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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 07.09.1900
- Erscheinungsdatum
- 1900-09-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-190009072
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-19000907
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-19000907
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-09
- Tag 1900-09-07
-
Monat
1900-09
-
Jahr
1900
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 07.09.1900
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Hause kein Schaden drohe, angesichts des Vormarsches aus die verbotene Stadt für seine Pflicht gehalten, den Wünschen der Kaiserin gemäß sie nach oem Westen zu begleiten, nachdem er Züngln, Hsutung und Ttungtschi beauftragt, in Peking zu bleiben und die Regierung weiterzuführen. Jetzt befehle der Kaiser in ver Furcht, die Mächte seien erzürnt und nicht gewillt, Frieden vorzuschlagen, dem Bicekönig, alles aufzubieten, durch die auswärtigen Aemter und die Konsulate in Shanghai Verhandlungen anzuknüpfen. Er lobt Li'S getreue Dienste für die Dynastie und versichert ihn der Dankbarkeit des Thrones. Dieser beabsichtigt demnächst nach Tientsin zu gehen und er wartet mittlerweile die Antwort des Kaisers auf sein Gesuch, Prinz Tsching und die Zangtse-Vizekönige zu seinen Assistenten zu ernennen. — Ein weiteres kaiser liches Edikt, datirt aus Shansi, den 20. August, be wahrt einen versöhnlichen Ton; es versetzt die vor- nehmlichsten hauprstädtischen Beamten nach Taijuenfu, fordert die provinziellen Vizekönige und Gouverneure dringend auf, ihre Gebiete zu wahren, und gebietet den Zangtse-Vizekönigen die Fortsetzung ihrer Politik der Beschützung von Missionaren und Kaufleuten und der Wahrung der allgemeinen Sicherheit. Li-Hung-Tschang erklärte dem belgischen General- consul in Shanghai, China müsse bei den Friedens unterhandlungen das Hauptgewicht auf die Regelung der Missionärfrage legen. China müsse ein Verbot oder wenigstens die Beschränkung des Missionswesens fordern, weil sonst kein dauernder Frieden möglich sei. Die „Köln. Ztg." wendet sich in scharfen Worten gegen die ausländischen Ausstreuungen, der Zar habe durch die Zurückziehung der Truppen sich dafür rächen wollen, daß Kaiser Wilhelm die Ernennung Waldersees auf die Initiative des Zaren zurückgeführt habe, und sagt: Wenn durch die Haltung einzelner Mächte anscheinend die Einigkeit erschüttert werde, so seien nicht persönliche Em- pfindeleien, sondern Erwägungen der Grund, welche der natürlichen, wennauch egoistischenJnterefsenpolitik entspringen Eine solche Wendung sei zwar unerfreulich, sie war aber vorauszusehen und bringe den verantwortlichen Leitern nichts Neues. Die Wirkung, welche Rußlands Vorschlag auf die Chinesen ausgeübt, sollte indes Europa stutzig machen; es stehe denn auch zu hoffen, daß dasselbe namentlich auf Rußland Eindruck machen werde. Zu der gestern mitgetheilten Aeußerung des „Jour nal de St. Petersburg" bemerkt die „Nat Ztg.": Man wird sich diesen Ausführungen des „Journals", das kaum minder hochoffiziös ist, als der „Regierungsbote", nur anschließen können. Sie scheinen eine neue indirecte Be stätigung dafür zu bieten, daß Rußland auf seinem Vor schlag, die Truppen aus Peking zurückziehen, nicht weiter besteht und damit ebenso wohl mit einer Verlegung der europäischen Gesandtschaften nach Tientsin, wie mit dem Wunsche, dem Kriege keine weitere Ausdehnung zu geben und zu ernsten Verhandlungen mit der chinesischen Regie rung zu gelangen, nur einverstanden sein kann. So wird man dem Inhalt der neuerlichen russischen Regierungs erklärung nur eine für die Einigkeit der Mächte günstige Deutung zu geben vermögen. Daß auch auf chinesischer Seite der Wunsch zu einer Annäherung an die Mächte zu bestehen scheint, geht aus dem Edict des Kaisers hervor. * * * Recht wenig zufrieden mit der gegenwärtigen deutschen Politik ist die Rhein-Westf. Ztg., das wegen seiner konsequenten nationalen Haltung hochangesehene Organ der rheinischen Großindustriellen. Das Blatt kritisirt die deutsche Politik in einem Artikel, in dem die „gefährliche Wendung" behandelt wird, welche „die vom Kaiser und dem Grafen Bülow geleitete Politik" in China erfahren habe. Nach einem Hinweis darauf, daß bei dem Sturze des Freiherrn von Marschall englische Jntriguen thätig gewesen sind, wird von seinem Nachfolger gesagt: „Graf Bülow hat denn auch nach seinem Amtsantritt eine entschiedene englische Politik unter kaiserlicher Billigung eingeschlagen. Er hat in wenigen Monaten den Marschall'schen Stand punkt auf dem Kopf gestellt, Südafrika preisgegeben und damit die Hauptreibungsfläche gegen England beseitigt; die Folgen waren schrecklich, sie fielen zunächst auf die Buren und dann auf uns, und noch bösere Folgen werden für unsere Kolonien nachkommen, ehe wir viel älter geworden sind. Was aber gefährlicher war: Kaiser Wilhelm schuf zum ersten Male dann eine Reibungsfläche gegen Rußland durch die Be setzung von Kiautschou." Nachdem der letzte auf die ostasiatische Politik Deutschlands bezügliche Satz eine nähere Begründung erfahren hat, berührt der Artikel die Palästinareise des Kaisers und erklärt, diese habe deutlich erkennen lassen, daß die Tendenz unserer Politik dahin gehe, es sei bewußt oder unbewußt, sich zwischen England und Rußland zu werfen, damit aber nothgedrungen England zu decken, das sich hinter unserem Mantel verkriecht. Heute sei diese Politik in ihrer nothwendigen Entwickelung zu einer akuten Krisis ausgebrochen. Entgegen den klarsten und bündigsten Versprechen des Grafen Bülow suche Deutschland die führende Rolle in Ostasien an sich zu reißen: „Es wurden 20000 und mehr Mann hinüber geworfen und an Schiffen hingesandt, was überhaupt vorhanden ist. Die Reden des Kaisers, die alles andere eher, denn diplomatisch waren, ließen große, dunkle Dinge ahnen. Eine Unruhe ergriff das deutsche Volk und vor allem auch anscheinend die Regierungen der Großmächte. Von den rauschenden Feiern, mit denen der Auszug der deutschen Truppen und des Grafen Waldersee begleitet wurde, wird gesagt, daß sie uns „den Spott der ganzen Welt eingetragen" hätten: „Man lese nur einmal die deutsch-amerikanischen Zeitungen; selbst diejenigen Blätter drüben, die seit jeher den republikanischen Zankees gegenüber das Kaiserthum vertheidigten, haben sich in diesen Tagen sehr bitter ausgesprochen. An uns gelangte Privat nachrichten besagen, daß noch zu keiner Zeit sich soviel Deutsche drüben von den monarchischen Institutionen ab und dem Repubikanismus zugewandt haben." Endlich findet der Artikel noch ein kräftiges Wort gegen die in nationalen Kreisen vielfach herrschende Kritiklosigkeit in Bezug auf di > ostasiatischen Vorgänge: „Bezeichnend ist hier der sinnlose Taumel, mit dem gerade viele nationalgesinnte vaterländisch denkende Kreise auch diese Form der Chinapolitik mitgemacht haben. Viel erstaunter und ärgerlicher als über das volklose Gebühren verschiedener demokratischer Schat- tirungen muß man über die gedankenlose Dummheit eines großen Theils des deutschen Volkes sein, der von den Offiziösen angeführt, für jeden, auch bedenk lichsten Schritt der Reichsregierung sich begeistert, ohne irgendwie an die Folgen zu denken." Petersburg, 5. September. Nach Berichten, welche dem Generalstabe zugegangen sind, haben die chinesischen Truppen Niutschwang geräumt, und sind in nordöstlicher Richtung nach Liavjang marschirt, wo sie Befestigungswerke aufwerfen. Tang-tschwang- tai am Liaoflusse ist nur schwach von Chinesen besetzt. Asannian (?) ist vollständig vom Feinde geräumt. Die „Franks. Ztg." berichtet aus Shanghai: Prinz Tuan nahm die Akten über die geheimen Ver- Handlungen mit Rußland mit. Prinz Tuan hat Rußland mancherlei Vortheile in China versprochen, daß die russische Regierung zustimmte, ihre Truppen aus der Mandschurei zurückzuziehen und Peking, sowie Niutschwang den Chinesen zurückzugeben. Newyork, 5. September. Der „Newyork Herald" berichtet aus Hongkong von gestern: Einflußreiche Eingeborene sprechen die Ansicht aus, daß die fremden feindliche Bewegung in den südlichen Provinzen Chinas einen Charakter annimmt, welcher über die Macht der Behörden hinauswächst, und sagen einen furchtbaren Ausbruch dieser Bewegung binnen Monatsfrist voraus. * * Dem Höchstkommandirenden in Petschili Grafen Waldersee, ist während der Dauer seines Amtes eine Gage von 2000 Mk. und an Repräsentationskosten ebenfalls monatlich eine Summe von 10 000 Mk. zu- gestanden worden. — Das sonstige Gehalt des Grafen Waldersee als deutscher Generaloberst beträgt jährlich 36000 Mk. und Rationen für 6 Pferde. Die ersten Mannschaften des Lesselschen Expeditions korps haben am 1. September die chinesische Küste er reicht. 92 Offiziere und 1400 Mann liegen im Hafen von Hongkong; ihnen folgen 2300 Mann an Bord der „Batavia". In umgekehrter Reihenfolge, wie die Schiffe die Heimath verließen, liefen sie in China ein. Die „Halle" hielt seit längerer Zeit die Spitze. Die Transportdampfer haben die 10,100 Seemeilen lange Strecke von Bremerhaven nach Hongkong mit Einschluß des Aufenthalts in Port Said, Colombo und Suez in 35 bezw. 36 Tagen zurückgelegt. Da die übrigen sieben Transportdampfer dieselbe Geschwindigkeit innehalten, so läßt sich feststellen, daß das letzte Schiff der Division Lessel spätestens am 10. September Hongkong erreichen wird. An diesem Tage befinden sich 12,000 Mann des Expeditionskorps in den chinesischen Gewässern. Zwei Schiffe liegen schon in Singapore, die letzten fünf Schiffe schwimmen im östlichen Theil des indischen Oceans Mit welcher Sicherheit an maßgebender Stelle mit der Nothwendigkeit eines längeren Aufenthaltes unserer Truppen in China gerechnet wird, und mit welcher Für sorge gesunde Wohnungen für dieselben geschaffen wer den, geht daraus hervor, daß nicht nur alte Baracken von unseren Truppenübungsplätzen nach Ostasien gesandt werden, sondern daß hauptsächlich eine große Anzahl neuer Wellblechbaracken für China bestellt und geliefert wurden. So haben, wie die „Kreuzztg." hört, die Ver einigten Kammerichschen Werke allein für nahezu Vg Million Mark solcher Baracken zu liefern. Der größte Theil derselben ist bereits nach Kiel zur Weiterbeförderung ab geliefert. Der Krieg um Transvaal. Im Kleinkriege haben die Buren neue Erfolge errungen; man merkt noch nichts von Kriegsmüdigkeit derselben. Das „Reutersche Bureau" meldet aus Prätoria: Die Buren, vermuthlich von De Weis Korps, zerstörten die Eisenbahnlinie nördlich und süd- lich von Kronstad und erbeuteten einen Eisenbahnzug. Die Briten verloren im Ganzen 19 Wagen mit Vor- räthen und 25 Wagen mit Artilleriematerial, aber keine Munition. Die Meldung, wonach General Delarey gefallen sein soll, sei in Prätoria mit großem Bedauern ausgenommen worden. Das „Reutersche Bureau" meldet weiter aus Pradock: Eine Burenabtheilung tauchte bei Thabanchu auf. Bruce Hamilton rückte dorthin vor. Zwischen den Wasserwerken und Thabanchu fand ein Gefecht statt. Infolge des Eintreffens dieser Nachrichten herrschte am Sonntag in Blumfontein große Aufregung; eine fliegende Kolonne verließ am Sonntag Abend zur Unterstützung Hamiltons die Stadt. Ueber die Belagerung von Ladybrand wird heute gemeldet: Maseru, 4. Sept. Die Buren unter Fourier verlangten heute Vormittag die Uebergabe von Lady brand. Dieselbe wurde verweigert. Hierauf wurde die Stadt beschossen. Maseru, 5. Sept. Die Garnison von Ladybrand zählt 150 Mann, sie hat keine großen Geschütze und liegt in Verschanzungen auf der nach dem Gebirge hin gelegenen Seite der Stadt. Die Buren sind 2000—3000 Mann stark und verfügen über zehn Geschütze. Die Garnison hat bereits zwei Angriffe der Buren abgeschlagen. Die Ankunft der britischen Entsatzkolonne wird heute erwartet. Kapstadt, 5. Sept. Die Belagerung von Lady brand ist aufgehoben. Falls sich die letztere Nachricht bestätigt, so würde sie von neuem die Unfähigkeit der Buren zu jedem Angriff erweisen. Da die Engländer nur 150 Mann stark waren, die Buren aber in großer Zahl die Stadt umlagerten, so hätte ihnen ein Handstreich gelingen müssen. Das Bild der Kämpfe um Ladysmith hat sich aber auch hier in» Kleinen wiederholt. Lorenzo-Marquez, 4. Sept. Eine Anzahl Buren trecken von Lydenburg nach Swasiland. Es verlautet, daß ein starkes Burenkommando in Oshock in der Nähe von Darkesfon unter dem Kommissar Krogh stehe. Die Swasis plündern daS Eigenthum der Buren. Prätoria, 4. Sept. Der Burengeneral Delarey soll an den Wunden gestorben sein, die er in dem Kampfe bei Elandsriver erhalten hat. Die „Central News" meldet aus Badfontein vom Sonntag: Die Buren zersplitterten sich in drei Theile. Der eine Theil deckt Lydenburg und die dort aüfgestapelten Munitions- und Lebensmittel- vorräthe. Eine zweite Abtheilung befindet sich mit den Präsidenten Krüger und Stejn bei Nelspruit, eine dritte hat die Richtung auf Barberton ein geschlagen. Nach der Niederlage bei Dalmanatha wünschte Präsident Krüger, sich zu ergeben, aber Stejn rieth ihm davon ab. General Botha hält noch die Krokodilhügel besetzt, welche die Engländer auf dem Marsche nach Lydenburg passiren müffen. Das „Berl. Tagebl." meldet aus Lissabon vom 5. d. M.: Die englische Regierung notifizirte der portugiesi- schen Regierung amtlich die Einverleibung von Transvaal. Ueber die Audienz, die der Transvaal-Gesandte Dr. Leyds beim Kaiser Nikolaus hatte, wird der „Franks. Ztg." aus Petersburg geschrieben: „Dr. Leyds machte heute vor seiner Abreise nach Berlin einem mit den hiesigen holländischen Kreisen in Beziehungen stehenden Herrn Mittheilung über seine Audienz beim Kaiser in Peterhof. Wie mir dieser Herr sagte, äußerte Dr. Leyds, die Audienz habe recht lange ge dauert. Der Kaiser erkundigte sich eingehend nach verschiedenen die Verhältnisse in Transvaal und den Krieg betreffenden Punkten und Dr. Leyds, der sich sehr befriedigt über die Audienz aussprach und die tiefe Theilnahme des Kaisers rühmte, hatte Gelegen- heit, dem Kaiser genauen Bericht zu erstatten. Kaiser Nikolaus dankte dem Gesandten für seine Aufklärungen, die ihm, wie der Kaiser hervorhob, viel neues geboten hätten. Der Kaiser sagte ferner, er könne zu seinem Bedauern nicht zu Gunsten der Buren intervenieren, da er mit England Hand in Hand gehen müsse. Hierauf beschränken sich die Mittheilungen, die Dr. Leyds meinem Gewährsmann machte." Wchftsches. Hohenstein- Ernstthal, 6. September 1900. von allgemeinem Jnteresje werden dankbar en!- zcgengenommen uns evevtl. honvrttt. — Hoheusteiu-Eruflthal, 6. Septmeber. Mit klingendem Spiel rückten heute Mittag bezw. Nach- mittag 2 Bataillone des Infanterie-Regiments No. 134 hier ein, die mittels Extrazuges eingetroffen waren. Außer dem bezog die 3. Kompagnie des 2. Pionier-Bataillons No. 22 Quartier. Die militärischen Gäste werden sich bis zum 10. d. Mts. in unserer Stadt aufhalten. — Der heutige Donnerstag, der 6. September, war der erste Tag der Brigade-Manöver- Uebungen. Die Infanterie-Regimenter rückten aus ihren Garnisonen aus und unternahmen Felddienst übungen. Das Wetter war so, wie es sich unsere Vaterlandsvertheidiger jedenfalls gewünscht haben: kühl und nicht unfreundlich. Hier in Hohenstein- Ernstthal trafen die zu verquartierenden Truppen von den Chemnitzer Regimenten in den Mittagsstunden ein. Den weiteren Brigademanövern vom Freitag ab wird Se. Kgl. Hoheit Prinz Georg beiwohnen. — Ein an epileptischen Anfällen leidender, zu gereister Barbier kam gestern Abend dadurch zu Schaden, daß er infolge eines erneuten Anfalles vor einem Hause in der Schulstraße zu Boden stürzte, wodurch er mehrere starkblutende Kopf- und Gesichts wunden davontrug. — Es bestätigt sich, schreibt die „Sächs. Nat.-lib. Corr.", daß die sächsische Regierung ein Gesetz betr. den Contractbruch ländlicher Arbeiter vorbereitet; die Bezirksausschüsse sind aufgefordert, bezügliche Vor schläge auszuarbeiten und an Regierungsstelle einzu reichen. Demnach dürste sich bereits der nächste Landtag mit einer derartigen Gesetzesvorlage zu be schäftigen haben. — In seinem letzten Situationsbcricht schreibt „Der Confectionair" über: Die Krisis in der Textil-Jndustrie. Daß die Textil-Jndustrie sich in einer stellenweise recht schwierigen Lage befindet, ist leider eine nicht mehr weg« zuleugnende Thatsache. Aus den verschiedenen Industrie- centren werden Zahlen gemeldet von beschäftigungslosen Stühlen und Spindeln und demgemäß auch Arbeitern, die auch auf uns eine deprimirende und trostlose Wirkung nicht verfehlen würden, wenn wir nicht festes Vertrauen in eine baldige Besserung der betrübenden Situation aus dem Textilmarkte besäßen Wir verhehlen uns durchaus nicht, daß die Lage viel schwieriger und ernster ist, als wir ursprünglich angenommen hatten. Wir haben einen unserer Mitarbeiter beauftragt, sich auf einer Rundreise durch die zumeist betroffenen Distrikte über die Verhält nisse eingehend zu informiren, und die Mittheilungen, die uns unser Korrespondent zugehen läßt, sind nichts weniger als tröstliche. Aber trotz alledem halten wir die Krisis, die wir deshalb auch noch gar nicht mit dem Namen Krisis belegen möchten, für eine vorübergehende. Gewiß sind die Meldungen, die uns aus Meerane, Glauchau, Crimmitschau, Leipzig, Reichenbach, Gera und Greiz zugehen, keine erhebenden und ermuthigenden, vielleicht dürfte sich sogar die Lage für eine kurze Zeit noch ver schärfen, aber an ein wirkliches auf Ueberproduktion oder Bedarfslosigkeit begründetes Darniederliegen der Textil gewerbe auf längere Dauer können wir nicht glauben Der Bedarf ist vorhanden, die Kauffähigkeit des Pub likums ist allen Anzeichen nach durchaus nicht merklich gegen die letztvergangenen Jahre gesunken, von Ueber produktion kann keine Rede sein, wenigstens hört man weniger von übervollen Lägern oder von Preisstürzen, wie sie mit Ueberproduktion verbunden zu sein pflegen, das Hauptübel ist der Mangel an Vertrauen vom kaufen den Privat-Publikum bis zum Rohmaterial konsumirenden Fabrikanten. Es ist eine Art Muthlosigkeit über uns gekommen, die ihren hauptsächlichen Grund wohl in der unklaren, unübersichtlichen, aber doch, wie wir glauben, nichts weniger als hoffnungslosen politischen Lage hat. Was uns aber in unserem Vertrauen auf eine baldige Besserung der Lage auf dem Textilmarkt bestärkt, das ist die Thatsache, daß uns aus Nordamerika sehr günstige und hoffnungsvolle Berichte vom Manufakturwaaren- Engrosmarkt zugehen. Amerika ist unser kommerzieller und industrieller Wettermacher geworden. Aus Amerika kommt die Textilbaisse, von dort wird auch die Hauffe kommen. Von dort wird gemeldet, daß sich der Markt sichtlich belebt, daß der Zwischenhandel sehr beschäftigt ist und gute Umsätze erzielt werden. Viele Einkäufer aus dem ganzen Lande haben in Newyork große Ordres placirt. Auch die regelmäßigen Kunden kaufen flott und zu guten Preisen. Man hört keine Klagen mehr und die Herbstaussichten sind die besten. Die Waarenvorräthe sind merklich zusammengeschmolzen. Die Detaillisten disponiren für ein großes Herbst- und Wintergcschäft. Hoffen wir, daß wir von unserem Markte bald ähnliches berichten können und daß die betrübenden Nachrichten von leerstehenden Stühlen bald der Vergangenheit angehören mögen. — LangenchurSdorf. Ein im hohen Grade raffinirter Diebstahl wurde in unserem Orte verübt. Bon der hier in Qnartier liegenden 4. Schwadron des 19. Husaren-RegimentS waren 2 Pferde in eine zur Ebert'schen Mühle gehörigen Scheune untergebracht. In der Nacht zum 5. d. MtS. gegen 2 Uhr vernahm man auf dem Hofe Pferdegetrappel, und als man sofort nachsah, bemerkte man, daß die beiden Husaren pferde verschwunden waren. Da die Thiere am Abend vorher vorschriftsmäßig befestigt wurden, ist eS voll ständig ausgeschlossen, daß sie sich selbst loSgerissen haben. ES ist zu vermuthen, daß die Thäter, um den sofort angestellten Nachforschungen zu entgehen, die Pferde getödtet und beseitigt haben. Das eine Roß, eine dunkelbraune Stute ohne Abzeichen, ist 7 Jahre alt, 160 Lm hoch, 800 Mk. Werth und an der linken Halsseite 19 5 gezeichnet; das andere, eine schwarze Stute ohne Abzeichen, ist 9 Jahre alt, 165 em hoch, 900 Mk. werth, gezeichnet am linken Hinterschenkel mit einer Krone und am rechten 19 5. Die angestellten Nachforschungen sind bis jetzt resultatlos geblieben. — Glauchau. Im Gasthof Grünfeld ist unter dem Geflügel die Cholera ausgebrochen, und zwar zuerst unter den angekauften Gänsen. Da auf der Mulde am 19. August bereits ein halbes Dutzend ver endeter Gänse durch Glauchau geschwommen sind, so dürste man annehmen, daß diese Seuche doch nur durch ausländisches Geflügel, welches vielleicht die Quarantäne umging, eingeschleppt worden ist. — In einem Restaurant in Glauchau waren dieser Tage beim Skat fünf Webermeister vereinigt, welche zusammen das schöne Alter von 413 Jahren aufzuweisen hatten. Einer, der gerne noch mitgespielt und mit seinen 85 Jahren durchaus in den Kreis gepaßt hätte, stand daneben. — Crimmitschau. Die sozialdemokratische Partei im 18. sächsischen Reichstagswahlkreise hielt am 2. d. Mts. hier eine Parteiversammlung ab. Redacteur Albert-Zwickau referirte über die Aufgaben des Mainzer Parteitages. Die Versammlung beschloß, den Parteitag zu ersuchen, er möge sich gegen die Be theiligung an den Landtagswahlen unter dem Drei klassenwahlsystem aussprechen, andernfalls den einzelnen Wahlkreisen die Entschließung über die Wahlbetheiligung überlassen. Zu Vertretern beim Parteitag wurden gewählt: Colditz-Crimmitschau, Albert-Zwickau. — — Der Berghäuer Wilhelm Schulz aus Wilkau ist in einem hiesigen Schacht tödtlich verunglückt. Er wurde von hereingebrochener Kohle gänzlich verschüttet. Der Leichnam konnte erst mühsam geborgen werden. Schulz ist Familienvater, 44 Jahre alt. — Beim Abtragen eines alten Hauses in Mark neukirchen wurde am Freitag eine größere Anzahl (gegen 70) Silbermünzen gefunden. Sie tragen, so weit erkennbar, die Jahreszahlen 1620 bis 1638, sind somit wahrscheinlich zu Beginn des 30jährigen Krieges vergraben worden und dürften theilweise an sehnlichen Sammelwerth besitzen. — Ter vormalige Rechtsanwalt Or. Buerschaper aus Oederan wurde vom Landgericht Freiberg wegen Unterschlagung zu 3 Jahren Gefängniß und 4 Jahren Ehrverlust verurtheilt. Von der erkannten Strafe wurden zwei Monate als durch die erlittene Unter suchungshaft verbüßt erachtet. Bis zum Jahre 1896 hatte der Verurtbeilte in Oederan und Hainichen als Rechtsanwalt und Notar eine einträgliche Praxis ge habt. Im Jahre 1896 wurde er in eine Unter suchung wegen Erpressung verwickelt, von der er zwar mangels hinreichenden Schuldbeweises freigesprochen wurde, die aber doch zur Folge hatte, daß seine Ein nahmen von ursprünglich jährlich 10000 Mark auf 4000 Mark zurückgingen. Um diesen Ausfall durch andere Einnahmequellen zu ersetzen, etablirte er in Cunnersdorf bei Hainichen eine Cigarrenfabrik. Dieses unglückliche Unternehmen stellte er unter die Leitung eines früheren Markthelfers und früheren Cigarren arbeiters, und so konnte es denn auch nicht ausbleiben, daß er in kurzer Zeit von seinem Vermögen weitere 15000 Mark einbüßte. Spekulationen in Grund stücken brachten ihm weitere Verluste, so daß er sich schließlich veranlaßt fühlte, seine laufenden Verbindlich keiten aus ihm als Konkursverwalter anvertrauten Geldern zu decken, ohne jedoch in der Lage zu sein, dafür Ersatz leisten zu können. So verwendete er nach und nach nahezu 19000 Mark in seinem Nutzen. — Plauen i. In der Nacht des Dienstag hat in Gansgrün eine große Feuersbrunst gewüthet, bei der die Gehöfte der Gutsbesitzer Trögel und Hartenstein und ein Theil der Gebäude des Ritter gutes des Herrn Wolf vernichtet wurden. Das Feuer war in der Rittergutskäserei ausgebrochen. Zehn Spritzen waren thätig. — Dresden. Der Infanterist Jaskulsky vom 1. Infanterie-Regiment in Troppau war seit längerer Zeit wegen Desertion steckbrieflich verfolgt. Seine Auffindung war deshalb erschwert, weil der Infanterist sich als — Dienstmädchen vermiethet hatte. Sein mädchenhaftes Aussehen und der Umstand, daß er in früheren Jahren als Damendarsteller aufgetreten war, begünstigten die Täuschung. Auf einer Tanzunterhaltung in Dresden, d e er als Dienstmädchen besuchte, wurde er trotz seiner Frauenkleider von einem Soldaten erkannt, der ihn auf dem Heimwege festnehmen ließ. — Die Militärvereine zu Olbernhau, Nieder- und Oberneuschönberg, sowie zu Hallbach feierten dieses Jahr den Sedantag durch einen Feldgvttesdienst im Pfaffrodaer Walde. — Werdau. Großes Aufsehen erregte Anfangs dieses Jahres die Verhaftung des Buchhalters Franz Louis Werner von der Firma I. G. Werner hier. Derselbe ist jetzt nach zweitägiger Hauptverhandlung vom Königlichen Landgericht Zwickau wegen Betrugs in Höhe von 14000 Mk. und 15000 Mk. zum Nachtheile zweier auswärtiger Firmen zu 3 Jahren 3 Monaten Gefängniß und 3 Jahren Ehrenrechts verlust verurtheilt worden. — Gefter. Einen hübschen Beitrag zu der Frage des Apothekenwesens liefert unser Städtchen. Hier ist jetzt wiederum die Apotheke verkauft worden. Im Jahre 1876 kostete diese Apotheke 64000 Mk., 1892 kostete sie 75000 Mk., 1896 war der Preis bereits auf 90000 Mk. gestiegen und kürzlich wurden 125000 Mark für die Apotheke bezahlt. — Gohlis. Während des Schlafes verschluckte ein Bäckermeister sein Gebiß, das trotz sofort angestellter Versuche auf natürlichem Wege nicht wieder zu er langen war. — Gera, 3. September. In der Webereima- schineyfabrik von Liebschner wurden am Sonnabend
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