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Aden am Hitzschlag, Dampfer „Sachsen"; 3. ostasiati- scheS Infanterie-Regiment, 3. Compagnie: Feldwebel GramS, früher Sergeant im Füsilier-Regiment „Prinz Albrecht von Preußen", 20. August in Colombo am Hitzschlag, Dampfer „Rhein"; ostasiatisches Feld- Artillerie - Regiment, leichte Munitions - Kolonne: Kanonier Johann Brodtrück, früher Feld-Artillerie- Regiment Nr. 34, 19. August im Hospital Aden, Bauchfellentzündung, Dampfer „Sardinia"; leichte Feld-Haubitzen-Munitions-Kolonne: Kanonier Häußler, früher Feld-Artillerie-Regiment Nr. 57, seit der Nacht zum 28. August vermißt, Grund unbekannt, Dampfer „Aachen"; ostasiatisches Bataillon schwere Feld- Haubitzen: Kanonier Julius Hofschulz, 11. August im englischen Hospital in Port Said an Gehirnhaut entzündung, Dampfer „Halle". Von der Fahrt durch die Gluthhitze des Rothen Meeres schreibt ein Offizier, der den zweiten Transport nach China mitmachte, in einem in der „Kreuzztg." ver öffentlichten Briefe an seine Angehörigen folgendes: Eine solche andauernde Hitze hätte ich nicht für möglich ge halten. Trotzdem man beinahe ganz nackend ging, schwitzte man andauernd so, daß einem der Schweiß nur so herunterlief. Wir legten uns beispielsweise stets Zei tungen auf die rothen Plüschseffel im Salon. Sonst hatte man rothe Hosen statt weiße. Das schlimmste waren die Nächte. Kein Lufthauch, kein Wind (wir fuhren mit dem sehr geringen Winde), keinerlei Abkühlung; man schwitzte, auch wenn man ohne Hemde, ohne Bettdecke auf der Matratze auf Deck lag (unten war schon lange keiner mehr) so, daß man die ganzen Nächte ohne Schlaf ver brachte. Allmählich wurde man durch die fortwährende Transpiration so schlaff, daß man nur so herumschlich. Ohnmachts- und Hitzschlaganfälle waren natürlich an der Tagesordnung. Ich habe oft als Offizier vom Dienst oder sonst helfen können. Die Aerzte hatten Tag und Nacht zu thun. Zwei Mann der Schiffsbesatzung fielen am letzten Sonnabend um, man konnte nur am Abend noch Hitzschlag konstatiren, am nächsten Sonntag morgens um 5 Uhr hatten wir Gottesdienst und konnten diese beiden dem Seemannsgrabe übergeben. Es stellte sich wieder die alte Erfahrung heraus, daß gewohnheitsmäßiges Trinken in dem tropischen Klima gesundheitsschädlich ist. Die Nacht vom Sonnabend ZM Sonntag werde ich nie vergessen. Das Gestöhns oer vom Hitzschlag getroffenen Leute (es waren gegen 6 bis 7 Fälle), die Aerzte, die rimgn Wiederbelebungsversuche machten, die Unruhe bei und diese entsetzliche Hitze waren furchtbar; kein eimiaer konnte die Augen zumachen und alle wälzten sich , c -» -..c o—.. * oben Ms -vea ruyrwv uuf stritt «uyrr yerum, konnte mich etwas bei Aethereinspritzungen nützlich machen. Um 43/4 Uhr traten wir zur Bestattung an. Lange durste die Feier nicht ausgedehnt werden, denn bei der Hitze durften die Leute nicht dauernd so dicht gedrängt stehen. Die beiden Todten wurden mit der deutschen Flagge umwickelt, auf ein Brett gebunden und langsam Heruntergelaffen während des Gottesdienstes. Major v. Fr. leitete diesen wunderbar ergreifenden, kurzen Gottes dienst. Wir sangen „Jesus meine Zuversicht". Dann las Major v. Fr. den 90. Psalm vor und sprach ein sehr schönes, festes Gebet Wir schloffen mit „Wenn ich einmal soll scheiden" und der Segen und ein stilles „Vater Unser" bildeten den Beschluß dieses Gottesdienstes, den ich immer in der Erinnerung haben werde. Ich mag dieser kurzen Beschreibung nichts hinzufügen. Ihr selber werdet fühlen, was ich gefühlt habe. Man braucht das nicht zu Papier zu bringen. Dieser Sonntag Morgen nach dieser v'acht hat mich ein ganz Theil ernster und älter gemacht. Die Hitze hielt an, es war ein Wunder, daß nicht mehr vorkam, aber die Schlaffheit und Müdig keit waren allgemein. Doch auch das Rothe Meer hat ein Ende. Wenn im Golf von Aden die Temperatur auch wenig anders war, so schlug der Wind um und — ich saß eines schönen Tages im Rauchsalon, als ein lauter Radau und laules „Ah!" mich auf das Prome nadendeck lockte. Was war los? Ein wunderbar schöner Wind war plötzlich ausgekommen und strich nur so über das Schiff hin. Das „Ah!" war ein allgemeines Auf- athmen, man sog nur so den Luftzug ein und konnte sich nicht satt genug „trinken" an der prachtvollen, frischen Brise. Achill Mimms MB«. Die Verlobung der Königin Wilhelmina von Holland mit dem Herzog Heinrich von Mecklenburg- Schwerin findet sympathische Aufnahme. Die „Nat.- Ztg." schreibt: Die junge Königin ist von so selbst ständigem und bestimmten Charakter, daß sie zweifels ohne reiflich die Wahl ihres zukünftigen Gemahls durchaus ohne Rücksicht auf etwaige politische Hinter gedanken getroffen hat. Daß die Wahl auf einen deutschen Prinzen fiel, wird man trotzdem im Hinblick auf die freundschaftlichen Beziehungen zwischen Deutsch land und den Niederlanden nur freudig begrüßen können. Die „Boss. Ztg." schreibt: In den Adern der Königin Wilhelmina fließt deutsches Blut und die Königin hat Theil an deutscher Bildung, deutschem Geistes- und GemüthSleben. Es ist daher so begreif lich wie erfreulich, daß sie auch einem deutschen Prinzen die Hand reicht. Dem jungen Paar bringen die Völker gern herzliche Glückwünsche dar in der Ueberzeugung, daß ihr Bund ein glücklicher sein werde und nicht nur ihnen selbst Heil bringe, sondern auch die Freundschaft befestige, die die Niederlande mit Deutschland verbindet. Auch die Pariser Presse be spricht die Verlobung der Königin Wilhelmina sym pathisch. In London wird die Verlobung in Folge der zur Zeit dort herrschenden Entfremdung wegen der Sympathien der Königin für den Präsidenten Krüger und die Buren etwas kühl ausgenommen; auch die Verbindung mit einem deutschen Fürstenhause und einem preußischen Offizier berührt dort an scheinend nicht gerade sympathisch. Herzog Heinrich von Mecklenburg-Schwerin erhielt seine wissenschaft liche Ausbildung auf dem Vitzthum'schen Gymnasium in Dresden und verließ es, nachdem er am 24. März 1891 confirmirt worden war. im April 1894, um an einer Militäroorbereitungsanstalt in Dresden sich auf seinen Beruf als Offizier vorzubilden. Ende 1894 unternahm er in Begleitung des Forschungsreisenden Otto EhlerS eine Reise nach Indien, an die sich im Juli 1895 eine Nordlandsreise anschloß. Die Verlobung der Königin Wilhelmina wird in Paris sympathisch besprochen. Herzog Heinrich war in früheren Jahren häufig in Paris und Cannes zum Besuch und fiel im Bois und auf den Riviera-Prome naden als eleganter Reiter auf. Man glaubt hier zu wissen, daß die Großfürstin Wladimir, die Schwester des Bräutigams, beim Zustandekommen dieser Ver bindung mitthätig gewesen sei. Lottdou, 17. Oktober. Die Verlobung der Königin Wilhelmina wird infolge der temporär hier herrschenden Entfremdung wegen der Sympathie der Königin für den Präsidenten Krüger und die Buren etwas kühl ausgenommen. Auch die Verbindung mit einem deutschen Fürstenhause und einem preußischen Offizier berührt hier nicht gerade sympathisch. Von den leitenden Blättern nehmen allein die „Times" und die „Morning Post" von dem Ereigniß Notiz. Die „Times" erklären, die englische Theilnahme für das Ereigniß würde durch die jüngste und hoffentlich übergehende Entfrem^ Gefühl- Holland/für England Nicht Vermindert werden. Diejenigen Holländer, welchen die deutsche Verbindung nicht paßte, sollten sich damit trösten, daß heutzutage Familienbande nur sehr indirekten und entfernten Einfluß aus die Politik hätten. Die „Morning Post" meint, die Verlobung interessire England nicht so sehr von irgend welchem politischen, wie vielmehr vom Gefühls-Standpunkt aus. SWstschetz. Hohenstein-Ernstthal, 18. October 1900. A'.tthem-.ngen von allgemeinem Intereste werden dankbar ent gegengenommen uno evevtl. honor'rt. — Die„Dr.Nachr." berichten unterm 18. Oktober: Auch gestern war das Allgemeinbefinden Sr. Majestät des Königs ein befriedigendes. Die Kräfte nehmen zu, so daß die für den 20. d. M. in Aussicht genommene Uebersiedelung Sr. Majestät von Moritzburg nach Villa Strehlen erfolgen wird. Die Leipz. N. N. erfahren noch aus Dres den, daß derKönig in der Nacht zum Dienstag so starken Blutandrang nach dem Kopfe hatte, daß ihm kleine Mengen Blut auS Nase und Mund drangen. — (Vorortverkehr von Chemnitz.) Auch im vorigen Jahre zeigte sich wieder, wie die zunehmende Bedeutung der sächsischen Großstädte den Vorort verkehr der Staatseisenbahnen beeinflußt. Fast ohne Ausnahme ist dieser Verkehr beträchtlich gestiegen, nur in den in neuerer Zeit von elektrischen Bahnen mit bedienten Verkehrsbeziehungen ist eine Verminderung der Personenzahl eingetreten. Die Zahl der im Jahre 1899 mit gewöhnlichen Fahrkarten, Monatskarten, Schüler- und Arbeiterkarten beföroerten Personen stellte sich, verglichen mit den entsprechenden Verkehrs ziffern des Jahres 1898 wie folgt: Zwischen Chemnitz und Niederwiesa auf 358,000 Personen (1898: 326,000), zwischen Chemnitz und Burgstädt auf 355,000 Personen (1898: 306,000), zwischen Chem nitz und Limbach auf 234,000 Personen (1898: 223,000), zwischen Chemnitz und Mittelwittgensdorf auf 262,000 Personen (1898: 206,000), zwischen Chemnitz und Mittweida auf 189,000 Personen (1898: 171,000), zwischen Chemnitz und Frankenberg auf 178,000 Personen (1898: 164,000), zwischen Chemnitz und Flöha auf 200,000 Personen (1898: 179,000), zwischen Chemnitz und Oberlichtenau auf 182,000 Personen (1898: 157,000), zwischen Chemnitz und Ottendorf auf 105,000 Personen (1898 : 95,000), zwischen Chemnitz Nicolai-Vorstadt und Siegmar auf 397,000 Personen (1898: 562,000). Die letztgenannte Berkehrsbeziehung zeigte eine bedeutende BekehrSver- minderung, die im Wettbewerb der elektrischen Bahn ihre Begründung findet. Der Berkehr der weiteren Vorortstationen beziffert sich: zwischen Chemnitz Nic.- Borstadt und Grüna aus 305,000 Personen (1898: 275,000), zwischen Chemnitz Nicolai-Borstadt und Hohenstein-Ernstthal auf 206,000 Personen (1898: 185,000), zwischen Altchemnitz und Einsiedel auf 267,000 Personen (1898: 231,000), zwischen Alt chemnitz und Erfenschlag auf 124,000 Personen (1898: 112,000) und zwischen Altchemnitz und Dittersdorf auf 144,000 Personen (1898: 117,000). Den be deutendsten BerkehrSzuwachS haben hierdurch im vergangenen Jahre aufzuweisen die Verbindungen: zwischen Chemnitz und Mittelwittgensdorf mit 56000 Personen, zwischen Chemnitz und Burgstädt mit 49000 Personen, zwischen Altchemnitz und Einsiedel mit 36000 Personen, sowie zwischen Chemnitz Nicolai- Vorstadt und Grüna mit 30000 Personen. — Die Bemühungen des Thierschutzvereins Chemnitz, als Ersatz für den Zughund den Esel ein zuführen, sind nicht ohne Erfolg geblieben. Immer mehr bürgert sich der Esel als Zughund in Chemnitz und dessen Umgebung ein, und Jedermann freut sich über die hübschen Gespanne. Leider tritt aber dabei eine ganz zwecklose Thierquälerei zu Tage, indem mit unter die Geschirre mit Scheuklappen versehen worden sind. Diese Scheuklappen sind nicht nur überflüssig, sondern in hohem Grade schädlich. — Chemnitz. Weil sein Sohn ihm das Essen zu spät gebracht hatte, schlug der aus Böhmen stammende Maurer Zdenek ihn mit einem schweren hölzernen Kalkschöpfer dermaßen auf den Kopf, daß ein Schädelbruch die Aufnahme des armen Knaben in das Krankenhaus nöthig machte. Der brutale Vater erhielt am Sonnabend von der dritten Strafkammer des Landgerichts Chemnitz die exemplarische, aber wohlverdiente Strafe von 9 Monden Gefängniß für seine Rohheit zudiktiert. — Chemnitz, 18. Oktober. Se. Excellenz Minister v. Metzsch, der jüngste Ehrenbürger der Stadt Chemnitz, traf gestern Vormittag zu kurzem Besuche hier ein. Es wurde die städtische Vorbildersammlung und das vorläufige Kceishauptmannschaftsgebäude be sucht. Später fand im „Römischen Kaiser" eine von der Stadt gebene Tafel statt. Die „N. N." melden, daß Herr Staatsminister v. Metzsch gestern bei seinem im Römischen Kaiser gehaltenen Königstoast ausdrück lich darauf hinwies, daß das Befinden des Königs zu ernsten Besorgnissen kaum Anlaß gäbe. — Zwickau. Wegen verschiedener Betrügereien wurde Sonnabend hier der stadtbekannte Agent Hermann Müller, 1872 in Wernesgrün geboren, der eine Zeit tang als Maurer in Plauen thätig war, zu 10 Monaten Gefängniß und 3 Jahren Ehrverlust verurtheilt. Müller hatte verschiedenen Firmen Waaren abgeschwindelt und den Erlös zum größten Theile für sich verbraucht. In der Verhandlung sagte der Staatsanwalt, wie die „Zw. N. N." berichten: „Es giebt in Zwickau leider zur Zeit viele solcher Leute und wir werden noch manchen Prozeß wie den heutigen erleben. Es sind surchtbare Unsitten unter den Agenten in Zwickau eingerissen, es muß dagegen vorgegangen werden. Viele unter ihnen gleichen Bienen, die sich an jede Blume hängen, nur mit dem Unterschied, daß sie zwar den Honig aussaugen, aber zur Be fruchtung nichts beitragen." — Zwickau, 16. Oktbr. Königliches Landgericht. In der ersten der heutigen Hauptverhandlungen, in der während der Beweisaufnahme die Oeffentlichkeit ausgeschlossen war, erfolgte die Verurtheilung des noch nicht ganz 16 Jahre alten Dienstknechts Bernhard Curt Fankhänel aus Bernsdorf bei Lichtenstein wegen ver suchter Nothzucht zu 8 Monaten Gefängniß, wovon 1 Monat als durch Untersucyungshaft verbüßt erachtet wurde. Der Angeklagte hat dieses Verbrechen Sonn abend, den 25. August d. I., Vormittags am Fuchs graben auf Bernsdorfer Flur an einer schon bejahrten Wittwe aus Gersdorf, die dort Beeren sammelte, be- gangen. — Lichtenstein-Callnberg. Das Ohr ab gerissen hat sich durch Stoß oder Hängenbleiben am Montag ein Bergmann des Vereinigtfeldschachtes in Hohndorf. Der Verletzte ließ sich sofort ausfahren, begab sich in ärztliche Behandlung und dann in das Krankenhaus seines Heimathortes Lößnitz. — In Stollberg ist das bisher zur Kirmes üblich gewesene Kuchensingen polizeilich verböten worden, da wegen desselben wiederholt Beschwerden einliefen. — Burgstädt, 16. Okt. Auf noch unermittelte Weise brach heute früh kurz nach 8 Uhr in der Scheune der Guts- und Mühlenbesitzer Gebr. Aurich in Göppersdorf, welche mit Erntevorräthen gefüllt war, Feuer aus. Dasselbe legte die Scheune in kurzer Zeit in Asche und zerstörte auch ein Nebenge bäude bis zum Erdgeschoß. Die Besitzer haben ver sichert. In der sog. Aurich - Mühle sind nunmehr, waS gleichzeitig bemerkt sein mag, in verhältnißmäßig kurzer Zeit 4 Schadenfeuer auSgebrochen. — Burgstädt. Wie der Zufall doch manch mal merkwürdig spielt, zeigt folgende wahre Begeben heit. Eine hiesige Hausfrau hatte vor 1»/. Jahren ihren Trauring, wie eS schien, beim Kartoffelschälen verloren. Der Schweinetrog und kurze Zeit darauf der Magen und die Eingeweide des geschlachteten Schweines wurden ohne Erfolg durchsucht. Jetzt, nach 1^4 Jahren fand man denselben beim Ausnehmen der Kartoffeln auf dem Felde, welches mit dem Dünger des betreffenden Rüsselthieres befruchtet worden war. Name und Datum in dem Ringe trug dazu bei, daß ihn die Eigenthümerin jetzt wieder trägt. — Oelsuitz i. V. Einer hier wohnenden 78jährigen Wittwe ist nachttäglich die Altersrente zu erkannt nnd sind ihr vom Gemeindevorstand Beck auf einmal 1041 Mk. ausgezahlt worden. — Grotzeuhaiu. Die Verwaltung der Preusker- stiftung giebt bekannt, daß auch jetzt wieder, wie all jährlich, vier Stipendien im Betrage von 60, 75, 90 und 100 M. zur Vertheilung gelangen. Die Stiftung gewährt jungen, bedürftigen Leuten, die ein Handwerk erlernt haben und die zu ihrer weiteren Ausbildung eine technische Schule Sachsens besuchen, Unterstützung. Gesuche sind schriftlich bei der Verwaltung der Preuskerstiftung zu Händen des Herrn C. M. Markus, hier, einzureichen und sind Bedürftlgkeitszeugniß, Lehr brief, Arbeits- und Schulzeugnisse, wie kurzer, selbst- grschnebeuer Lebenslauf, sowie etwaige Probearbeiten beizülegen. — Kliügenthal, 17. Oct. In der Holzinstru mentenfabrik von Vincenz Kahlert wurden im Laufe voriger Woche bei einem Zerplatzen eines Dampfrohres durch ausströmende Dämpfe drei Arbeiter schwer ver brüht. Zwei davon sind nun nach unsäglichen Schmerzen am Sonntag bezw. Montag früh verstorben. Der dritte liegt noch schwerkrank darnieder. Der eine der Verstorbenen hinterläßt drei unversorgte Kinder und eine Frau, die ihrer baldigen Niederkunft ent gegensieht. — Die Kinder des Lackirers Heine und des Zimmermanns ^ost in Striesen, welche aus Furcht vor Schulstrafe sich heimlich entfernt hatten, sind in Chemnitz aufgegriffen und ihren besorgten Eltern von der Behörde übergeben worden. Ueber die Ursache zu der Furcht der Kinder wird nun Folgendes mit- qetheilt: Die Jungen hatten eine Dummheit begangen. Als sie nun früh zur Schule kommen, schließt sie der Schulhausmann in das in der ersten Etage gelegene Schulzimmer und spricht: „Ich werde Euch in der Turnhalle über's Pferd legen und tüchtig hauen." Die Kinder haben nun eine große Angst bekommen und sind durch das Fenster am Blitzableiter herunter geklettert. Dann sind sie fortgelaufen und haben ihren armen Eltern 14 Tage bange Sorge bereitet. Die Angst der Kinder ist aber auch jetzt noch so groß, daß sie weder in Güte noch durch Strenge zu bewegen sind, wieder in die Schule zu gehen; sie erklären, nur in eine andere Schule gehen zu wollen. — Der Privatmann Chr. Fr. Reiher in Wördätt hat der Stadtgemeinde ein Kapital von 200,000 Mk. überwiesen, deren Zinsen zur Errichtung bezw. Unter haltung eines Bürgerhospitals mit verwendet werden sollen. — Wie die „Tägl. Rundschau" aus Dresden meldet, entpuppt sich die angebliche Entlarvung des „schlafenden Bremsers" in Nauslitz als eine sensationelle Machenschaft eines Dresdner Vorortsblattes. — In der letzten Sitzung des Stadtverordneten kollegiums zu Nossen gelangte u. A. eine Rathsvorlage, die Versicherung der Feuerwehr gegen Unfall betreffend, zum Vortrage. Darnach hat der Rath einstimmig beschlossen, von einer Versicherung der Feuerwehr bei einer Versicherungsgesellschaft abzusehen, dafür aber eine städtische Selbstversicherung dergestalt einzurichten, daß jährlich im städtischen Haushaltsplan 200 Mk. zur Ansammlung eines Fonds einzustellen sind, aus dem dann von Fall zu Fall unterstützt werden soll. Nach längerer Debatte über diesen Punkt wurde der Antrag, die Rathsvorlage an den Rath zurückzuverweisen und denselben zu ersuchen, in nochmalige Erwägung Tas Oor-pus äsliQlL. Novelle«? von Reinhold Ortmann. 5. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.) „Ich will gern alles versuchen, Herr Rath, was in meinen Kräften steht. Aber ich kann es nur unter der Voraussetzung, daß meine Unterredung mit Fräulein Rogall wirklich ohne Zeugen stattfindet — ich meine: auch ohne Zeugen hinter der Thür." „Selbstverständlich, werther junger Kollege!" er widerte der alte Herr mit einem kleinen Lächeln. „Ich weiß ja, daß ich in jeder Hinsicht volles Ver trauen zu Ihnen hegen darf." Er entfernte sich durch die zweite Thür. Ein Glockenzeichen des Referendars rief den Gerichtsdiener, der auf seinen Wink das Zimmer dann ebenfalls ver ließ, nachdem er die Zeugin zum Wiedereintritt auf gefordert hatte. Kaum wußte sich Ilse, deren reizen des Gesichtchen schrecklich verweint und todunglücklich auSsah, mit Walter Karstedt allein, als sie auf ihn zu kam und ihm mitflehend erhobenen Händen zuraunte: „Um Gotteswillen — fliehen Sie — fliehen Sie, ehe es zu spät ist! Ich selbst werde ja schweigen, und wenn man mich gliedweise töten würde. Aber ich bin unglücklicherweise nicht die einzige, die darum weiß. Ich habe die Thorheit begangen, meine Freundin, Erna von Baschwitz ins Vertrauen zu ziehen. Da drinnen ist es mir eingefallen, und ich kann Ihnen nicht sagen, wie verzweifelt ich darüber bin. Ich hätte es nicht thun sollen! Aber wie konnte ich ahnen, daß Sie etwas so Fürchterliches vollbringen würden!" So hastig hatte sie alle diese rätselhaften Worte zervorgestoßen, daß Walter Karstedt keine Möglichkeit gehabt hatte, sie zu unterbrechen. Nun aber sagte er mit einem Ausdruck grenzenlosen Erstaunens in Ton und Miene: „Etwas Fürchterliches — ich? — Und Sie fordern mich auf zu fliehen? Ja, welche Schandthat habe ich denn Ihrer Meinung nach begangen?" Sie sah ihn an und ihm war, als suchten ihre schönen Augen ihm bis auf den Grund der Seele zu dringen. „So haben Sie den Waldheger nicht erschossen, Herr Referendar?" Er prallte zurück. „Ich? — Gott soll mich behüten! Wie kommen Sie auf diesen ungeheuerlichen Gedanken?" „Ja, muß ich denn nicht glauben, nachdem man mir gesagt hat, daß der Eigeuthümer jenes Täschchens da auch der Mörder des Waldhegers sei?" „Mag sein, daß er es ist. Aber was habe ich damit zu schaffen? Mir hat das Täschchen doch nicht gehört." „Nicht Ihnen? — Ja, wem denn sonst? — Haben Sie eS denn weiter verschenkt? Wenn Sie das gethan haben, warum gestehen Sie es nicht offen ein, statt kaltblütig zuzusehen, wie man mich peinigt?" Walter Karstedt griff sich an die Stirn. „Verzeihen Sie, Fräulein Rogall! Aber mir wird von alledem so dumm. Ich weiß wirklich kaum noch, ob ich träume oder wache. Ich habe das Täschchen ebensowenig weiter verschenkt, als ich sonst etwas damit vorgenommen habe. Und das kann nicht wohl anders sein, denn als es gestern am That- orte des Verbrechens gefunden wurde, kam eS mir zum ersten Mal in meinem Leben zu Gesicht." Ohne zu bedenken, daß sie damit etwas Unschick- liches that, legte Fräulein Ilse ihre beiden Hände auf seinen Arm. „Ist das die Wahrheit?" — Sie haben es also nicht in der Tasche Ihres Ueberziehers gefunden, in die ich es bei einer unserer letzten Begegnungen steckte, weil — weil ich mich genierte, Ihnen das kleine Vielliebchen-Geschenk zu überreichen?" Der Referendar war aufgesprungen und hatte ihre Hände ergriffen. Sein Gesicht leuchtete im Glanz einer seligen Hoffnung. „Fräulein Ilse," rief er so laut, daß sie, die ihrer Angst noch immer nicht ganz ledig war, er schrocken zusammenfuhr, „nun frage ich: ist das Wahr heit? Mir war dieses Täschchen bestimmt? — Für mich haben Sie die reizende Handarbeit angefertigt, mit der es geschmückt ist?" Sie nickte errötend. „Und ich war Ihnen recht böse, daß Sie cs nicht einmal für der Mühe Werth hielten, mir bei unserem nächsten Zusammentreffen ein einziges kleines Wort des Dankes zu sagen. — Aber freilich — wenn Sie es garnicht gefunden haben! — An diese Mög lichkeit hatte ich bisher nicht einen Augenblick gedacht." „Und deshalb wurde ich auf dem Kasino-Ball so schlecht behandelt? Deshalb tanzten Sie mit allen anderen, nur nicht mit mir?" Wieder neigte sie bejahend und mit glühenden Wangen das hübsche Köpfchen. Da erfaßte den Referendar trotz der feierlichen Würde des Ortes, an dem sie sich befanden, eine schier unbändige Heiterkeit. Und ehe noch Fräulein Ilse wußte, was mit ihr ge schah, hatte er sie mitten um den schlanken Leib gefaßt und war mit ihr durch die ganze Länge des Zimmers gewalzt. Nun aber suchte sie sich angstvoll von ihm zu befreien, denn sie glaubte sicherlich nichts anderes,, als daß er plötzlich den Verstand verloren habe. „Mein Gott, was ist Ihnen! — So bedenken Sie doch, wo wir sind!" „In einem Narrenhaus sind wir," rief er, ohne sie frei zu geben, übermüthig, „in dem fidelsten Narrenhaus der Welt. Die Geschichte dieses famosen Oorpus delicti verdient ja, unsterblich zu werden. Ich — jch selbst habe eS auf dem Thatort verloren, als ich im Gestrüpp herumkroch, um nach einer Spur des Mörders zu suchen. Ist das nicht köstlich! Und Du wolltest Dich lieber gliedweise töten lassen, ehe Du mich verriethest, obwohl Du mich für einen ruchlosen Mörder hieltest! — O Du süße, thörichte, himmlische» geliebte Ilse!" (Schluß folgt.)