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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 17.08.1900
- Erscheinungsdatum
- 1900-08-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-190008171
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-19000817
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-19000817
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-08
- Tag 1900-08-17
-
Monat
1900-08
-
Jahr
1900
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 17.08.1900
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Lihungffchang beauftragt sei, auf telegraphischem Wege mit den Mächten zu unterhandeln. Wir wissen absolut nicht, war außerhalb der noch stehenden Gesandtschaften geschieht, denn wir sind von Barrikaden eingeschlossen und von feindlichen Schanzwerken umgeben. Wie könnte man aber sich auf Verhandlungen einlassen, ohne daß das diplomatische Corps in seine Rechte wieder eingesetzt und ohne daß das Gebiet der Ge sandtschaften von den Chinesen geräumt ist? Wenn Verhandlungen den'Vormarsch der verbündeten Trup pen aufhalten follten, die unsere einzige Rettung sind, lausen wir Gefahr, in die Hände der Chinesen zu fallen. Der Stadttheil, in welchem die französische Gesandtschaft liegt, wird noch immer von chinesischen Truppen besetzt gehalten, welche das Feuer nie ganz eingestellt haben. Alle Räume der Gesandtschaft sind verbrannt mit all ihrem Inhalt. Wir sind auf Be- laaerungskost gesetzt. Als Nahrungsmittel baden wir Pferdefleisch, Reis und Brot für etwa 14 Tage. Rom, 16. Aug. Wie die Agenzia Stefani meldet, ist durch Vermittelung des chinesischen Ge sandten in London eine vom 9. August datirte De pesche des italienischen Gesandten in Peking hier einge troffen, welche meldet, daß die Ernennung LihungtschangS zum Friedensunterhändler dem italienischen und den übrigen Gesandten in Peking mitgetheilt worden sei. Die Chinesen, heißt es in der Depesche weiter, fahren fort, die englische Gesandtschaft zu beschießen. Dov Dormor sch. Aus Tschifu, 12. August. Die Consuln Ruß lands und Englands erklären übereinstimmend, die Entsatztruppen seien ohne weitere Kämpfe am 9. Aug. bis ungefähr nach Anping gelangt, das von Peking 50 Kilometer entfernt ist. Tientsin, 11. August. Nach einem Gefecht mit den Truppen TungS, der persönlich den Oberbefehl führte, wurde Hohsiwu von den verbündeten Streit kräften genommen. Um einer erneuten Festsetzung der Chinesen in der verschanzten Stellung vorzubeugen, wurde der fliehende Feind sofort verfolgt. Die Ver bündeten werden voraussichtlich heute bis auf 60 Li vor Peking gelangen. Zur Abschneidung der chine sischen Rückzugslinie, die auf Paoting-fu stößt, geht Cavallerie nach Süden vor. In Peking läßt Prinz Tuan jeden hinrichten, der Lebensmittel an die Fremden liefert oder ihnen sonst Sympathien beweist. London, 15. August. Admiral Bruce in Taku theilt mit, er habe folgendes Telegramm von dem britischen General in Hohsiwu vom 10. August er halten: Die Truppen der Verbündeten sind von Pe king noch 27 (englische) Meilen entfernt. Dieselben trafen beim Feinde auf geringen Widerstand. Derselbe hatte zwar Vertheidigungsstellungen vorbereitet, floh jedoch, als die Verbündeten heranrückten. Die Cavallerie wurde von zwei Schwadronen der bengalischen Ulanen angegriffen. Viele der Feinde sind gefangen und mehrere Fahnen wurden erbeutet. Die Truppen der Verbündeten sind durch Hitze sehr erschöpft, sonst sind der Gesundheitszustand und der Geist der Truppen ausgezeichnet. Die „Times" melden aus Petersburg: Nach dem letzten Telegramm von General Linewitsch rasteten die Truppen einen Tag nach Einnahme von Aangtsun. Am 7. d. M. morgens 6 Uhr brach eine Vorhut auf, machte trotz fast unpassirbarer Straßen einen Eilmarsch von neun Meilen und schlug bei Nantsaitun, ungefähr 50 Meilen von Peking, eine Abtheilung Chinesen nach anderthalb Stunden in die Flucht, welche die Waffen wegwarfen und auf Peking flohen. Linewitsch begann darauf sofort den Vormarsch aller Truppen in drei Colonnen mit Kosaken-Kundschaftern an der Spitze und an den Flanken. Nachdem am 9. August Hohsiwu besetzt war, ging der Vormarsch auf Wutschang weiter ohne viel Widerstand. Trotz schlechter Straßen, welche die Japaner repariren, geht der Vormarsch der Artillerie befriedigend. Die chinesischen Truppen sind jetzt bei Hsianghohsien concentrirt, wo ein Kampf erwartet wird. Washington, 15. August. Eine Depesche des Admirals Remey aus Taku vom 12. d. M. meldet: Ich erhielt eine Depesche ohne Datum von Chaffee, die aus Natun stammt und besagt: Gestern trafen wir auf unbedeutenden Widerstand. Es herrscht jedoch eine entsetzliche Hitze. Remey schließt sein Telegramm: Viele unserer Truppen liegen krank darnieder. (Naton liegt etwa 12 Meilen jenseits Hohsiwu. Naton ist in den Karten des Kriegsdepartements verzeichnet als der schlimmste Theil des Weges zwischen Tientsin und Peking.) In der „Nat.-Ztg." erhebt Oberstleutnant z. D. Wagner seine warnende Stimme. Er hält daran fest, daß die von Peking ins chinesische Inland führenden Straßen gesperrt werden müßten, um die Flucht der Ge walthaber in die inneren Provinzen möglichst zu ver meiden, dann erst könne mit einer Armee von etwa 70 bis 80,000 Mann, zunächst auf beiden Ufern des Peiho vorgerückt und Peking angegriffen werden. Auch die „Kreuzztg" empfiehlt wiederholt ein vorsichtiges, auch die rückwärtige Verbindung und die Nachschaffung von Lebensmitteln sorgfältig sicherndes Vorgehen. Doch ge winnt eS fast den Anschein, als sei der „Wille zum Kampf" in Peking wie in der chinesischen Armee nicht mehr allzu stark. Trifft dies zu, dann könnten die jetzt im Peihothal operierenden verbündeten Kräfte vielleicht zum Entsatz der in Peking eingeschloffenen Europäer ge- nügen. * * * Ueber die deutschen * Truppen meldet Wolffs Bureau: Der zweite Viceadmiral des Kreuzer- geschwaderL telegraphirt aus Taku vom 12. August: Capitän Pohl, Commandant der „Hansa", ging am 9. d. M. abends mit 4 Officieren und 107 Mann von Tientsin nach Peking vor. Capitänleutnant Hecht, erster Officier der „Hertha", folgte am 10. August nachmittags mit 2 Officieren und 150 Mann, sowie Proviant. Wasser und Troß folgen. 160 Oester reicher folgten Pohl am 10. August früh von Tongku. Leider hat sich auch ein Unglück zugetragen: Auf der „Frankfurt" stürzte der Seesoldat Karl Klaus in den Kohlenraum und erlitt einen Schädelbruch, sodaß er sofort verstarb. Die Beerdigung des Un glücklichen hat in Tsintau stattgefunden. Im Gouvernement Kiautschau hat der Gouverneur Jäschke nach Möglichkeit Sorge getroffen, für den Fall, daß die Unruhen sich dorthin ausdehnen, ein organi- sirtes Freiwilligencorps zur Hand zu haben. Der Reichspostdampfer „Sachsen", auf dem Graf Waldersee mit seinem^Stabe die Ausreise macht und der am 21. August von Genua abgeht, trifft am 13. September in Hongkong und am 22. September in Shanghai ein. Graf Waldersee wird demnach unge fähr eine Woche später in Ostasien sein, als das letzte der Transportschiffe, die Anfang dieses Monats Bremerhaven verließen. Graf Waldersee wird mit seinem Stabe zwar nicht den kürzesten Weg, wohl aber die rascheste Verbindung benützen, wenn er seine Fahrt nach China über den Suez kanal antritt. Von Berlin gelangt man auf diesem Wege nach Schanghai in 33 Tagen, während die Fahrt über Nordamerika und den stillen Ocean 38 Tage in Anspruch nehmen würde. Der Weg über Italien durch das Mittelmeer, den Suez-Kanal und das Rothe Meer an Indien und Ceylon vorüber ist nicht nur landschaftlich reizvoller als der Weg über die beiden großen Meere und durch die endlosen Prairien Nordamerikas, sondern hat auch noch andere gewichtige Vorzüge. Während der ganzen Fahrt verbleibt der Reisende auf dem deutschen Schiffe, gewissermaßen also auf deutschem Boden und er hält sein Gepäck tc. ohne Zollscherereien ausgeliefert. Dagegen sind bei der Fahrt über Amerika allerlei Un annehmlichkeiten zu überwinden, insbesondere wiederholte Umladungen, Zolluntersuchungen und Uebergänge vom Schiff auf die Eisenbahn wie umgekehrt, ganz abgesehen von den Mehrkosten. Man hat jüngst wieder auf die sibirische Eisenbahn hingewiesen Diese stellt allerdings die kürzeste Verbindung dar. Auf diesem Wege hat man von Berlin aus nach Wladiwostok etwa 10,500 Kilo Meter zurückzulegen, während der Seeweg durch den Suezkanal etwa 21,775 Kilometer lang ist. Allein die sibirische Bahn hat noch eine erhebliche Lücke aufzuweisen und zwar jenseits des Baikalsees zwischen Sretensk und Chabarowsk in einer Länge von 2240 Kilometer. Nun wird zwar diese Lücke durch die Dampfschifffahrt auf dem Schilka und dem Amur ausgefüllt, diese.Verbindung ist indessen vorläufig noch unzulänglich. Nach der amtlichen Denkschrift über die große sibirische Bahn würde die Reise von Tscheljabinsk nach Wlaviwostok nur 2'/,, also von Berlin nach Wladiwostok annähernd drei Wochen beanspruchen. In Wirklichkeit war aber Freiherr von der Goltz, der erste Dolmetscher bei der deutschen Gesandt schaft in Peking, der unlängst die Rückreise nach Berlin über Sibirien machte, insgesammt 37 Tage unterwegs, also über fünf Wochen, hauptsächlich infolge von Stör ungen der Dampfschifffahrt auf dem Schilka und Amur. Auch der Betrieb der sibirischen Bahn läßt noch viel zu wünschen übrig. Auf langen Strecken wagt man es nicht, die Geschwindigkeit über 30 Kilometer in der Stunde zu steigern, weil der Unterbau versagen könnte. Und dann bedenke man, was es heißt, mindestens zwei Wochen hin durch Tag und Nacht in einem, wenn auch noch so be quem ausgestatteten Eisenbahnwagen eingeschloffen zu sein Uebersteht der Reisende diese bisher eigentlich noch nicht gekannte Strapaze, dann ist er erst in Wladiwostok und hat noch einige Tage Seefahrt vor sich, bevor er zur Peihomündung gelangt. Ein Beispiel von Rohheit der Boxer wird in einem vom 3. Juli datirten Privatbrief aus Tsingtau der „Frki. Ztg." berichtet. Der Briefschreiber erfährt aus Tsingtau, daß dem im Gefecht verwundeten und bei dem Rückzüge liegen gebliebenen Leutnant F. während er noch lebte, der Kopf abgeschnitten wurde. * * Bor Shanghai scheint sich die Lage ernst zuzu spitzen. Es wird vom Reuter Bureau gemeldet: Shanghai, 14. August. Hier aus Hongkong angekommene Truppen wurden nicht gelandet, da der Bicekönig sich der Landung widersetzte. London, 15. August. Das „Reut. Bureau" meldet aus Hongkong vom 14. August: Ein Dampfer vom Westfluß meldet, zahlreiche chinesische Truppen, wahrscheinlich Schwarzflaggen, ziehen stromaufwärts. In der Nähe von Swatow dauern die christenfeind lichen Unruhen an. Der Kreuzer „Mohawk" befindet sich jetzt dort zum Schutze der Ausländer. Das französische Kanonenboot „Alouette" ist von Saigon hier eingetroffen. Die Kriegsrüstungen in Kanton werden fortgesetzt. Paris, 15. August. In einem an den Minister des Aeußern gerichteten Telegramm vom gestrigen Tage berichtet der französische Consul in Kanton, daß dort Ruhe herrsche und daß er bemüht sei, den stell vertretenden Bicekönig und die Behörden zu ermuthigen. In dem Telegramm heißt es weiter, daß in dem Be zirk von Swatau die Erregung gegen die Missionare und die übrigen Christen einen beunruhigenden Cha rakter angenommen habe. Mehrere große christliche Gemeinden in der dortigen Gegend seien geplündert und die Gebäude in Brand gesteckt worden. Der Bicekönig und der Consul beschlossen, daß jeder von ihnen beiden einen Delegirten zur Untersuchung und Wiederherstellung der Ordnung an Ort und Stelle senden solle. Der Viceconsul wurde zum Delegirten ausersehen, und man kam überein, daß der Viceconsu und ein vom Vicekönig bestimmter Mandarin sich au dem „Comöte" einschiffen sollten, um dadurch dem Vorgehen größeres Gewicht zu geben und den Behörden zu zeigen, daß der Vicekönig sich im vollen Einver nehmen mit dem Consulat befindet. Die Delegirten gehen morgen früh ab. Dr. Albrecht Wirth schreibt in der D. W. über die Folgen des chinesischen Krieges: Alle Völker und alle Parteien haben, theils klar bewußt, theils instinktiv und unbewußt, das Gefühl, daß die ostasiatischen Ver wickelungen für ihren eigenen Werdegang epochemachend sein werden. Einige Folgen der ungeheuren Ereignisse, die sich jetzt in China und der Mandschurei abspielen, sind schon jetzt erkennbar. 1. Die Herrschaft Englands ist im fernen Osten dahin. Von Anstrengungen einer englischen Landarmee kann kaum ernstlich die Rede sein, aber auch das Uebergewicht der Briten zur See ist in den chinesischen Gewässern für immer gebrochen. Auch wirkt die Er hebung der Ostasiaten bereits auf Indien hinüber. 2. Amerika ist gezwungen woroen, seine gegen über den anderen Westmächten sorgfältig bewahrte Sonderstellung aufzugeben. Es versuchte zwar noch einmal, die beliebte Rolle des über den Parteien schwe benden Vermittlers an sich zu reißen, aber ohne jeden Erfolg. Der Fehlschlag trieb die Union enger in die Arme Englands. So befestigt sich der Gegensatz zwischen den beiden angelsächsischen Weltreichen und den übrigen Raffen und Staaten. Zugleich erhält der Widerstand der Philippiner neue Nahrung. 3. Rußland ist vor der Zeit genöthigt worden, seinen Vormarsch gegen Mittel- und Ostasien anzu treten. Das wird es auf viele Jahre hinaus derartig beschäftigen, daß es für andere Unternehmungen nicht einen Mann und nicht eine Kopeke zur Verfügung hat. Es wird in einen Nationalitätenstreit verwickelt, der nur ungünstig für das Slaventhum enden kann. Die Russen sind volklich den Chinesen keinewegs gewachsen und werden von ihnen entvolklicht werden. Zur Durchführung aber seiner ostasiatischen Entwürfe kann Rußland nicht umhin, sich ganz und gar der deutschen Freundschaft in die Arme zu werfen. Im Anschluß daran ist schon jetzt die Annäherung zwischen Frank reich und Deutschland merklicher und vertieft sich so der ehemalige Dreibund von Schimonoseki. 4. Japan hat auf seine asiatischen Vorrechts gedanken verzichtet und sich — vorläufig wenigstens — den Westmächten angeschlossen. Ein bedeutsamer Sieg westlichen Geistes. Auf der anderen Seite wird der Gegensatz zwischen Japan und Rußland gewaltig verstärkt. 5. Deutschland hat von allen den aufgeführten Erscheinungen lediglich Vortheile einzuheimsen. Der chinesische Krieg ist für uns ein ungeheuerer, unver hoffter Gewinn. Er ist der größte Schritt vorwärts in feiner Weltpolitik, den es noch je gethan hat. Durch seine Machtentfaltung im Stillen Ocean ist Deutsch ¬ land zugleich in der Lage, seine Interessen in Süd amerika und Siam kräftiger wahrzunehmen, sowie seinen Weg zum fernen Osten über den persischen Busen wirksamer vorzubereiten. Sächsische«. Hohenstein-Ernstthal, 16. August 1900 r.nhet'ungen von allgemeinem Interesse werden daribarem- qegengenommen uns eventl. honsr'rt. — Im Departement deS Kultus und öffentlichen Unterrichts wurden im 2. Vierteljahre 1900 in den Schulbezirken Chemnitz und Glauchau u. a. angestellt: Max Bernh. Schneider, bisher Hilfslehrer in Hohen- stein-Ernstthal, als ständ. Lehrer in Kappel, Hübsch, Emil .Kurt, bisher Hilfslehrer in Wegefarth, und Neubert, Ernst Otto, bisher Hilfslehrer in Gröba, als Lehrer in Langenchursdorf; Fröhlich, Georg Arthur, bisher Hilfslehrer in Chursdorf, und Burk hardt, Emil Oswin, bisher Lehrer in St. Egidien, als Lehrer in Hohenstein-Ernstthal; Paalhorn, Karl August, bisher Lehrer ia Eimersleben (Preuß.), als Lehrer in Rödlitz; Thierschmidt, Adalbert Walther, bisher Hilfslehrer m Neukirchen, als ständiger Lehrer in Röblitz^ Krause, Max Guido, bisher Lehrer in St. Egidien, als Lehrer in Hohenstein-Ernstthals Liebig, Karl Emil, bisher Schulvikar in Tettau, als Lehrer in St. Egidien. — In die Kette der Vergrößerungen und Ver besserungen auf unserem Bahnhofe ist ein neues Glied eingereiht. In diesen Tagen ist der Tunnel in Be nutzung genommen worden, der beim Bahnübergänge an der Schützenstraße unter den Gleisen hinwegführt. Da bei dem Tunnel Treppen nicht angebracht sind, so kann derselbe auch von kleineren Geschirren und Radfahrern befahren werden. — Der Bau der Geschäftshäuser am Teichplatz hat nunmehr begonnen, die Ausschachtungsarbeiten für den Grund sind in flottem Gange. Wenn der Herbst günstige Bauwitterung bringt, so können die Baulich keiten noch vor dem Einwintern in die Höhe kommen. — Wie wir hören, wird in nächster Zeit in hiesiger Stadt wieder ein Panorama, und zwar abernials in der Altdeutschen Trinkstube, eröffnet werden. Es wird dies allen denen lieb sein zu hören, welche eine Reise nach der Schweiz, nach Italien oder sonstwo hin in Wirklich keit aus irgend einem Grunde nicht unternehmen können. — Der König!. Sächs. Militärverein veranstaltet am nächsten Sonnabend zur Erinnerung an die 30. Wiederkehr des Tages von Mars-la-Tour und Vionville, St. Privat und Gravelotte, eine Festlichkeit auf der Windmühle. — Oberlungwitz. Am 12. August beging die Firma Fischer, Maas u. Kappauf, Oberlungwitz, in den Räumen von Haubolds „Casino" ihr diesjähriges Geschäftsvergnügen, bestehend in gemeinschaftlichem Abendessen und Ball. Es waren gegen 300 Personen anwesend, die sich in Fröhlichkeit da vereinigten und kann das ganze Fest als im höchsten Grade gelungen bezeichnet werden. Das Personal hatte den Saal prächtig geschmückt und decorirt. Es wurde ein Reigen von 32 Mädchen graciös aufgeführt, der selbst ver wöhnten Ansprüchen genügen konnte. Ernste und heitere Reden würzten die Tafel, bei der selbst ein gutverfaßtes Tafellied nicht fehlte. Das ganze Fest, welches an dem Tage stattfand, an welchem vor zwei Jahren die Firma ihren Betrieb in Oberlungwitz er öffnete, zeigte, wie herzlich sich das Berhältniß zwischen . den Chefs und dem Personal in der kurzen Zeit des Zusammenlebens gestaltet hat. Dem Wirth, Herrn Haubold für seine außerordentlich gute Leistung be züglich Speise und Trank, sowie der Bedienung und )es ganzen Arrangements gebührt die höchste Aner- ennung. — Gersdorf. Am vergangenen Sonntag ver anstaltete der Wirth im herrlich gelegenen Waldschlößchen, Herr Unger, wiederum ein Volksfest und Schaustellung seltener Art, nämlich das Braten eines ganzen Ochsen am Spieße. Inmitten des schattigen Gartens war ein großer, nach echt Münchener Art gebauter Brat ofen aufgestellt. Derselbe hat eine Größe von 3,5 in Sänge, 2,5 m Tiefe und 3,5 in Höhe und ist auS tarkem Eisenblech gefertigt. Der Spieß, an welchem >as Rind befestigt wird, wiegt ca. 80 Pfund und wird durch 2 Kurbeln in Bewegung gesetzt; außerdem ge- jören zu der Einrichtung noch mehrere kleine Spieße, Eisenschienen und Verschraubungen besonderer Art, welche den ganzen großen Spießbraten fest zusammen- Men. Die Feuerungsanlage besteht aus 4 eisernen krippen mit Rost, geheizt wird mittelst Holzkohle, wo durch eine ganz enorme Brathitze erzeugt wird. Be günstigt durch das schöne Wetter, hatte das hier noch nie gesehene Spießbraten außerordentlich Zuspruch ge- Seine Schwester. Roman von Fanny Stöckert. 42. Fortsetzung (Rachdruck verboten.) Fred nickte nur stumm, Melitta warf einen scheuen Blick ist sein verzweifeltes Gesicht; sie ahnte, was zu dieser Stunde in ieinem Innern vorging. Die Schuld, der Uebel größtes, sie lag jetzt auf dem einst so lebens frohen Fred, und keine Macht der Welt gab es, die ihn davon entlasten konnte. Mit Schliefens war auch der Pfarrer aus Land ecken, der gerade bei ihnen zum Besuche gewesen, mit gekommen. Dieser trat jetzt mit ihnen an das Sterbe bett Floros, im stummen Schmerz knieten die tief erschütterten Eltern Floras, Melitta und ihre Mutter davor nieder, Flora erkannte ihre Eltern nicht mehr, mit halb erloschenen Blicken sah sie von einem zum andern, und während der Pfarrer ein Gebet sprach, schlossen sich ihre Augen für immer. Wie ein Hauch ewigen Gottesfriedens ging es durch das Zimmer und durch die Seelen der Trauern den, nur Fred, der dort am Fenster lehnte, empfand nichts von solchem Frieden. Krampshaft hatte er die Hände ineinander verschlungen, er wollte mit beten mit den Andern, die Worte des Pfarrers aber drangen nicht in seine zerstörte Seele, den Andern mochten sie Trost und Frieden bringen, denn sie waren schuldlos, schuldlos wie die junge Dulderin, die an seiner Schuls zu Grunde gehen mußte. Nach menschlicher Berech nung hätte sie wahrscheinlich gerettet werden können, wäre ärztliche Hülfe zur rechten Zeit dagewesen, das konnte er sich nicht verhehlen. An dieser Thatsache war nicht zu rütteln, da gab es keine Beschönigung, keine Entschuldigung und der Schatten des heutigen Tages, er würde sein Leben verdunkeln für alle, alle Zeit. Freds Mutter trat jetzt zu ihm heran und auch die Andern. Nur Melitta hielt sich fern von ihm, in ihrer stillen Weise aber sorgte sie für Alles, was jetzt nöthig war. Sie war der gute Geist des Hauses, der das Treibwerk desselben im Gange erhielt. Sie sorgtc für das Kind, auch für Fred, nur daß sie kein einziges gutes Wort mehr für ihren Bruder hatte. „Daß Du so verändert zu mir bist, es ist kaum zu ertragen, Melitta!" sagte Fred am Morgen des Begräbnißtages zu Melitta. „O Fred, wenn ich vergessen könnte, aber immer fort sehe ich es vor mir, das Bild dort auf der Insel. Hätte Flora nicht sterben müssen, dann wäre vielleicht noch alles gut geworden — nun aber —?" „Nun habe ich in Deinen Augen ihren Tod ver schuldet!" stieß Fred wild heraus. Melitta erwiderte nichts, stumm blickte sie auf die Blumen, die sie, ein letztes Liebeszeichen für die Verstorbene, zum Kranz zusammenmand. „Sprich es nur aus, mein Verdammungsurtheil," fuhr Fred erregt foct, „elender und unglücklicher als ich schon bin, kann es mich auch nicht machen!" Melitta schreckte zusammen bei dem verzweifelten Klang seiner Stimme. Sie sah in das beinahe bis zur Unkenntlichkeit verwandelte Gesicht Freds und ein unendliches Erbarmen mit dem Beklagenswerthen er faßte sie. War er doch ihr Bruder, ihr einst so fröhlicher, sorgloser Fred, für den sie gelebt und ge sorgt, solange sie denken konnte. Jetzt freilich war ein Anderer da, für den sie zu leben hatte und so gern auch leben wollte. Ihr Hochzeitstag war ja jetzt so nahe herangerückt. Ihr Hochzeitstag, Gott im Himmel, durfte sie an so etwas denken angesichts der Trauer rings umher, angesichts des todtblassen Mannes, der da jetzt beide Hände nach ihr ausstreckte. „Nein, Du verdammst mich nicht!" rief er, „ich sehe es an Deinen lieben guten Augen, in denen der göttliche Funke des Mitleids schimmert. Endlich er kenne ich meine Schwester wieder, meine theuere liebe Melitta! Du wirst mich auch jetzt nicht verlassen in dieser schweren Zeit. Die Mutter ist so angegriffen von all dem Traurigen, sie bedarf selbst der Pflege, die Tante möchte ich um Alle« in der Welt nicht um mich haben. Wer bleibt mir du weiter als Du! Wer soll für meinen armen kleinen Jungen sorgen, wenn Du gehst! Nicht wahr, Du bleibst bei mir, Martin wird sich schon darein finden, wenn Ihr die Hochzeit noch aufschiebt." — Was sollte sie thun? Ach, Fred hatte immer so unwiderstehlich zu bitten verstanden, und von ihrer Hochzeit, nein, da konnte ja auch jetzt keine Rede sein, «»««MM? aber Martin! Würde der sich ohne Murren darein finden! Freds wegen zurücktreten! Freds wegen, der so schlecht, so gewissenlos gehandelt. O, wenn Martin das wüßte! Er durste es nie, nie erfahren, sein recht licher, ehrenhafter Sinn hätte keine Entschuldigung für Fred, als nur die, daß er ihr Bruder war, dem sie Zeit ihres Lebens jedes Opfer gebracht. „Du zögerst mir zu antworten!" rief Fred jetzt erregt. „Freilich, wie kann ich auch erwarten, daß Du mir, dem schlechten Menschen, den Du verachten mußt, solch ein Opfer bringen würdest. Bor Martin, dem Unfehlbaren, der nie vom rechten Wege abge wichen, da muß ich natürlich zurückstehen. Halte nur Hochzeit mit ihm, ich will Deinem Glück nicht hin derlich sein! Was liegt an mir, mein Leben ist doch einmal zerstört! Das Beste wäre schon, ich schösse mir eine Kugel durch den Kopf!" „Fred! Ich bitte Dich, welche gottlose Rede. Willst Du Deinem armen Kinde auch den Vater rauben?" Ein wilder, unsteter Blick Freds traf sie. Was sollte das heißen, was wollte sie mit diesen Worten sagen? Das Mißtrauen der Schuld lag in Freds Blick. Melittas Gesicht aber mußte ihn belehren, daß sie diese Worte nicht im Sinne der schweren Anklage, sondern im Geiste der Barmherzigkeit gebraucht habe. „Für Dein Kind mußt und wirst Du weiter leben," suhr sie dann fort, „und vorläufig werde ich die Sorge sür das arme kleine Wesen übernehmen; unsere Hoch zeit wird natürlich aufgeschoben!" Fortsetzung folgt.
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