einzäunung unge fähr in der gleichen Weise den Verkehr einzwänge und hemme, wie die vorher dort befindlichen Häuser. Er spreche sich gegen diesen Plan aus und sei nur für etwas Anpflanzung. Der gleichen Ansicht sind auch die Herren Stadtv. Schönherr und Reinhold l. Ersterer erwähnt dazu noch, daß eS sich durchaus nicht empfehle, derartig abschüssig hingehende Plätze als Spielplätze für die Kinder anzulegen. Für den Antrag des Bauausschusses treten ein die Herren Stadtv. Stübner und Stadtrath Clauß; Herr Stadt rath Clauß aus dem Grunde, weil sich dort mehrere Straßen kreuzen und ein lebhafter Wagenverkehr die neue Anlage rasch abnützen würde. Endlich schließt ich der Herr Vorsitzende der Ansicht des Herrn Layritz an; das Collegium lehnt hierauf den Antrag des Bauausschusses ab. — Zum letzten Gegenstand, 5. Steuer- und Schulgelderlaßgesuche, bemerkt Herr Vorsitzender Redslob, daß die Schulgelderlaßgesuche vom Schulausschuß, die Steuererlaßzesuche vom Finanz ausschuß eingehend erwogen worden seien. Es frage ich nun, ob das Collegium den Beschlüssen der Ausschüsse beitreten und die Gesuche damit en bloc erledigen wolle, oder eine Durchberathung in der heu tigen Sitzung wünsche. Man entscheidet sich für das erstere und tritt einstimmig den Beschlüssen der Aus- chüsse bei. — Zu den bevorstehenden Stadtverordneten wahlen theilt der Herr Vorsitzende, nachdem er die Namen der ausscheidenden Herren deZ bekannt gegeben, mit, HS tz-M^.'und Vttfassungs- ÄLahlgehilfen folgende Herren vorgeschlagen habe: Fabrikant Friedrich, Hermann Fleischer und Weberobermeister Siegel für die Neustadt; Kaufmann Wiedner, Gustav Günther und Fabrikant Jäckel für die Altstadt. Das Collegium hat gegen die vorge schlagenen Herren nichts einzuwenden und nimmt endlich noch Kenntniß von einem Dankschreiben des Herrn Robert Pfefferkorn für die Glückwünsche zu seinem 25jährigen Geschästsjubiläum. Schließlich theilt der Herr Vorsitzende noch mit, daß Herr Bürgermeister vr. Polster heute bei der Bestattungsfeier des Grafen Clemens von Schönburg-Glauchau anwesend sei. Da der Graf Patronatsherr der Neustädter Kirchgemeinde zu St. Trinitatis war, so gehen, wie der Herr Vor- sitzende noch bemerkte, nunmehr die Patronatsrechte aus das LandeS-Consistorium über. Sächsisches. Hohenstein-Ernstthal, 24. October 1900. Mtttheilungen von allgemeinem Interesse werden dankbar cnt- gegengenommen und evcnti. honorirt. — Hohenstein-Ernstthal, 24. Oktbr. Leider ist heute schon wieder, nachdem erst vor Kurzem 2 Kinder an einem Tage durch Ueberfahren verun glückten, das eine sogar auf der Stelle todt blieb, ein ähnlicher Unglücksfall zu verzeichnen. Heute Nach mittag in der 5. Stunde wurde durch etn Grünaer Geschirr das 6 Jahre alte Töchterchen des Gärtners Nestler am Ausgang der Weinkellerstraße nach dem Teichplatz überfahren. Die Kleine hatte in einem Handwagen gesessen und dem das Gefährt ziehenden Bruder war vielleicht beim Biegen um die Straßen ecke das Nahen des Fuhrwerkes entgangen. Die äußerlichen Verletzungen sind augenscheinlich nicht arg, dagegen scheinen schwere innere Verletzungen vor zuliegen. Der kleine Handwagen war vollständig zer trümmert. In welchem Grade den Geschirrführer ein Verschulden trifft, wird die Untersuchung ergeben. — Theater. „DasKäthchenvonHeilbronn." Die Direktion hatte unbestritten einen guten Griff gethan, als sie zum Benefiz für Herrn uud Frau Grosche „Das Käthchen von Heilbronn", jenes Stück Leben aus dem Mittelalter, welches erfolgreich auf bedeutenden Bühnen gegeben wurde, wählte. Aber sonderbar, trotzdem gestern Abend die Darsteller fast durchweg mit ihrem besten Können für das Gelingen eintraten, lag über der Vor ¬ stellung jene« undefinirbare Etwas, welche« keine eigent liche Stimmung im Auditorium aufkommen ließ. Unsere Aufgabe ist e« natürlich nicht, die Ursache festzustellen: wir können nur wiederholt betonen, daß trotz alledem der künstlerische Erfolg ein recht guter war. Da« Käthchen von Heilbronn, die Heldin des Stücke«, ist di« Tochter eine« reichen Waffenschmiede«. Sie hat eine tiefe Zu neigung zu dem Grafen von Strahl gefaßt und begleitet ihn im Gefolge auf seinen Reisen und Fahrten, bi« e«, unerwartet für alle, an den Tag kommt, daß da« Käth chen nicht die eigentliche Tochter des Waffenschmieds, sondem nur von diesem erzogen ist. Sie stammt aus Königlichem Hause und wurde längst todtgeglaubt. Käth- chen und Graf von Strahl werden ein Paar, während die stolze und grausame Kunigunde von Turneck, die sogar versucht hatte, das unschuldige Käthchen zu vergiften, in ein Kloster verbannt wurde. Frl. Mimi Hahn gab sich recht natürlich und lebenswarm als Käthchen, nicht minder Herr Kraft als Graf von Strahl. Die Kunigunde von Turneck, das böse Element des Stückes, schuf Frl. Grethe Hamm mit ihrer reichen dramatischen Begabung; und von den Benefizianten, Herm und Frau Grosche als Waffen schmied Friedborn bez. die Gräfin von Strahl, kann nur gesagt werden, daß sie ihren Ruf, beliebte Darsteller zu sein, in jeder Hinsicht wahrten. bl. — Ein sauberes Pärchen — der in letzter Zeit beim hiesigen Theater mitwirkende HaNs Liers alias Rat und eine mit ihm lebende geschiedene Ehefrau — suchte, nachdem ihm die Polizei das gemeinschaftliche Bewohnen eines Zimmers untersagte, das Weite. Der pp. Rat, unter dem Künstlernamen Liers sich bewegend, versah sich aber vorher dadurch mit dem zum Reisen nöthigen Klein gelde, daß er in seiner Eigenschaft als Zettelttäger gleich zeitig einen gedruckten poetischen Abschiedsgruß mit abgab, so den Anschein erweckte, daß die Vorstellungen ihrem Ende zugingen, und die gespendeten Trinkgelder schmun zelnd einstrich. Wie gesagt, gestern Abend sind beide spurlos verduftet, jedenfalls aber dürfte ihnen nunmehr, wenn sie vielleicht glauben, anderwärts ihr abenteuer liches Leben fortsetzen zu können, von der Polizei ein Strich durch die Rechnung gemacht werden. — Auf das Concert, welches heute Donnerstag Abend im LogenhauS angesetzt ist, sei nochmals empfehlend hingewiesen. Herr Asbahr hat dem Hohenstein-Ernstthaler Publikum schon wiederholt einen hervorragenden Kunstgenuß -^ieil, und Gleiches sithi auch an diesem Abmd zu erwarten. — Lobsdorf. In der Nacht von Sonnabend zum Sonntag wurde in den Gasthof zur Stadt Glauchau hier eingebrochen und außer einigen Mark Geld ein Fahrrad entwendet. Das Rad transportirte der Spitzbube durchs Fenster. — Zwickau. Gleichwie in anderen größeren Städten, sind jetzt auch hier Fernsprechautomaten zur Aufstellung gelangt, und zwar in 3 Cigarrengeschäften und in der Günther'schen Gastwirthschast in Schedewitz. — Crimmitschau. Der Schlachthofbau hat hlerselbst 564000 Mk. erfordert. Da zu dem Bau eine Anleihe von einer halben Million ausgenommen worden war, so bleiben (unter Abrechnung von Mieth- zinsen) noch ca. 60000 M. zu decken. Da die gegen wärtige Lage des Geldmarktes eine neue Anleihe nicht gerathen erscheinen läßt, so wird die Stadtverwaltung vorläufig die Fehlbeträge aus den zu Pflasterungs bauten noch verfügbaren Geldern decken. — Dresden, 22. Oct. Mit Freuden vernahm man die Kunde, daß eS dem Könige möglich geworden ist, das Zimmer zu verlassen und sich längere Zeit im Freien zu bewegen. Die Besserung im Gesammt- befinden hat somit dauernde Fortschritte gemacht; immerhin zwingt die Natur des Leidens doch noch zur größten Schonung, weshalb auch von der Theil- nahme des Königs an den bevorstehenden Werms dorfer uvd Huvertusburger Jagden abgesehen werden mußte. In Vertretung des Königs hält diese Jagden, welche für die Tage vöm 25. bis 30. d. M. geplant sind, Prinz Georg ab, welcher zu diesem Zwecke am Mittwoch in dem Jagdschlösse Wermsdorf eintrifft. Die dortigen Jagden und die alsdann stets stattge fundenen geselligen Vereinigungen in dem reizvoll ausgestatteten Schlosse bereiteten dem König stets ein ganz besonderes Vergnügen. Versagen mußte sich der Monarch in diesem Herbst auch schon die Theilnahme an den Hochwildjagden in den steiermärkischen Revieren, woselbst sonst stets ein trautes Zusammensein des Königs mit ;einem Jugendfreunde, dem Kaiser Franz Joseph, stattfand. Abzuhalten sind im Weiteren auch noch die Jagden in den Revieren von Sibyllenort, über welche eine Entscheidung zur Stunde noch nicht getroffen ist. — Dresden, 23. Okt. Die geplante städtische WaarenhauSsteuer ist gestern vom Rathe abgelehnt worden. — Unterhalb der Landungsbrücke am Wald schlößchen wurde heute Vormittag die Leiche eines jüngeren Mannes und eines Mädchens aus der Elbe gezogen. Da- Liebespaar war mit einem Strick zu- sammengebunden. — Ostrich. Ein schlechter Geschäft hat kürzlich der hiesige Kaufmann Schindler mit einer aus Langen salza in Thünngen bezogenen Lowry Weißkraut ge macht. Veranlaßt durch den raschen Absatz des ersten Waggons, welcher 97 M. Fracht kostete, ließ er noch einen zweiten kommen und zwar auf den Rath eines hiesigen Bahn-Assistenten hin als Eilgut, „da die Sendung dann eher hier eintreffe und alle Garten- und Feldgemüse auch als Eilgut zum gewöhnlichen Frachtsätze befördert würden". Die zweite Sendung traf auch wirklich anstatt in vier schon in drei Tagen hier ein, doch war der Empfänger aufs höchste über- rascht, als er anstatt 97 M. dieses Mal 501 M. Frachtgebühr erlegen mußte. Ein an die General direktion nach Dresden gerichtetes Gesuch um Er mäßigung ist abgelehnt worden, und so hat Schindler bei dieser Sendung nicht weniger als 400 M. ver loren. Der betreffende Beamte hat das Beste gewollt, aber leider nicht genau gewußt, daß von obengenannter Vergünstigung alle Sorten Kohl ausgeschlossen sind. — Hainichen. Ein schweres Unglück ereignete sich am vorigen Sonnabend in den Vormittagsstunden im nahe gelegenen Ottendorf. Der 18jährige Dienstknecht Voigt war im Auftrage seines Herrn in die Stadt ge fahren. Auf dem Rückwege verlor der junge Mann in der Nähe des Dehne'schen Grundstückes die Herrschaft über die Pferde; hierbei kam er den Straßenbäumen zu nahe und bei dem Bemühen, die Pferde wieder nach der Mitte der Straße zu dirigiren, wurde er zwischen Bäume und den Wagen eingezwängt und dadurch, daß die Pferde eine raschere Gangart angenommen, wurde ihm in seiner gefährlichen Lage die Haut buchstäblich vom Kopfe abgeschürft, sodaß diese nur noch in Stücken herunterhing. Trotz des schrecklichen Zustandes, in welchem sich der Bedauernswerthe befand, versuchte er, die Pferde kurz an den Zügeln zu fassen, um über die Thiere die Gewalt wieder zu erlangen, wobei ihn plötzlich das eine mit dem Gebiß an der herunter- hängenden Kopfhaut erfaßte und dadurch noch erheb liche Verletzungen beibrachte. Nunmehr verlor der Verstümmelte erst seine Besinnung. Durch hinzu- euende Personen wurde der Unglückliche aus seiner schrecklichen Situation befreit und in einem nahegelegenen Hause untergebracht. Hinzugerufene Aerzte vernähten unter stunden langen Bemühungen dem Ohnmächtigen die schwer verletzte Kopfhaut, unterdessen aber verschied der Aermste. Nach der Feststellung des eingetretenen Todes wurde die Ueberführung der Leiche in die Todtenhalle angeordnet. Dort angekommen, regte sich jedoch plötzlich der todtgeglaubte Körper wieder und mußte infolgedessen eine Wache bei dem Scheintodten aufgestellt werden. Es sind aber in der gesetzten Frist keinerlei Lebenszeichen an dem Verunglückten wieder beobachtet worden. Heute ist nun der Tod des so schrecklich Verunglückten nach ärztlichen Manipulationen, die an dem Körper vorgenommen wurden, um etwa vorhan dene Lebensgeister zu wecken, da diese erfolglos waren, bestätigt worden und soll morgen die Beerdigung statt finden. Vermischte- * Altenburg. Einen praktischen Lehrer scheint das Dorf Bohra bei Schmölln zu haben. Derselbe hat in der neuerbauten Schule selbst eine Beleuchtungs anlage auf eigene Kosten eingerichtet. Diehr kann eine Gemeinde kaum verlangen. * Kouitz, 23. October. Der Bürgermeister Deditius, welcher gegen den Oberlehrer Hofrichter Schimpfworte gebraucht hatte, weil dieser ihm Partei lichkeit in der Winter'schen Mordsache vorgeworfen hatte, wurde zu 150 Mark Geldstrafe und Oberlehrer Hofrichter in der Widerklage zu 50 Mk. Geldstrafe verurtheilt. * Kaysersberg i. Els., 23. October. Bei einem Brande, welcher mehrere Häuser zerstörte, kamen hier in vergangener Nacht zwei Familien mit zusammen acht Personen ums Leben. Bis jetzt sind sechs Leichen geborgen worden. * Kleine Chronik. In Wohlsdorf in Anhalt erschlug nach der Heimkehr von der Arbeit der Arbeiter Kerner erst den Kettenhund und erhängte ihn im Stall, dann tödtete er zwei seiner Kinder und schließ lich sich selbst. Die That ist unbegreiflich und geschah wahrscheinlich in geistiger Umnachtung. — In Koppitz bei Grottkau stellte der Postkutscher Arndt ein Gefäß mit Benzin neben den Stubenofen. Nachts explodirle das Benzin. Die Wohnung wurde demolirt, und Arndt nebst seiner Enkelin verbrannten im Bett. Die Frau wurde schwer verletzt. SpStherbfttage. Novelle von R. Busch. S. Fortslyurg. (Nachdruck verboten.) „Ja, es ärgerte mich auch," sagte die alte Dame eisrig. „Natürlich ärgerte es mich, dies Gethue Der alte Herr wollte Einwendungen machen, aber sie schnitt ihm mit ihrer flinken Art zu reden das Wort ab und sagte nun so recht mit ihrem rheinischen Tonfalle: „Ach was, Professor, vertheidigen Sie mir die Hilde nun nicht erst lang und breit. Sie verziehen mir das Mädel überhaupt viel zu arg. Nun ja — — sie thut ja auch nicht viel Schlimmes, benimmt sich sogar ganz sürchterlich stolz und korrekt. Aber gerade das ärgert mich. Sie könnte es ja gar nicht besser machen, wenn sie sich vorgenommen hätte, dem Jungen den Kopse zu verdrehen Nein, ich sage ja auch nicht, daß sie es mit Absicht thut, aber es ärgert mich doch. Und der Junge mit seinem kranken Hals hätte doch auch was anderes hier zu lhun, als nur Cour zu schneiden! Aber ich reise mit Hilde heim, gleich morgen. Und er kann zurück zu seinem Regimente und zusehen, wie es nun weiter geht. Und unsereins kann sich nachher zu Hause halb- tot um ihn quälen und sorgen. Ach, Professor, ver- gessen Sie mir's nur nicht, nachher in Berlin recht ein Auge auf ihn zu haben!" Der alte Herr lachte. „Wenn er mich nur nicht bald ganz vergißt über all der Jugend dort, Männlein und Fräulein, die alle so viel anziehender sind als so ein verbrauchtes, altes Menschenkind! Ich bin immer sür ihn zu haben, Frau Anna, schon weil es Ihr Junge ist. Und dann hat er auch noch mehr von Ihnen abbekommen als Ihre anderen Kinder, nicht nur die Augen, auch das andere, das Sonnige, Lebensfreudige! Er ist mir ans Herz gewachsen, der Schlingel!" „Er ist mein Jüngstes und mein Verzug," sagte sie weich. „Er war so klein bei meines Mannes Tode, soviel jünger als die anderen Kinder. Da habe ich mich mit allen Herzfasern an die- Jüngste angehängt und kann nun nimmer los. — Ach, Professor, Sie können wohl ruhig sein und über mich lachen. Sie brauchen sich um kein eigen Kind zu quälen, und sogar das läßt euch Männer ja kühl« und klarer als uns. Aber wir Mütter, wir armen Mütter! Kaum find wir mit Müh und Noth mit all dem Sehnen und Wünschen fürs eigene Leben fertig geworden, so fängt alle Unruh' wieder von vorne an mit den Kindern und für die Kinder !" Der alte Herr nickte. „Ja und für eure Kinder seid ihr Frauen dann noch viel begehrlicher und thörichter als früher für euch selbst und euer eigenes Dasein. Die Besten unter euch sind so — leider!" Er sah seine Gefährtin mit klugen Augen an und fchüttelte leise den Kopf. Und merkwürdig, es ist dann, als hättet ihr um sonst gelebt und nichts bei all dem eigenen Leiden gelernt! Sogar alles, was euch einmal so heiß ge kränkt und empört hat, vergeßt ihr dann, ihr Mütter, — und thut es andern ruhig an, wenn es euren Jungen nützlich ist!" Sie sah ihn von der Seite an. Wie ein rasches Verstehen glitt es über ihr Gesicht, aber sie srug wieder: „Was soll das, Professor?" Er nickte ihr freundlich zu. „O, Sie wissen schon, was ich meine, Frau Anna. Ich habe nur an meine Mutter gedacht und an alles, was sie uns beiden angethan hat in unseren jungen Jahren, und daß Sie jetzt den beiden dort unten am liebsten dasselbe anthun möchten!" Er wies hinunter. Dort auf den großen Stein blöcken im Wasser, die zum Schutze der Bucht als Wellenbrecher vor das kleine Vorgebirge gelegt waren, standen die beiden jungen Gestalten. Schlank und dunkel hoben sie sich von dem Hellen Wasser ab. Hilde war am weitesten hinausgeklettert. Als ob sie sich nach der Ferne da draußen sehne, stand sie auf dem großen, grauen Felsblock. Sie hatte den Hut abgenommen und ließ sich den Seewind um Stirn und Haar wehen. Auch von hier oben sah man die Anmuth in Haltung und Linien der jungen Gestalt und den Sonnenglanz auf all dem wirren, krausen, Hellen Haar. Die Alten hatten schweigend eine Weile ihre Gedanken weitergedacht. Dann sagte Frau Anna mit ihrem hübschen, jungen Lachen: „Ja, Professor, unsere Jugend! Schön war es doch — warum ist denn nur alles so anders mit uns gekommen?" „Meine Mutter hat's gewollt, die alte Geschichte," sagte er leise. „Oder vielmehr, sie hat's nicht gewollt, denn das, was sie durchaus gewollt hat, habe ich denn doch zum Schlüsse nicht gethan. Meine Fügsamkeit war nur passiver, nicht aktiver Natur, und zu der großartig ausgedachten „guten Partie" hat sie mich denn doch nicht bringen können und hat es so recht thöricht mit mir gemacht in ihrer übergroßen Liebe!" „Ja, sie hat's nicht gut mit uns gemeint," sagte Frau Anna, „und nur, weil ich damals nichts war und nichts hatte! Ich hab' auch gemeint, das Herz müßte mir darüber brechen. — Aber sie ist nun schon so lange tot, und ich trage ihr längst nichts mehr nach — Gott hab' sie selig, Ihre Mutter! Es ist auch so viel Gras über die alten Geschichten gewachsen, daß es ganz lustig ist, einmal mit einander davon zu reden. Und wer weiß, ob es nicht doch so am besten für uns beide gewesen ist!" „Ja, Frau Anna, Sie haben gut reden, denn Sie sind freilich auch so prächtig mit dem Leben fertig geworden. Sie hatten damals kaum Zeit zum Un glücklichsein, — dann kam Ihr Brautstand und Ihre glückliche Ehe und das reiche Leben mit Ihren Kindern. Ihnen hat meine Mutter nicht viel anhaben können, aber mir, dem sie eS recht gut machen wollte, hat sie doch viel verdorben am Leben." (Fortsetzung folgt.)