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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 28.08.1900
- Erscheinungsdatum
- 1900-08-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-190008282
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-19000828
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-19000828
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-08
- Tag 1900-08-28
-
Monat
1900-08
-
Jahr
1900
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 28.08.1900
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großen, glänzenden Zeiten entgegen; dann hat es dar Anrecht darauf erworben, mü zu der kleinen Ge meinde der Völker zu treten, welche die Geschicke dieser Welt lenken werden, — und Javan in allen seinen weiterdenkenden Elementen will diese Probe gut be stehen. Japan kennt schon viel zu viel von der west europäischen Kultur, als daß es nicht einsehe, daß diese bestimmt ist, die Welt zu erobern, und mit aller Kraft arbeitet man in den Metropolen des ostasiatischen Jnselreichs daran, den großen Völkern des Westens ebenbürtig zu werden. Eine große, starke Kulturmacht nicht nur zu werden, sondern als solche auch anerkannt zu werden, das ist Japans sehnlicher Wunsch; um dieses Ziel zu erreichen, ist eS in der Lage, selbst Opfer zu bringen, ohne weitere Entfchädigung dafür zu haben. Eintreffen de* deutsche» Nerwnndrten- Trausports i» Neapel. Der Lloyddampfer „Stuttgart" hat gestern die ersten Verwundeten und Kranken von den deutschen Matrosendetachements, die in China kämpften, in einen europäischen Hafen, nämlich Neapel, gebracht. Die wackeren Krieger, die nun bald auch in Deutschland eintreffen werden, befinden sich glücklicher Weise, von wenigen bedauerlichen Ausnahmen abgesehen, ver- hältnißmäßig wohl und freuen sich der Rückkehr in die Heimath. Viel des Interessanten wissen sie natürlich von den blutigen Kämpfen zu erzählen, in denen sie mit ihren noch draußen weilenden Kameraden in vorderster Linie die Taku-Forts erstürmten. Näheres berichten folgende Telegramme: Neapel, 25. August. Heute Nacht langte über Messina der Lloyddampfer „Stuttgart" mit den ersten Verwundeten und Kranken aus den Kämpfen bei Taku an Bord an. Die Zahl der Verwundeten be trägt fünf, von denen vier bereits einigermaßen wieder hergestellt sind und an Bord spazieren gehen können, nämlich der Oberverwaltersmaat Casimir, der Matrose Schoppengert, der Oberbüchsenmachersmaat Letherz und der Matrose Santowsky. Der Heizer Buhr starb unterwegs und wurde am 2. August in Penang mit militärischen Ehren begruben. Das Aussehen der an Bord befindlichen Mannschaften der Schiffe „Jaguar", „Iltis", „Auguste Victoria", „Hertha", Hansa", „Irene" und „Gefion" ist vorzüglich, während der Zustand der Soldaten der Seebataillone manches zu wünschen übrig läßt. An Kranken befinden sich 72 an Bord der „Stuttgart", meist leiden sie an Malaria, Dysenterie, vor allen aber an Rheumatismus, der durch Ueberanstrengung in den Tagen der Kämpfe herbeigeführt worden ist. Die Freude der Leute, die Heimath bald wiederzusehen, ist nicht zu beschreiben. Nach dreijähriger Abwesenheit kehrt an Bord des Dampfers „Stuttgart" auch das Ablösungskommando der „Auguste Victoria" zurück, welches hervorragenden Antheil an den Kämpfen bei Samoa genommen hatte und schließlich nach Ostasien kommandirt wurde, wo es zahlreiche Kämpfe und Verluste erleiden mußte, anstatt in die Heimath zurückzukehren. Die schwer Verwundeten sind verhältnißmäßig wohl. Die Besserung in Kapitän Lans' Befinden hat erhebliche Fortschritte gemacht, obwohl er zeitlebens ein schwaches Bein be halten wird. Alle sind jedoch stolz auf die über standenen Strapazen und Kriegsabenteuer. Ueber die Haltung der Franzosen und Russen sind alle des Lobes voll, während unsere deutschen Soldaten mit den Engländern weniger sympathisiren. Als Kapitän Lans mit dem „Iltis" an der „Algerine" vorbeifuhr und sich direkt unter die Kanonen der Takuforts stellte, rief ihm der englische Kommandant durch das Sprach rohr zu, er möchte sich nicht tollkühn in Gefahr be geben, es würde weder das Schiff, noch ein Mann zurückkehren, und doch wären ohne den Opfermuth der „Iltis" die Forts nie genommen worden. — Heute empfing der Dampfer den Besuch des Generalkonsuls und mehrere Mitglieder der deutschen Kolonie. Die beabsichtigte Begrüßung durch die neapolitanischen Be hörden mußte unterbleiben, da die Ankunftszeit des Dainpfers unbekannt war. Um 2 Uhr lichtete „Stuttgart" die Anker und langt in zehn Tagen in Bremen an. Die deutsche Kolonie brachte in Barken den tapferen Seeleuten lebhafte Abschiedsgrüße dar. Neapel, 25. August. Sehr interessant ist, was das Tagebuch des Obersignalmaaten Boos über den Kampf bei Taku am 17. Juni enthält: „Gestern Nacht hörten wir endlich den ersten Kanonenschuß. Gleichzeitig sahen wir zwischen weißen Rauchwolken, erleuchtet vom Feuer der Kreuzer, ziemlich nahe die chinesischen Schiffe. Mit dem Fernrohr unterschied man deutlich ihre Armiruna. Bald folgte ein zweiter Schuß, wieder ins Leere. Wir beginnen zu antworten, jeder Schuß ein Treffer. Endlich erhält der „Iltis" auch einen Schuß, den ersten, der dem Feinde glückt, und von jetzt ab dauert die Kanonade 7 Stunden an. Der „JltiS" beginnt Wasser zu schöpfen. Alle Mann an die Pumpen! Eine fieberhafte Bewegung an Bord und doch erstaunliche Ruhe, in der Jeder nur auf die Kommandoworte lauscht. Endlich beginnt es während einer entsetzlichen Kanonade, welche den „JltiS" in allen Fugen krachen macht, zu dämmern. Die Chinesen schweigen, großer Enthusiasmus unter Offizieren und unter Mannschaften. Der Kapitän läßt mich rufen. „Wenn Du Muth hast, geh' auf den Mast und sieh, wo die Hunde stecken!" Ich klettere hinauf und sehe, wie sich die Flotte entfernt. Da, während ich ausspähe, ein Mitrailleusenschuß, der den unteren Theil der Leine fortreißt. Als ich hinab kletterte, mußte ich mich fallen lassen. Ich suche den Kapitän; er ist verwundet. Der letzte von den fliehenden Chinesen abgefeuerte Schuß hat ihn getroffen, er sucht sich zu erheben; ich helfe ihm, aber er kann nicht mehr stehen, er wird auf die Kommandobrücke gebracht, wo er ohnmächtig wird. Wir tragen ihn herab, da erwacht er und ruft ingrimmig: „Ihr seid verantwortlich dafür, daß Ihr mich mit Gewalt von meinem Posten schleppt." MchMes. Hohenstein-Ernstthal, 27. August 1906 K!Nheuuuger von allgemeinem Interesse werden dar!bar ent zegengenommen uno eveutl. honsrirt? — Hohenstein-Ernstthal, 27. August. Die Garde-Compagnie leitete ihr diesjähriges Schützenfest durch einen Zapfenstreich am Sonnabend Abend ein. Das Schießen nach der Preisscheibe begann Sonntag Nach mittag, Abends fand im Saale des „Bergmannsgruß" öffentlicher Ball statt. Das rege Leben auf dem Festplatze wurde durch das schöne Wetter außerordentlich begünstigt — Nach dem Generalmarsch versammelten sich heute Montag Vormittag 10 Uhr die Schützenbrüder im Stadt haus; darauf erfolgte die Einholung des Königs und der Empfang der Gäste am Rathhaus. Dem Festauszug um 1 Uhr schloß sich eine Tafel an; dann wurde das Schießen nach der Preisscheibe fortgesetzt; um 4 Uhr be gann die Ballmusik. Das Fest wird Mittwoch Abend sein Ende erreichen. — Die Wüstenbrander Straße war ain gestrigen Sonn tag außerordentlich belebt, besonders in den Abendstunden. Eine große Anzahl der Paffanten strebte dem „Berg mannsgruß" zu, in welchem die Garde-Compagnie ihr diesjähriges Schießen abhielt; im nebenangclegeneu Gast haus zur „Zeche" fand das diesjährige Bezirksturnfest des 3. und 4. Kreises vom Arbeiter-Turnerbund statt, das auch sehr stark besucht war. Die jungen Leute be gaben sich zum großen Theile nach Grüna zum Kirch weihfest. Dortselbst schien es, als ob das neuerbaute Hotel Claus das Rendezvous aller Fremden darstellts; trotzdem der Saal für eine bedeutende Anzahl Besucher berechnet ist, konnte man sich nur mit Mühe durch die sich besonders an den Ausgängen stauende Menge zwängen. Hatte man sich dann neugestärkt durch die vorzügliche Bewirthung des Herrn Claus, so begab man sich wohl nach dem gegenüberliegenden großen Platze, der m't einer Vogelwiese große Aehnlichkeit hatte. Alles war hier zu finden: Carouffel, Schaukel, Schießbude rc., und nicht zu allerletzt eine große Menge fröhlicher Kirmesgäste. — Erwähnt sei übrigens gleich im Anschlusse hieran, daß Mittwoch, den 29. August, im Hotel Claus die berühmte Chemnitzer Stadtkapelle unter Pohls Leitung ein Concert giebt, das sicherlich auch diesmal auf alle Musikfreunde von Grüna und Umgebung große Anziehungskraft aus üben wird. — Oberlungwitz. Der Vortragsabend des Evangelischen Arbeitervereins am Sonntag 19. Aug., war ein in jeder Beziehung genußreicher, sprach doch Herr P. Kleinpaul-Bernsdorf über ein Thema, wie es zeitgemäßer nicht gewählt werden konnte, über „China"; und zwar ließ er sich darüber auS: 1. als guter Deutscher und 2. als evangelischer Christ. Aus gehend von den neuesten Berichten vom Kriegsschau platz gab er eine gedrängte Uebersicht von Land, Leuten und der Geschichte Chinas, um dann di, deutsche Politik gegenüber China zu beleuchten, wobei er besonders die innere Berechtigung Deutschlands, Weltpolitik zu treiben, betonte. Den Stand der Dinge jetzt und in Zukunft erläuterte er an der Hand der von Bülow'schen Auslassungen. Im 2. Theile wies der Herr Vortragende die Anschuldigungen unver ständiger und boshafter Leute und Zeitungen ent schieden zurück, daß die evangelische Mission oder auch die Erwerbung KiautschouS die Ursache der jetzigen Unruhen feien, vielmehr wies er nach, daß das Ver halten Englands und Frankreichs China gegenüber und die katholische Mission mit ihrer Vermischung von Religion uno Politik einen großen Theil der Schuld trage. Wir evangelischen Christen, so schloß ungefähr der Herr Vortragende, schenken unseren Staatsmännern das Vertrauen, daß sie das Beste wollen. Wir wünschen dem Unternehmen Glück und Gottes Segen. Auch wir evangelischen Arbeiter, treu, deutsch-national gesinnt, begleiten das Unternehmen mit unserem Gebete, wir wissen, daß die von Gott befohlene Mission, ob wohl jetzt so arg geschädigt, dennoch die Herzen auch jener Heiden durchdringen, wir hoffen, daß sie bald wieder kräftig ihr Haupt erheben wird. Wir schreiten vorwärts froh und gern, Denn siegen muß das Werk des Herrn. Die zahlreiche Versammlung, in der sich auch einige Freunde vom Hohenstein-Ernstthaler Bruder verein befanden, belohnte den Herrn Vortragenden für seine tiefdurchdachten, klaren und praktischen Ausführungen mit gespannter Aufmerksamkeit und reichem Beifall. — Mag der Verein, der solchen kräftigen herzerquickenden und belehrenden Worten seinen Beifall zujauchzt, trotz hier und da auftretender widrigen Winde, erstarken, mag jeder echte evangelische Arbeiter dazu beitragen, daß sein Bannerspruch: Gottesfurcht, Königstreue und Nächstenliebe immer mehr ins Volksherz eingeschrieben werdeH — Oberlaugwitz. In unserer schlichten, aber freundlichen Kirche feierten am Sonntag die drei Kirchgemeinden Hohenstein-Ernstthal und Oberlungwitz ihr diesjähriges Missionsfest. Nachmittags 2 Uhr riefen die Glocken zum Gottesdienst. Bis auf den letzten Platz war die geräumige Kirche gefüllt, so zahlreich hatten sich von allen Seiten die Missions freunde eingefunden. Nach Gemeindegesang und einer Kirchenmusik mit Orchesterbegleitung hielt Herr Archi- diaconus Laube aus Burgstädt die Festpredigt über Römer 1,16. Der Festprediger behandelte das Thema: Missionsgemeinde, schäme dich des Evangelis in Christo nicht, denn es ist eine Gotteskraft, die 1. Jedermann selig macht, 2. Jedermann empfangen kann, und 3. Jedermann braucht. Die vortreffliche Predigt hinterließ den tiefsten Eindruck auf alle Zu hörer. — Dem Gottesdienste folgte die Nach versammlung, die nach einer Pause gleichfalls in der Kirche stattfand. Herr Missionar Zietzschmann aus Großbothen hielt den ersten Missionsvortrag, und zwar behandelte Redner in längeren, interessanten Ausführungen die Tamulen-Mission in Indien. Man hörte mit gespannter Aufmerksamkeit die Schilderung von Sitten und Gebräuchen der bekehrten indischen Christen und unbekehrten Heiden und vernahm, welche Erfolge die Tamulen-Mission bereits errungen. Zur Veranschaulichung hatte Herr Missionar Zietzschmann mehrere Erzeugnisse des indischen Gewerbfleißes mit- gebracht, die mit großem Interesse besichtigt wurden. — Den zweiten Missionsvortrag hielt Herr k. Schmidt aus Langcnberg über die Juden-Mission. Der Herr Vortragende suchte in seinen Darlegungen die so oft aufgeworfene Frage zu beantworten: „Sollen wir Judenmission treiben?", und führte schließlich aus, daß wir verpflichtet seien, die Juden-Mission zu fördern; vor allen Dingen aber möchte ein Jeder selbst den Juden in unserer Mitte durch musterhaften Lebenswandel ein gutes Beispiel geben. „Werdet des Heilands fröhliche Leute", so rief der Redner am Schluffe der Missionsversammlung zu, „dazu braucht ihr fröhlichen Glauben, weile Herzen, willige Opfer, rechte Geduld und endlich inniges Gebet". — Das Schlußwort sprach Herr Pastor Laube. Er kam auf Verschiedenes zurück, was in den beiden Missionsvorträgen ausgeführt worden war und rief am Ende seiner Ansprache allen Missionsfreunden herzliche Abschiedsworte zu, da er bald in den Ruhestand tritt. Aus tiefstem Herzen kommende Segenswünsche spendete er der gesummten Gemeinde Oberlungwitz; allen aber galt fein Schluß wort: „Seid fest und unbeweglich, nehmt immer zu im ! Lerk des Herrn, sintemal Eure Arbeit nicht ver- gebl ch ist in dem Herrn." — Ein allgemeiner Gesang und gemeinschaftlich gesprochene Vaterunser schloß das herrlich verlaufene Missionsfest. — Nach dem 100jährigen Kalender hat der erste Theil des diesjährigen Herbste- viel Regen und zeitigen Frost, wenn aber die Hälfte des October vorüber ist, fällt trockenes Wetter ein bis zum Adventsanfang. Für den September lautet die Prognose: „Anfangs bis den 4. schön warm und starker Regen, hernach Donner, darauf schönes Wetter bis den 20., den 30. Regenwetter. — (Statistisches aus Sachsen.) Die Zahl der Auswanderer aus Sachsen nach überseeischen Ländern belief sich im vergangenen Jahre auf 1057 (663 Männer und 394 Frauen), d. h. 4,45 Procent aller deutschen Auswanderer. — Die Staatsschulden des Königreichs Sachsen betrugen zu Anfang dieses Jahres 781237250 Mk. — An Schlachtsteuer wurden im vergangenen Jahre 5102968 Mk., an indirekten Steuern (Eingangszoll, Tabak-, Salz-, Zucker-, Branntwein- und Brausteuer, UebergangS- abgabe von Bier, Spielkartenstempel, Reichsstempel, abgabe und Schlachtsteuer) überhaupt 71340863 Mk. erhoben. Die Einschätzungen zur Einkommensteuer im Jahre 1899 ergaben als Einkommen aus Grundbesitz 318050527 Mk., aus Renten 275657011 Mk., aus Gehalt und Lohn 1041210790 Mk. und aus Handel und Gewerbe 652765903 Mk., in Summa 2287684231 Mk. Die abzuziehenden Schuldzinsen betrugen 177666017 Mk., so daß ein zu ver steuerndes Gesammteinkommen von 2110018214 Mk. verblieb, das einen Steuerbetrag von 33114539 Mk. aufzubringen hatte. — Die Unfallstatistik der elektri schen Straßenbahnen weist im vergangenen Jahre 178 Unfälle nach, bei denen 123 Personen verletzt wurden und zwar 22 tödtlich, 48 schwer und 53 leicht. — Im Jahre 1899 brachen im Königreich Sachsen in 929 Bettieben Streiks aus, an denen 13142 Arbeiter betheiligt waren; von diesen waren zur sofortigen Arbeitsniederlegung berechtigt 7741 und kontraktbrüchig 4294. — Im Jahre 1898 fanden im Königreich Sachsen 38,611 Eheschließungen statt. Die meisten Eheschließen den standen im Alter von 20 bis 25 Jahren, nämlich 43 o/o der Männer und 55 o/g der Frauen, im Alter von 25 bis 30 Jahren standen 35 o/g der Männer und 22 o/g der Frauen. Noch nicht 20 Jahre alt bei der Eheschließung waren 14 Männer und 2951 Frauen, über 70 Jahre alt 37 Männer und 5 Frauen. Von den Männern waren 34,192 vor der Eheschließung ledig gewesen, 3778 verwittwet und 641 geschieden, von den Frauen 35,655 ledig gewesen, 2334 verwittwet und 622 geschieden. — Die Staatsbahnverwaltung wird am Sonntag, den 2. September d. I. durch Abfertigung eines Sonder zuges zu ermäßigten Fahrpreisen von Plauen i. V. oberer Bahnhof nach Leipzig vortreffliche Gelegenheit zum Be suche der Leipziger Michaelismesse bieten. Dieser Sonder zug wird 6 Uhr 20 Minuten Vormittags von Plauen i. V. oberer Bahnhof, 6 Uhr 57 Minuten von Netzsch kau, 7 Uhr 18 Minuten von Reichenbach i. V. oberer Bahnhof, 6 Uhr 31 Min. Vormittag (Personenzug 4261) von Greiz, 7 Uhr 35 Min. von Neumark und 7 Uhr 48 Min. von Werdau abgelaffen, um 9 Uhr 48 Min. in Leipzig Bayrischer Bahnhof einzutreffen. Die Rückfahrt des Sonderzuges von Leipzig Bayrischer Bahn hof erfolgt Abends 10 Uhr 25 Min. — Der vorige Woche auf der „Kaisergrube" in Gersdorf verunglückte Bergarbeiter Hermann Louis Fröhlich ist nunmehr im Kreiskrankenstift Zwickau seinen Verletzungen erlegen. — Kirchberg, 24. August. Der 60 Feuerwehren mit 4600 Mann umfassende Kreisfeuerwehrverband Zwickau-Glauchau hält am 23. September hier sein Ver bandsfest ab. — Chemnitz, 25. August. Gestern Nachmittag kurz vor 3 Uhr ist das Gewölbe einer neuerbauten Wegeunterführung kurz vor dem Bahnhof Niederwiesa (in der Richtung von Flöha, nachdem dasselbe vor schriftsmäßig geprüft und außer von zwei schweren Maschinen noch von einigen Personen- und Güter zügen befahren worden war, zufammengebrochen. Tas Gewölbe setzte sich auf die noch darunter befindliche Rüstung auf und wurde so vor dem vollständigen Absturze bewahrt. Die Veranlassung zu dem Vor kommnisse, das leicht unabsehbares Unglück hätte herbeiführen können, ist vermuthlich in den un günstigen Bodenverhältnissen zu suchen, die die Gründung des Gewölbes schon erschwert haben. DaS Mauerwerk muß vollständig abgebrochen und neu aufgeführt werden. — (Errichtung von Reichsbank-Nebenstellen.) Wie Eine Wnnderkur. Humoreske von B. Rittweger. (Nachdruck verboten.) Der Personenzug ist eben eingefahren und nur ein paar Geschäftsreisende verlassen ihn, um, von einem Hoteldiener mit liebevoller Höflichkeit empfangen, den einzigen Omnibus des Städtchens zu besteigen. Ein hübscher, schlanker, junger Mann in elegantem Reise- mantel und weichem, mit einer Spielhahnfeder geziertem Filzhütchen, der ebenfalls ausgestiegen, Wendel sich nicht der Stadt zu, sondern schaut sich suchend um und übersteigt alsdann gemächlich die Brücke, um nach der anderen Seite des Bahnhofs zu gelangen, wo eine Sekundärbahn abzweigt. — Es ist Winter, stöbernder Schnee fällt schon seit Stunden, und der Führer des bereitstehenden Trains reibt sich fröstelnd die Hände, während er, häufig nach der Uhr sehend, auf- und abschreitet. Der ganze „Train" besteht aus einer kleinen Lokomotive, zwei Personen- und einem Güter wagen. AIS der Herr mit der Spielhahnfeder dem Beamten jetzt näher tritt, greift er höflich an die Mütze und mustert mit unverhohlenem Erstaunen den Fremdling, der nun fragt: „Wann geht der Zug nach Anstadt ab?" „In zehn Minuten, mein Herr. Aber verzeihen Sie, Sie wollten doch nicht eben nach Anstadt?" „Gewiß will ich das." „Hm, hm — es geschehen noch Zeichen und Wunder! Schon der zweite Passagier heute, und es ist doch kein Markttag. Sie müssen wissen, mein Herr, daß unser Bähnle — „die Botenfrau" nennen's die Leute, weil eine rüstige Botenfrau nicht viel länger zu Fuß braucht von Audorf bis hierher — ja, daß unser Bähnle eigentlich nur an den Markttagen, Mitt woch und Sonnabend, einigermaßen besetzt ist. Und außerdem 'mal im Sommer von einer Gesellschaft, die eine Partie nach der Auburg unternimmt. Zu jetziger Zeil — so mitten drin im Winter und an einem Dienstag — da ist ein Passagier schon eine Rarität und heul' gar zwei!" Der Fremde hat dem Erguß des gesprächigen Mannes vergnüglich lächelnd zugehört, und jetzt forscht er: „Ja, sagen Sie, wie rentiert denn das „Bähnle" bei solchen Verkehrsverhältnissen eigentlich?" Der Beamte kraut sich hinter den Ohren. „Das ist's ja eben, es rentiert garnicht, und deshalb geschieht nichts dran, und deshalb entgleisen wir alle paar Wochen 'mal. Na, Gottlob, Menschenleben sind noch nicht zu beklagen gewesen — wir fahren immer hübsch langsam, hübsch pomadig, und wenn dann sich ein Wagen sänstlich zur Seile neigt, thut'S immer gerade gut. Freilich — wie jetzt der Zustand ist, kann's noch 'mal schlimmer kommen. Wir müssen sehr vor sichtig sein beim Umladen, lieber Herr. DaS erste- mal sind wir entgleist — 's ist nun ein Fahrer drei her, als wir ein paar schwere Ochsen auf eine Seite des Gepäckwagens postiert hatten. Man macht seine Erfahrungen. Nun suchen wir immer hübsch das Gleichgewicht zu halten, aber freilich, entgleisen thun wir doch ab und zu. Ja, ja, mit dem Rentieren, das ist so 'ne Sache! War das ein Gedrängele, bis die Bahn nach Austadt durchgesetzt war! Lieber Himmel, was da alles Gutes prophezeit wurde! Aufschwung der Industrie und Landwirthschast, ungeheurerFremden- zuflnß, Sommerfrischen, Badeorte! Lieber Gott, und der Zauber bei der Einweihung, alles stand auf dem Kopf in Austadt und in den Nestern, die Stationen wurden! Orden regnete eS nur so, und Ernennungen zu Ehrenbürgern fanden statt, und es gab solenne Feste'sen und Musik und Reden. Und nun — nichts als Heulen und Zähneklappern. Der Unternehmer mach ' keine Geschäfte, und so läßt er alles gehen, wie's geht. Unsere einzige Hoffnung ist noch die Verstaatlichung. Es soll auch so 'was schon im Werk sein. Himmel, Herr, am End' sind Sie gar so einer von der Kommission, Donnerwetter, da hätt' ich mich schön verplappert." „Ohne Sorgen, mein Lieber, ich bin ein ganz harmloser Reisender. Na, und nun muß ich wohl einsteigen? Billets giebts im Zug, nicht wahr?" „Gewiß, gewiß, Herr — nein, hier nicht, steigen Sie dort ein — im nächsten Wagen. Dort hat schon der erste Passagier, ein hübsches junges Fräulein, Platz genommen — ein Wunder ist's schier, zwei richtige Reisende an einem Tag zu jetziger Zeit. Das Fräulein sitzt schon eine ganze Weile, Sie ist von einer anderen Seite her gekommen. Also, steigen Sie dort ein, wenn ich Ihnen rathen soll." „Aber ist das nicht etwa Damenkoupö?" „Damenkoupo — giebt's nicht bei uns, Herr, uur dritte und vierte Klasse. Die zweite ist bereits eingegangen. Und Gesellschaft wird Ihnen lieb sein. Bei dem frischen Schnee zotteln wir ganz gewiß unsere drei Stündchen bis nach Austadt. Bei gutem Wetter und Weg thun wir's in reichlich zwei, aber heut', wie gesagt, geht's langsamer. So, bitte; Schaffner, weisen Sie dem Herrn seinen Platz an. Dort voran." Der Schaffner lächelt verständnißvoll, und beim Nähertreten entdeckt der Reisende hinter dem Fenster einen hübschen blonden Mädchenkopf. Mit ein paar raschen Schritten ersteigt der Fremde die Plattform des Miniatur-DurchgangwagenS und, seine hohe Gestalt bückend, betritt er den Abtheil der jungen Dame, mit höflichem „Gutemag" grüßend. Ein leichtes Neigen des zierlichen Hauptes beantwortet seinen Gruß. Er richtet sich häuslich in seine Ecke ein — sie sitzt in der entgegengesetzten, ihm vis-a-vis. Verstohlen mustert er sie — ein reizendes Geschöpf! Natürlich wird er sie anreden. Wenn man so auf einander angewiesen ist! „Reisen Sie auch bis Austadt, mein gnädiger Fräulein?" So beginnt er die Konversation. Sie nickt sehr energisch, aber sie schweigt. Komisch! Sie scheint noch sehr jung und ungewandt. Na, nur Ge duld, sie wird schon noch gesprächig werden. „Wie ich höre, haben wir die Aussicht, heute eine besonders lange Fahrt zu machen. Der Zugführer behauptet, bei diesem Schneetreiben könnten wir auf drei Stunden rechnen. Hoffentlich ist es Ihnen nicht unangenehm, in meiner Person einen Gefährten für diese Zeit erhalten zu haben." Jetzt schüttelt die reizende Kleine das Köpfchen. Der Zug — die „Botenfrau", wie der Herr still vor sich hin lächelnd denkt — setzt stch in Bewegung, langsam. Er macht kein so starkes Geräusch, daß eine Unterhaltung er schwert wäre, und ganz zuversichtlich beginnt der unternehmende junge Mann wieder: „Darf ich mir die Frage erlauben, ob Sie Austädterin sind, mein Fräulein?" Die hübsche Blondine lächelt, dann schüttelt sie wieder den Kopf, daß die Löckchen unter der Pelz mütze ein Tänzchen aufführen, was ganz reizend aus steht. Zuletzt legt sie den Finger auf den Mund und sieht ihren Reisegefährten mit sprechender Geberde an. Der ist ganz erschrocken, als er den Sinn dieser Geberde errathen zu haben meint. Fortsetzung folgt.
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