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pv 296, 20. Dezember 1912 Nichtamtlicher Teil. vörsenblau f. d. Dljchri. Buchhandel. 16203 Stoffe, Stickereien, Holzschnitte, bemalte Glaswaccn, Majoliken und viele andere Gegenstände der sogenannten, jetzt wieder ausgiebig studierten Kleinkunst, so daß damit nicht nur Kunst kennern, sondern auch Laien eine wahre Fundgrube des Wis sens geboten wird. Durch den soeben erschienenen dritten Band der 6in- guant' anni <Ii storin itatirrnL (U. Hoepli, Mailand; das komplette Werk Frcs. 36.—) ist nun ein aus zahlreichen Monographien bestehendes Werk zum Abschluß gebracht wor den, das über das 50jährige Bestehen des vereinigten Italiens wertvolle Beiträge aus allen Gebieten unseres öffentlichen Le bens enthält. Dieser dritte Band ist speziell der Volkswirt schaft gewidmet, und mit hohem Interesse wird man die Auf sätze Stringhers über den auswärtigen Handel und die Han delspolitik und Colettis über die italienische Auswanderung nach dem Jahre 1860 lesen. Colettis voll' emlArariono italirrna ist dieser Tage bei u. Hoepli, Mailand <Frcs. 10.—), auch als Separatdruck erschienen. Die Herren Giotto und Marinelli haben über ihre Reise nach unserer Ansiedlung in Erithräa in dem Band kisuItut 1 sviontikiei äi un viapxio nolla Oolonis, Lri trea Bericht erstattet, und durch das lr.-Istituto äi Stuck! suporiori p r rr ti e i - Florenz (Frcs. 20.—) ver öffentlicht. Das OollkAiv Lralckieo in Rom hat soeben den zweiten Band seines I-ibro ck'oro äolla nobiltä italiana (Frcs. 10.—) herausgegeben. G. Oberosler. Das Plakat. Plakatkunst. — Zwei Plakate des Sortiments buchhandels. — Ein neues Buch über Plakat und Plakatkunst. Von allen Künsten ist die des Plakats die jüngste. So alt das Plakat selber ist, und so weit seine Geschichte bis in die frühe Kul- turwclt zurückvcrfolgt werden kan», so spät erst haben doch Künstler begonnen, sich ihm zu naher» und den dankbaren Stofs zu meistern. Kaum drei Jahrzehnte mag es her sein, seit man von einer »Plakatkunst« spricht. In Deutschland ist diese kurze Vergangenheit sogar noch knapper begrenzt; den» schon lange vor den gelegentlichen Betätigungen Ferdinand Kellers (Karlsruhe), Franz Stucks (München), Max Klingers (Leipzig) in dieser Rich tung, hatten französische Künstler, wie Chsrct, Toulouse-Lautrec, Billette, Grastet, Forein, Alphonse Mucha und andere, mit großem Erfolge die Plakatkunst bei weitem ausschließlicher gepflegt und zu einer bald sehr geachteten, besonderen Kunstgattung erhoben; in England war es Dudley Hardy, der dem Künstlerplakat den Boden für fruchtbare Nachfolge bereitete, tu Belgien stellten fast gleichzeitig mit den genannten Franzosen tüchtige Künstler, wie Mignot, Tous saint, Prlvat-Livremont, Meunier, ihr Schassen in de» Dienst der Plakatrcklame. Beschränkte sich der stoffliche Inhalt der ersten Plakate dieser Art aus Anpreisungen aus dem Gebiete der Pariser oder Brüsseler Lebewelt, so erweiterten sich diese Grenzen bald. Weite Kreise in Handel und Wandel, Gewerbe und Industrie be gannen, den ungeahnten Wert der Neuheit zu schätzen, und bewarben sich mit Eiser um künstlerische Mitwirkung bei ihrer Reklame. Vom Pariser Boulevard verbreitete sich das Künstlerplakat zunächst nach den Verkchrszcntren Englands und insbesondere Nordamerikas, wo die einfache, allerdings sehr farbenfreudige Asfiche schon längst ein bevorzugtes Reklamemittel war, durch tollen Überschwang aber sich lästig machte und damit, wie zugleich auch durch nüchternes Einerlei der Form, ihre suggestive Kraft säst erschöpft hatte. Wenn dagegen in Deutschland bas künstlerische Plakat erst später Eingang gesunden hat, so ist die deutsche Plakatkunst doch nicht zurückgeblieben. Sie hat sich im Gegenteil schnell und erfreulich entwickelt, die deutsche Graphik hat sich ihr bereitwillig und tatkräftig erschlossen und sic durch hervorragende technische Leistungen gefördert. Das Vorstehende sagt unfern kundigen Lesern nichts Neues. Hat doch auch das Börsenblatt mehrfach Gelegenheit gehabt, von der allgemeine» Wertschätzung der Plakatkunst Kenntnis zu nehmen und zu geben, wie solche in Ausstellungen, Vorträgen und nicht zuletzt auch ln eifriger Sammlertätigkeit zum Ausdruck kommt. Auch der deutsche Sortimentsbuchhandel ist im Begriff, mit beredten Pla katen hinauszutreten in den Lärm und das Gewoge der Straße, aus gleiche Weise in belebten Jnnenräumen zu erscheinen, um auch dort ein bescheiden eindringliches Wort an die mehr oder minder zahlreiche Menge zu richten. Schon vor zwei Jahren, zur Weihnachtszeit, hat die »Orts gruppe Esten des Buchhändler-Börsenvereins« damit den Anfang i gemacht. Eine verkleinerte schwarze Zeichnung ihres sechsfarbigen Plakats findet sich in Nr. 256 d. Bl. vom 2. November 1012. »Ein gutes Buch, bas beste Geschenk«, so lautet die kurze Mahnung, die als leuchtende Überschrift das Ganze beherrscht. Unten am Rande der Sinnspruch i »Wissen ist Macht«. Im oberen schmalen Mittel felde der Veretnsname: »Ortsgruppe Esten des Buchhändler-Börsen vereins«, darunter im zweiten, geräumigeren Mittelseide die Namen der ihr angehörtgen acht Firmen. Zwei Eulen neben einem auf geschlagenen Buch umrahmen das Mahnwort und kennzeichnen die Wissenschaft; in den unteren Ecken, »eben dem Sinnspruch, wieder holt sich das hier verkleinerte Symbol der Minerva. Tie Größe des Plakats ist 62i 42 cm. Der Zeichner ist F. v. Russen. Wie die Ortsgruppe versichert, hat sich diese Reklame als sehr erfolgreich er wiesen. Sie stellt das Plakat dem Gesamtbuchhandel zu mäßigem Preise zur Verfügung, desgleichen auch Zinkklischees der Zeichnung für Jnseratzwecke. In der diesjährigen Herbstversanimlung des Verbandes der Kreis- und Ortsvercine tu Bayreuth am 14. und 15. September berichtete Herr Max Holland (vgl. Nr. 248 d. Bl.) im Aufträge des Stuttgarter Buchhändlcrveretns über besten Durchführung des glei chen Propaganda-Gedankens für das Buch als Geschenk. Diese Propaganda war in Stuttgart in Form gemeinsamer Zeitungs anzeigen ersolgt, nachdem schon der Wllrttembergische Buchhändler verein damit und mit besonderem Hinweis auf den überall gleichen festen Ladenpreis seit Jahren vorangegangen war. Im Kreise der in Bayreuth versammelten Kollegen hatte aber auch der Vertreter des Münchener Buchhändlervereins ein Plakat dieses Vereins zur Vorlage gebracht, das allgemeinen Beifall fand. Eine verkleinerte Abbildung, welche die augenfällige starke Wirkung des Plakats (Größe 72: 48 om) gut erkennen läßt, findet man in Nr. 237 d. Bl. Den oberen Rand stillt die Überschrift: »Das beste Weihnachts geschenk ist ein gutes Buch«. Der untere Raum trägt den Aus druck: »Die Münchener Buchhandlungen«, natürlich mit Änderung der Ortsbezeichnung entsprechend anderweitiger Verwendung. Den Mittelraum beherrscht, von achtseittgcm Rahmen umfaßt, ein ein fach gehaltenes, äußerst wirksames Bild. Vor tiefdunklem Hinter grund leuchtet eine Weihnachtskerze aus geschmücktem Tannen zweig. Sie bestrahlt das grüne Gezweig und zugleich eine Tisch- släche mit malerischem Aufbau von Büchern. Wir erinnern uns nicht, jemals früher ein Reklameplakat einer oder mehrerer S o r t i m e n t s buchhandlungen gesehen zu haben. Aber wir erinnern uns aus einer ziemlich weit zurückliegenden Vergangenheit einer sehr allgemeinen Gewohnheit im damaligen Ver lagsbuchhandel, fast allen größeren neuen Unternehmen Plakate mit ans den Weg zum Sortimenter zu geben, mit denen dieser dann, wenn seine Kundschaft nicht gar zu erhaben war, meist jede leere Fläche im Lade», im Schaufenster oder außen an der Ladensront bedeckte. Schön war anders, zumal dieses bunte Allerlei gegen äußere Einwirkung wenig haltbar war und bald einen noch viel un schöneren Anblick bot. Aber wenn auch etwas jahrmarktmäßig, so gab der unschöne Aufputz dem Buchlaben doch ein gewisses Charakte ristikum als Verkaufsstand. Der lebhafte, sehr gemischte Verkehr in den damals meist kleinen Läden scheint die Nichtigkeit dieser Auf fassung zu bestätigen. Freilich gab es noch keine Gewcrbefrethett. Aber »och vor dieser, schon Anfang der sechziger Jahre, begann man sich im Sortiment, wenigstens der größeren Städte, aus die Vor nehmheit seiner Ware, des Berufs und entsprechend guten Geschmack zu besinnen. Aus dem Bücherladen wurde eine Art Salon. Man bestellte die Matte des Fußbodens mit Sitzgelegenheiten und pracht werkbeladenen Tischen, oft mußte sogar der erbgesefsene ehrwürdige Ladentisch in die Verbannung eines Packraums wandern; die früher zumeist weit geöffnete Ladcntür kehrte zu ihrer Zweckbestimmung zurück. Leihbibliotheken, desgleichen Papier- w.-Verkauf und andere Nebenzweige, wie solche früher auch in großen Städten vielfach mit dem Buchhandel verbunden waren und bedeutend zur Belebung des Ladenverkehrs beigetragen hatten, wurden mehr und mehr abgcstoßen. Nun war man mit dem gebildeten, gelehrten, bllcherfreundlichcn Teil seiner Kundschaft mehr unter 2107»