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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 15.09.1900
- Erscheinungsdatum
- 1900-09-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-190009159
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-19000915
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-19000915
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-09
- Tag 1900-09-15
-
Monat
1900-09
-
Jahr
1900
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 15.09.1900
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Feind kein Mitleid, sie behandelt den Fall kühl und geschäftsmäßig, wobei man aber den versteckten Aerger, daß der Präsident nicht in die Hände ihrer Truppen gefallen ist, deutlich zwischen den Zeilen lesen kann. Die Times schreiben zur „Flucht Krügers": Dienstag Nacht suchte der Mann, der seit vielen Jahren eine fast despotische Herrschaft über Transvaal ausgeübt hat, auf portugiesischem Gebiet Zuflucht vor den Waffen der Macht, die er herausgefordert und der er getrotzt hat. Es muß ein bitterer Augenblick für den ehe maligen Präsidenten gewesen sein, als er die Grenze überschritt, um niemals zurückzukehren, es sei denn mit Eclaubniß Englands. Er hat es, wie es scheint, für angezeigt gehalten, in kindischer Förmlichkeit einen sechsmonatigen Urlaub zu erhalten von Schalk Burger, dem Vizepräsidenten der Republik, die aufgehört hat zu bestehen; aber er ist zu fchlau, um nicht in seinem Herzen zu wissen, daß die Welt seine Flucht als end- giltig betrachten wird. Lange Jahre hindurch war er die Seele der antibritischen Verschwörung in Südafrika in ihren mannigfachen Wandelungen; mit hartnäckiger Ausdauer und scharfem, wenn auch beschränktem Ein- hljch jn die öffentlichen Angelegenheiten, die wir nur bewundern können, hat er stets, seitdem Gladstones schwachmüthige Politik die völlige Kontrolle Trans vaals dessen reaktionärsten Elementen auslieferte, für einen einzigen Zweck gewirkt, nämlich den Sturz Eng lands in Südafrika und Herstellung einer südafrika nischen Republik unter holländischer Suprematie auf den Trümmern der Kolonien Englands. Diesem Zwecke widmete er seine ganze Kraft. Vielleicht mehr als ein Kolonialpolitiker, mehr als ein europäischer Staatsmann wird mit einem Seufzer der Befriedigung hören, daß es Krüger gelungen ist, die Archive über die Grenze zu schmuggeln, sie enthalten zweifelsohne Geheimnisse, die viele, die früher mit Krüger in Brief wechsel standen, nicht gern im Besitze der britischen Regierung sehen würden. Krügers Pläne waren hoffnungslos; selbst wenn Versprechungen kontinentaler Hilfe gegeben und gehalten worden wären, hätte die Herrin der Meere schließlich ihr Uebergewicht geltend gemacht haben müssen in einem durch die Flottenmacht zu entscheidenden Kampfe, aber obwohl es, wie das Ende zeigt, ein unheimlicher Plan war, blendete es doch die Leute, deren Weltkenntniß gering war und deren politisches Urtheil durch die Heftigkeit ihrer Vorurtheile und Leidenschaften beeinträchtigt wurde. Vor einem Jahre wurde Krüger durch die Stimmung unter seinen Anhängern, die er selber erzeugt hatte, gezwungen, zwischen der Abdankung und dem Kriege zu wählen. Er zog es aber vor, der Macht des bri tischen Reiches Trotz zu bieten, er spielte die Parthie und er hat sie verloren, sein Land und die Schwester republik, die er, unterstützt durch den thörichten, ge wissenlosen Ehrgeiz Steijns, in seinen Streit hinein zerrte, sind thatsächlich besiegt. Er selber ist ein Flüchtling, seine schlimmsten Feinde können ihm keine schwerere Strafe wünschen, als das Bewußtsein, daß sein Lebenswerk das Ergebniß hatte, die Consolidirung des Reiches, das er haßte, wesentlich zu fördern." So die Times. Aber Krügers Vorgehen hat auch das Ergebniß gehabt, britischer Gold- und Länder gier, britischer Brutalität und Skrupellosigkeit die Maske vom Gesicht zu reißen, Großbritanniens mili tärische Ohnmacht — während der ersten Periode des Krieges wenigstens — vor aller Welt bloßzu stellen, die stolze seebeherrschende Macht erst gelehrt, wie man zu Lande Krieg führt, und ein Beispiel heldenmüthigen Freiheitskampfes ohne Gleichen den Blättern der Weltgeschichte in hellleuchtender Schrift einzufügen. Wenn Krüger jetzt sein Heimathland verläßt, um sich nach Europa zu begeben, so geschieht es sicherlich nicht, weil er sein Leben in Sicherheit bringen will, sondern lediglich deshalb, weil er nicht auf St. Helena als Verbannter seine Tage beschließen, sondern als Seele der Verschwörung des Afrikanderthums im Ge heimen weiter wirken will, und er wird wirken, so lange er lebt. Mittlerweile gehen die kriegerische Operationen im Transvaal weiter, wenn auch ohne Aussicht auf Erfolg. Der Bezirk von Lydenburg trägt einen aus gesprochen alpinen Charakter und wird von verschiedenen Kriegscorrespondenten einstimmig mit den Tyroler Bergen verglichen. Tiefe Schluchten und unzugängliche, schroffe Felsen bilden überall natürliche Hindernisse sür die militärischen Operationen und machen es den angreifenden Engländern ungeheuer schwer, ihren Gegnern beizukommen, zumal die Verwendung von berittenen Truppen und Artillerie jeden Tag größere Beschränkungen erfahren muß. Der eigentliche Guerilla krieg in den Bergen wird jetzt erst seinen Anfang nehmen und die Ausdauer der englischen Truppen aus eine derartig harte Probe stellen, wie sie bis jetzt trotz aller Erfahrungen noch nicht zu bestehen gehabt haben. Lord Roberts hütet sich daher wohlweislich, von seinen ferneren Aussichten zu reden, oder sich aufs Prophe zeien zu verlegen. Novitgedacht, 12. September. (Reuters Bureau.) General Pole Caww rückte längs des Elands-Flusses hierher vor. General Frency, der sich auf dem rechten Flügel der Engländer befand, wurde in einen schweren Kampf verwickelt. General Hutton ist zu seiner Unterstützung vorgegangen. Pretoria, 12. September. (Reuters Bureau.) Feldmarschall Roberts hat sich heute wieder nach dem östlichen Transvaal begeben. London. Die Abendblätter melden aus Prätoria vom 11. d. M.: Feldmarschall Roberts erließ eine Proklamation, durch welche ganz Transvaal unter das Kriegsrecht gestellt wird. Durch diese Proklamation stempelt Lord Roberts alle Buren, die noch ferner die Waffen gegen England tragen, zu rechtlosen Rebellen, ein Schritt, der vom völkerrechtlichen Standpunkte wohl ungetheilte Miß billigung erfahren wird. Die großbritannische Re gierung hat allerdings auf dem Papier die beiden Burenstaatkn annectirt; in der That beherrschen ihre Truppen bisher aber nur die Hälfte dieser weitge dehnten Gebiete, und es ist noch keiner neutralen Macht, bei der Vertreter dec Republiken beglaubigt sind, eingefallen, jene „Annexion" anzuerkennen. Lissabon, 12. September. Eine militärische Expedition in einer Stärke von 1208 Mann ist heute an Bord des Postdampfers „Benguella" nach Lorenzo Marquez abgegangen. Aus Brüssel, 11. September, wird gemeldet: Es verlautet hier, die englische Regierung habe die belgische Regierung in vertraulicher Form davon in Kenntniß gesetzt, daß die Proklamation Lord Roberts, welche die Einverleibung Transvaals in das britische Reich ausspricht, von der Londoner Regierung durch aus gebilligt werde. Hieraus ergebe sich die Frage, ob nicht Belgien die fernere amtliche Vertretung Transvaals in Brüssel als aufgehoben anzusehen habe. Die belgische Regierung scheint allerdings nicht geneigt, selbstständig zu dieser Frage Stellung nehmen zu wollen, sondern sie wird jedenfalls zuvor die Meinung aller derjenigen Regierungen erfragen, bei denen Or. Leyds ebenfalls als Gesandter der afrikanischen Republik beglaubigt ist. Sächsisches. Hohenstein-Ernstthal, 14. September 1900. «IttyeUungen von allgemeinem Interesse werden dankbar ent- zegengenommen uno eveutl. honvr'rt. — Hohenstein-Ernstthal, 14. Sept. Ueber den Verlauf der heutigen Divisionsmanöver ist folgen des zu berichten: Blau. General Kirchhoff, Führer der blauen Partei, hatte den Auftrag, von Erlbach in Richtung Stelzen dorf vorzugehen und den feindlichen linken Flügel, der südlich Neustadt gemeldet war, anzugreifen. Für den Vormarsch auf Stelzendorf benutzte der Führer zunächst den Verbindungsweg von Kirchberg über Seifersdorf auf Pfaffenhain, sodann die Chaussee bis Neukirchen. Die Aufklärung der Brigade war gegen die Linien Adorf—Stelzendorf gerichtet. Dichter Nebel bedeckte das Gelände, so daß die außerordentliche Uebersichtlichkeit des Letzteren, welche bei normaler Witterung von hervorragender Bedeutung gewesen wäre, gar nicht zur Geltung kam. Zwar blieb der Marsch des Generals Kirchhoff über Seifersdorf— Pfaffenhain nach Neukirchen feinem Gegner, der auf den Höhen südlich Stelzendorf stand, nicht unbekannt, aber dennoch brachte der Zusammenstoß vielfache Ueberraschungen, denn erst auf den nächsten Ent fernungen warssä Infanterie und Artillerie im Stande, von ihrer Waffe Gebrauch zu machen. So entspann sich folgendes Gefecht: Als die 88. Brigade auf d.r Chausseehöhe zwischen Neukirchen und Leukersdorf angelangt war und mit einiger Sicherheit bekannt wurde, daß der Feind auf den Höhen südlich Stelzendorf stand, besetzte die Avant-Garde — das 1. Bataillon 181. Regiments — den Nordrand von New kirchen am Chaussee-Ausgang nach Chemnitz. Das Gros hingegen bog halblinks ab, stieg ebenfalls nach Neukirchen hinunter und entwickelte sich am Nordrand des Dorfes links vom Avantgarden-Bataillon. Dieser Abstieg cer Brigade nach Neukirchen, bei klarem Wetter unmöglich ausführbar, gelang infolge des Nebels ungesehen und unbeschoffen vom Feind, jedoch blieb die Truppenanhäufung in Neukirchen nicht lange unbemerkt und dies war der Grund, mit Massen vorzubrechen, den Gegner mit Schnell feuer zu überschütten und zum Angriff zu schreiten Die Artillerie, welche infolge der Witterung als Fernwaffe nicht zu verwenden war, ging mit der Infanterie vor und unterstützte deren Anlauf durch Feuer aus nächsten Entfernungen. So gelang es dem linken Flügel der 88. Brigade, den rechten feindlichen Flügel zurückzudrängen, und hätte wohl auch der noch standhafte feindliche linke Flügel der Rückwärtsbewegung sich anschließen müssen Der Erfolg der 88. Brigade war aber nicht von Ausschlag gebendem Einfluß, denn inzwischen war der linke Flügel der blauen Armee eingedrückt worden. Die Armee ging nach Westen zurück und mußte sich deshalb auch die 88. Brigade dem Abzug nach Westen anschließen. Letzterer erfolgte über Kirchberg bis Gers dorf; hier hielt die Brigade und stellte Vorposten in Höhe von Erlbach aus. Roth. Der Führer der 89. Brigade hatte, nachdem der Anschluß an die rothe Armee durch den Abmarsch auf Adorf wieder hergestellt war, vom commandiren- den General des 3. Armee-Corps den Befehl erhalten, den durch das Gelände wenig begünstigten linken Flügel der Armee südlich Neustadt zu decken. Der Führer hatte beschlossen, dies durch eine Besetzung der Höhen nordöstlich Leukersdorf zu thun und hatte dem entsprechende Befehle bereits ausgegeben, als während der Nacht die Nachricht einging, daß der Feind sich soeben in den Gehölzen am Fürstenweg westlich Neu kirchen festgesetzt hätte. Dadurch wurde die Bedrohung des linken Flügels der Armee noch schärfer, und es blieb für die 89. Brigade nichts anderes übrig, als die nächste, an Neustadt gelegene Höhenlinie, die Höhen zwischen Stelzendorf und Neukirchen, zu besetzen. Dorthin wurden am frühen Morgen die Truppen der 89. Brigade in Marsch gesetzt und dicht südlich Stelzen dorf, Front nach Westen aufgestellt. Da dichter Nebel das ganze Gelände bedeckte, war der Führer lediglich von den Patrouillenmeldungen abhängig. Nach und nach wurde bekannt, daß der Gegner nicht von Westen auf den Fürstenweg vorging, sondern über Pfaffenhain auf Neukirchen vormarschirte. Nun ließ der Führer die Front nach Süden nehmen, die Artillerie auffahren und stellte die beiden Jnf.-Regimenter auf den Flügeln der Artillerie-Linie auf. Bald wurde bekannt, daß starke feindliche Kräfte unter dem Schutz des Nebels unbeschosien bis Neukirchen, zu Füßen der 89. Brigade, angelangt waren. Aber der Nebel ge stattete keine Feuerwirkung und so entschloß sich der Führer, eine Entscheidung durch gewaltsamen Angriff auf Neukirchen herbeizuführen. Er befahl feinem linken Flügel — dem Reg ment 134, welchem eine Abtheilung Feldartillerie-Regiments 68 zugetheilt wurde — auf Neukirchen vorzustoßen, während der rechte Flügel sich in seiner Stellung behaupten sollte. Noch war der Befehl nicht zur Ausführung gelangt, als der Gegner angriff und, den rechten verhaltenen Flügel — Infanterie-Regiment 133 eindrückte. Da mit wurde einem weiteren Vorschreiten des linken Flügels Halt geboten und begann die Brigade vom rechten Flügel aus nach Nordosten abzuziehen. Der Gegner folgte nicht, er trat vielmehr nach kurzer Zeit den Rückzug nach Westen an, denn inzwischen war die Entscheidung des Tages auf dem rechten Flügel der Armee zu Gunsten von Roth gefallen. Die 89. Brigade konnte daher halten und später dem zurückweichenden Gegner nachfolgen. Sie hielt' auf Befehl des General-Kommandos bei Leukersdorf und stellte Vorposten bei Kirchberg aus. — Hoheusteiu - Ernstthal. Die Zählung der Obstbäume in hiesiger Stadt hat zu folgendem Er geb niß geführt: a) in Gärten: 2293 Aepfel-, 3275 Birnen-, 2419 Pflaumen-, 889 Kirschbäume; 5) in offener Flur: 209 Aepfel-, 290 Birnen-, 2 Pflaumen-, 742 Kirschbäume. — Zu den Manöverbummlern in hiesiger Gegend zählte auch ein Schriftsetzerlehrling aus Chemnitz. Am Montag früh war derselbe statt zur Arbeit zu gehen, ins Manöver abgerückt; aus Furcht vor den wohl verdienten „25" getraute er sich nun nicht nach Hause; die erste Nacht schlief er im Zeisigwalde, die nächste Nacht im Abort in einem Hause der Kasernenstraße. Am Morgen wurde er hier entdeckt und zur Polizei geschafft. Das Bürschchen wurde bald darauf den besorgten Eltern zugeführt. — Der Weber Nobis in Glaucha« ist einer von jenen Leuten, welche es lieben, aus dem Ver borgenen Pfeile gegen andere Leute abzufchießen und sich in Schadenfreude die Hände zu reiben. So hatte dieser Nobis einen Schäfereipächter in Werns dorf bei der Kgl. Amtshauptmannschaft wegen Feuer gefährlichkeit in seinem Grundstück denunzirt, ein Ehe paar in Höckendorf in einer Zuschrift an die Staats anwaltschaft Zwickau aber gar des Mordes bezichtigt. Beide Schriftstücke unterschrieb der dunkle Ehrenmann mit falschen Namen. Wegen Urkundenfälschung wurde jetzt Nobis zu 6 Monaten 4 Tagen Gefängniß und 3 Jahren Ehrenrechtsverlust verurtheilt. — Waldenburg. Am Sonntag ist in Ober winkel eine dem Gutsbesitzer August Kühnert daselbst gehörige Strohfeime im Werthe von 450 Mark, die jedoch mit 430 Mark versichert war, niedergebrannt. Entstehungsursache ist zweifellos Brandstiftung von dritter Hand. — Chemnitz, 14. Sept. Eine zuletzt hier wohnhaft gewesene 31 Jahre alte Strumpfwirkers- wittwe hatte sich am Donnerstag Nachmittag in der 6. Stunde unter Mitnahme ihrer 3 Kinder, eines 7 jährigen Mädchens und eines 4 jährigen und eines 1jährigen Knaben, unter Umständen aus ihrer Wohnung entfernt, die auf Selbstmord schließen ließen. Heute Morgen ist nun die Frau in Limbach aus dem dor tigen Neuteich mit ihren zwei jüngsten Kindern todt herausgezogen worden. Das 7jährige Mädchen ist abends der Mutter, als dieselbe zu der schrecklichen That verschritt, entlaufen. Langjähriges Nervenleiden soll die Frau zu der unseligen That getrieben haben. — Zwickau, 13. Sept. Gestern Abend ereignete sich im Walzwerke des König Albertwerkes ein schwerer Unglücksfall. Beim Bruch einer Blockwalze wurden der Walzer Teichert und Walzmeister Schuster dadurch schwer verletzt, daß sie von den herabfallenden Bruch stücken mit in die Vertiefung gerissen wurden, wobei Schuster erhebliche Quetschungen erlitt, während dem Walzer Teichert, welcher Vater einer zahlreichen Familie ist, das Fleisch fast vom Körper gedrückt wurde, außerdem erlitt er einen Beckenbruch. Der Verletzte wurde dem Stadtkrankenhause zugeführt; an seinem Auskommen wird gezweifelt. Der Walzmeister wurde in seine Wohnung gebracht. — Freiberg. Großes Aufsehen und all gemeine Theilnahme erregen die noch nicht aufgeklärten Vorgänge innerhalb einer angesehenen, seit etwa 30 Jahren hierselbst bestehenden Cigarrenfabrik und Tabakhandlung. Der eine Theilhaber der Firma, Herr H., hat gestern Nachmittag in seinem Comptoir seinem Leben selbst ein Ziel gesetzt, während der andere Theilhaber, Herr W., sich seit gestern aus seiner Wohnung entfernt hat. Man fand ihn heute Nach mittag in erschöpftem Zustande im Hospitalwalde. — Rochlitz, 13. September. Ein Strolch, der sich feit einiger Zeit in unserer Gegend umhertreibt und Frauen und Mädchen überfällt, hat gestern Vor mittag ein neues Sittlichkeitsverbrechen an einer Frau auf einem Felde im Lippegebiet verübt. Obgleich von hinzukommenden Männern die Verfolgung des frechen Hallunken sofort ausgenommen wurde, ist er doch ent kommen. In der Nähe der Dammschen Oekonomie verschwand er im Gehölz. Er war nur mit Arbeits hosen und schmutziggrauem Parchenthmd bekleidet. Dem Alter nach wird er auf ungefähr 30 Jahre ge schätzt. Ein gleiches Verbrechen ist vorgestern an einer 40jährigen Frau aus Gröblitz ebenfalls auf einem Felde begangen worden. Tagesgcschichte. Sofia, 13. September. Die „Agence Bulgare" meldet: Da die Mannschaften der letzten 8 Jahrgänge Reserve des Militärbezirks Silistria nicht genügend aus. gebildet sind, werden dieselben dem Gesetz entsprechend zu einer dreiwöchigen Waffenübung einberufen. (Klingt ganz wie eine versteckte Drohung gegen Rumänien.) Das Regierungsblatt „La Roumaine" veröffent licht nachfolgendes Communique: „Laut Informationen, die aus Küstendsche eingegangen sind, nehmen die bulgarischen Truppenbewegungen an der rumänischen Grenze immer größere Dimensionen an. Die Recognoscirungen seitens der bulgarischen Kavallerie werden immer häufiger und zahlreiche Batterien wurden an verschiedenen Punkten der Grenze plazirt." Die Abendausgabe desselben Blattes berichtet officiell: „Die rumänische Regierung hat heute an die europäischen Kabinette eine Note gerichtet, worin sie die Ausmerk, samkeit derselben auf die Armirung der bulgarischen Donaufestungen lenkt, welche, wie bekannt, mit den Bedingungen des Berliner Traktates nicht im Ein klang steht." Weitere Meldungen besagen, daß die bulgarische Kriegsverwaltung in ganz Bulgarien Pferde für die Kavallerie requiriren läßt. An der Grenze der Dobrudscha treffen unausgesetzt frische bulgarische Regimenter ein. Auch große Quantitäten von Munition wurden herbeigeschafft. Man glaubt, daß die Bulgaren einen militärischen Ueberfall planen. Große Aufregung rief hier die Meldung hervor, daß ein etwa 40 Mann zählendes bulgarisches Truppendetachement die kleine Donauinsel Pirgos bei Girgewo besetzt hat und daß zum Schutze derselben auf dem gegenüberliegenden bulgarischen Dvnauufer eine Strandbatterie errichtet wurde. Rumänischerseits wurden zwei Kanonenboote «zur Blvckirung der Insel abgesendet. Ferner wurden den in der Dobrudscha stationirten Truppen die Er- Igänzunz an Artillerie und Genietruppen beigegeben. Wahre Sensationsnachrichten werden dem „B. T." aus Pest telegraphiert. Am Sonntag wurden von Silistria auf das rumänische Kriegsschiff „Siretul" drei Kanonenschüsse abgegeben. Der Kommandant Boerescu antwortete gleicherweise und fuhr rasch weiter. Gleichfalls am Sonntag griffen die Bulgaren das rumänische GrenzwachthauS bei Arab-Tabia in der Dobrudscha an. Die rumänische Regierung ist zur Verhinderung der Aufregung bemüht, die Alarm nachrichten zu verheimlichen. Der Kriegsminister hat sich nach Dobrudscha begeben und aus Sulina vier Kriegsschiffe donauaufwärts beordert. Der Orta« i« Texas. London, 12. Sept. „Evening News" meldet aus Newyork: Das Unglück von Galveston hat an Schrecken zugenommen, man nimmt jetzt an, daß an 10000 Personen nmgekommen sind. Der Verlust an Eigenthum wird auf 200 Mill. M. geschätzt und der Verlust an Baumwolle und Baumwollernte soll diese Summe um zwölf Millionen Doll, übersteigen. Zu den Schrecken des Todes und der Ent behrungen kommt noch hinzu, daß ein Theil der Be völkerung Galvestons zu plündern begonnen hat. Militär wird hingeschickt, das der Plünderung Ein halt gebieten soll. Es ist kaum ein bewohnbares Haus stehen geblieben. Beinahe jedes Geschäftshaus ist beschädigt und unbrauchbar. Jn den Läden steht das Wasser drei bis zehn Fuß hoch. Das Sealy- Hospital wurde demolirt und die meisten Patienten ertranken. Die Ball'sche und die Rosenburg'sche Schule wurden auch zerstört und viele Personen, die sich hineingeflüchtet hatten, wurden getödtet. Man befürchtet, daß ein großer Theil der Kompagnie Soldaten in der San Tacinto-Kaserne umgekommen ist. Wahrscheinlich haben hundert Städte unter dem Orkan gelitten. Neworleans, 13. September. Ein Zug der Northern Pacific-Eisenbahn, der von Neworleans nach Galveston fuhr, verunglückte Freitag Nacht an der Bai von Galveston in der Nähe des Leuchtthurms. Hierbei wurden 85 Personen getödtet, 15 Personen konnten gerettet werden. Dieselben fanden Unterkunft im Leuchtthurm. Nach anderen Berichten glaubte die Bevölkerung von Galveston nicht, daß der Sturm heftig werden würde, als er begann, sie blieb darum in den Häusern. Als dann der Orkan losbrach und das Wasser gegen die Häuser schlug und sie zerstörte, kamen viele Per sonen darin um. Ganze Familien starben, während manche Personen wunderbar entkamen. Ein Mann berichtet, es seien fünfzig Personen in dem Hause umgekommen, aus dem er selbst unversehrt entkam. Aus St. Marys-Hospital, in dem die Zahl der Patienten selten unter hundert ist, entkamen nur acht Personen. Man befürchtet, daß ein großer Theil der Kompagnie Soldaten in der San Jacinto-Kaserne umgekommen ist. Galveston ist als Geschäftsstadt ruinirt, da die Versicherungsgesellschaften für solche Verluste nicht aufkommen und die Dampferlinien ge schützte Häfen aufsuchen werden. Die Zerstörung der Stadt Galveston, die in ihrer freundlichen, anheimelnden Bauart, mit ihrem schönen, in der letzten Zeit auch für die Aufnahme großer Oceandampser erweiterten Hafen jedem Besucher den angenehmsten Eindruck hinterließ, war die dritte Katastrophe, die über Galveston hereinbrach. Einige Jahre vorher hatte eine Ueberschwemmung gewaltigen Schaden angerichtet, kurze Zeit danach waren durch eine Feuersbrunst einundvierzig Häuserblocks einge äschert worden. Ueber beides hatte den Bewohnern der so Heimgesuchen Stadt der kaltblütige Sinn der Amerikaner, der allen Ereignissen gelassen gegenüber steht, bald hinweggeholfen. Dieser letzte, größte Schlag aber wird schwerer zu verwinden sein; und das Mit gefühl der ganzen Welt ist den Unglücklichen von Galveston gesichert. New-Aork, 14. September. Die'Verluste an Menschenleben bei der Katastrophe in Texas werden sehr verschieden eingeschätzt. Bürgermeister Jones von Galveston schätzt die Zahl der Umgekommenen auf 3000. Es sind 5000 Familien obdachlos. Es herrscht große Noth. Die halbe Stadt ist total zerstört; kein Gebäude ist verschont geblieben. Kein Wasser und kein Licht ist vorhanden. „Evening Journal" erhält eine Spezialdepesche aus Virginia, in der es heißt: 8000 Todte liegen in Galveston allein. Die städtischen Behörden lassen manche demolirte Gebäude anzünden, um die Gefahr von Epidemien durch verwesende Leichen abzuwenden. Etwa fünfzig Diebe, meist Neger, wurden standrechtlich erschossen. Die Verbindung ist mangelhaft und nur per Boot möglich. Viele Dampfer sind zerstört. Der Schaden wird jetzt aus 45 Millionen geschätzt. Aerzte und Proviant sind von New-Jork abzegangen. Frankfurt a. M., 14. September. Die„Fraakf. Ztg." meldet aus Newyork: Die Morgenblätter erklären, es sei kein Zweifel mehr, daß in Galveston allein 6000 bis 8000 Leichen zu verzeichnen seien, bis jetzt sollen 4000 davon gefunden sein. Die Lage der Ueberlebenden spottet jeder Beschreibung; Morde sind an der Tages ordnung, auch hundert Leichenräuber, meist Neger, wur den abgefaßt. Energische Maßregeln werden getroffen und die Hilfeleistungen sind im Gange. Die hiesige Handelskammer sammelt Tausende von Dollars. Die ins Meer geworfenen Leichen werden zu Hunderten wieder an den Strand geworfen. MchiMZ. Trient, 13. Septbr. Die Ortschaft Spiazzo im Cembrathale ist vollständig niedergebrannt. Es konnte nichts gerettet werden. Transvaal. London, 14. September. „Daily Telegraph" meldet aus Lorenzo Marques von gestern: Es ver lautet dort, Botha habe das Kommando über die Streit kräfte der Buren niedergelegt und werde durch Viljoen ersetzt. Wie die „Daily News" aus Prätoria von gestern berichten, erhielt Frau Krüger ein Telegramm ihres Gemahls aus Lorenzo Marques, in welchem sie der selbe bittet, dorthin zu ihm zu kommen. Frau Krüger erwiderte, ihr Gesundheitszustand gestatte ihr nicht zu reisen. Brüssel, 13. S . Die hiesige Gesandtschaft theilt mit, daß Dokwr Leyds nebst seinen beiden
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