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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 26.08.1900
- Erscheinungsdatum
- 1900-08-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-190008267
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-19000826
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-19000826
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-08
- Tag 1900-08-26
-
Monat
1900-08
-
Jahr
1900
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 26.08.1900
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Köpfe aller Europäer ab, welche unglücklicherweise in ihre Hände fallen! Leutnant Friedrich z. B., der auf dem Schlachtfelde verwundet wurde und nicht gerettet werden onnte, wurde später gefunden, den Kopf von dem Körper getrennt. Bei einer Gelegenheit wurde ein italienischer Unteroffizier mit acht Soldaten von den Bo ern um zingelt, und obgleich es vier Mann gelang, sich durchzu schlagen, wurde der Unteroffizier mit den anderen von der Menge einfach überwältigt und in Stücke gehauen. Als von Krohn später die Leiche des italienischen Unter offiziers sah, war sein Kopf viermal gespalten und an seinem ganzen Körper kein heiler Fetzen Admiral Sey mour blieb im Fort Siko vier Tage; da fie aber ein sahen, daß sie sich gegen den Angriff einer größeren Masse der Feinde nicht halten könnten, so machten die Royal Enginees Borrichtungen zu Sprengung, und die nächste Nacht um 2 Uhr, als die Alliirten einige Meilen entfernt waren, sahen sie das ganze Fort in die Luft springen. Leider konnten sie keine der Kanonen mit nehmen. HeldenhafteBurenfrauen. Der Muth der Buren wurde in der gesammten Presse schon rech häufig beleuchtet. Ueber das Verhalten der Buren frauen aber, deren Muth und Treue in der Geschichte ihres Vaterlandes so rühmend hervorgehoben wird, haben sich die Kriegskorrespondenten der beiden ringenden Nationen bisher noch wenig ergangen. Der augenblicklich in Amsterdam weilende Kriegskorrespondent der Volksstem, Hr. F. Rompel, findet nunmehr Muße, einiger der vielen Frauen zu gedenken, die inmitten der englischen Soldateska nicht vergessen, daß Muth und Treue ein Erbtheil ihrer Väter ist, das sie zu wahren haben. Er schreibt: Sechs Stunden von Blumfontein entfernt liegt der prächtige Hof des Burengenerals Kolbe. Dorthin drang am 11. März die Kunde von der Niederlage d.'r Buren bei Driepan. Eine Menge Flüchtlinge, worunter kleine Haufen bewaffneter Buren, zogen an dem Hof vorbei, und mancher stieg ab, um den vier alleinstehenden Frauen, der Gattin des Generals, seiner Schwiegermutter und seinen Töchtern, worunter die Gattin des Feldkornets Pretorius, haarsträubende Dinge über den Verlauf der Dinge zu erzählen. Alle Ueberredungskünste, die Frauen zum Verlassen des Hofes zu bewegen, fruchteten nicht; sie wollten bleiben. Gegen Abend gelangte der General selbst an, begleitet von einer Anzahl treu gebliebener Bürger. Er steht an der Grenze des Greisenalters, aber die Augen blicken jungmüthig in die Welt und elastisch springt er vom Pferde. Seit Beginn des Krieges ist der General nicht zu Hause gewesen und auch jetzt bleiben ihm nur wenige Stun.en, die er im trauten Kreise seiner Lieben durchbringen kann. Diese kurze Spanne Zeit wird von den Frauen benutzt, um die Kriegsausrüstung deZ Generals und den Mundvorrath anzufüllen. Gesprochen wird nicht viel, die Worte stocken in der Kehle, denn man denkt wohl an den Abschied, vielleicht für ewig. Der Kaffer führt das Pferd vor. Nur einen Augenblick drückt der Burengeneral die Theuren an die Brust und dann springt er aufs Pferd, die Mauserbüchse auf der Schulter; vor ihm im Sattel liegt ein großer, linnener Sack voll Patronen; solche stecken auch im Bandelier, und dann reitet er weg. Die Gattin schaut ihm nach und ruft, den Schmerz zurückhaltend: „Als ans maar wint!" (Wenn wir nur gewinnen.) Wenige Stunden später sprengen britische Lanzenreiter heran und umzingeln das Haus von allen Seiten. Der Anführer renet zur Vorthür, unter welcher die Tochter des Generals in dem Augenblick erscheint. Sie fällt dem Pferd in die Zügel und drängt den schweren „Jrishunter" zurück, welcher steigt und beinahe seinen Reiter abwirft. Der völlig perplexe Reiterführer 40 Procent gestiegen. Das Geschäft war daher im Allgemeinen ein höchst schwieriges, da selbstverständlich die Abnehmer gar nicht oder nur schwer an die sich nothwendig machenden Preiserhöhungen herantreten Cheviotgarne. Baumwoll- und Seiden- Dörfer wurden einesgnach dem anderen genommen und niedergebrannt, welch letztere Arbeit meist den Ruffen überlassen wurde. Auf eine Frage, was die Chinesen mit ihren Weibern, Kindern und Greisen anfangen, ant. wartete Oberleutnant v. Krohn, daß die Nichtcombattanten wenn möglich vorher immer mit Hab und Gut ausziehen; nur in einem Falle, als die Verbündeten ein Dorf um zingelt hatten und das Ausziehen unmöglich war, tödtsten die Chinesen alle Weiber und Kinder, schnitten ihnen die Köpfe ab und warfen sie ins Wasser. Bei dieser Ge A«s de« Kampfe» mit de« Koeer». Ein Correspondent der „Frkf. Ztg." in Dokohama hatte eine Unterredung mit Kapitän Lans von der „Iltis" und dem gleichfalls verwundeten Oberleutnant v. Krohn von der „Gefion"; über diese berichtet er u. a. das Folgende: Die Boxer sind nach Oberleutnant von Krohns Meinung nur Werkzeuge in der Hand des Prinzen Tuan und einiger anderen Großen, welche die Mandschu- Dynastie stürzen wollen. Der Glaube der Boxer an ihre Unverwundbarkeit sei etwas Außerordentliches; sie glauben sogar, daß, wenn sie verwundet oder getödtet würden, ihr Gott sie in ein paar Tagen wieder heil machen werde. Aus diesem Grunde nehmen die Boxer auch immer ihre Verwundeten und Todten mit, denn sie meinen, andere nach sich selbst beurtheilend, die „fremden Teufel" würden ihre Köpfe abschneiden, in welchem Falle ' . es viel schwerer für ihren Gott wäre, sie wieder ganz herzustellen. Am Anfang waren die Boxer nur mit langen Messern bewaffnet (die Sscte vom „Langen Messer") und liefen den Truppen gerade in die Gewehre hinein. Die Boxer tragen als Abzeichen ein rothes Tuch um die Brust und rothe Tücher um ihre Fuß- und Hand gelenke. Oberleutnant v. Krohn sagt, daß es von diesen Boxern nicht Tausende, sondern Millionen gebe, und daß thatsächlich die ganze Bevölkerung Nordchinas Boxer seien. Die Bewohner werden nämlich dazu gezwungen, der Secte beizutreten. Zuerst gewinne die Secte einen oder zwei Einwohner im Dorfe und diese machen dann während der Nacht das Zeichen des Blutes an alle Häuser in dem Dorfe; das bedeutet, daß die Einwohner eines so be zeichneten Hauses, wenn sie nicht binnen 24 Stunden der Secte beitreten, alle ermordet und ihre Häuser nieder gebrannt würden. Sollte sich ein ganzes Dorf weigern, Boxer zu werden, so kommen die Bewohner der umliegen den Dörfer und b-ennen und morden alles in dem Dorfe. Unter diesen Umständen sei es leicht begreiflich, daß die ganze Bevölkerung in Waffen steht, und da ihr Motto „Tod den Fremden" ist, so sei die Sachlage eine sehr gefährliche. Erst auf dem Wege zurück von Langfang fanden die Verbündeten, daß sie nicht nur mit den Boxern Krieg hatten, sondern auch mit den chinesischen Truppen, welche mit modernen Gewehren, meist eines sehr kleinen Kalibers, bewaffnet waren. Da sie wegen ihrer Ver wundeten gezwungen waren, dem Flusse entlang zu gehen, mußten sie jedes Dorf im Sturme nehmen; an einem Tage nahmen sie sieben, und am nächsten Tage sechs, bei welcher Gelegenheit sie von 3 Uhr Morgens bis 8 Uhr Abends kämpfen mußten. Da die Chinesen rauchloses > Pulver benützen, so war dies ein sehr gefährliches Ge- i schäft, denn die Chinesen feuerten von Häusern und von - Bäumen, wo man sie nicht sehen konnte. Aber alle Zum Sächsischen. — Der Handels- und Gewerbekammer Chemnitz ist Band XVI der amerikanischen Spezial - Reports zugegangen. Derselbe liegt während der nächsten 8 Tage auf dem Bureau der Kammer, Theaterstraße 60, I., in den üblichen Geschäftsstunden zur Einsicht nahme aus. — Glauchau. (Handel und Industrie 1899.) Das Berichtsjahr (1899) kann für die Glauchauer Webwaaren-Jndustrie leider wieder nicht zu den be friedigenden gerechnet werden, da zwei der bisher bedeutendsten Märkte, der amerikanische und der eng lische, erheblich an Umfang verloren haben. Das Geschäft in den Vereinigten Staaten von Amerika selbst soll sehr groß gewesen sein. Für die deutschen Artikel war der Absatz aber wegen der ungünstigen Zollverhältnisse und Zollbehandlung der Waaren, so wie in Folge des enormen Aufschwungs, den die dortige Industrie genommen hat, ein wesentlich geringerer als früher. Nach England ging der Export merklich zurück. In der letzten Hälfte des Jahres wurde derselbe durch den mit Transvaal ausgebroche nen Krieg recht nachtheilig beeinflußt. Das deutsche Geschäft kann man als ein gutes bezeichnen. Auch Frankreich, die Schweiz, Dänemark, Schweden, Norwegen, Holland und Belgien verbrauchten etwas mehr als sonst, während Rußland durch die Zollschranken und durch eigene bedeutende Industrie, sowie Oesterreich durch Erstarkung der eigenen Fabrikation immer weniger als Absatzgebiete für die deutsche Textilindustrie in Frage kommen. Die Mode erwies sich den Erzeugnissen insofem sehr un günstig, als die Kundschaft glatte, sogenannte uni-Stoffe bevorzugte, auf welche man in Glauchau weniger ein gerichtet ist, als auf komplizirte gemusterte Jacquard- md Schaft-Artikel. Verwendet werden in der Haupt- ache Kammgarne, Streichgarne, Seide und Baum wolle. In Kammgarn kamen vorwiegend Rohgarne zur Verarbeitung, außerdem spielten Moulinögarne aus Wolle und Baumwolle bestehend, eine große Rolle. Kammgarne sind im Laufe des Jahres um circa legenheit erzählte Oberleutnant». Krohn, daß, während er am Ufer deS Flusses unterhalb deS Dorfe« saß, min destens 20 Frauenleichen ohne Köpf« vorübertrieben. So ging es denn weiter, bis sie an ein Fort kamen, namens Siko. Hier machte eine Colonne von ungefähr 1000 Mann Halt, da die anderen etwas zurückgeblieben waren. Ein englischer Dolmetscher ging an das Ufer des Fluffes und rief hinüber, ob ein Offizier da wäre, mtt dem er sprechen könnte. Die einzige Antwort, die er darauf er hielt, war ein Schuß aus einer der großen Kanonen, welchem eine große Kanonade aus Kanonen und Gewehren folgte, und zwar aus einer Entfernung von nur hundert Metern. Das erste, was die Leute thun konnten, war, Schutz hinter einer Mauer zu suchen, und dann, da sie fast gar keine Munition mehr hatten, war es nur den Offizieren und Unteroffizieren erlaubt, zu feuern. Die chinesischen Kanoniere bedienten ihre Geschütze mit großer Schnelligkeit und Präzision, und in Anbettacht der ge ringen Entfernung und der enormen Mafien von Metall, die auf die internationalen Truppen verschwendet wurden, ist es merkwürdig, daß nur so verhältnißmäßig wenige derselben getödtet oder verwundet wurden, unter den letz teren bei dieser Gelegenheit auch Oberleutnant v. Krohn selbst. Es wäre unnütz gewesen, nach den Soldaten in dem Fort zu schießen, denn diese waren durch Wälle sehr ' gut gedeckt. Aber die Kanoniere waren nicht so geschützt und die einzelnen Offiziere machten es sich zur Aufgabe, ! diese abzuschießen. Aber sobald einer fiel, erschien ein i anderer, um seinen Platz einzunehmen, und er selbst, sagte Oberleutnant v. Krohn, habe mindestens zwanzig an einer Kanone weggeschofien, ehe er selbst verwundet wurde. Aber endlich wurde Ordre gegeben, zu stürmen; die englischen Royal Engineers versuchten es erst allein, wurden dann aber von den Deutschen verstärkt, und mit einem kräftigen Hurrah ging es auf das Fort los, und richtig, die Chinesen liefen bei dem Hurrahgeschrei auch alle fort. Aber weder Todte noch Verwundete wurden in dem Fort gefunden Unsere Leute waren jedoch er staunt, eine staatliche Anzahl großer Kanonen, theilweise von Krupp und theilweise andere moderne europäische Fabrikate, nebst Tausenden von Mauser- und anderen Gewehren, und eine ganze Masse von Munition dort vorzufinden. Sobald das Fort erstürmt war, wurden die noch eben von Chinesen bedienten Kanonen auf die fliehenden Horden gerichtet, aber an eine systematische Verfolgung war natürlich nicht zu denken. Glücklicher weise fanden die alliirten Truppen hier Verbadstoffe. Medicin und auch etwas Proviant vor, was ihnen sehr zu statten kam. Es wurden auch einige Gefangene ge macht, und von diesen erfuhren sie, daß sie 6000 Chinesen aus dem Fort hinausgeworfen hatten: auch erhielten sie die erfreuliche Nachricht, daß Tientsin und die Takuforts in den Händen der Verbündeten seien. Es war in einer der Zeitungen gesagt worden, daß die Russen die Ver mundeten mit ihren Gewehrkolben todtschlügen; Herr v Krohn erwiderte auf eine Anfrage, ob das wahr sei, daß es nicht ganz so schlimm gewesen sei, aber in diesem Kriege sei es kaum möglich, Gefangene zu machen, da die Chinesen für eine solche Art, Krieg zu führen, noch nicht civilisirt genug seien. Auf ihrem Wege seien sie genöthigt gewesen, alle Verwundeten mit den Bajonetten zu tödten, da sie sich derselben nicht annehmen konnten, und da ein verwundeter Chinese, so lange er noch eine Hand heben kann, nach dem Leben der Europäer trachte. Im Anfang sandten sie sogar verwundete Boxer nach den Hospitälern in Tientsin, aber sie fanden bald, daß dies ein Fehler sei, und später wurde eine Ordre erlassen, alle Chinesen, die aufrecht stehen bleiben, zu tödten, und auch die Verwundeten nicht zu schonen, besonders aber absolut keine Gefangenen zu machen. Häufig nahmen nämlich die Boxer ihre rothen Tücher ab und thaten, als ob sie sich nicht an dem Kampfe beteiligt hätten, aber das wurde bald herausgcfunden und daher die erwähnte Ordre gegeben. Die Chinesen dagegen schneiden die Väter und Söhne, ihr steckt unsere Höfe in Brand, aber Furcht kennen wir nicht." Einen Augenblick später langt General Tucker mit seinem Stab bei dem Hof an und fragt, ob im Hause Waffen verborgen sind. Die Gewehre hat der General mitgenommen, aber ein kleiner Revolver ist noch da; daS Mädchen möchte ihn zum Schutz gegen plündernde Kaffern be halten. Spöttisch fragt der General sie, ob sie auch schießen könne. „Darf ich'S Ihnen beweisen?" ent gegnete sie. Der General scheint jedoch den unheimlich blitzenden Augen nicht zu trauen, denn er läßt den Revolver beschlagnahmen. — Noch eines von den vielen Beispielen von Muth! Die Tochter des Kom mandanten Fourie, der sich mit seinem Kommando ergeben hat, führte mit einigen Kaffern allein die Gutswirthschaft, als englische Reiter erschienen mit dem Befehl, alles Vieh wegzuführen und da» Haus „un bewohnbar" zu machen. Nachdem Vieh, Pferde und Schafe auf einen Haufen zusammengetrieben waren, wurde Frl. Fourie gezwungen, Petroleum herbeizuholen, womit die Wohnung in Brand gesetzt werden sollte. Ohne zu murren, befolgte sie den Befehl und sah, ohne mit den Wimpern zu zucken, die Flammen emporzüngeln. Als die Wohnung in Asche lag, befahl ihr dec „edelmüthige" Offizier, für seine Leute Kaffee zu kochen. Auch diesem Befehl gehorsamte daS Mädchen. Ganz verblüfft fragte sie der englische Führer, wie es doch käme, daß sie Böses mit Gutem vergelte. „Unsere Leute werden hören, wie Ihr gehandelt habt und daß ich Euch das Letzte freiwillig gab, was Ihr mir ge lassen. Dies wird ihren Haß anfachen und sie werden mich rächen." Der Arie« «m Transvaal. „Daily Mail" meldet aus Lourenzo Marquez, daß die Bure« in Natal eine Reihe vo« Er folge« errungen hätten; u. A. hätten sie New castle zurückerobert und wieder besetzt. Zahlreiche Engländer verlassen Barberton; eine große Menge Gold in Barren sei in Waterwal eingetroffen. Loudon, 24. August. Die Abendblätter berichten aus Prätoria: Feldmarschall Roberts hat das Todes urtheil des Kriegsgerichts gegen den Leutnant Cordua wegen Theilnahme an einer Verschwörung gegen Lord Roberts bestätigt. fragte das Mädchen, ob sie sich denn nicht fürchte, doch diese erwiderte unerschrocken: „Ihr mordet unserewollten. — da blitzten aus einer Staubwolke im Sonnenlicht Bajonette und Säbel — es waren nur noch einige hundert Meter. Die Geschütze waren gerichtet und klar zum Feuern, sollte uh feuern lassen? — noch einen Augenblick warten — doch was ist denn das? Weiße Tropenhüte und Strohhüte leuchten plötzlich auf — es sind europäische Truppen! — unsere Entsatz truppen! Der Trubel, der nun losbrach, ist kaum zu schildern. Die neuen Truppen trieben die Chinesen in die Militärschule zurück, wobei ich mit meinen Leuten die Flanken decken ließ, und nach dreiviertelstündigem, heißem Kampfe war der Platz genommen. Durch die ganze Stadt pflanzte sich der Trubel fort, auf den Thürmen flogen du Flaggen in die Höhe und endlose HurraHS durchzitterten die Lust. Wir kamen unS vor, wie von den Todten auferstanden, und konnten daS Leben von Neuem genießen! Freunde von den Abwegen, auf welche sein Sohn gerathen war. Er schrieb ihm rührende Briefe, und beschwor ihn, von seinem lasterhaften Wandel abzu- lasien, nicht seinen Vater unglücklich zu machen und seiner Mutter das Herz zu brechen. Litschn jedoch steckte so tief in seinem Lotterleben, daß er nicht mehr die Kraft besaß, dem Flehen seines Vaters zu folgen. Da entzog ihm dieser seine Hilfe und hieß den ungerathenen Sohn nach Hause kommen. Litschn kam, halb voll Beschämung, halb voll Trotz. Das vorwurfsvolle Antlitz HungtschiliS und die Thränen seiner Mutter Hui brachten eine vorüber gehende Sinnesänderung in ihm zuwege. Knieefällig bat er um Verzeihung und gelobte Besserung, und reichgefüllt mit guten Vorsätzen und neuen Erspar nissen seiner Eltern zog er wieder in die Hauptstadt, um seine Studien fortzusetzen. Was aber fortgesetzt wurde, das war seine Schlemmerei. Nach wie vor, nein, schlimmer als zu vor fröhnte er mit fieberifcher Leidenschaft dem Dämon des Tschingtauspiels in den Tankunhöllen, und bald hatte ihn der Böse wieder völlig in der Gewalt. Litschu verlor, und je mehr er verlor, desto gieriger wurde er nach dem Spiel. Aber sein Geld war zu Ende, und um seinem Laster weiter fröhnen zu können, stahl er einem Freunde dessen seidenes Staatskleid und verkaufte es. Doch auch dieses un rechtmäßig erworbene Geld war schnell verspielt. Da zu drohte die Entdeckung des Diebstahls. Eines schönen Tages erschien er, unstäten Blicks und mit schmutzigem Gewand, im Hause seiner Eltern. Doch vermied er es, seinem Vater zu begegnen. Er schlich sich vielmehr in das Zimmer Huis, die ihn mit erschrockenen Blicken betrachtete. „Was willst Du, Sohn? Warum trittst Du so heimlich herein? Weshalb gehst Du nicht zu Deinem Vater, der sich um Dich härmt, und wie siehst Du aus?" So kam es bestürzt über die Lippen der BöseS ahnenden Mutter. „Ich brauche Geld, Mutter! Ich bin verloren, wenn Du mir nicht Geld giebst." antwortete Litschu mit düsterer Stimme Der «Morene Soh«. Dem Chinesi'chcn n'.cherzähN von Max Wundtke. (Nachdruck verboten.) In einer Stadt, weit im Innern des chinesischen Reiches, lebte Hungt chili, ein angesehener Beamter höheren Grades, beliebt bei Göttern und Menschen und angesehen bei Hofe. Er führte mit seiner Gattin Hui ein musterhafte! Leben. Sein Augapfel und Stolz war sein Sohn Litschu, den er zu einem großen Gelehrten ersehen hat :. Tag und Nacht erfüllte ihn der Gedanke, wie er l iesen Sohn zu einem leucht, ndm Pfad aller Tugenden ind aller Künste und Wissen schaften erziehen könne, damit ihm einst die Sonne der kaiserlichen Gnade scheine und Ehren und Reich thümer zu ihm in das Haus zögen. Und Litschu schien die stolzen Hoffnungen seines Vaters erfüllen zu wollen. Darum freute sich der Vater, wenn er ihn sah, und das Herz seiner Mutter Hui fchl'.g höher bei seinem Anblick. Durch demüthige Liebe suchte sie ihrem Gatten das Glück zu danken, die Mutter eines so reichbeanlagten und viel ver sprechenden Sohnes geworden zu sein. Litschu wuchs und wurde von Jahr zu Jahr stärker, schöner und gelehrter. Als er alt genug war, mußten ihn die Eltern von sich lassen, damit er in der Hauptstadt des Landes die hohe Schule besuchte. Reich ausgestattet mit allem Röthigen und mit vielen fluten Lehren der Weisheit und der Tugenden, die ihm Hungtschili gab, wanderte Litschu nach der großen Stadt. Hier aber fand Litschu ein Leben, das ihm bis her fremd geblieben war, und dieses neue Leben behagte ihm so, dcß er seine Studien mehr und immer mehr vergaß. Da er Geld hatte, gewann er bald gute Freunde, die ihm zeigten, was er noch nicht kannte, und die seine Lehrer wurden in der Kunst, das Leben zu genießen, wie sie es verstanden. Aus den Thechäusern kam er bald in die Opiumkneipen und Singspielhallen, um schließlich ein ständiger Gast der Tankuns zu werden. Das sind berüchtigte Spiel höllen, in denen Litschu beim Tschingtauspiele das von den Eltern mühsam ersparte Geld leichtsinnig verspielte. Hungtschili erfuhr mit tiefer Betrübniß durch „Es ist im ganzen Hause kein Geld," sagte Hui traurig. „Was wir besaßen, hast Du bekommen, Litschu. Geh zu Deinem Vater . . ." „Er wird mich töten!" „Weshalb bist Du ein so ungerathener Sohn?" „Jetzt muß ich Geld haben", fuhr der junge Mann barsch auf. „Ich weiß, Du hältst unter Deiner Schlafmatte mehrere SilbertaelS versteckt. Gieb sie mir!" Hui schüttelte langsam den Kopf. „Dein Vater, der hohe Mann, ist alt und krank. Diese Silbertaels hab' ich heimlich gespart, um ihn pflegen zu können, wenn er dessen bedarf und Du ihm alles genommen haben wirst." „Gieb mir das Geld. Ich gehe zu Grund, wenn Du niir nicht hilfst!" „Nein, Litfchu, Du bist schon zu Grunde gegangen; das Geld wird dich noch mehr zu Grunde richten. Geh zu Deinem Vater!" Er schritt auf die Matte zu; aber seine Mutter stellte sich ihm in den Weg. Er wollte sie bei Seite drängen, um sich mit Gewalt des Schatzes zu bemächtigen; jedoch setzte sie ihm Widerstand entgegen und beschwor ihn, abzulassen, indem sie ihn an den Zorn des Himmels erinnerte, der das Kind treffen würde, das sich gegen seine Eltern vergeht. Litschu dagegen dachte nur an die Silbertaels, und als die Mutter nicht weichen wollte, da gesellte sich zu seiner Angst und Gier der Zorn, und schlug seine Mutter, daß diese hätte laut aufschreien mögen. Aber kein Ton kam über ihre Lippen; stumm trug sie Schmach und Schmerzen um ihres Sohnes willen. Wie Hütte sie es über sich bringen können zu schreien und dadurch Hungtschili herbei zu rufen! Er hätte ihn ja getötet, er hätte ihn sogar töten nassen, wie das Gesetz es verlangt, und Verachtung und Unehre hätten den Hellen Glanz seines ahnenreichen Namens verschlungen. Nein, keines einzigen Menschen Auge sollte das Ungeheuer liche, das Entsetzlichste, das unter dem Himmel geschehen konnte, sehen; niemand, selbst der Vater nicht, durfte erfahren, daß es je einen Menschen gegeben hat, der seine Mutter schlug, >und daß* dieser Mensch sein eigener Sohn war. So war es denn geschehen, daß Litschu sich der wenigen Silbertaels bemächtigen konnte, welche Hui für ihren angebeteten Gatten für die Stunde der Noth zurückgelegt hatte. Triumphirend hielt Lilschu seinen Raub in der Hand und wandte sich der Thür zu, indeß die Mutter sich vergebens bemühte, den gewissenlosen Sohn zurück zuhalten. Sie wußte es ja, ihm half es nichts, und nun waren sie im Hause ohne einen Kasch*). Brutal schlug er auf die leise Weinende ein, daß sie ihn los lasse; da bewegte sich der Vorhang und Hungtschili stand wie erstarrt auf der Schwelle des Gemaches. Das also war sein Stolz und seine Hoffnung Litschu ließ den erhobenen Arm sinken, während Frau Hui in eine Ecke des Zimmers flüchtete, dort niederkniete und die Hände rang. Der Sohn jedoch wandte sich, nachdem die Erstarrung deS ersten Schrecks von ihm gewichen war, zur Flucht. Hungtschili begriff alles, was geschehen; er wußte jetzt, daß er ein geschlagener, von den Göttern und den Menschen verachteter Mann sei. Er rief seine Diener und gab den Befehl, den Fluchwürdigen im Hofraum an einen Pfahl zu binden. Dann hieß er allen, sich zurückzuziehen. Ganz allein stand er seinem Sohne gegenüber der zähneknirschend und mit wildem Trotz seine Blicke auf dem Boden umherirren ließ. Hungtschili verhüllte sein Haupt, und mit ver hülltem Haupte sprach er zu seinem Sohne: „Du hast die Liebe Deiner Eltern mit Unehre vergolten, Du warst ungehorsam dem Willen Deines Vaters, Schmach und Schande hast Du über unsere Ahnen gebracht, und die Hand erhoben gegen Deine Mutter. Trauer und Wehklagen sind in mein Haus gezogen für alle Zeiten. Die Gesetze fordern Deinen Tod. Litschu, ich bin verpflichtet. Dich zu töten! Aber ich kann eS nicht, weil ich Dich geliebt habe bis hierher, weil Dein Tod auch der Tod Deiner Mutter wäre, die ich liebe. Doch Du sollst keinen Vater mehr haben und Deine Mutter keinen Söhn mehr! Aus meinem Hause will ich Dich stoßen und ein Friedloser und Geächteter sollst Du sein unter den Menschen. Nie wieder soll Dein Weg den meinen 8 (* geringfügige Kupfermünze.
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